Die Mttelsta»dSretter.Kkeichdie! welch' n«ue gesetzgeberische Aktion das preußischeAbgeordnetenhaus betreibt. eins ist ihnen allengemein: die Verfasfungswidrigkeit. Stets bewegt sich dasAbgeordnetenhaus, mag es sich nun um Schiffahrtsabgaben,Polenhetze, Landarbekter-Verfolgungen, Bergarbektertnch oderwie heute um die Warenhaus st euer handeln, aufRechtsgebieten, in die ihm die Reichsverfassung den Eintrittverwehrt. Schon die jetzige Umsatzsteuer für Warenhäuser, diebis zu 2 Proz. ansteigt, ist gegen sie ein Ausnahmegesetz, dasnüt der reichsgesetzlich gewährleisteten Gewerbefreiheit schwerzu vereinigen ist. Eine Steigerung dieser Umsatzsteuer, dieschon bei einem Jahresumsatz von 200000 M. statt von400 000 M. wie bisher beginnen soll, auf 5 Proz.— das fordertedie Mehrheit in einem formulierten Gesetzentwurf— würdevon jedem Gericht selbst in Preußen als prohibitiv und damitverfassungswidrig anerkannt werden. Das kümmert aber dieErwählten des Dreiklassenwahl-Parlanients nicht. Kommt esihnen doch, wie es im Kommissionsbericht schön und doppel-deutig heißt, nur darauf an, zu zeigen, daß sie etwas leistenwollen, aber nichts leisten können.Diese unbestrittene Leistungsunfähigkeit der Erkorenen desPrivilegienwahlrechts hatte diesmal noch ihren besonderenGrund in der Weigerung der Regierung, diesem Gesetzentwurfzuzustimmen. Die Regierung, die die Warenhaussteuer ein-geführt hat, besitzt nicht den Mut der Konsequenz ihres Un-sinnes. Allzu lange dürfte sie deshalb schwerlich den Befehlender Agrarier ungehorsam sein.Je nutzloser aber für den Augenblick die Debatte imAbgeordnetenhause war. umso angestrengter bemühten sichalle Parteien, die armen Seelen der Kleinhändler zufangen. Typisch war die Rede des nationalliberalenHausmann, der sich nn Schelten auf die un-lautere Konkurrenz des Bundes der Landwirte gegendie nationalliberalen Mittelstandsretter nicht genug tun konnte.Er schloß, wie alle anderen mit der feierlichen Versicherung,daß er sich an Liebe für den Mittelstand von niemandemwerde übertreffen lassen. Aber er liebt nur platonisch, erjammert nur, wie ein Pfaffe über den modernen Geist, soüber die moderne Entwicklung der Wirtschaft und des Handels.Daß die Warenhäuser die Bedürfnisse der breiten Masse desarbeitenden Volles beftiedigen und— wecken, ist ihm un-bekannt oder gleichgültig.—Im Gegensatz zu den anderen Parteien sprachen dieFreisinnigen nicht von der Notlage der Kleinhändler, sondernsuchten ihnen krampfhaft vorzureden, daß es ihnen auch unterder erdrückenden Konkurrenz des Großkapitals fürtrefflich er-ginge, sobald sie nur llug seien und sich selbst hülfen. Un:aber doch die Konkurrenz mit den anderen Parteien auszuhalten,schlugen sie eine Reform der Gewerbesteuer vor, die dieunteren Stufen entlasten und die höheren schärfer heran-ziehen soll. So weit ging aber die Liebe für den Mittel-stand bei keiner Partei. Auch den Freisinnigenwar es nur um den Schein zu tun. Sie stimmten schließlicheiner Resolution zu, durch die„die Regierung ersucht wird,im Wege der Anregung dahin zn wirken, daß die Gemeindenmehr als bisher Bedacht nehmen auf eine gerechte, den kom-munalen Bedürfnissen möglichst entsprechende Ausgestaltungder Gewerbesteuer". Klarer und schärfer kann man doch keineForderung stellen.Morgen: Sekundärbahn-Vorlage.—Das Programm im Geldschrank.Gegen den Plan einer Reichs-Erbschaftssteuer, wieer kürzlich halb offiziös in die Oeffentlichkeit gebracht worden ist,läuft die„Freie deutsche Presse" Eugen Richters Sturm.Eigentlich sollte man diese Mühewaltung für überflüssig halten, dader aus dem Reichsschatzamt stammende Vorschlag, der mit einerReichseinnahme von hundert Millionen aus der Erbschaftssteuerrechnet, schon an dem Widerstande Preußens scheitern wird. Aberwo das Kapital sich bedroht glaubt, steht das Organ der Frei-sinnigen Volkspartei immer ftühzeitig auf und liefert den frei«sinnigen Wurstblättern seiner Gefolgschaft das nötige Argumenten-futter.Natürlich beruft sich auch die.Freie deutsche Presie", wie nurirgend eine Staatsbürgerzeitung, auf den soliden Mittelstand.Sie malt mit traurigen Farben die peinliche Störung, die eineFamilie befallen würde, wenn sie mit dem Verlust des Oberhaupteszugleich den Besuch des Steuerschnüfflers erleiden mühte. Die Erb-schaffen der kleinen Leute find natürlich nur vorgeschoben, inWirklichkeit handelt es sich um die Vererbung der großen Kapitalien;denn der Verzicht auf die wenig oder gar nicht einträgliche Be-steuerung der kleinen Erbschaften wird sich leicht durchsetzen lassen,selbst wenn sie, was vorläufig nicht sicher ist, vom Reichs-Schatzamtebeschloffen sein sollte.Die„Freie deutsche Presse" hält eS für eine Ungeheuerlichkeit,auS Erbschaften Hundertmillionen herauswirtschasten zu wollen. In? Frankreich und England werden bekanntlich wesentlich höhere Steuer«ummen aus Erbschaften erzielt; in Frankreich weit über 200 MillionenFrank: in England betrug der Ertrag im Jahre 1903 mehr als360 Millionen Mark, wobei noch zu berücksichtigen ist, daß in Eng-land auch die Hinkommensteuer stark entwickelt ist. Die„Freie deuffche Presse" meint:„Je weniger ein Erbschasts-steuer- Gesetz dem Rechtsbewutztsein der Bevölkerung ent-spricht, desto stärker wird die Neigung sich geltendmachen, die Steuerpflicht zu erübrigen durch Schenkungen unterLebende". Die Herren Eugen Richter und Müller-Sagan nähernsich in dieser Berufung auf das Rechtsbewußtsein, nämlich auf daskapitalistische Rechtsbewußtsein, außerordentlich dem GrafenMirbach, der eine Erbschaftssteuer im Herrenhaus für die un«gerechteste aller Vermögenskonfiskationen erklärt hat. Man sieht, wodas Kapital gefährdet»st, liegen sich Vertreter der Großbanken unddes Großgrundbesitzes in den Armen! Ein einig Volk von Brüdernzum Schutze des Geldschranks. Im Ernst verlohnt eS sich nicht, diesesArgument der Schenkungen zu widerlegen. Würde eine ErbfchaftS«steuer zu derartigen Schenkungen führen, was wir sehr bezweifeln,fo wäre daS höchstens ein Grund mehr, schleunigst auch auf die Ein«führung direkter Reichseinkommen- und Reichsvermögenssteuern hin«zuWirken, die dann auch die Schenkungen gebührend treffen würden.Diese und andere Beweisgriinde des freisinnigen Organsgleichen im übrigen jenen seit jeher bewährten Kunststücken, in dersich die Partei Eugen Richters ausgezeichnet hat. Man fühlt sicherinnert an da» fomose Argument Eugen Richters gegen die Eisen«bahnverstaatlichung: Der Staat könne zwar Waren, aber nicht Per-fönen befördern; dazu sei er seiner Natur nach außer stände. Dasbeweise, so führte der Sozialistenspiegler seinerzeit aus, daß auch—die Post den Personenverkehr fast ganz habe aufgeben müssen.In ihrem Uebereiser aber, die Kapitalsiuteressen zu schützen, ver-aißt die weiland„Freisinnige Zeitung" eine Kleinigkeit. In dem,so viel wir wissen, immer noch nicht außer Kraft gesetztenProgramm der Freisinnigen Vollspartei befindet sich nämlichunter den vielen anderen schönen Forderungen auch die— einerprogressivenEinkommensteuer. Trotzdem führt das Volks-parterliche Organ schon einen erbitterten Kampf gegen das bloße Gespensteiner am Horizont auftauchenden Erbschaftssteuer. Es scheint, alsob die Freisinnige Bolkspartei nunmehr auch ihr Programm in denGeldschrank eingeschlossen hat, in dem eS brachliegend kein Unheilanzurichten vermag.—Eädwestafrika. Ein Telegramm auS Windhuk meldet: AnThphuS sind gestorben: Reiter Johannes Kaden, geboren am23. September 1831 zu Lüdersdorf, früher im Dragoner-RegimentNr. 17, am 7. Mai im Lazarett Wasserfall; Reiter Otto Krellig, ge-boren am 7. April 1883 zu Leipzig, ftüher im Eifenbahn-RegunentNr. 1, am 7. Mai im Lazarett Swakopmund.—Hueland,Ganz wie bei unS.Aus T o u l o n wird telegraphisch gemeldet:Marinemini st er Thomson, welcher zu den Motor-boot-Rennen erschienen war, hielt eine Rede, in der er die Borlagedes Flottenprogramms für die nächsten Tage in Aussicht stellte. Erführte aus:Die erste Pflicht der Demokratie ist die, den Frieden zusichern, und um den Frieden zu sichern, müssen wir unsereMarine mächtig und stark erhalten. Die meisten Völkerbringen Opfer in dem Bestreben, sich eine Verteidigungs-macht zur See zu schaffen, und wenn wir uns über-flügeln lassen, würden wir bald von der zweiten auf diedritte, vierte und fünfte Stufe sinken. Das wollen wir nicht,sondern wir wollen unsere Ueberlegenheit zur See aufrecht er-halten. DaS Beispiel von 1870 bleibt uns immer vor Augen.Wenn Frankreich zu jener Zeit besiegt worden ist, so geschahdies, weil es nicht vorbereitet war und weder Geschütze nochGewehre hatte. Auf der Demokratie lastet die Verantwortungfür die nattonale Verteidigung, und die Verantwortlichkeitfür irgendwelche Fahrlässigkeit würde auf sie und vonihr auf die Regierung und die Republik zurückfallen.Wir wollen 1870 nicht vergessen; damals haben wir nur dieEhre gerettet, und wenn wir nichts als die Ehre rettenkonnten, so ist die Schuld denjenigen beizumessen, die daS Landvon Deutschland entwaffnen ließen. Es herrscht Einstimmigkeitdarüber, daß daran das Kaiserreich schuld war, schloß Thomson,es soll niemand einst am Tage vor einem nicht mehr gut zumachenden Unglück sagen, daß dafür die Republik verantwortlichzu machen sei.Kein Staat will sich vom anderen überflügeln lassen und jederwill möglichst dem anderen überlegen sein. Solange die Nationennicht internattonal dieser wahnwitzigen EntWickelung Einhalt ge«bieten, wird sie verheerend dahintoben bis ans Ende des ungeheuer-lichsten Weltkrieges!—_Oesterreich-Ungar«.Wien, 10. Mai.(W. T. B.) Abgeordnetenhaus. BeiBeginn der heutigen Sitzung erklärt der Minister des Innern inBeantwortung der Interpellation Pcrnerstorfer, deren Gegenstand dieangeblich einzelnen Großindustriellen gegen eine Geldleistung angetragene Berufung in das Herrenhaus ist, auf Grund amtlicherErhebungen: Die frühere Regierung hat weder direkt noch indirektmit irgend einem der genannten Großindustriellen wegen der Berufung ins Herrenhaus verhandelt; es kann also von Geldleistungenfür Regierungszwecke nicht die Rede sein. Der Minister weist dieBehauptungen der Interpellation sowie im Zusammenhange mitdieser die gegen einzelne Beamten erhobenen Angriffe als grundloszurück.Hierauf begann das Haus die Spezialdebatte des Zolltarife?.Es wird die erste Gruppe des Zolltarifes und des Zolltarifgesetzeserledigt. Die betreffenden Posittonen gelangen unter Ablehnungsämtlicher Abänderungsanttäge unverändert zur Annahme. An-genommen wird ferner der Antrag Garspich lPole) Betreffend Einfuhr von Vieh aus Rußland und den Balkanstaalen in der vomZollausschuß gemachten Fassung. Abgelehnt wird ein denselbenGegenstand behandelnder, weitergehender Antrag Peschka(deutscheBauernpartei).England.Der deutsche Zolltarif im englischen Unlerhause. Im englischenUnterhause kam gestern der neue deutsche Zolltarif zur Sprache.Sadler(k.) fragte, welche Haltung die englische Regienmg im Hinblickauf die Wirkung des neuen deutschen Tarifs auf die englische Eisen-und Stahlindustrie zu nehmen gedenke. Bonar Law, Unter-staatssekretär des Handelsamtes, erwiderte, in Uebcreinsttmmung mitdem Bericht des Commercial Jntelligence Conimittees seien bei derdeutschen Regierung bereits Vorstellungen auf den Einflußdes neuen deutschen Tarifs(einschließlich der Eisen- und Stahl-zölle) auf den britischen Handel gemacht worden, aber er fürchte,daß weitere Vor st eilungen nötig sein würden.Türkei.Griechische Unruhen.Konstantinopel, 9. Mai.(Meldung des W. T.-K.-B.) Sni6. d. M. wurde bei Blaca-Kasa-Kaylar, Vilajet M o n a st i r, einTruppendetachement von einer 100 bis 200 Mann starken griechischenSchar überfallen, wobei 15 Tote und 6 Verwundete auf dem Platzeblieben. Die Schar stand unter dem Befehl eines griechischenOffiziers.Infolge der letzten Schritte der Entente-Botfchaster bei derPforte wurde Hilmi-Pafcha beauftragt, mit Energie das Unwesender griechischen Banden zu verfolgen. Die Gefangenen sollen durchein Gericht, daS nur aus Bulgaren besteht, abgeurteilt werden.Kreta.Konstantinopel, 9. Mai.(Meldung des W. T.-K.-B.) DieSituatton in Kreta hat sich verschlimmert. Die Konsuln derGarantiemächte beantragten Truppenverstärkungen. Die Gendarmerie-Posten, welche von Insurgenten bedroht werden oder exponiert sind,werden zurückgezogen. Die Aufständischen planen, die Küstenpunkte.wo sich Zollämter befinden, zu besetzen; sie haben daS Zollamt inKastli östlich von Rethymno bereits besetzt. Im dortigen Depotbefindet sich eine große Ladung für eine Triester Firma, ein eng-lischer Kreuzer ist dahin abgegangen.—Amerika.Washington, 10. Mai. Die American Railwah Sffociatton gabden Delegierten beim internationalen Eisenbahntongreß gestern abendein Bankett. Kriegssekretär Taft hielt al» Vertreter deS Staats-sekretärS eine Rede, in welcher er energisch betonte, daß eine Tarif«gesetzgebung kommen müsse, und daß die amerikanischen Eisenbahn-leute klug sein würden, wenn sie diese unterstützten, nicht aberhindern wollten. Er sei entschieden gegen die Verstaatlichung, seheaber keinen Grund, weshalb nicht ein richtig zusammengesetztesTribunal zuständig sein solle, die höchstzulässigen Preise festzusetzen.In seiner Antwort stellte sich Swyvcsant Fish auf den Standpunkt.daß die gegenwärtige Gesetzgebung völlig ausreichend sei, und ver«langte entschieden die strenge Durchführung der jetzt geltendenGesetze.— �Die Nentrnlitntsfragc.Dem„Petit Journal" wird aus Saigon vom g, Mai gemeldet:Das Geschwader des AdmiralS N ebagatow wurde bei Tages-anbruch etwa zlvanzig Meilen von der Küste entfernt beim KapSt. Jacques gesichtet. Es schickte sich an. den Fluß bis Saigonhinaufzufahren, wo eS die für seine Vereinigung mit der Flotte deSAdmirals Roschdjestwenky erforderlichen Nachrichten vorzufinden undsich mit frischen Lebensmitteln versehen zu können hoffte. Es wurdejedoch auf offener See von einem Aufklärungsschiff der FlotteRoschdjestwenskhs eingeholt, welches ihm den von der französischenRegierung ausgesprochenen Wunsch übermittelte, daß die Vereinigungder beiden Geschwader außerhalb der indochinesischenGewässer stattfinden möge. Nebogatow segelte hierauf nachder offenen See, um sich mit dem Geschwader Roschdjestwenskys zuvereinigen, welches zwerfekloS«t der Kstfie von Annam auf Mwartet.Der Sonderberichterstatter deS Pariser„Journal" berichtetTokio über eine Unterredung, die er mit dem dorttgen frans ösi-schen Gesandten Harmand über die Neutralttätsangelegeu»heit gehabt hat. Harmand habe erklärt, daß er die durcb die sirngste»Zwischenfälle geschaffene Lage als sehr ernst ansehe. Die Ungewiß-heit, in der sich die Japaner inbetreff des Aufenthaltsortes der Flottedes Admirals Roschdjestwensky befänden, das abfichtliche Stillschweigender französischen Telegramme über die Bewegungen dieser Flotte, dieBefürchtung, daß auch das Geschwader des Admirals Nebogatowermächtigt werden könnte, in einer französischen Bucht zu ankern—alles dies habe von Stunde zu Stunde die Erregung der Japanervermehrt, eine Erregung, die einen tiefen und dauernden Eindruckzurücklassen werde.»Daily Telegraph" meldet aus Tokio: Die Mitglieder de»Handelskammer haben den Antrag gestellt, mit Rücksicht«mf dieNeutralttätsbrüche alle Handelsbeziehungen mit Frankreich aufhörenzu lassen. Wenn der Antrag durchgeht, wird ein gemeinsames Vor-gehen der Handelskammern des Landes eingeleitet werden.Das Wladiwostok-Geschwader.Hebet den Zustand deS Wladiwostok-GeschwaderS sind folgendeMitteilungen eingegangen:„Nofsija" und„Gromoboi" sind wiederausgebessert,„Bogathr" befindet sich jedoch noch in unbrauchbaremZustande. Außerdem befinden sich dort neun Torpedoboote undMaterial zum Bau von drei TorpedcHootszerstörern, doch ist nichtbekannt, ob letztere schon gebaut sind. Der Bau von fünf Untersee«booten ist beendet.Amtlich wird bekannt gegeben, daß die Annäherung an diePescadores-Jnseln auf zehn Meilen im Umkreise gefährlich ist, dain den Gewässern Minen gelegt worden sind.»Tokio, 10. Mai.(Meldung des Reutcrschen Bureaus.)' DieZivrlvertvaltung des von den Japanern besetzten Gebietes wird nurin den Teilen ausgeübt, die vorher unter russischer Verwaltung ge-standen hatten; tatsächlich ist sie auf Liaotung beschränkt. In dembesetzten chinesischen Gebiet bleibt die Militärverwaltung weiterbestehen unter Anerkennung der chinesischen Souveränität. Jshizuka,der erste Rat der Verwaltung auf Formosa, soll zum Verwalter vonLiaotung ernannt und die Art der Verwaltung im großen undganzen nach dem System der Verwaltung auf Formosa eingerichtetwerden.Tokio, 10. Mai.(Meldung des„Reutcrschen BureauS".)(A. E. Bougouin, ein angesehener Franzose, und fem StiefsohnF. Strange, der englischer Untertan ist, wurden unter der Anfchul-digung der Spionage verhaftet.Mgeorcinetenkaus.173. Sitzung vom 10. Mai, 11 Uhr.Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Beratung desAntrages der verstärkten Handels- und Gewerbekommission auf An»nähme eines Gesetzentwurfs zur Abänderung des Warenhausstener-Gesetzes.Die Kommission hat in Verfolg eines Antrages der Tbgg.Fuchs u. Gen.(Z.), der die Regierung aufforderte, noch in dieserSession dem Abgeordnetenhause einen Gesetzentwurf zwecks Ab-änderung des Warenhaussteuer-Gesetzes dahingehend vorzulegen, daßdadurch ein wirksamer Schutz des Mittelstandes gegen die ihm durchdas Vordringen der Warenhäuser drohende Gefahr gegeben wird,einen solchen Gesetzentwurf ausgearbeitet, durch den 1. die Steuervcm gesamten Umsatz erhoben wird, gleichviel, ob derselbe im Waren-Hause oder von demselben Unternehmer in anderen Geschäften ge-macht worden ist; 2. die Warenhaussteuer bei einem Umsatz von200 000 M.(statt bisher 400 000 M.) beginnt und 3. die Pr»greffion bis auf 5 Proz. erhöht wird.Geh. Finanzrat Strutz erklärt, daß der Gesetzentwurf m dervon der Kommission beschlossenen Fassung für die Regierung»n-annehmbar sei. namentlich wegen der Herabsetzung der Anfangs-grenze der Warenhausstener auf einen Umsatz von 200 000 M., sowie wegen der Erhöhung der Steuersätze. DaS Warenhaussteuer-Gesetz besteht noch nicht lange genug, um schon jetzt an eine Revifioadieses Gesetzes heranzutreten.Mg. Oeser(frs. Vp.): Die Mehrheit der Kommission ist sichbewußt gewesen, ein Gesetz zu schaffen, das nie Gesetz werden wird.Aber sie wollte dem„Mittelstand" ein« Freundlichkeit erweisen.Nach den Erklärungen deS Regierungskommiffars in der Kommissionwiderspricht der Entwurf allen Grundsätzen der preußischen Steuer-gesetzgebung. Die Gewerbesteuer geht bis zu 1 Proz. des Rein»ertrage?, die Warenhäuser mutzten ihren ganzen Ertrag zahlen,wenn sie 5 Proz. Umsatzsteuer zahlen sollen. Die Warenhäuserbemühen sich, die Steuer auf die Fabriken abzuwälzen, und schließlichwerden die Detailliften die Steuer zu tragen haben. Wenn manvon dem Kapital spricht, das die Großbanken den Warenhäuser»zur Verfügung stellen, so steht auch dem Mittelstand durch das Ge-nossenschaftswcsen Kapital zur Verfügung. Nicht die Warenhäusertragen die Schuld an der ungünstigen Lage des Mittelstandes,sondern die ganze Wirtschaftspolitik, die indiretten Stenern, die aufdie Kleinen viel mehr drucken als auf die Großen; durch die Zoll»Politik verteuert man die Rohstoffe und Halbfabrikate.Mg. CahcnSly(Z.) empfiehlt die Annahme des KommissionS»antrages. der hauptsächlich die Auswüchse der Warenhäuser zu be-fettigen bestimmt sei.Mg. Lattmann(Teutschsoz. Partei) betont die Notwendigkeitder Besteuerung des Gesamtumsatzes der Warenhäuser nach den vonder Kommission vorgeschlagenen höheren Steuersätzen. Wenn derMinister die Besitzer der Warenhäuser als die Vertreter der kauf-männischen Intelligenz bezeichnet habe, so werde der kaufmännischeMittelstand dagegen wohl entschieden Protest einlegen.(Beifallrechts.)Mg. Stnsser(k.) Von einer Erdrosselung der Warenhäuserdurch die Steuer kann keine Rede sein.� Wenn eS fo wäre, so würdez. B. ein Dresdener Warenhaus nicht in der Lage sein, den Staats-,Kommunal- und Privatbeamten die Offerte z» machen, ihnen, so-bald ihre Einkäufe in dem Warenhause nach und nach den Betragvon 50 M. erreichten, 5 M. zurück zu vergüten. Die Steuerfrechettder Offiziers- und Beamtenvereine kann ich durchaus nicht billigen.Ich bin der Meinung, daß wir dagegen auch vorgehen muffen. Manstellt trotz der gleichen Fcuersgefahr an die Warenhäuser nicht diegleichen Anforderungen in bczug auf die Sicherheit. Schon der Ruf„Feuer" wurde in einem vollbesetzten Wavenhause daS fürchterlichsteUnheil anrichten.Abg. HaoSman»(natl.): Der Bund der Landwirte wendet sichja in neuester Zeit mit Vorliebe an den gewerbetreibenden Mittel-stand. So heißt eS in semer Korrespondenz: Man werde sich dieNamen der Abgeordneten für die nächste Wahl merken, die demMittelstande den notwendigen Schutz versagen wollten. Die skrupcl-lose Art einer gewissen Agitation ist ja längst bekannt, aber gegeneine derartige Drohung und Unterstellung muß ich doch namensmeiner Partei protestieren�(Bravol bei den Nationalliberalen.)— Wir beklagen die EntWickelung des WarenhauSwesens. Wirhaben auch für das Warenhaussteuer-Gesetz gestimmt; aber wirwerden nach den bestimmten Erklärungen der Staatsregierung dieDemonstration der Annahme des Kommissionsantrages nicht mit-machen. Im Kommissionsbericht ist ausdrücklich gesagt, der Antragsolle zeigen, daß man habe helfen wollen, aber nicht können. Mirkommt es mehr darauf an, zu helfen, eine Verständigung mit derRegierung zu suchen. In diesem Sinne bitte ich Sie. zunächst aneine Bekämpfung der„billigen Tage" und Wochen und der Lock-artikel mit Hülfe des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb zudenken. Dann werden wir bei der zweiten Lesung dieses Gesetzes