Nr. 199.
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Vorwärts
9. Jahrg.
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Eernsprech- Anschlug amt 1, Nr. 4186.
Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
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Was ist zu thun?
Chemische Industrie- Attien steigend", das wird, nun die asiatische Cholera ihren Einzug in Deutschland gehalten hat, die ständige Wendung des Kurszettels sein. Der Kapitalismus, der die ganze Welt unter sein Joch gebeugt und Alles zur Waare gemacht hat, würde nicht folgerichtig sein, wenn er nicht den Tod und seinen Schrecken zum gewinnreichen Gegenstande seiner Schacherthätigkeit machte.
Freitag, den 26. August 1892.
Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
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Nährboden das gesellschaftliche Elend ist. Die geständnisse machen, hieße das Volk prellen. Am besten ist heutige Wirthschaftsweise, welche auf der einen Seite den es, den ganzen Subventionen- Kram aufzustecken, da die Riesenreichthum Weniger aufhäuft, um auf der anderen Linien dem Reich einen erheblichen Nuzen nicht bringen, Seite die graufige Noth der Voltsmasse, Unterernährung, und das Geld für gemeinnüßigere Zwecke zu verentfehliche Wohnungszustände, Siechthum und Entbehrungen, wenden. Für die Kapitalisten hat die Reichsregierung ein den Hunger und das Verbrechen, den Schmutz und die Ent- warmes Herz" und eine offene Hand, das ist unartung mit lawinenhafter Fruchtbarkeit wachsen und immer bestritten. mehr wachsen zu lassen, sie allein hat die Bedingungen geschaffen, unter denen die Cholera die Kulturmenschheit ver Gine Seuche, wie die aus den Niederungen des Ganges wüstet. Und diese Seuche, üppig wuchernd, zuerst durch gütige Vermittelung unseres Erbfreundes im Often in den Arbeitervierteln, da 100 eine bis auf das zu uns gekommene Cholera, ist für unser Unternehmerthum Mart ausgesogene durch Brotzölle und tapiein Gegenstand der Spekulation so gut wie Schweizerfäfe, talistische Raubwirthschaft widerstandsunfähig gemachte ostelbischer Fusel, brüsseler Spigen und deutscher Sekt. Hat Bevölkerung elend zu Grunde gerichtet wird, macht nicht die Wissenschaft den Kommabazillus entdeckt und als Schutz Halt vor den Thüren der Reichen, sondern streckt mit und vorbeugendes Mittel gegen Verbreitung und Ueber- revolutionärem Hohn, ein todtbringender Gleichheitsflegel, tragung der todtbringenden Ansteckungsstoffe chemische Sub- nicht nur den ausgemergelten Arbeiter, sondern auch den stanzen aufgezeigt, so erscheint sofort auf dem Wahlplatz fatten Mastbürger auf den Grund. jenes blühende, durch die Erkrankungs- und Sterb
Was wir gefordert haben, muß von den Gewalthabern lichkeitsziffer, den niedrigen Lebensmaßstab, den Hunger- schon in ihrem eigenen Intereffe unterstützt werden. John seiner Arbeiter, durch die berauschende Höhe Noth kennt kein Gebot, und so unzureichend die vorfeiner Geschäftsgewinne, seiner Dividenden, durch die geschlagenen Linderungsmittel sind, sie müssen angewendet außerordentliche Straffheit seiner Unternehmerverbände aus- werden.
Militär- Vorlage. Der Schacher geht vor sich. Die National- Beitung"( Nr. 492 vom 25. d. M.) schreibt: Wie wir zuverlässig vernehmen, steht der Inhalt der Militärvorlage nunmehr fest, während nach wie vor noch zweifelhaft ist, ob sie in der Reichstags- Session von 1892-93 oder erst in der von 1893-94 eingebracht werden soll. Hierüber dürfte zunächst das preußische Staatsministerium, wenn es wieder vollzählig versammelt sein wird, berathen und dann der endgiltige Beschluß gefaßt werden. Was den Inhalt der Vorlage angeht, so bestätigen sich durchaus unsere Mittheilungen, daß die zweijährige Dienstzeit nicht durch Gesetz eingeführt, wohl aber die Dauer der Dienstzeit für die Fußtruppen thatsächlich erheblich herabgemindert werden soll, um eine Verstärkung der Rekruten Einstellung zu erzielen. Dieselbe ist in einem Umfang vorbereitet, der zugleich eine Erhöhung der Friedenspräsenz stärke bedingen würde. Das Maß der thatsächlichen Herabmindeaung der Dienstzeit der Infanterie und der Steigerung der Aushebung würde sich unter diesen Umständen durch den Etat ergeben. Die Gesichtspunkte, welche auf diesem Wege gleichmäßig gewahrt werden sollen, werden Verstärkung der Reserven des deutschen Heeres, Verjüngung der Feldarmee, aber jugleich Wahrung der Qualität derselben bezeichnet."
Abwarten!
gezeichnete chemische Großgewerbe, um in der Zeit eines Es genügt nicht, wenn die allerschlimmsten Mißstände furchtbaren öffentlichen Nothstandes den Rahm von der beseitigt, oder mehr vertuscht, als beseitigt werden, der Milch zu schöpfen und ein nationales Unglück zu Gunsten Staat und seine Organe, die Gemeinden, haben die Aufgabe, seiner Aktionäre, seiner Geschäftsleiter, seiner Verwaltungs- wenn anders fie noch im Stande find, Verrichtungen des räthe mit triumphirender Sicherheit auszubeuten. Klaffenstaates auszuüben, der großen Masse die Des Chlorkalt, Kaliseife, Kallmilch, Salzsäure, Arzneimittel infektions- und Arzeneimittel unents in Hülle und Fülle, nüßlich die Seuche zu bekämpfen, geltlich zur Verfügung zu stellen. Man werden in unberechenbar großen Mengen gebraucht und ge- errichte öffentliche Abgabestellen, man bilde fauft werden, ein Springquell unermeßlichen Vortheils für eine Truppe von Leuten, die überall, wo ,, Kolonialfreuden". Wölffchen telegraphirt aus Dars die Handvoll Großbetriebe, die nicht blos den deutschen , es noth thut, in allen Vierteln, in allen Bezirken, die es- Salam( Ostafrika ) unter dem 25. d. M.:" Von der ansondern den Weltmarkt beherrschen. Ein guter Renner des Häuser besichtigt, die gesundheitswidrigen Woh geblichen Ermordung St. Paul's und mehrerer Hauptchefs Kartellwesens hat gesagt, daß in der chemischen Industrie nungen räumt und ihre Insassen in öffentlichen Ge- Der Expedition( fiche Vorwärts" Nr. 197 vom 24. August) Deutschlands kaum ein Handelsprodukt sich finde, das nicht bäuden, die man zu befferen Zwecken, als bes Brunkes ist hier nichts bekannt. Letzte Berichte von Kilimandjaroſyndizirt wäre. Es versteht sich am Rande, daß alle diese oder des Militarismus u. s. w. halber, zu gebrauchen hat. Station vom 19. Auguft bestätigen, daß die Station ohne Erzeugnisse, hergestellt unter der Aufsicht und unter dem Man sorge für Cholerafpitäler, Barackenbauten Kampf wieder besetzt ist. Dort Alles wohl. Alle größten Zwange von Kartellen, gemeinsamen Verkaufsstellen und dergl. Kann man das Schlimme nicht verhüten, so Häuptlinge mit uns gegen Meli, der wegen Frieden veru.. w., bei den jezigen Verhältnissen erst recht beuge man dem Schlimmsten vor! handelt." Wir wollen abwarten, ob diese offiziöse Kabelein Spielball in den Händen ihrer Herren und Meister Tausende von Millionen verschlingt der Heereshaushalt, nachricht sich bestätigt.- sind, die über den Preis und die zu erzeugende Menge und einige Dugend Millionen sollten nicht flüssig gemacht nach ihrem selbstherrlichen Gutdünken entscheiden. werden, um sich der Cholera ein wenig zu erwehren? In Beamtenschulden. Wie auswärtigen Blättern ges Schon meldet die in Geldsachen so feinfühlige bürger- Preußen z. B., dessen Kreise bank der widerfinnigen lex meldet wird, sind sämmtliche Gerichts- Behörden liche Presse, die Fabriken könnten der Nachfrage nicht ge- Huene über 3 Duhend Millionen von den Zollüberschüssen erschulden gegen mittelbare oder unmittelbare Staatsangewiesen worden, über alle Klagen, die wegen nügen, ein Steigen der Preise sei zu erwarten: der Boden halten, mit denen die Kreise nichts oder nichts Gescheidtes an- Beamte angestellt werden, ferner von allen Privatwird geebnet für die muntere Betriebsamkeit der Rapita zufangen wissen denn Landrathspaläste und fürstlich gelisten, die eine Epidemie bewerthen nach den zahlenmäßigen schmückte Bankettsäle find thörichte Vergeudung-, wäre Gelb la gefachen, in welchen ein solcher Beamter Partei Ergebnissen in Mark und Pfennig und die an der Börse genug vorhanden, um Staats- und Gemeindelager einzu- ist, und ebenso von allen 3ahlungsbefehlen, die den Kurs der Papiere um so höher treiben werden, je richten, um Fürsorge gegen die Seuche zu treffen. gegen solche Beamte erlassen werden, zu deren Dienstgräuelvoller die asiatische Cholera unter dem Volke Was hier aus öffentlichen Mitteln geschähe, wäre nur atten ihrer vorgefeßten Behörde Mittheilung wüthen wird. die Rückzahlung eines Millionstels der von der Kapitalisten- Deputationen aufgefordert worden, vorkommenden machen. Es seien auch im Weiteren die SchulZu Nutz und Frommen des Gemeinwesens muß in alle klasse beim Proletariat tontrahirten Riesenschuld. wege verhittet werden, daß die Raubritter hinter den hohen Echlöten der chemischen Fabriken ihr Handwerk aus dem fo glatt läuft, wenn es sich um prächtige Feste, um triege- Natürlich wird diese polizeiliche Ueberwachung der große u Bersagt auch hier das staatliche Räderwerk, das sonst Falls bezügliche über die Lehrer gemachte Mittheilungen an die zustehende königliche Regierungsbehörde zu befördern. Stegreif ungehindert betreiben. Es ist sowohl dafür zu rische Zwecke, um großbürgerliche Interessen handelt, so träte masse der schlecht bezahlten, abgeraderten sorgen, daß zur rechten Zeit eine den Bedarf der schleichende Verfall als schmählicher Krach offen zu unterbeamten wie eitel Honig schmecken. Der Staat genügende Produktionsmenge vorhanden Tage. ist, als auch daß die Preise der Chemikalien Der Klaffenftaat zeigte dann, daß er unfähig wäre, seine entlohnt sie für ihre Ueberarbeit so färglich, daß sie aus nicht willkürlich emporgeschnellt werden. eigenen Geschäfte zu besorgen.
Wie das zu geschehen hat? Unser Staat, so eifrig, das in seine Gewalt zu bringen, was in öffentlicher Verwaltung den Befißenden am ersprießlichsten ist, unser Staat, der im Intereffe des Kriegsheeres Bahnen verstaatlicht und
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für fistalifche Zwede Kohlengruben und Hüttenwerke be Politische Leberlicht.
wirthschaftet, hat nicht blos das Recht, er hat die Pflicht, in einem Augenblicke öffentlicher Kalamität die Preise auch einmal zu Gunsten des Volkes zu regeln. Hat er doch für die Getreidezöllner, für die Viehzüchter, für die Schnaps brenner, für Papiermüller und Waldbefizer die angemessene Rente" gefichert!
dem Elend, dem Schuldenmachen, dem Darben und Pumpen, aus dem ewigen Schwanken zwischen Querschreiben und Abpfänden nicht herauskommen, dann überläßt er sie der Bein und streicht ihnen ihr zum größten Theil unverschuldetes Unglück auf ihrer Konduitenliste" schwarz an. So züchtet die Regierung Sozialdemokraten.-
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Ultramontane Tapferkeit. Es ist uns gelungen, die Berlin , den 25. August. Kölnische Volkszeitung" zum Aufgeben ihrer Reichshilfe für den Norddeutschen Lloyd . Wie Wanzentaktit des Todtschweigens zu zwingen, und kläglich manche Leute mit der Rederei fein Glück habentroß wie ein geprügelter Mops, zieht fie fich in ihrer Feigheit alles Bramarbasirens macht das Löwenmaul nicht den Löwen, durchbohrendem Gefühle hinter die allerfaulsten Ausreden was sich die junkerlichen und sonstigen Prahlhänse merken zurück, um sich ein Weniges weißzubrennen. Sie schreibt So möge er jetzt seine Hand mit festem Griffe auf jene mögen, so hat die große Aktiengesellschaft Norddeutscher( Nr. 466 vom 24. d. M.): Plusmacher legen, welche gewillt sind, mit diesem öffent- Lloyd in den letzten Jahren fein Glück mit der Rhederei. lichen Elend Schindluderchen zu spielen, so möge er teine Vor Kurzem haben wir den Geschäftsausweis des UnterPreistreibereien dulden, im Nothfall sich der vorhandenen nehmens erörtert und auf die großen Unkosten hingewiesen, Vorräthe versichern, die Zufuhr und Erzeugung der Chemi - die trotz dem Reichszuschuß die subventionirten Linien talien reguliren. Er möge dafür Sorge tragen, daß der in dem Lloyd verursachen. Jetzt meldet das Depeschennormalen Zeiten übliche Marktpreis nicht überschritten, das bureau Herold" aus Bremen unterm 28. d. M.: Laut genügend produzirt werde. Der preußische Staat zum Bei- der Weser- Zeitung" nahm die hiesige Börse als Thatsache spiel, der in so innigen Geschäftsbeziehungen zur chemischen an, daß dem Norddeutschen Lloyd von der Reichsregierung Industrie steht ist er ja doch mächtiges Mitglied des in den Bedingungen des Vertrags über die Reichs- Postmarktbeherrschenden Kalikartells( auch in der Salz- dampferlinien Erleichterungen zugestanden sind, vorbehaltlich gewinnung, nicht blos im chemischen Großgewerbe treibt der der Zustimmung des Reichstages." Die deutschen Steuerpreußische Staat Syndikatspolitik)-weiß sehr gut Bezahler haben gar kein Juteresse an der Dividendenhöhe des fcheid auf diesem Gebiete, und wenn er will, fann er den Lloyd. Nach den fetten Jahren mit ihrer Uebererzeugung, Herren Unternehmern ein geschüttelt und gerüttelt Maaß ihren Spekulationen mögen die Herren sich an den mageren Sozialpolitischen Anstandes einpauken. mit ihren 5 bis 6 vom Hundert genügen laffen, was als Aber die Cholera ist eine Krankheit, deshalb so gefähr- Entbehrungslohn immer noch recht, nüdlich" ist, um mit lich dem Gesellschaftskörper, weil ihr unerschöpflich reicher Onkel Bräfig zu sprechen. Der Gesellschaft aber neue Zu
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" Der sozialdemokratische Vorwärts" in Berlin druckt in seiner heutigen Nummer eine Skandalgeschichte ab, welche die in Köln erscheinende sozialdemokratische Rheinische 3tg." nun schon in mehreren Nummern behandelt, und knüpft daran, ganz wie das Kölner Blatt, hämische Angriffe gegen die„ Kölnische Volkszeitung" wegen ihres" Todtschweigens" dieser Angelegenheit. Es handelt sich um schwere Ausschreitungen, welche ein Kölner Kriminal- Kommissar am Morgen des 9. d. M. in einem Hause an der Kyffhäuserstraße in Köln verübt haben soll. Die Darlegung des Sachverhaltes in der Rheinischen Zeitung" weicht wesentlich von der Aussage des Kriminal- Kommiffars felbft ab. Da wir die unbedingte Wahrheit in dieser Sache zu ermitteln außer Stande find, haben wir vorläufig von einer Erörterung derselben abgesehen, zumal die Kölner Polizeibehörde sofort in die Untersuchung der Angelegenheit eingetreten ist, welche in den nächsten Tagen geschlossen werden soll. Es liegt gar kein Grund zu der Annahme vor, daß das wirkliche Verschulden des Kommissars ungestraft bleiben wird. Wir verurtheilen die Uebergriffe von Polizeiorganen in die persönliche