Entdeckung im Tiergarten. Im Tiergarten mit den in Marmorausgehauenen 126 Personen und 36 Tieren ist ein Plätzchen entdecktworden, worauf ein neues Denkmal stehen kann. Es handelt sichum den runden Platz in der Nähe des Goldfischteichs. Allerdingssteht dort jetzt eine Statue der Flora. Diese soll jedoch entferntwerden und einer vergrößerten Kopie der Amazone Tuaillons, dievor der Nationalgalerie steht, Platz niachen. Die Anregung zu derNeuerung soll der Kaiser gegeben haben.Vermißt wird seit dem 4. d. Ms. der Schüler Fritz Bartholdy,8. Mai 1894 in Berlin geboren, Grüner Weg 3 wohnhast gewesen.Bartholdy ist 1,42 Meter groß, hat schwarze Haare, braune Augenund bräunliche Gesichsfarbe. Bekleidet war derselbe mit einem grau-gerippten Manchesteranzug, dunkelblauer Wintermiitze, schwarzenStrümpfen und hohen Schnürschuhen. Als besonderes Kennzeichen:In jeder Augenbraue eine Narbe. Mitteilungen über den Verbleibdes Knaben werden in jedem Polizeirevier sowie im Zimmer 324des Polizeipräsidiums zu 212 IV/7 entgegengenommen.Zwei gefährliche Brände machten der Feuerwehr in den letzten24 Stunden viel zu schaffen. In der Waldemar st raße 29 warin einem Arbeitsraum der Blechwarenfabrik„I n d u st r i a"G. m. b. H. über der Durchfahrt des ersten Ouergebäudes durch dasSpringen eines Benzolbehälters Feuer ausgekommen, das sich mitunheimlicher Schnelligkeit ausbreitete. Bei Ankunft des ersten Lösch-zuges schlugen bereits meterlange Flammen aus den Fenstern nachden oberen Stockwerken empor, so daß sich die Arbeiter der über dembrennenden Räume liegenden Geschäftsbücherfabrik und Druckereivon Georg Klemm schleunigst in Sicherheit bringen mußten. DieFeuerwehr ging daher sofort energisch vor und es gelang ihr, nochrechtzeitig die Flammen zu ersticken und auf den Arbeitsraum zubeschränken.— Ein zweiter gefährlicher Brand beschäftigte die1. Kompagnie Dienstag ftüh in der Greifswalder st ratze 268lange Zeit. Hier war auf bisher nicht ermittelte Weise auf demBoden des Vorderhauses Feuer entstanden, das an dem Inhalt derzahlreichen Bodenverschläge überreiche Nahrung fand und erstbemerkt wurde, als gegen 6 Uhr früh plötzlich Flammen durch dasDach schlugen. Brandmeister E l s n e r, der zuerst mit dem1. Löschzuge am Brandplatze eintraf, ließ angesichts der großenGefahr sofort drei Schlauchleitungen in Tätigkeit treten und vonverschiedenen Seiten aus vorgehen. Nach einstündigem Wassergebenwar die Gefahr beseitigt. Die Bodenräume brannten mit ihremInhalt zum größten Teil aus; auch die Dachkonstruktion wurde teil-weise stark in Mitleidenschaft gezogen.Auch eine Eheirrung. Laut öffentlicher Ladung des Land-gerichts II hat der ftühere Bankdirektor R o m e i ck zu CharlottenburgKlage gegen seine Ehefrau, früher zu Schöneberg wohnhaft, jetzt un-bekannten Aufenthalts, mit dem Antrag erheben lassen, die Ehe derParteien zu trennen und die Eheftau für den allein schuldigen Teilzu erklären._Die Eröffnung eines Kinder- und Mütterheims ging am Sonntagin der UHIandstr. 40/41 zu Wilmersdorf vor sich. Als Zweck desHeims wird bezeichnet, den Müttern Gelegenheit zu geben,einige Jahre mit ihren Kindern zusammen zu bleiben,um sie Zuneigung und Anhänglichkeit zu lehren. DasHeim enthält zwei hübsch eingerichtete Kinderzimmer, dieBettchen in einer Reihe; an jedem Bette hängt zur Unterhaltungverschiedenes Spielzeug; ferner sind ein Kinderipielsaal mit daran-stoßendem großen Garten sowie zwei gemeinschaftlich eingerichteteZimmer für die Mütter, eine Küche, ein großes Badezimmer, alleslicht und hell, in dem freundlichen Parterre eines Gartenhauses vor-banden. Die Aufficht liegt in den Händen einer Oberin sowie einerKinderftau. Gegründet ist das Heim von Frau A. Westphal. DieVereinsversammlungen des Vereins Mütter- und Kinderheim findenjeden zweiten Donnerstag im Monat, abends SVz Uhr, bei MarreMürrich, Steglitzerstr. 35, statt. Referieren wird Frau Regine Deutschüber„Geben und Wohltun". Freunde der Idee und des Vereinssind freundlichst eingeladen. Nachher Diskussion.Dem Berliner Aquarium hat für die kleineren Marinebecken desvberen Grottenganges die Station Rovigno verschiedene schöne undabsonderliche Fische, und zwar jugendlichen Alters, eingesandt, sodaß die mit ihnen besetzten Behälter um so anziehender erscheinen.Eine derartige mobile Gesellschaft hat zum Mittelpunkt einige kleinereExemplare einer vonr Mittelmeer— wo sie nur selten vorkommt—über die europäischen Küstengebiete des Atlantischen Ozeans bis nachBergen hinauf sich verbreitenden Art aus der einige Hundert Speziesumfassenden und zu den schönsten und im Naturhaushalt wichtigstenFamilien zählenden Gruppe der Lippfische, die nicht nur nach denAltersstufen, sondern auch nach dem Wohnbezirk, Aufenthalt und denEinzeltieren die buntesten Farbenabänderungcn zeigt. Ist auch imallgemeinen der Grundton ein Azur- oder Grünblau, so tritt doch einprächtiges Goldgrün, Gelb, Orange- und Kirschrot und Braun hinzuund fie alle gehen in köstlichen Schattierungen ineinander über, wäh-rend nur ein schwarzer Fleck hinter dem Auge beständig bleibt und derSpezies den wissenschaftlichen Beinamen melops(Schwarzauge)eingebracht hat. Neben diefem prunkenden Lippfisch nimmt sich derzu den Barschfischen gehörende und eine sorgsame Brutpflege be-tätigende Sackbrassen einfach aus, obschon er auf blau- oder grau-grünem Grunde mit dunkleren, goldglänzebden Streifen geziert istund nach unten hin silbern schimmert.Der Berliner Zoologische Garten hat in diesen Tagen einenKulan aus Transka spien erloorben, so daß sich jetzt Gelegenheitbietet, drei geographische Formen dieses interessanten asiatischenWildesels zu vergleichen. Die Eltern des hier geborenen altenHengstes stammen aus dem Jndusgebiet; er ist bei weitem derdunkelste; die persische Swte ist ganz hell und macht einen fastweißlichen Eindruck; der neue jugendliche transkaspische Hengst stehtin der Färbung etwa zwischen beiden. Die Kulane, welche in derStimme und der Behaarungsweise des Schwanzes sehr den echtenEseln ähneln, unterscheiden sich von diesen durch ihre rötlicheFärbung und die kürzeren Ohren ans den ersten Blick.Freie Fortbildungskurse für Arbeiter, veranstaltet von derWildenschast, Techn. Hochschule, Berlin. Heute Mittwoch, abends8 Uhr, wird Fräulein Rh. Erdmaun über:„Das Leben der Tiere aufder Erde, in Wasser und Luft" in der Aula der CharlottenburgerOberrealschule, Schloßstr. 27, sprechen. Eintrittskarten zu 16 Pf.(Abonnement auf sämtliche Vorträge 50 Pf.) sind an der Abendkasseerhältlich.Die zweite Reihe der vom Verein für volkstümliche Kurse vonBerliner Hochschullehrern veranstalteten Vortrags-k u r s e findet in den Monaten Januar bis März statt und umfaßt14 Kurse von je 6 Vorträgen, die alle um 814 Uhr abends beginnenund anderthalb Stunden dauern. Programme sowie Eintrittskartenzum Preise von 1 M. für jeden Kursus sind zu haben bei GeorgBölling, Zigarrenhandlung, Leipzigerstraße 128, A. Schütz, Rendant,O. Holzmarktstraße 60, Chr. Tischendörfer, Sophienstraße 19,F. E. Lederer, Buchhandlung, Kurfiirstenstratze 70, Bernhard Staar,Buchhandlung, SW. Friedrichstratze 250, Zentralstelle für Arbeiter-Wohlfahrtseinrichtungen, SW. Deffauerstraße 14(8 bis 3 Uhr).Die Eintrittskarten zu den Kursen Nr. 4, 5, 6, 8 und 9 sind ver-griffen.Theater. Im Nation al-Theater findet die Erstaufführungvon Saint-SaönS Oper„Die Zauberglocke" erst Sonntag statt, dader Komponist erst dann in Berlin eintrifft. Heute wird„DonnaJuanita" gegeben.— Der„Liliencron-Abend", den das Schiller-Theater vor Weihnachten mit so großem Erfolg veranstaltet hat,wird mit dem gleichen Programm Sonntag, den 15. Januar, imBürgersaale des Rathauses wiederholt. Auch diesmal hält BrunoWille den einleitenden Vortrag./Iiis den Nachbarorten.Rixdorf.DaS Ergebnis der gestrigen Stadtverordnetenwahl in derzweiten Abteilung des Nordbezirks hat bei den bürgerliche»Parteien nicht geringe Verwunderung hervorgerufen. Die bürger-lichen Kandidaten Lehnhardt und Guidowski erhielten je 79 Stimmen,während für den Kandidaten der Sozialdemokratie, GenossenR a m b o w, 89 Stiinmen abgegeben wurden. Bei der notwendiggewordenen Auslosung zwischen den bürgerlichen Kandidaten fielGuidowski aus, so daß eine Stichwahl zwischen unserem GenossenRambow und Herrn Lehnhardt stattfinden muß. Hoffentlich gelingtes unseren Genossen in Rixdorf, auch einen Vertreter der zlveitenWählerklasse in das Stadtparlament hineinzubringen.In Wilmersdorf fand gestern nachmittag 4 Uhr unter zahlreicherTeilnahme die Beerdigung unseres Parteigenossen Winzens statt.Der Verstorbene war Tapezierer und ist am Gehirnschlag, erst36 Jahre alt, gestorben. Er hat mit Hingebung der Partei gedient;lange Jahre hindurch war er im Wahlverein als Mitglied des Vor-standes tätig. An der Bahre unseres Parteigenossen trauert seineWitwe mit fünf Kindern. Die Arbeiterschaft unseres Vorortes wirdihm ein ehrendes Andenken bewahren.Schöneberg.In Schöneberg hatte die Stadtverordneten-Versammlung sichgestern mit einer Angelegenheit zu befassen, die über die Stellunggewisser bürgerlicher Kreise zur Alkoholfrage Aufklärung gab.Der Schularzt hatte über den Alkoholgenuß der Gemeindeschulkinderstatistische Erhebungen veranstaltet und deren Ergebnis veröffentlicht.Das war dem Bürgerverein nicht recht, und auf dessen Anregungkündigte der Magistrat dem Arzte seine Stellung. Angeblich sollendie Veröffentlichungen ungenau gewesen sein. In der Stadlverordneten-Versammlung wurde dies Vorgehen des Magistrats einer eingehendenBetrachtung unterzogen, und besonders unser Parteigenosse Hoff-mann rückte dem Burgermeister Wilde so nahe, daß er sich einenOrdnungsruf zuzog. Stadtv. Lohausen warf dem OberbürgermeisterTyrannei und Willkür vor, was dieser als unwahr zurückwies. DerAntrag, den Magistrat zu ersuchen, die Kündigung zurückzunehmen,wurde in namentlicher Abstimmung von sämtlichen 43 Stadt-verordneten, die anwesend waren, angenommen, worauf Stadtv.Kuznitzky seinen Antrag, dem Dr. G. ein Vertrauensvotum zu er-teilen, zurücknahm, da die einstimmige Annahme des Antrages einsolches Votum bereits in sich schließe.Ueber den Kaufpreis der Grundstücke in Schöneberg, die in denvier Jahren 1899—1902 den Besitzer gewechselt haben, hat dasstädtische statistische Amt interessante Ermittelungen angestellt, denenzufolge im letzten Jahre sich der Preis für den Quadratmeter bei denKäufen bebauter Grundstücke im Durchschnitt auf 290 M., beiden unbebauten auf 61 M. stellte. Während der Höchstpreispro Quadratmeter bebauter Grundfläche im Stadtbezirk I(nördlicher Berliner Ortsteil) mit 370 M. ermittelt wurde, stellt sichderselbe ain niedrigsten im Stadtbezirk X(Friedenauer Ortsteil)mit 142 M. Die Unterschiede sind demnach sehr erhebliche: derHöchstpreis stellt das 2,6 fache des Mindestpreises dar. Verhältnis-mäßig noch größer ist die Spannung zwischen diesen Ziffern bei denunbebauten Grundstücken, für die zum Beispiel im IX. Bezirk28,4 M. als niedrigster und 119,3 M. im VIII. Bezirk als höchsterPreis erzielt wurden.Geschäft oder Stadtverordneten- Mandat? Ein von mehr als30 Schöneberger Stadtverordneten unterschriebener bemerkenswerterAntrag soll der Schöneberger Stadtverordneten- Versammlung zurAnnahme unterbreitet werden. Er lautet:„Die Versammlung wolleden im Jahre 1903 gefaßten Beschluß, wonach es nicht ftir Wünschens-wert erklärt wird, daß Stadtverordnete sich an Submissionenfür die Stadt beteiligen oder sonst gewerbliche Arbeiten und Liefe-rungen für die Stadt übernehmen oder solche übertragen erhalten,aufheben, weil sich durch die verschiedenartige Auffassung dieses Be-schlusses für Gewerbetreibende und Lieferanten Härten herausgebildethaben." Die Herren sollen aus der Stadtverordneten-Versammlungaustreten, wenn sie meinen, daß sie ohne Geschäfte mit der Stadtnicht leben können.Charlottenburg.Die Resultate der Charlottenburger Arbeitslosen- Zählungvom 20. November 1904 werden nunmehr vom Statisfischen Amtveröffentlicht. Die Zahl der abgegebenen Zählkarten betrug 760,darunter solche von weiblichen Personen 32 und von Arbeitsunfähigen212. 31 Personen haben, wie spätere Recherchen ergaben, noch am19. November gearbeitet, waren also, da die Zählung sich auf dieam 19. November Arbeitslosen beziehen sollte, nicht mitzurechnen.Es bleiben somit 845 männliche Arbeiter übrig, die durch Wirtschaft-liche Verhältnisse arbeitslos geworden waren. Die durchschnittlicheDauer der Arbeitslosigkeit betrug 5,1 Wochen. Bei der Zählungvom 23. Februar 1904 betrug sie 7,7 Wochen, bei der Februar-Zählung des Jahres 1902, die von den Gewerkschaften aus-geführt wurde, hatte sich sogar ein Durchschnitt von 8,4 Wochenergeben. Von den 485 Arbeitslosen waren 234 unverheiratetund 251 das ist 51,75 Proz. verheiratet. Bei den Verheirateten trugin 60 Fällen das ist in 24 Proz. aller Fälle die Ehefrau zum Er-werbe bei. Die Gesamtzahl der zu ernährenden Kinder war 245,somit kamen im Durchschnitt auf je einen verheirateten Arbeitslosen1,7 Kinder. 27 waren schon arbeitslos, als sie nach Charlottenburgübersiedelten. Nach der Zählung vom 23. Februar 1904 waren von350 Arbeitslosen 154 unverheiratet und 196 das heißt 56 Proz. ver-heiratet. Bei den Verheirateten trugen 50 das heißt 30 Prozentder Eheftauen zum Erwerb bei. Die Gesamtzahl der zu ernährendenKinder betrug damals 361, so daß von je einem verheiratetenArbeitslosen durchschnittlich 1,8 Kinder zu versorgen waren.Die Allgemeine Ortskrankenkasse für die vereinigten Gewerbe-betriebe Charlottenburgs veranstaltet, wie in früherenJahren, so auch in diesen! Winter einen volkstümlichen Vortrags-Zyklus über Gesundheitspflege, in welchem hervorragende Aerztcüber die wichtigsten Gebiete der Volkshygiene nützliche und anregendeBelehrung erteilen werden. Der erste Vortrag dieses Zyklus findetam Freitag, den 13. Januar cr., abends Wz Uhr im Volkshausein Charlottenburg, Rosinenstraße 3, statt mit dem Thema: Ueberdie Bedeutung des Wassers, des Lichtes, der Luft und der Be-wegungen für die Behandlung von Krankheiten. Referent ist HerrGeh. Medizinalrat Prof. Dr. Brieger. Der Zutritt ist für jedermannunentgeltlich. Die weiteren Vorträge werden jedesmal einige Tagevorher angekündigt werden.Der Bestand der Mitglieder der Arbeiter- Kranken- und Hülfs-kaffe», welche der Aufsicht des hiesigen Magistrats unterstelltsind, hat im November 1904 um 32 Personen zugenommen,während er im entsprechenden Monat des Vorjahres schon um250 abgenommen hatte. Allerdings bezieht sich diese Zunähmenur auf die Zahl der Arbeiterinnen, die männlichen Mit-glieder haben schon, wie im Winter gewöhnlich, an Zahl etwas ab-genommen. Auf 1000 männliche Einwohner der Stadt kamenhiernach am Ende des November 264,2 Mitglieder der Arbeiter-Krankenkassen gegen 268,6 am Anfang desselben Monats und auf1000 weibliche Einwohner kamen am Schlüsse des Monats 61,8gegen 60,0 am Anfang des Monats.Im städtischen Arbeitsnachweise sind während des November964 Arbeiffuchende neu angemeldet worden, gegen 1031 imvergangenen Monat und 765 im Monat November des Vorjahres.Mit Hinzurechnung der aus dem vorigen Monat als unerledigtzurückgebliebenen 319 Gesuche betrug die Gesamtsumme 1283(1145).Von diesen Gesuchen wurden im Laufe des Monats 837 erledigt,und zwar 495 durch Zuweisung von Stellen, 49 durch Zurücknahmeund 288 durch Streichung, 446(412) blieben unerledigt. OffeneStellen wurden 680 angeboten gegen 956 im Oktober 1904 und 488im November des Vorjahres. Mit Hinzurechnung des Restes vomMonat Oktober betrug das gesamte Angebot 838 offene Stellen.Auf je 100 in den 11 Monaten Januar bis November angeboteneoffene Stellen kamen der Reihe nach folgende Zahlen von Arbeit-suchenden: 154,9, 146,8, 93,4, 122.9. 139,9, 135,0, 119,1. 100,5, 75,9,107,8, 141.3Friedrichshagen.Die bei dem Standesamt im Jahre 1904 gemeldetenFamilienereignisse ergeben flir den Gemeindebezirk(einschließlich der Kolonie Hirschgarten) 279 Geburten(136 Knaben,143 Mädchen), 7 Totgeburten, 227 Sterbefälle(114 männliche,113 weibliche Personen), hierunter 71 Kinder im ersten Lebens-jähre. Eheschließungen fanden 114 statt. Die Zahl der Geburtenüberstieg hiernach die der Sterbefälle um 52 Seelen.— Im Jahre1903 wurden gemeldet 324 Geburten, 7 Totgeburten, 231Sterbefälle und 84 Eheschließungen. Die Geburten sind daher gegendas Vorjahr um 45, die Sterbefälle um 4 zurückgeblieben, dagegenwurden 30 Eheschließungen mehr vollzogen.In Rummelsburg hat der Arbeiter Hille auf seine von ihmgetrennt lebende Frau ein Revolverattentat verübt, woraufer sich selbst zu töten versuchte. Hille, der früher Schlächter war,hatte vor fünf Jahren geheiratet. Seine Frau trennte sich aber schonnach einem Jahre von ihm wegen der brutalen Behandlung, die sievon ihm zu erleiden hatte. Später vereinigten sie sich zwar wieder,aber vor vier Wochen verfiel Hille wieder in seine alten Roheiten,und seine Frau gab ihm mit Hülfe ihres Bruders abermals denLaufpaß. H. mietete sich in Rummelsburg eine Schlafstelle. Seineerneuten Annäherungsversuche wurden aber von seiner Frau zurück-gewiesen. Gestern suchte er sie vergeblich im Hause ihres Bruderszu sprechen. Abends kaufte er sich einen Revolver, den der Ver-käufer vorsichtigerweise mit Platzpatronen lud, weil er in demKäufer einen Selbstmörder vermutete. Gestern früh um 5� Uhrbegab sich Hille nach der Wohnung seiner Frau, die, wie er wußte,um diese Zeit nach ihrer Arbeitsstätte in einer Stralauer Webereizu fahren pflegte. Als seine Frau aus der Tür trat, schoß Hilleauf nur zwei Schritte Entfernung zweimal auf sie und richtetedarauf den Revolver gegen seine rechte Schläfe. Während die Ueber-fallene noch um Hülfe rief, schlich sich H. aus dem Hause und begabsich nach der nächsten Polizeiwache, wo er unumwunden den Tat-bestand angab. Es wurde festgestellt, daß die verwendeten GeschossePlatzpatronen waren. Nach Anlegung eines Verbandes wurde H.in Haft behalten, während seine Frau, die zwei Wunden unter demlinken Auge und in der linken Brust erhalten hatte, bei ihremBruder in ärztlicher Behandlung blieb.Gerichts-Leitung.Der Fall Schindler-Jacobus.Der Zusammenbruch des Bankgeschäfts Gebrüder Schindler, imJuli 1903, der den Selbstmord des Schindlerschen Ehepaares zurFolge hatte, erhielt heute vor der dritten Strafkammer des Land-gerichts I einen Epilog in einer Anklage gegen den ehemaligenKassierer des Schindlerschen Geschäfts, den aus der Untersuchungs-Haft vorgeführten Hugo I a c 0 b u s. Am 19. Juli 1903 erregte dieNachricht begreifliches Aufsehen, daß der 37 Jahre alte BankkassiererHugo Jacobus, der seit 9 Jahren in dem Bankgeschäft von Gebr.Schindler(Inhaber Joseph Schindler), Königgrätzerstr. 105, eineVertrauensstellung besaß, mit 140 000 M. durchgegangen sei. Eswurde berichtet, daß Jacobus diese Vertrauensstellung dazu benutzthabe, um nach und nach die dort lagernden Depots zu veräußern undmit dem Gelde zu spekulieren. Es wurde weiter behauptet, daßder Angeklagte Ende Juni 1903 von Josef Schindler den Auftragerhalten habe, im Interesse des in dem Hause Königgrätzerstr. 105betriebenen sehr bedeutenden Sanatoriums nach Pommern zu reisen,um größere Geldsummen aufzubringen. Diesem Auftrag kamJacobus aber nicht nach, sondern dampfte am 2. Juli 1903 auf demDampfer„Bismarck" in Gesellschaft einer Sprachlehrerin, mit derer in näheren Beziehungen stand, nach New Uork ab. In Briefen,die er später an Herrn Schindler und verschiedene Verwandte ge-richtet hat, teilte er mit, daß er sich schon im April 1903 eine Stellein einem deutschen Geschäft in Buenos Ayres gesichert gehabt habe.Zwölf Tage nach der Flucht des Angeklagten kam aus.Hamburg dieNachricht, daß in einem dortigen Hotel Joseph Schindler, der mitseiner Ehefrau sich dort einlogiert hatte, sicherschossenhabe und seine Ehefrau verschwunden sei. Ursprünglich trat der Ver-.dacht auf, daß nicht Selbstmord, sondern ein Verbrechen der Ehe-frau vorläge. Diese Vermutung hat sich aber als irrig erwiesen.Frau Schindler hatte sich gleichfalls das Leben genommen/ ihre Leichewurde am 27. Juli in Gremsmühlen bei Eutin angeschwemmt. Ineinem vom 19. Juli 1903 datierten Brief deS Josef Schindler aneinen seiner Angestellten schrieb cr, daß er beim Eintreffen diesesBriefes nicht mehr am Leben sei. Jacobus habe Depots in Höhevon 140 000 M. unterschlagen und das Weite gesucht. Schindler er-klärte weiter, daß er die Konsequenzen dieser Handlungsweise tragenund dem Leben Valet sagen müsse und den Angestellten bitte, dieSchlüssel zum Geschäft der Polizei zu übergeben.'— In einemBriefe an einen Schulfreund, den Agenten Adolf Lustig, hieß es:„Ich ziehe dieses Ende einem Leben voller Schmach, das ich nichtverdient und nicht verschuldet habe, vor." An den Bruder des An-geklagten, Herrn Georg Jacobus, schrieb Joseph Schindler u. a.:„Was Ihr Bruder an mir getan, das mag er einst vor' Gott ver-antworten. Seine Unterschlagungen betragen mehr als 110 000 M.Ich ziehe vor, die Konsequenzen der Handlungsweise Ihres Bruderszu tragen, und wird der Ewige ein gerechter Richter sein, denn ichhabe niemals Schlechtigkeiten getan und mutz nun die Schlechtig-leiten anderer büßen."— Der Zusammenbruch des Bankgeschäfteswar durch diese Vorgänge besiegelt; es wurde Konkurs angemeldetund es ergab sich, daß eine große Anzahl von Personen um ihreDepots gebracht worden war. Wer diese Unterschlagungen begangen,ob der Angeklagte Jacobus, ob Schindler oder ob beide gemeinschaft-lich, das war die Frage, die in der gestrigen Verhandlung denGegenstand der Erörterung bildete.— Der Angeklagte ist im April1904 aus Amerikahierher zurückgekehrtund hat sich am 6. April v. I. dem Untersuchungsrichter gestellt;seitdem befindet er sich in Haft. Er trat gestern mit der Behauptunghervor, daß seine Hände rein seien und daß er seine angeblicheFlucht nur als eine edle Tat zur Ehrenrettung des Herrn Schindlerinszeniert habe. Als er in Amerika zufällig erfahren, daß einSteckbrief hinter ihm erlassen worden sei, sei er nach Deutschlandzurückgekehrt, um sich zu rehabilitieren. Er sei am 1. März 1899als Buchhalter bei Gebr. Schindler eingetreten, das Geschäft sei aberdamals schon so in der Deroute gewesen, daß der eine Geschäfts-inhaber vorgezogen habe, auszuscheiden. Eine besondere Liebhabereides Joseph Schindler sei gewesen, Erfindungen aller Art zu ver-werten. Eine Hauptstütze des Geschäfts sei das im Hause König-grätzerstraße betriebene Sanatorium gewesen, welches einen rechtguten Aufschwung nahm. Infolge schlechter Konjunkturen und dessehr großen Privatverbrauchs des Schindlerschen Ehepaares sei>isGeschäft immer mehr bergab gegangen, und schon im Jahre 1900habe er die Entdeckung machen müssen, daß Herr Schindler fremdeEffekten, die ihm als Depots gegeben waren, zu eigenem Nutzen ver-äußerte. Er habe, als er fortging, keinerlei Depots mitgenommen,sondern sei mit 800 M. eigenen Geldes über das große Wasser ge-gangen. Er habe eine Creme als Schönheitsmittel erfunden undmit dieser Erfindung drüben Geschäfte gemaöht. Er blieb dabei,daß erkeine Depotunterschlagungenbegangen habe. Der Vorsitzende hielt ihm wiederholt die Unwahr-scheinlichkeit eines solchen Edelmutes vor und verwies darauf, daßsowohl die eingehenden Zugeständnisse vor dem Untersuchungsrichter.wie der Inhalt der Briefe, die er an seine Verwandte und an denverstorbenen Schindler geschrieben, mit seiner jetzigen Darstellungabsolut nicht zu vereinbaren seien.— Der Erste Staatsanwalt be-antragte 4 Jahre 6 Monate Gefängnis und 5 Jahre Ehr-Verlust.— Das Urteil lautete auf3 Jahre Gefängnisohne Anrechnung der Untersuchungshaft und Ehrverlust auf 5 Jahre.