SJaet als auch Medizinalrat Pfleger gaben unumwunden zu, daßGrosse, der im Jahre 1896 als 16jähriger Knabe zur Verbüßungeiner ISjährigen Gefängnisstrafe nach Plötzensee eingeliefert worden■ ist, geistig minderwertig ist. Die vernommenen Beamten vomDirektor bis zum Aufseher aber sind auf Grund des gesundenBeamtenverstandes dennoch der Meinung, daß Grosse sogar übereine nicht geringe Intelligenz und völliges klares Bewußtsein ver.fügt. Halluzinationen und andere krankhafte GeisteszuständeGrosses werden von ihnen auf Simulationen zurückgeführt, eineAuffassung, die aber nur von einem der Herren Anstaltsärztevöllig geteilt wird. Die von der Verteidigung geladenen Sachver-ständigen, die bisher keine Gelegenheit hatten, Grosse zu sehen undzu untersuchen, unterzogen sich der nicht geringen Mühe, ein klaresBild der Krankheitsgeschichte des Grosse zu erlangen. Der Vor-sitzende Oppermann schien diese Bemühungen nur als unangenehmeStörungen der glatten Abwickelung zu empfinden. Die Ver.teidigung unterstützte in dem Verlangen nach voller Aufklärungnatürlich den Wunsch der von ihr geladenen Sachverständigen, ibneneine Untersuchung Grosses zu ermöglichen. Es liegen auch zweidahingehende Anträge dem Gericktshofe vor. Der eine Antrag(verlangt insbesondere die Vorführung des Grosse. Seltsamer-weise erhebt die Staatsanwaltschajt gegen beide Anträge Einspruchmit der Begründung, daß die Untersuchung und Vorführung von—schädlichem Einfluß auf Grosse sein werde. Hier tritt ein krasserGegensatz der staatSanwaltlichcn Behauptungen zutage. Ein-mal wird von der Anklage behauptet, daß Grosse geistig gesund sei,dann aber widerspricht man der Forderung der Angeklagten undihrer Verteidigung auf eine Untersuchung und Vorführung Grossesmit der Begründung einer gefährdenden Wirkung auf GrossesZustand.Doch die Hauptbedeutung der letzten Verhandlungen liegt inder Feststellung des Einflusses oder der Einflutzlosigkeitder Gefängnisärzte auf den Strafvollzug. Insbesonderegilt das bei der Verhängung von Disziplinarstrafen. Als Dis-ziplinarmittel für Gefangene find zulässig:1. Verweis.2. Entziehung hausordnungsgemäßcr Vergünstigungen.3. Entziehung der Bücher und Schriften bis zur Dauer von4 Wochen.4. Bei Einzelhaft: Entziehung der Arbeit bis zur Dauereiner Woche.5. Entziehung der Bewegung im Freien bis zur Dauer einerWoche.6. Entziehung des Bettlagers bis zur Dauer einer Woche.7. Kostschmälerung'bis zur Dauer einer Woche.8. Einsame Einsperrung(Arrest) bi» zur Dauer von6 Wochen.Auf die Verhängung der ersten 4 DiSziplinarmittel haben dieAerzte gar keinen Einfluß. Von besonderer Bedeutung ist dabeidie Bestimmung über die Entziehung der Arbeit bis auf die Dauereiner Woche für Gefangene in Jsolierhaft. Bei diesem außerordentlich stark wirkenden Strafmittel schließt man das Urteil desArztes von vornherein aus. Ob die Aerzte bei den weiteren dreiDisziplinarmitteln auch nur beratenden Einfluß haben, bedarf erstweiterer Erklärung. Fest steht, daß sie nur bei der Verhängungvon Arrest gutachtlich gefragt werden sollen. Gutachtlichbefragt erst nach Verhängung der Strafe, damit sie etwaige„Be-denken" gegen die Vollstreckung geltend machen können. Der maßgebende Kommentar des Oberstaatsanwalts Dalcke zur Gefängnisordnung erklärt ausdrücklich, daß die Strafe auch gegen dieAnsicht des Arztes vollstreckbar werden kann, denn die Vollstreckungist keineswegs von seiner Zustimmung abhängig. Diese? kompetenteUrteil ist von dem Vorsitzenden und den GefängntSärzten bestätigtworden.Die Vorwürfe und Angriffe, die gegen das Strafvollzugssystemerhoben worden sind, finden hier schon ihre volle Rechtfertigung.Die Stallung des Arztes im Strafvollzugssystem ist rein dekorativerArt. Es wird die Aufgabe der weiteren Beweiserhebung sein, umzum Nachweis zu gelangen, wie o f t die Aerzte Bedenken erhobenhaben und inwieweit diesen Bedenken entsprochen worden ist. Biszu dem Monat Juli des vergangenen Jahres, in dem der schonerwähnte Erlaß des Justizministers über gewisse Aenderungen desStrafwcsens erfolgte, wurden die Strafen zum Teil nicht von demDirektor, sondern von Polizei-Jnspektoren verhängt.In der Verhandlung über den Fall Grosse kam vielfach der vonihm verübte Selbstmordversuch zur Sprache. Die Herren Straf-anstaltsbeamten betrachten auch diesen Selbstmordversuch alsSimulation. Nichtsdestoweniger hat der Lazarettgehülfe Sommer-feld den Grosse nach dem Selbstmordversuch, der abends geschah.in einen Krampfkasten gesteckt. In dem damals erfolgten amtlichenBericht gibt er an, daß dies zur Beobachtung des Grossegeschehen sei. In der gestrigen Vernehmung bekundet er, daß dieszur Sicherheit des Grosse selbst geschehen sei. Dieser Krampfkastensoll ein merkwürdig harmloses Instrument sein, und nach den an-dauernden Behauptungen der Staatsanwaltschaft und des Vor-sitzenden muß es geradezu ein Wonnevergnügen sein, darin gebettetzu werden. Der Zeuge Sommerfeld gab auf Befragen zu, daß ineinem solchen Krampfkasten ein Gefangener auch drei Tage liege,wenn er drei Tage lang Krampfanfälle gehabt habe.Angeklagte und Verteidiger waren zu dieser Krampfkasten.Verehrung nicht zu bewegen. Ihre Abneigung dürfte auch durchdas geistige Krampfkastensystem, das in Preußen, also auch inMoabit beliebt ist, nicht unwesentliche Förderung erfahren haben.Die absolute Herrschaft des Vorsitzenden, die wir in den wenigenTagen der Verhandlungen schon wiederholt kennzeichnen mußten,bringt sie in der Tat in eine Art Krampfkasten-Situation. Der HerrVorsitzende beliebt es, andauernd die Verteidiger und die An-geklagten häufig bei entscheidenden Erklärungen zu unterbrechenund Nebenfragen an dritte und vierte Personen zu richten.Rechtsanwalt Dr. Liebknecht sah sich gezwungen, diesem Be-streben des Vorsitzenden entgegenzutreten mit dem Erfolg, daßHerr Oppermann erklärte, das Recht zu besitzen, die Ausführungenjeden Augenblick zu unterbrechen, wenn er es für nötig erachte.Wir halten es für unmöglich, daß der Geist der Bestimmungen derStrafprozeßordnung die von Herrn Oppermann beliebte Verhand-lungsleitung rechtfertige. Damft wird sich die Verteidigung zubefassen haben.Weiter scheint Herr Oppermann sich die Fähigkeit zuzumuten,die Gedanken der von der Anklage geladenen Zeugen erraten zukönnen, sonst wäre es unverständlich, warum er sür sie bei seinenFragen schon Antworten formuliere, die nur noch durch ein glattesja oder nein zu beantworten sind. Für die Verhandlung selbstdürfte dies Verfahren nichts weniger als förderlich sein. Ueber-Haupt wendet der Vorsitzende, so sehr er beim Befragen durch dieAnwälte drängt, mitunter wenig tauglich« Mittel an, um diesenZweck zu erreichen. So hielt er die Verhandlung eine ganze Weileauf, um aus den ärztlichen Lazarettbüchern neuester ZeitEinzelheiten über den Gesundheitszustand Grosses zu verlesen.Diese Blätter aber stammen aus der Zeit nach Erhebung des Straf-Verfahrens. Hier wir? allerdings mit peinlicher Genauigkeit jedeTemperaturschwankung augegeben, man vernahm sogar ein höchstreichhaltiges und leckeres Menu, das mit solcher Sclbstverständ-lichkeit vorgetragen wurde, als ob jeder Plötzenfeer Gefangene nichtnur Sonntags, sondern auch an Wochentagen sein Huhn im Topfehabe. Um so eiliger huschte dann der Vorsitzende über die fataleTatsache hinweg, daß in früherer Zeit, deren Zustände dochder Jnhalh der inkriminierten Artikel bildet, kein ärzftiches Akten-stück aufzufinden war, welches eine Ucberführung des Grosse in dasLazarett begründete.Die Verhandlung ist auf Wunsch des Herrn Geheimrat Baer.der durch eine Operation gesundheitlich stark angegriffen ist, aufSonnabend vertagt.Die Verhöhnung der Bergarbeiter.Am Donnerstag begann im preußischen Ab-geordneten hause die zweite Beratung der Berg-zuchthauS Vorlage, welche die Kommission aus denschwächlichen Reformversuchen der preußischen Regierung ge-staltet hat. Das Haus war stark besetzt, die Tribünen be-zeugten lebhaftes Interesse. Die Verhandlung selbst aberverlief sofort ins Platte und Gleichgültige. Während derganzen Verhandlung unterhielt sich das Haus geräuschvoll,so daß auf den Tribünen nur hin und wieder ein Wort vonden Vorgängen erhascht werden konnte. Das Publikum verschwand bald, vertrieben von der grauenvollen Lebe.Es ist auch gleichgültig, was geredet wird. Die Mehrheitsparteien, Konservative, Freikonservative und National'liberale, sind sich durchaus einig. Sie denken gar nicht daran,von den Kommissionsbeschlüssen sachlich irgend einen wescnilichen Punkt zu opfern. Das ging ganz klar aus denheutigen Verhandlungen und noch mehr«uS dem äußeren Verhalten der Herren hervor. Ans einige gleichgültige Schönheits-fehler der Kommissionsbeschlüsse wird man Verzicht leisten.So hat man heute fast einstimmig den Kommissionsbeschlußgestrichen, der von der Verwendung des verwirkten Arbeitslohnes handelt. Merkwürdigerweise hat hinsichtlich diesesKommissionsbeschlusses der preußische Justizminister das Bedenken, daß er mit der Reichsgesetzgebung unvereinbar sei,und die Mehrheit der Bcrgarbeitcrverhöhnnng gab dieserplötzlichen Rechtsliebhaberei des Ministers nach und der'zichtete.Sonst aber wird man die wichtigen Verstümmelungen, diedie Kominission beschlossen hat, durchaus akzeptieren. Umaber der Regierung die„Verständigung" zu erleichtern, habenNationalliberale und Freikonservative Äermittelungsanrrägehinsichtlich des sogenannten politischen Paragraphen, der dieArbeiterausschüssc betrifft, eingebracht, die in der Sache durchauö die Anschauung der Kommission festhalten, formell aberein paar allzu plumpe Aeußerlichkeiten beseitigen. Man kannaus dem politischen Paragraphen ganz gut ein halbes Dutzendder ungeheuerlichen Bestimmungen heraitSnehmen, auch derRest genügt immer noch, um aus den Arbeiterausschüssenlächerliche Puppen der Unternehmer, ja eine Polizeitruppedes Bergkapitals zu gestalten.Die Haltung der Regierung ist noch ziemlich unklar. DerGraf Bülow, der erwartet wurde, hatte sich um des lumpigenBergarbeiterschutzes willen nicht nach Berlin bemüht; er hatwohl an den Wiesbadener Festspielen oder sonst einer Feierlichkeit auswärts teilzunehmen. Aber Herr Möller kündigteihn als rettenden Mann für die dritte Lesung an. Bisdahin verschob auch der Handelsminister die endgültige Stellungnähme der Regierung und begnügte sich, mit ein paar Wortendie bisherigen„Bedenken" in ganz so blasser Form zu wiederholen. Es ist mehr als wahrscheinlich, daß die Regierung sichinst den formellen Abschwächnngen, zu denen die MehrhestSParteien bereit sind, begnügen wird, und also die Verständigungin der Weise zu stände kommen wird, daß die von dem Bundeder Feudalen des Dreschflegels und der Kohlengruben beschloffene Verhöhnung der Bergarbeiter gesetzliche Kraft erlangt.Ungewöhnlich energisch verhielt sich daS Zentrum. Inerster Linie verteidigte der Abg. T r i m b o r n in teniperamentvoller Rede und mit guten Gründen den Bergarbeiterschutz.DaS Zentnim hatte eine Anzahl von Verbesserungsanträgeneingebracht und Trimborn erklärte in der bestimmtesten Weise,daß die Ablehnung der VerbeffeningSanträge das Zentrumnötigen würde, den Weg der Reichsgesetzgebung zubeschreiten. Wir hoffen, daß diese Erklärung ohne jede Hinter'gedanken und Zweideutigkeit abgegeben ist, daß insbesondereauch ebensowcmg formale Abschwitchungen wie VerschleppungS-versuche das Zentrum abhalten werden, unverzüglich die vonder Sozialdemokratie begonnene Aktion im Reiche zu unterstützen.Bei der Beratung deS politischen Paragraphen brach heutedie Debatte ab. sie wird morgen fortgesetzt. Der Ausgangist nicht zweifclhast. Die Spottgeburt der ArbetterauSschüffevon Gnaden des Kohlensyndikats wird ebenso angenoinmenwerden, wie die Beseitigüng deS sanitären Arbeitstages. Da-egen wird möglicherweise die Oeffentlichkeit der Wahl im)ause keine Mehrheit finden, da die Nationalliberalen zum'eil für die geheime Wahl eintreten werden. Bei densonstigen Bestimmungen über die Arbeiterausschüsse ist es jaauch herzlich gleichgültig, ob die Wahlen geheim oder öffent-lich sein werden. Anständige Arbeiter werden sich wederim einen noch im anderen Falle an der lächerlichen Akttoitbeteiligen.Die Entscheidung der Regierung fällt erst in der drittenLesung, wenn dann Graf Bülow von den Theatervorstellungenin der Fremde abkömmlich sein sollte. Wir glauben mchtdaran, daß der Ministerpräsident an den Reichskanzlerappellieren wird, wst vermuten vielmehr, daß er die paaräußerlichen Milderungen, auf die die Mehrhest sich einlassenwird, als ausreichend erklären wird, um die Zustimmung derRegierung zu erlangen. Um so dringender wird dann diePflicht des Reichstages sein, den preußischen Wechseldalg durcheine rcichsrechtliche Tat schleunigst wieder zu beseittgcn.—Reichstag.Der Reichstag ersetzte in seiner DonnerstagSsitzrmg zu-nächst den kassierten Pauli-Cberbarmm durch seinen FraktionS-genoffen Schlüter als Schriftführer. Hoffentlich wird bei Ab-timmungen der Bürgermeister beffer zählen können als derNathematikproftffor.— Da» Veterinärabkommen mtt Luxem-bürg und ein paar Rechnungssachen wurden debattelos er-ledigt. Dagegen gab es beim Totalisatorgesetz eine im all-gemeinen wenig anregende Debatte. Unter Führung desochmoralischen Zentrums erNSrte sich die Reichstagsmehrheitfür den Wunsch der Regierung, das laut Gerichts-urteil unmoralische Hazardspiel am Totalisator künftighinnicht etwa zu verbieten, sondern zugunsten der Pferde-zucht zu verstaatlichen. Die Kommission hat nureinige kleine Veränderungen zugunsten der bisherbestehenden Vereinstotalisatoren an der Vorlage vorgenommen.Der freisinnige Ablaß wandte sich als einziger Redner gegenden Entivurf. der alsdann gegen die Stimmen der gesamtenRechten, des Zentrums und deS größten Teil« der National-liberalen angenommen wurde.soll bekanntlich nach demMinimalgrenze der Summe,ermöglicht, von 1500 aufWichttger als das Totalisatorgesetz ist die Vorlage, Urdarauf den Reichstag beschäftigte. Um der unleugbar vorhandcnen Ueberlastung des Reichsgerichts entgegenzutreten,Vorschlage der Regierung diedie Zivilprozeffen eine Revision3000 M. heraufgesetzt werden.Wieder unter Führung des Zentrums hat die Kommissionim Prinzip zugestimmt, aber die Herauffetzung mit2500 Mark begrenzt. Als unbedingte Befürworterdieser Erhöhung traten nur die Abgg. Dr. Bachem vomZenttmn und Hagemann von den Nattonalliberalen auf.Herr Dave von der Freisinnigen Vereinigung hegte immerhinstarke Bedenken; die Konservattven Himburg und Dr. Brunster-mann behielten sich ihre endgülttge Stellungnahme für diedritte Lesung vor und der Freisinnige Volksparteiler Dr. Müller-Meiningen, der ziemlich unnützerweise Goethe bemühte, derAntisemit Bruhn, der Pole v. Chrzanowsli wandten sich gegendie vorgeschlagene Erhöhung.Die Beratung wurde auf Freitag vertagt, ehe ein Rednerunserer Fraktion zum Worte kam.—oeutfcdes Reich.Politischer Malthusianismus.Die ideale Wahlrechtsparole ist gefunden; sie heißt: Kon-tingentiernng des Proletariats. Die Klassenherrschaft des Kapitals,das sich wirtschaftlich auf der Fruchtbarkeit der Besitzlosen aufbaut.will fich politisch durch die malthusianistische Kontingentierung deSProletariats erhalten.Noch einfacher, noch schamloser löst die lübische Wahlrechtsreformdas Probien,, für alle Zeiten das Proletariat politisch zu verkrüppeln. Wiedie Arbeiterschaft auf der Galeere der kapitalistischen Ordnung ver»dämmt ist, niemals eine gewisse Höhe des Einkommens übersteigenzu können, wie sie eingeschnürt ist in enge Hungerfesseln, so sollnun auch ihr politisch-parlamentarischer Einfluß für die Ewigkeitgemäß dem kapitalistischen Lohnsystem die bestimmte Schranke nichtüberwinden dürfen.Das System dieser anderen würdigen Hansestadt ist ver-blüffend einfach und verblüffend brutal. Es werden zwei Klassengebildet; in die erste wird die kleine Minderheit befördert, diemindestens 2000 Mark Einkommen versteuert, und diese darf90 Sitze beanspruchen. Die große Masse wird in die zweite Klassegesperrt und wird ein für allemal mit IS Maudaten abgespeist.Der Ausschuß hat, wie schon telegraphisch gemeldet, diesenlübischen Senatsstreich angenommen. Demnächst kommt er an dieBürgerschaft.Der Kapitalismus hat dem Proletariat Leuchtfeuer angezündet.Die soziale Larve ist gefallen. Die Klassenbrutalität der Besitzendenhat ihre Diktatur offen prollamiert. Die„Hansa" zeigt, wohin derWeg geht. DaS Proletariat aber spottet der Fesseln. Im Kampferstarkt es. bis es die armseligen Bande sprengt.—Unvernünftig und unbesonnen sind nach der katholischen„MärkischenVolkszeitung"(Nr. 114 vom 19. Mai) die chriiilichen Bergarbeiter.Sie schreibt gegen die Anträge der sozialdemokratischen ReichstagS-fraktion zum Schutze der Bergarbeiter:Sollen die Bergleute etwa noch einige Jahre auf eineAendernug ihrer Lage warten, oder ist es besser, daß das Zentrumjetzt für sie herausholt, was momentan zu erreichen ist, und dannfein Augenmerk der weiteren Verbesserung des Gesetzes zuwendet?tnr de» wirklich vernünftigen und besonnenen Arbeiter kann dientwort auf diese Frage nicht zweifelhaft sein.Dir sozialdemokratischen Anträge decken sich bekanntlich mit denForderungen der christlichen Bergarbeiter, die also von der„Märki-scheu Volkszeitung" nicht zu den wirklich vernünftigen und besonnenenArbeitern gerechnet werden.—_Umsturz.Eine weitere Aeußernng des Kaisers über militärische Fragenwird bekannt. Er soll nach Abhaltung der Parade über da»14b. Regiment im Kaiino gesagt haben:„Meine Herren I Der Parademarsch meine« Regiments warnicht gerade berühmt; aber ich habe beide Augen zugedrückt,«eilman mit dem Parademarsch nicht den Feind schlägt. Das habendie Japaner gezeigt, die leine gute Parade machen.aber gut marschieren und kämpfen."Na also lIst die LeSart echt, so müßt« man endlich aufhören, unserejungen Soldaten mit dem Unsinn de« Paradedrills zu strapazierenund dem wirklichen LutbildungSdtenst kostbare Zeit zu rauben.—Sin Skandal. Der.Residenzbote" in Oldenburg schreibt:„Wir sehen uns leider genötigt, uns heute wieder mal mit demStrafvollzug, wie er an de» Verurteilten der R u h str a t- Prozessein der Strafanstalt Vechta vollzogen wird, zu beschäftigen.Wir erhielten einen Brief von dort, worin uns mttgeteilt wurde,daß der Herausgeber de«„Resideuzboten" sowohl wie RedakteurTckiweynert täglich t l f Stunden auf dem Schneidrrtisch hockenmüssen, um Flickarbeiten zu verrichten. Diese unglaub-ltche Mitteilung veranlahte im», am letzten Sonntag nach Vechta zufahren, u« un« über die Sache Aufklärung zu verschaffen. Die unsvon einem Vechtaer gemachten Mitteilungen wurden uns leider vonunseren gefangene» Nedakteuren bestätigt.„Trotz eindringlichster Vorstellungen undBitten hat man mich der Schneiderei überwiesen", sagteder.Boteii"-HerauSgeber,„ich habe gebeten, man möge michgelegentlich mit leichten Draußenarbeiten, wie harke», schaufeln unddergleichen beschästigen, man möge mich in der Buchbinderei arbeitenlassen, man möge mir doch irgend eine andere Beschäftigmig geben,da mein Körper das elfstündige knnnme Hocken auf dein Schneider-tisch nicht so ohne allen Uebergang aushalten könne,— e« hat mirnichts geholfen, ich wurde zur Schneiderei„angehalten". Ebensowerden unsere Leute zum Kirchgang„angehalten", trotzdem sie sichstets weigern dem Gottesdienst beizuwohnen."Zur RcichStagS-Ersatzwahl im Wahlkreise Hameln-Springe hatder Wahllonnnissar, Landrat P i l a t i jju Hameln, im„Amtsblatt"eine Anweisung zur Ausführung der Wahl an die Wahlvorstehererlassen. Die Paragraphen 18 bis 20 dieser Anweisung habenfolgenden Wortlaut:18. Die Umschläge mit den Wahlzetteln sollen in ein ver-deckte- Gefäß(Wahlurne) gestellt(!) werden, dessen Beschaffenheitgleichfalls der Gemeinde der Wahlorte obliegt.19. Am zweckmäßigsten sind solcke Gefäße, welche eSgestatten, die Umschläge durch einen Spalt im Deckel desGefäße» bis zum Schluß der Wahlhandlung geschloffen zuhalten.20. In Zeitungen find mehrfach z u sehr billigenPreisen geeignete Wahlurnen angepriesen, aber es ge-nügt auch eine genügend große Kiste oder einKarton mit einem Spalt im Deckel.Diese stilistische Ungeheuerlichkeit gleicht einer amtlichen Ab-Mahnung. eS ja mit den Wahlurnen nicht so genau zu nehmen.Bei der letzten Wahl hat man— nicht nur im hiesigen Kreise—KartonS verwandt als Wahlurne und die Wahlkuverts, wie derLandrat auch hier zu wünschen scheint, in diese Wahlurne„gestellt"— zur Kontrolle, Gefällt ihm da» System so gut, daß er esindirekt empfiehlt? Statt im Gegenteil darauf aufmerksam zumachen, daß die Wahlvorsteher für Urnen zu sorgen haben, diejedwede Kontroll« unmöglich machen, weist der Landrat an:die Umschläge sollen in einen durch einen Spalt ge»schloffen«»(l) Karton gestellt(!) werden!!--- Diese»mtli«'-