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Nr. 72.

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Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin "

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands .

Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69.

Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1983.

Marokko - Lärm.

Die internationalen Beziehungen der Großmächte sind durch die japanische Kriegskunst vollends in unsicheres Schwanken geraten. Seit der Zeit, da Graf Bülow noch über die Extratouren Italiens mit Frankreich scherzen zu dürfen meinte, sind die seit Jahrzehnten beharrenden Staatengruppierungen in einen höchst bedeutsamen Um­bildungsprozeß geraten und der Zusammenbruch Rußlands , des Schiedsrichters Europas , muß naturgemäß neue Gestaltungen bes schleunigen. Im gegenwärtigen Augenblick ist alles im Werden und im Ungewissen.

Die Ungewißheit der allgemeinen internationalen Situation erregt im besonderen Maße die auswärtige Politit derjenigen beiden Staaten, welche am meisten angewiesen sind, durch Anschluß an andere Mächte sich gegen Bedrohungen zu sichern, die sie gegen seitig von einander befürchten: Deutschlands und rant reichs. Beide wetteiferten um die russische Freundschaft und beide haben angesichts der russischen Zerrüttung das Problem zu be­wältigen, ob und wie weit sie ihr Verhältnis zu Rußland revidieren und neue Freundschaft erwerben müssen. Die französische Diplomatie hat es ohne Zweifel besser verstanden, sich Ersas für den start ver­minderten Wert der ruffischen Allianz zu schaffen, indem sie außer Italien auch England noch an ihre Seite zog. Andererseits er­wachsen der französischen Regierung nicht nur aus dem russischen Debacle, sondern vor allem auch aus dem wachsenden Widerstande der eigenen Nation gegen den Bund mit dem bluttriefenden Barismus große Schwierigkeiten der auswärtigen Politik.

Ohne diese allgemeine Trübung der internationalen Beziehungen fönnte die neueste Marotto Geschichte unmöglich die Diplomatie und die politischen Kreise so heftig reizen, als es der Fall ist. Der nervösen Erregung erscheint ein an sich wenig bedeutendes Geschehnis in phantastischer Größe und überwältigender Gefähr

lichkeit.

Trotz aller Versicherungen auswärtiger Besonnenheit, die der deutsche Kanzler gab, find wir gewiß weit entfernt, nach den welt. politischen Neigungen und Taten des letzten Jahrzehnts die beutsche Regierungstunft gegen abenteuerliche Torheiten gesichert zu halten. Aber das Unmaß weltpolitischen Wahns muten selbst wir der Re­gierung nicht zu, daß sie jetzt wegen Marokko einen unabsehbaren Deutsch - französischen Stonflift herbeiführen könnte. Wir glauben, daß in Paris die Sensation des bevorstehenden Besuches Wilhelms II. in Tanger allzu tragisch empfunden wird. Tatsächlich ist die französische Diplomatie ungewöhnlich erregt und der Minister des Auswärtigen erfährt herbe Kritifen.

Unser französischer Korrespondent sendet uns über die Pariser Maroffo- Stimmungen die folgenden Mitteilungen: Die dornige Marokko - Frage stört hier wieder einmal den offiziellen diplomatischen und tolonialpolitischen Optimismus. Und das von zwei Seiten zugleich.

Sonnabend, den 25. März 1905.

was damals zu tun von seinem Standpunkt möglich und erforder lich war. Schon im Herbst 1903 hat er in Berlin wegen Marokko angefragt und die deutsche Regierung konnte bei einiger Voraussicht nicht zweifeln, daß es Zeit fei, deutsche Interessen geltend zu machen, fofern es nötig sei.

Es ist interessant, daß die deutsche Regierung durch das Wolfsche Telegraphenbureau den Artikel Jaurès ' ausführlich verbreiten läßt. Offenbar liegt ihr daran, bei uns den Eindruck zu vermehren, als fei sie wirklich im Begriff, einen großen Erfolg auf der Weltbühne zu erringen. Wenn aber vom franzöfifchen Standpunkte mit Recht unangenehm empfunden wird, daß durch den Besuch des deutschen Staifers bei dem Sultan in Tanger die franzöfifche Marokko - Politik erschwert werden kann, so bedeutet darum dieser Besuch gleichwohl auch entfernt nicht einen fachlichen Erfolg des deutschen Reichskanzlers. Auch die Pariser Befürchtungen vermögen dem Reise- Lärm der deutschen Offiziösen nicht reale Bedeutsamkeit zu geben. Freilich die alldeutsche Verwegenheit ruft seit Jahren nach der Aufteilung von Marollo und Leute von antisemitischer Geistes­größe wie das Gräflein Reventlow schrien im Reichstage über ber­paßte Gelegenheiten. Aber am 12. April 1904 erklärte der Reichs­fangler im Reichstage, daß wir keine Ursache haben, anzunehmen, das englisch - französische Kolonialabkommen enthalte eine Spike gegen irgend eine andere Macht". Was speziell Marokko angehe, fuhr Graf Bülow fort,

das den Kernpunkt dieses Abkommens bilden dürfte, so find wir im wesentlichen wirtschaftlich interessiert. Deshalb haben wir auch ein erhebliches Interesse daran, daß in Marotto Ruhe und Ordnung herrscht. Unsere merkantilen Interessen müssen und werden wir schüßen. Wir haben keinen Grund, zu befürchten, daß diese unsere Interessen von irgend einer Macht mißachtet oder berlegt werden könnten."

einer Verlegung der deutschen Handelsintereffen in Maroffo durch Ist aber seitdem irgend etwas geschehen, was die Befürchtung Frankreich rechtfertigen könnte? Es ist nichts zutage ge­treten und es ist bekannt, daß die Handelsfreiheit in Maroffo auf 30 Jahre garantiert ist. Run brachte allerdings am Donnerstag die Nordb. Allg. 3tg." die plöglich nach Paris drohende Note, daß seitens der franzöfifchen Regierung nichts geschehen sei, um den scheinbaren Widerspruch auszugleichen, daß der Sultan von Marokko souverän bleiben und zugleich die Ordnung in Marokko unter friedlicher Leitung Frankreichs " wiederhergestellt werden soll. Dieser scheinbare Widerspruch" bildet aber eben den Inhalt des französisch - englischen Abkommens und war der deutschen Regierung längst bekannt.

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Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1984.

ist ein Gerichtsverfahren dieserhalb anhängig gemacht.( Uebrigens ist schon gerichtlich[ B. G. S. Hattingen ] festgestellt worden, daß ein Beamter in betrügerischer Weise nullte. Ebenso ist nachweisbar, daß schon Wagen genullt sind, obgleich die Be straften" an dem Tage feinen Wagen förderten!) Alles Vor­kommnisse, die das jetzige Anrechnungssystem als unhaltbar fenn­zeichnen.

GAGS

Auf Prosper I" sind einer Kameradschaft über 3 Proz. ihrer Leistung genullt worden. Wegen Mindermaß"( weil nicht hoch­gefüllt") wurde genullt, obwohl zugestandenermaßen die Niedrig­feit der Förderstrecke das Hochfüllen" nicht zuließ.

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Auf Prosper II" find zwei Kameradschaften über 5 Proz. der Wagen genullt worden. Der Direktor Br. gab zu Protokoll, gleichzeitiges Nullen und Verhängung von Geldstrafen fände grundsäßlich" nicht statt. Demgegenüber wurde aber festgestellt, daß Hauer K. 9 Monate je mit 3 M., Hauer 8g. mit 5 M. in 1 Monat, Hauer 3. 1901/1908 in den einzelnen Monaten mit 1,50-12,50( Oftober 1902) W., Hauer Ko. einmal mit 5, einmal mit 3 M., Hauer L. in 11 Fällen mit 18,50 M., Hauer H. in 14 Fällen mit 17 M. bestraft wurden, meistens wegen unreiner oder ungenügend gefüllter Wagen, die obendrein noch genult wurden!!!

Auf Shamrod III/ IV" arbeitete der Hauer S. vor einem Drt mit sehr schlechtem Hangenden, was gechenseitig anerkannt wird. Trotzdem sind K. im August täglich 1-8 Wagen gemullt worden. Als er sich beschwerte, hörte das Nullen 3-4 Wochen auf, dami ging's wieder Tos.

Auf Herkules" behauptete die Verwaltung, es würde beim Nullen human verfahren. Die Untersuchungstommiffion ist zu der Ansicht gekommen, daß das Nullen hier nicht ungewöhnlich hoch" fei. Dabei gab der Direktor T. selbst an, es feien von der Ge­famtförderung genullt worden 1899: 2,27 Bro3., 1900: 2,33 Broz., 1901: 2,54 Proz., 1902: 2,66 Prog., 1903: 2,26 Prog., 1904: 2,61 Proz.! Auf Schacht I, wo der Streit seinen Anfang nahm, wurden 1904 2,73 Proz. der Gesamtförderung genult, im 4. Quartal 1904 fogar 2,96 Proz. 111 Das Nullen hat sich also bon Jahr zu Jahr verstärkt, die Bechenangaben bestäligen somit die Berechtigung der Arbeiterklagen. Früher( siehe oben) fand die Regierung schon bis zu 2,5 Proz. genullter Förderung auffallend hoch". Die jetzige Untersuchungskommission findet 2,96 Proz. nicht ungewöhnlich hoch".

Auf Friedlicher Nachbar Baaker Mulde" flagen die Beleg­schaften seit Jahresfrist über verstärktes Nullen. Der Zechen­vertreter bestritt die Berechtigung dieser Klagen, legte aber eine Anlage vor, aus der zu ersehen ist, daß von der Förderung genult wurden:

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1. Quartal 1904 4. Quartal 1904 Friedlicher Nachbar. 0,89-0,58 Bro3. 0,78-1,05 Broz. Baater Mulde 0,47-0,88 1,87-1,71 " Gerade diese Zechen betweisen, daß man das Nullen nicht generell, sondern nach Einzelresultaten beurteilen muß. In Flöz Großebant", Drt und Pfeiler 3-7 Often, find 8,51 Proz. der Wagen genult, in Flöz Jda", Pfeiler 4 Westen, wurden 10,77 Broz. ge= nullt!!! Die Untersuchungskommission tommt troßdem zu der " Ansicht", das Nullen fönne als nicht übermäßig hoch bezeichnet tverden"!!! Ist das kein sehr starkes Stück?

Wo solche enormen Abzüge von dem sauer verdienten Lohn gemacht werden, muß fich da nicht allmählich eine furchtbare Em­pörung der geschädigten Arbeiter bemächtigen?

Da deutsche Handelsintereffen in Maroffo nicht gefährdet find, jo gibt es für die kaiserliche Tangerfahrt und ihre offiziöse Bes lärmung nur zweierlei Erklärungsmöglichkeit: entweder man will etwas Ernstes oder es wird ein Stück geboten, deffen Glanz die Schauluftigen ergößen mag. Da aber die letzte Bremische Kaiserrede Vor allem hat der sensationelle Besuch Wilhelms II. der weltpolitischen Entsagung nicht die aussichtslose Absicht haben in Tanger unzweifelhaft ein schweres Unbehagen hervorgerufen. tann, das Ausland über deutsche Friedensliebe zu täuschen, so ist Die gegenteiligen Versicherungen der offiziöfen Delcasse- Bresse nicht daran zu denken, daß die deutsche Regierung den Plan ver­felbst flingen sehr unsicher, um für bare Münze genommen werden zu folgt, die Grundlage des französisch - englischen Abkommens einem ber­fönnen. Ueberdies gehört es ja hier, wie überall sonst, zum offiziöfen späteten Umsturzverfuch zu unterwerfen. Es wird daher von der Tanger­Handwerk, die Schwierigkeiten eines neuen waghalsigen Kolonial­unternehmens zu vertuschen. Die ausgegebene Parole des fried reise nichts bleiben als einige höchst bedauerliche Ver lichen Eindringens" in Maroffo, an der die französische Diplomatie fchär fung der deutsch franzöfifchen Beziehungen. fubjektiv allerdings aufrichtig festhalten möchte, darf unter feinen und unter dem Gesichtspunkte fultureller Bölferwohlfahrt gilt für Umständen als eine objettive unmöglichkeit anerkannt werden, so diese diplomatische Marokko - Uebung wie für so vieles diplomatisches den vorstehenden Enthüllungen die öffentliche Meinung, fich den

Yange eben diefe Unmöglichkeit einem werten Publikum erst durch Großgetue das Fazit: Viel 2ärm um nichts! Symptome, noch nicht durch handgreifliche, unwiderrufliche Lat fachen fich fundgibt. Daher das Streben der Pariser Offi­

1904 hat sich der Jahresverdienst der Ruhrbergleute um ganze 3 M. 0,25 Broz. gehoben"; dies fonstatiert die Bechenpreffe als eine Verbesserung der Arbeiterlöhne". Wenn aber 3-10 Broz. des Lohnes durch Nullen verloren gehen, so soll das kein drückender Mißstand sein." Die Bergarbeiter dürfen sich darauf verlassen, daß schon nach unternehmerfreundlichen Ansichten und Urteilen der Untersuchungs­tommissionen nicht anschließen wird. Nulle" man nur ein mal den Herren Bergräten und Bürgermeistern 2-10 Prozent ihres ein Geschrei erheben.

ziöſen, auch dem deutſchen Kaiſerbefuch in Tanger eine harmlofe Existieren Mißstände im Ruhrbergbau. Berdienstes, bann wollen wir mal sehen, was die Herrschaften für

Deutung zu geben, ein Streben, in welchem sie merkivürdiger­oder vielmehr begreiflicherweise durch die Auslassungen der Berliner Offiziöfen gefördert wird.

II.

Bekanntlich ist das rigorose Nullen ein Hauptbeschwerdepunkt Was aber die unabhängige franzöfifche Meinung betrifft, so der Bergleute. Die Unternehmer bestreiten es und behaupten, das beurteilt sie den Staiserbesuch ganz anders. Sie erblidt darin eine Rullen halte sich in mäßigen Grenzen". Regierungsfeitig ist 1890 Bedrohung der franzöfifchen Attion in Marolto. Die Schwierig ein Prozentsag bis 2,5 roz." genullter Förderung auffallend feiten, die ber Sultan gegen das friedliche Eindringen" zunächst hoch" genannt worden. Nun haben aber die Untersuchungen auf nur der offiziellen franzöfifchen Mission in Fez erhoben hat, find den Ruhrzechen bedeutend höhere Brozentfäße ergeben, troßdem ber noch in frischer Erinnerung. Diese Mission ist jetzt gerade daran, mögen die Kommissionen keine Mißstände zu entdecken. Ueber den mit Abd- el- Aziz über das friebliche Eindringen" der franzöfifchen Umfang des Nullens teilt die Schrift des Bergarbeiterverbands­Kontrolle in die marollanische Verwaltung zu unterhandeln. In Vorstandes aus den Untersuchungsprotokollen mit: einer folchen Situation muß der Kaiserbesuch doppelt erwünscht sein dem Sultan von Marokko, nachdem ihm jede Hoffnung auf die Rivalität der nächstbeteiligten Mächte, Englands und Spaniens , gegen Frankreich durch die bekannten Abkommen vom April 1904 genommen worden ist.

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Vergiß mein nicht"- diese deutsche Ueberschrift trägt ein Artikel von Clemenceau in der Aurore" über den Ab­stecher Wilhelms II. nach Tanger . Der bittere Kritiker der ganzen Delcassé - Diplomatie rüdt ins rechte Licht die offiziösen Jllufionen. Und während der Temps" sich auf die liebenswürdigen Ver sicherungen der Bülow- Presse beruft, betont Clemenceau das Urteil des Wiener Fremdenblattes", das er zu dem seinen macht: Man muß jetzt fehen, inwiefern Deutschland bereit ist, sich den englisch - französischen Abmachungen anzuschließen."

Auch unser Parteigenosse Jaurès übt in der Humanité" ein­dringliche Kritik an der Politit Delcaffés, der vom Heiligen Ruß­land hypnotifiert" Deutschland ignoriert habe; jetzt, wo das Gößen­bild, vor dem sich die französische Diplomatie in den Staub warf, wackelig geworden ist, erinnert Kaiser Wilhelm Herrn Delcassé daran, daß es ein Deutschland gibt."

So vortrefflich es ist, die russische Allianz zu verdammen, so hat doch in dem besonderen Marotto- Fall die französische Regierung, als sie vor Jahresfrist das Abkommen mit England schloß, sicherlich nicht falsch operiert. Herr Delcassé hatte das durch die deutschen Flottenrüstungen gereizte England zu dem für Frankreich durchaus vorteilhaften Abkommen gevonnen. Und gegenüber Deutschland hat der französische Minister der auswärtigen Angelegenheiten das getan,

Auf Zeche Dorftfeld II/ III" wurden der Kameradschaft G. über 3 Proz. der Wagen genullt, obendrein erhielt S. noch 2 M. Strafe wegen unreiner Förderung. Der Betriebsführer gibt selbst zu, es sei schwer, aus dem Flöz reine Kohle zu liefern.

Auf Neuköln" find einer Kameradschaft 2,80 Proz. der Förderung genullt worden. Dem Hauer W. wurden auf" Christian Levin" im September 1904: 80, im Oftober 76 Wagen genult. Auch hier gibt der Betriebsführer die Schwierigkeit zu, reine Kohlen zu liefern.

Auf Schacht Sterkrade ", Zeche Oberhausen , wird nicht genullt. Aber die Arbeiter bezeugen, es fehlten ihnen bei der Lohn berechnung häufig Wagen. Zwar wird das zechenseitig bestritten, aber uns wurde auch von anderen Arbeitern auf C Sterkrade" be stätigt, daß ihnen manchmal Wagen nicht angerechnet würden. Das mag schließlich ein Irrtum sein, aber jedenfalls beweist diese Angelegenheit, wie notwendig eine ständige Kontrolle der Wagen abnahme seitens der Arbeiter ist.

Auf Gneisenau" sind von der Förderung im Januar 1904: 4 Proz., im Februar fast 5 Proz. genullt! Die Untersuchungs­tommission hat die Ansicht", hier halte sich das Nullen ,, in mäßigen Grenzen"!

Auf Bruchstraße" stieg die Nullerei im August 1904 auf 2,45 Proz. Jm November wurden 583 Wagen genult; da hielt die Belegschaft eine Protestversammlung ab und im Dezember wurden nur noch 319 Wagen genullt!!!

Ein sehr merkwürdiger Fall hat sich auf Scharnhorst" zu­getragen. Zwei Arbeiter bezeugen, gesehen zu haben, daß der Brückenkontrolleur Sen. der Stameradschaft G. N. Steine auf die ( vorher rein gefüllten!) Wagen warf und sie dann nullte!!! Es

Lebhaften Protest wird die öffentliche Meinung gegen die An­fichten der merkwürdigen Untersuchungstommiffionen erheben, wenn mitgeteilt wird, was denn eigentlich bezeugt worden ist hinsichtlich der Arbeitermißhandlung. Sieht man bas Galoppverfahren in Betracht und die Tatsache, daß erst über 16 von den 200 gechen Untersuchungsniederschriften dem Verbandsvorstande vorlagen, so bedeuten die nachfolgenden Protokollauszüge eine fürchterliche Bloß­stellung der angeblich humanen Arbeiterbehandlung. Die Schrift der Verbandsleitung registriert folgende standalöse Fälle:

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Der Steiger V.( Shamrod II/ IV) trat den Arbeitern, frech" entgegen. Fahrsteiger S. höhnte eine Kameradschaft, die eine sehr miserable Arbeit hatten, das wäre eine schöne Arbeit". Der Maschinensteiger( Prosper I") schimpfte die Leute: Ihr feid faule Hunde, dumme Blagen!" Derfelbe Beamte beschimpfte den Heizer F., der schon 8 Schich ten hintereinander gearbeitet hatte, weil er sich weigerte, auch die 4. Schicht an der Arbeit zu bleiben. Steiger B. schimpfte den Arbeiter B. einen Faulenzer". Die Unters fuchungs- Kommission tommt zu der Ansicht", das Verhalten der Arbeiter( 1) habe den Beamten Anlaß zu ihrer Erregung" gegeben!!! Ihr Schimpfer was wollt ihr noch mehr? Der Aufseher H.( Siebenplaneten") schlug den 19jährigen Arbeiter B.; als bie Hauer F. B. und G. B., Verwandte des Geschlagenen, arbeitend auf derfelben Beche, die Schlägerei zur Anzeige bringen wollten, wurden sie gekündigt! Steiger G.( Bruchstraße" ist schroff und manchmal beleidigend gegen Arbeiter bei der Gedinge Ab­rechnung. Er will Ursache" dazu haben, er fei beschimpft" und bedroht" worden, nemt aber feine Zeugen dafür. Maschinen­fteiger B. wird als Schimpfer und Schläger bezeichnet.- Betriebsführer K.( Friedlicher Nachbar Baaler Mulde") fagt Höhnend au einer wegen fchlechtem Gedinge be fich schwerenden Kameradschaft, das Gedinge stände noch viel zu hoch, dazu bei dem schönen Gebirge. Gleich darauf stürzt aus dem schönen" Hangenden ein Stein herab und zer­schmettert einem der Beschwerdeführer den Schädel!" Steiger St. fagt zu dem 42jährigen Arbeiter B.: Du Strüppel, erbärmliche Sereatur, Du famist ja nichts!"- Steiger D.( Scharnhorst") schimpft den Schachthauer St." Bummmler". Steiger G. fagt zu dem 30jährigen Arbeiter St., er sei nicht wert, daß ihn der Hund anpiffe"!-

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