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Nr. 162. 22. Iahrgaug. 1. WIM des Jormärts" ßnlintt Dsllisblslt. Freitag, 14. Juli 1905. Oberst Höger mib die Militarrechtsgflege vor der Dortmunder Strafkammer. C., Dortmund , den 13. Juli, (Dritter Verhandlungstag.) Zunächst wird nochmals Hauptmann Opitz aufgerufen, welcher damals als RcgimentSadjutant die Eintragung des ParolebefehlS vorgenommen hatte, der die Rüge gegen die Batterie des Haupt- mannS Schmahl enthielt. Er bekundet nur, daß dem Parolebefehl hinzugefügt war: Wenn ich den Befehl gefunden habe, werde ich tclcphonieren. Das Datum ist freizuhalten. Opitz hat dann am IS. Februar den maßgebenden Personen Mitteilung von dem Befehl gemacht. Der nächste Zeuge ist der Major Brenken, der auf Ver- anlassung des Generals von Witzendorff den Obersten Hüger und eine Anzahl vom Hauptmann Schmahl namhaft gemachter Offiziere protokollarisch vernommen hat. Der Auftrag des Generals von Witzendorff ging dahin, den Tatbestand durch Vernehmung der Betci' tcn der in der Meldung des Hauptmanns Schmahl ge- nannten Zeugen sowie durch Herbeischaffung deZ Bcwcismaterials festzustellen. Zeuge hat zunächst den Hauptmann Schmahl ver- nommen und dann noch einige Offiziere, die sich durch Maßnahmen des Obersten Hüger beschwert fühlten. Zeuge bekundet, daß er ohne jede Voreingenommenheit an diese protokollarischen Ver- nehmungen herangetreten sei. Er müsse auch ausdrücklich dagegen Einspruch erheben, daß der Angeklagte in seiner Broschüre be- hauptet, es sei bei diesen Vernehmungen in die Privatberhältnisse der Offiziere eingegriffen worden. Diese Behauptung müsse er als durchaus unwahr zurückweisen. Er habe die Aufgabe gehabt, die Angelegenheit nach jeder Richtung hin klarzustellen, und das habe er zu tun versucht. Erster Staatsanwalt Schulze-Sölde : Hat Oberst Hüger nicht, als Sie ihm den Befehl des Generals zur protokollarischen Vernehmung brachten, gesagt: Das ist ja nach der Beschwerdcordnung unzulässig? Zeuge: Das weih ich nicht mehr. Ich weiß nur, daß es dem Obersten Hüger sehr unangenehm war, daß auf Grund des Parolebefehls vom 14. Februar diese proto- kollarischen Aussagen gesammelt wurden. Hauptmann Port war Batteriechef unter Oberst Hüger. Er sagt aus, daß die Anordnungen des Obersten häufig in Form von Ratschlägen, Berichtigungen und dergleichen erfolgten. Einmal habe Oberst Häger ihn zur Rede gestellt, weil er die reine Wäsche schon am Freitag beim Appell vorlegen ließ. Zeuge antwortete, daß er nach den Befehlen des Obersten gehandelt zu haben glaubte. Der Oberst Hüger entgegnete hierauf, er verlange, daß seine Befehle buchstäblich befolgt werden. Angekl. Oberst Hüger: Der Befehl lautete klar und deutlich: Sonnabend ist die reine Wäsche regel- mäßig nachzusehen. Das ist doch nicht mißzuverstehen. Vors.: Ich sehe aber hier keine Ursache, den Batteriechef gleich zur Rede zu stellen. Die Wäsche ist stets am Sonnabend nachgesehen worden und nur in diesem einzigen Falle am Freitag. Sie sagen doch selbst in Ihrem Befehl, daß die Besichtigungregelmäßig" am Sonn- abend vorgenommen werden soll. Kann denn davon nicht einmal eine Ausnahme gemacht werden? Oberst Hüger: Die schmutzigen Mannschaften, von denen ich gestern gesprochen habe, befanden sich in der Batterie des Zeugen. Die Mannschaften waren mit Furunkeln behaftet. Sie zeigten am Sonnabend die reine Wäsche vor und zogen nach dem Appell die schmutzige Wäsche wieder an. Die Militärärzte machten deshalb Schwierigkeiten bei der Auf- nähme dieser Leute ins Lazarett. Auf Befragen erklärt Oberst Hüger, daß er seines Wissens nicht in den Broschüren zum Ausdruck gebracht habe, daß die Vorgesetzten wider besseres Wissen gehandelt haben, er habe es nur als möglich hingestellt. Vors.: Nach Ihrer zweiten Broschüre Wie es meiner Petition im Reichstage erging" kann man aber eigentlich an der Absicht dieser Unterstellung kaum zweifeln. Man könnte Ihnen glauben, wenn nicht die Seiten 5 und 6 Ihrer zweiten Broschüre beständen. Oberst Häger: Bei der Rechtsbeugung braucht nicht immer Vorsätzlichkcit vorhanden zu sein. Vors.: Sie haben sich gewiß die KZ 246 und 336 des Strafgesetzbuches vorher genau angesehen. Angekl.: In den beiden Paragraphen ist ausdrücklich gesagt, daß die Rechtsbeugung vorsätzlich erfolgt sein soll. Daraus entnehme ich, daß das Gesetz eme Rechtsbeugung auch ohne Vorsätzlichkeit kennt. Eine solche Rechts- beugung ohne Vorsätzlichkeit habe ich in meinen Broschüren behauptet. Vors.: Dieser Ansicht kann ich nicht beipflichten. Oberst Hüger: Dann brauchte der Gesetz- gebcr die Worte»vorsätzlich" nicht in die Paragraphen hineinzu- setzen. Es folgt die Verlesung der Entscheidung über die Beschwerde gegen Generalmajor von Witzendorff, worauf der Chef der dritten Armecinspektion, General von Lindequist- Hannover , vernommen wird. Oberst Hüger hat in seiner Broschüre be- hauptet, daß ihm General von Lindequist vorgeworfen habe, er habe mit dem Parolebefchl vom 14. Februar einen falschen Befehl erteilt, trotzdem der General wissen mußte, daß dieser Befehl gar nicht zur Ausführung gekommen ist. General von Lindequist habe die Auffassung des Generals von Witzendorff durchaus korrekt gefunden. Gerade das Moment der Vermittclung wäre sehr ge- eignet gewesen zur Richtigstellung des Befehls, und das wäre un- zweifelhaft die Aufgabe des Angeklagten gewesen. Hauptmann Schmahl habe aber seiner Aufforderung zur persönlichen Rück- spräche, bei der sich die Gelegenheit zur Richtigstellung bot, mit der Meldung geantwortet, er werde sich beschweren. General von Lindequist gab auch dem General von Witzendorff darin recht, daß er zuviel eingegriffen habe. Die Allerhöchste Kabinettsorder vom 16. Dezember 1858 messe gerade dem Vermeiden eines zu frühen Eingreifens die größte Wichtigkeit bei. Oberst Hüger behauptet, daß er keineswegs zu früh eingegriffen habe. Sein erstes Eingreifen sei erfolgt, nachdem er länger als ein Vierteljahr da? Regiment geführt hat. Zeuge Exzellenz von Lindequist bekundet: Der Angeklagte Oberst Hüger habe einschneidend in die Details deS Dienstes eingegriffen. Was die Rüge dcS Haupt- nianns Schmahl durch Parolebefehl anlangt, so mußte ich auch hier anerkennen, daß es ungewöhnlich war. einen Offizier in dieser Form zu rügen. Die gewählte Form kam einer Strafe gleich. Die Verhandlung wendet sich dann den Beschuldigungen zu. die Oberst Hüger gegen den jetzigen General der Kavallerie z. D. von Sick, den KriegSgerichtSrat Schall und die Justiz- abteilung des württembcrgischen Kriegsministeriums gerichtet hat. Den erstcren beiden macht Oberst Hüger den Vorwurf, daß sie zu seinem Nachteil in einem Antrage auf Einstellung des gerichtlichen Verfahrens Zeugenaussagen fälschlich und sinnentstellend wieder- gegeben und eine Bestimmung durch Einschicbung von Worten zu- gunstcn des Hauptmanns Schmahl vergewaltigt haben. Die Justiz- abteilung dcS württembergischcn KriegSministeriumS solle als Ober- kriegsgericht dem Verfahren deS NntersuchungSgerichts zugestimmt haben, trotzdem sie einen Teil der erwähnten Rechtsbeugungen ohne weiteres auS dem Referat des Untersuchungsgerichts ersehen mußte, sowie daß sie zum Vorteil des Untersuchungsgericht» Gründe und Mittel gebraucht hat. die zur Annahme von Parteilichkeit geradezu zwingen. ES kommt zu längeren Auseinandersetzungen über die Rechtslage in Württemberg bezüglich der Militärrcchtsprechung. Ein Erkenntnisgericht ist in samtlichen Verfahren gegen den Obersten Häger niemals zur Anwendung gekommen, sondern immer nur ein beschließendes Gericht, deshalb sind die Entscheidungen auch niemals von einem Kollegium gefällt worden, sondern von den Gericht«- Herren. Der Angeklagte erklärt, daß er den General von S,ck nicht habe beschuldigen wollen, sondern den KriegSgerichtSrat Schall. Es soll dann zu der Beschuldigung des jetzigen General- leutnants z. D- Ml Cämmerer iL Sellin übergegangen werden, von dem-der Angeklagte behauptet, daß er eine Ehrenentscheidung mit Gründen belegt hat, deren tatsächliche Unrichtigkeit ihm im vollen Umfange bekannt war. Oberst Hüger will sich hierzu gleich im Zusammenhang äußern. Der Vorsitzende stellt ihm anheim, sich hierzu noch vorzubereiten und vertagt deshalb die Sitzung auf Freitag früh 9 Uhr._ Eilt gerichtliches Nachspiel zum Ruhßrat-Prozeß. Bückeburg . 13. Juli 190?. (3. Verhandlungstag.), Anonyme Zuschriften. Gegen 8 Uhr vormittags eröffnete der Vorsitzende, Landgerichts- rat Dr. Wippermann wiederum die Sitzung mit etwa folgenden Worten: Ich habe die Mitteilung zu machen, daß ich eine Flut von anonymen und Pseudonymen Zuschriften erhalten habe, die von den größten Gemeinheiten und Unflätigkeiten gegen Minister Ruhstrat und das Gericht strotzen. Ich bin der Meinung, daß es das richtige ist, diese Gemeinheiten mit Nichtachtung zu strafen. Ich nehme an, daß die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung mit meinem Vor- schlage einverstanden sind. Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Sprenger: Die Verteidi« gung ist mit dem Vorschlage des Herrn Vorsitzenden selbstverständlich einverstanden. Ich will nur mitteilen, daß die Verteidiger eben- falls mit einer solchen Flut von solchen Zuschriften bedacht worden sind. Wir legen auf solche Zuschriften keinen Wert, zumal es in allen größeren Prozessen stets! eine übliche Erscheinung ist. Die Verteidigung hat auch während der in Oldenburg geführten Prozesse eine Masse solcher Zuschriften erhalten. Staatsanwalt Dr. Becker: Ich erfläre mich ebenfalls mit dem Vorschlage des Vorsitzenden einverstanden und bemerke, daß mir ebenfalls eine Unmasse anonymer Zuschriften zugegangen sind. llebemichung der protokollarischen Aussagen an die Herren Geschworenen . Vors.: Ich will noch bemerken, daß ich mit Rücksicht auf die große Fülle des Materials angeordnet habe, die Aussagen des Angeklagten während des ganzen Prozesses vervielfäl- t i g e n zu lassen, um sie an die Herren Geschworenen zu ver- teilen. Selbstverständlich dürfen die Herren Geschworenen diese Aus sagen nicht mit ins Gerichtszimmer nehmen. Wo ist dasLustige<Aedcn".Plakat? Ein Geschivorener stellt die Frage, wo daS Plakat, das zwecks Spiels derLustigen Sieben" in die Nischen gebracht wurde, ge- blieben sei, oder ob Zeugen vorhanden sind, die das Plakat gesehen haben. Staatsanwalt Dr. Becker: Die Staatsanwaltschaft war be- müht, das Plakat aufzutreiben; es ist ihr aber nicht gelungen. Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Sprenger: Es ist mir die Mitteilung zugegangen, daß ein hier als Zeuge vernommener Kellner das Plakat als Kuriosum mitgenommen habe. Einschüchterung der Zeugen. Es ist mir außerdem mitgeteilt worden, daß einige Zeugen geäußert haben: Sie befürchten, wenn sie hier die Wahrheit sagen, da? Schicksal de» Angeklagten teilen zu müssen. Dieses gerade- zu unerhörte Vorkommnis nötigt mich, den Herrn Vorsitzenden zu er- suchen, die Zeugen, insbesondere die Kollegen de» Angeklagten, darauf aufmerksam zu machen, alles zu sagon, was sie wissen und ihnen ganz besonders ans Herz zu legen, daß sie hier vor dem Schwurgericht stehen und die Gefahr nicht vorhanden ist, daß sie verhaftet werden. Staatsanwalt Dr. B e ck e r: Ich halte eine solche Ermahnung für ganz selbstverständlich. Eine solche Ermahnung an die Kollegen des Angeklagten ist um so notwendiger, da mir zu Ohren gekommen ist, daß von feiten der Kollegen des Angeklagten die größten An- strengungen zugunsten des Angeklagten gemacht werden. Ver­teidiger Rechtsanwalt Dr. Sprenger: Die Zeugen fürchten ganz besonders deshalb das Schicksal de? Angeklagten zu teilen, da ihnen wiederholt bei ihrer Vernehmung vor dem Untersuchungsrichter ge. sagt wurde, daß sie sich mit einer Anzahl Zeugen in Widerspruch de- fänden. Pokern kann mit Würfeln gespielt werden. Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Sprenger: Ich habe bereits erklärt, daß ich anonyme Zuschriften mit Nichtachtung behandle. Nur in einem Falle muß ich von dieser Praxis abweichen, da ich eine Zuschrift erhalten habe, die eine wichtige Mitteilung enthält. Es wird mir nämlich mitgeteilt, daß man Pokern auch mit Würfeln spielen kann. Diese Mitteilung macht dvch wohl notwendig, einen Sachverständigen zu hören. Vors.: ist doch aber von verschiedenen Zeugen behauptet worden, es fei im Oldenburgcr Kasino nur mit Karten Poker gespielt worden. Ich habe eine Zuschrift erhalten, worin mitgeteilt wird, daß Pokern in Südwesiafrika mit Würfeln gespielt wird.(Große Heiterkeit.) Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Sprenger: Ich habe die Zuschrift aus Berlin bekommen. Zeugenvernehmung. Zunächst wird heute OberregierungSrat z. D. 23 3 6 s-Olden­burg als Zeuge vernommen. Er habe vielfach mit Minister Ruh- strat, Buchhändler Schmidt u. a. im Oldenburger Kasino Skat ge- spielt, bisweilen im Anschluß daran auch gepokert.Lustige Sieben" l)abe er niemals gespielt. Es sei ihm auch nicht bekannt, daß der Minister»Lustige Sieben" gespielt habe. Auf Befragen des Rechtsanwalts Dr. Sprenger bemerkt der Zeuge: Er habe wohl ge- hört, daß Assessor Hellwarth ein Spielgenosse gewesen sei und Spielschulden halber ausgewandert sei. Aus eigener Wissenschaft könne er aber hierüber nichts bekunden. Die folgenden Zeugen, Rechtsanwalt Dr. Knorr-Hamburg und Amts- richter Popken-Bant bekunden nichts von Belang. Es wurdeLustige Sieben" gespielt. Regierungsassesior Dr. M enzler: Er habe mehrfach im Oldenburgcr ZivilkasinoLustige Sieben" gespielt. Minister Ruh- strat habe niemals mitgespielt. Eine» Abends, am Kaifers-Geburts- tag, fei in einer NischeLustige Sieben" gespielt worden, Minister Ruhstrat habe an der Nische gestanden und zugesehen Rechtsanlvalt L e w e-Oldenburg macht ähnliche Aussagen wie der Vorzeuge. Der folgende Zeuge. Staatsanwalt Dr. F i m m e n- Oldenburg hat im Prozeß gegen Schweynert die Anklage vertreten. Er bekundet auf Befragen des Vorsitzenden: Er habe als Rcfe- r e n d a r nach Examon-Kneipen und auch sonst im Oldenburger KasinoLustige Sieben" gespielt. Minister Ruhstrat habe nie- ni a l s mitgespielt. Der Minister, der damals Oberstaatsanwalt war. habe in Referendar-Kreisen überhaupt nicht verkehrt. Der Zeuge schildert alsdann in eingehender Weife das Verhalten des Angeklag» ten und die gesamten Vorkommnisse. In dem Prozeß Schweynert Hatto er, Zeug«, nicht den Eindruck, daß der Angeklagte befangen gewesen sei. Er habe sich in keiner Werse widersprochen, sondern er hielt seine Aussagen trotz gegenteiliger Bekundungen anderer Zeugen aufrecht. Vors.: Herr Staatsanwalt, ist Ihnen erinner- lich, daß dem Angeklagten schon am ersten Tage seiner Vernehmung vor der Strafkammer in Olden- bürg mit Verhaftung gedroht wurde? Der Ange- klagte behauptet das. Zeuge: ES ist mir nicht erinnerlich. Vors.: In der Verteidigungsschrift heißt eS. die Ver- Handlung werde in einer Werfe geführt, daß man den Eindruck ge- Winne, es werde darauf abgezielt, den Zeugen Meyer verwirrt zu machen. Rechtsanwalt Dr. Sprenger: Das ist eine nicht ganz glückliche Wendung. Staatsanwalt Dr. Becker: Es heißt auch rn der Verteidigungsschrift, die Vernehmung mache den Eindruck, als ziel« sie darauf ab. Widersprüche in der Aussage des Zeugen Wetjer zu kMjtruiexen, um sie zu feinen Ungunjteu verwerten zu können. Rechtsanwalt Dr. Sprenger: Das wird auf- recht erhalten. Vors.: Ich frage Sie deshalb, Herr Zeuge, ob Sie einen solchen Eindruck hatten? Zeuge: Ich habe bereits gesagt, daß der Ange- klagte in durchaus ruhiger Weise behandelt wurde und ihm Zeit gelassen war, seine Aussagen zu überlegen. Ich mutz also diese Frage aufs bestimmteste verneinen. Allerdings hatten dex Herr Vorsitzende und ich das Bemühen, den Angeklagten zu einer Äenderung seiner Aussage zu bewegen, gans besonders ihm klar zu machen, daß sein« Aussagen denen anderer Zeugen direkt widersprechen. Beisitzender: Saß vielleicht auf dem Podium des Richtertisches ein Herr, der dem Referendar Christians ähnlich sah? Zeuge: Nein! Es findet hierauf eme Pausa von einer Viertelstunde statt. Ablehnung eines Beweisantrages. Nach Wiederaufnahme der Verhandlung wird mit der Ver- nehmung des Zeugen, Staatsanwalts Dr. Fimmen, fortgefahren- Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Sprenger: Herr Staatsanwalt, ist Ihnen bekannt, daß Buchhändler Schmidt zugegeben hat, er habe 1902Lustige Sieben" gespielt? Zeuge: Das ist mir nicht bekannt. Bert.: Sie sagten vorhin, die Hauptbeschuldigung gegen den Minister Ruhstrat beruhe auf der Iliissage dcS Angeklagten Meyer. Zeuge: Jawohl. ES ging durch die Presse, zwei frühere Kellner des Oldenburger Kasinos wollen beschwören, daß Minister Ruhstrat noch in den letzten TagenLustige Sieben" gespielt hat. Es stellte sich aber im Schweynert-Prozeß heraus, daß der Zeuge LaturnuS gar nicht in Betracht komme. Vert.: Ist Ihnen bekannt, daß von der Verteidigung der Meineid des Ministers Ruhstrat in folgender Weise konstatiert wurde: 1. Der Minister habe beschworen, er habe nur im Kasino gespielt, während er vielfach auch bei EtlerS gespielt hat. 2. Der Minister habe unter seinem Eide ausgesagt, er habe nicht leidenschaftlicher gespielt, als andere auch, während er in lcidenschaftlichstcr Weise gespielt hat. 3. Der Minister habe im Prozeß Rief-Biermann eidlich und auch im Landtage erklärt, er habe seit 12 bis 14 Jahren nicht mehr hazardiert, während er noch in den letzten Jahren hazardiert habe. Ist Ihnen ferner bekannt, daß der Minister den dafür aufgebotenen Wahrhcits- beweis sowohl im Prozeß Schweynert, als auch im Prozeß Rieft- Biermann mit der Begründung abgelehnt hat, der Beweis ist un- erheblich, da der Minister solche Erklärungen gar nicht getan hat? Zeuge: Meyer ist doch im Prozeß Schweynert vernommen worden. Im übrigen haben schließlich die Verteidiger im Schweynert-Prozeß erklärt, daß sie alle ihre Beweisanträge zurückziehen. Der Gerichts- Hof hielt die Sachlage für geklärt. Deshalb wurde von einer weiteren Beweiserhebung Abstand genommen. Vert.: Ist Ihnen bekannt, daß der Gerichtshof, der verpflichtet gewesen wäre, die von der Verteidigung genannten Zeugen von Amts wegen zitieren zu lassen, den Beweisantrag der Verteidigung von vornherein abgelehnt hat? Zeuge: Das ist richtig. Der Gerichtshof erachtete wahrscheinlich den beantragten Wahrheitsbeweis als überflüssig oder nicht zur Sache gehörig. Vert.: Ist Ihnen erinnerlich, daß derselbe Wahr« heitsbeweiS im letzten Prozeß, Rief-Biermann, von der Ver- teidigung angeboten, aber mit derselben Begründung abgelehnt wurde? Zeuge: Jawohl. Der Zeuge stellt auf weiteres Be- fragen des Vorsitzenden in Slbrede, daß der Angeklagte im Prozeß Schweynert schlecht behandelt worden sei. Verteidiger Rechts- anwalt Dr. Sprenger: Ich will bemerken, daß Rechtsanwalt Becker, der eine 18jährige Rechtsanwalttätigkeit hinter sich hak, wohl die Empfindung hatte, der Angeklagte müsse durch die vielen Fragen verwirrt werden. Zeuge: Herr Rechtsanwalt Becker mag diese Auffassung gehabt haben. Es darf aber nicht außer acht gelassen werden, daß Rechtsanwalt Becker nicht von Anfang an hier gewesen ist und der Verhandlung nur vom Zeugenraum aus bei- wohnte. Auf weiteres Befragen des Vorsitzenden bemerkt der Zeuge, der Angeklagte sei im Prozeß Schweynert nicht liebe- voll behandelt worden; man könne aber auch nicht sagen, daß er gehässig behandelt worden wäre. Auf Befragen des Herrn Recht»- anwaltS Dr. Herz bemerkt der Zeuge, er habe als Referendar mit seinen damaligen KollegenLustige Sieben" im Oldenburger Kasino gespielt. Soweit er sich erinnere, habe er einen Kollegen nicht angepumpt. Er gebe zu, daß über dasselbe Bcweisthema, über daS die Kellner Meyer und Laturnus vernommen wurden, noch 40 50 andere Zeugen von der Verteidigung vorgeschlagen waren, daß diese aber in keiner Verhandlung vernommen wurden, weil der Gerichtshof ablehnender Ansicht bezüglich dieses Punktes war. Wann hat Staatsanwalt Dr. Fimmen«Lustige Sieben" gespielt? Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Sprenger: Sie haben bereits gesagt, Herr Staatsanwalt, daß Sie als Referendar im Olden- vurgcr Kasino»Lustige Sieben" gespielt haben. Haben Sie auch später noch gespielt? Zeuge: Ich habe auch als A u d i t c u r, als Regierungs-Assessor und G e r i ch t s- A ss e ff o r gespielt. Vert.: Haben Sie auch als richterlicher Beamter gespielt? Zeuge: Ich erachte es nicht alS' meine Pflicht, diese Frage zu beantworten, die sich auf meine Privatvcrhältnisse bezieht und mit der Sache absolut nichts zu tun hat. Vert.: Ich bin weit entfernt, Ihnen Verlegenheiten bereiten zu wollen. Ich halte aber die Beantwortung der Frage für notwendig, um festzustellen, das? richterliche Beamte im Prozeß Schweynert nicht unbefangen gewesen sein konnte», da sie sich durch die Behauptungen des Schweynert, insbesondere aber durch die eidlichen Aussagen des jetzigen Angeklagten Meyer verletzt fühlen mußten und somit pro domo handelten. Staatsanwalt Dr. Becker:-Ich mutz die Frage dcS Herrn Verteidigers beanstanden, da sie mit der Sache nicht» zu tun hat. Vors.: Ich muß auch erklären, daß die Frage nicht zur Sache gehört. Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Sprenger: Ich will keinen Gerichtsbeschluß beantragen, zur Sache gehört aber meine Frage. Zeuge Staatsanwalt Dr. g i m m e n: Ich will nur bemerken, daß ich nur deshalb die Frage nicht beantworten will, weil es gegen mein Prinzip ist, Fragen, die nicht zur Sache gehören, zu beantworten. Verteidiger Rechts­anwalt Dr. Sprenger: Ich muß darauf bemerken, daßPrin- zipie« billig wie Brombeeren" sind.-- Auf Befragen des Rechts- anwalts Dr. Jonas bemerkt der Zeuge, Staatsanwalt Dv, Fimmen, eS sei bei den Prozessen Schweynert und Bierinann niemand beeinflußt und niemandem Mitteilung gemacht worden. Der Oberamtsrichter Carsten« habe einmal als Staatsanwalt gepokert und dabei 64 M- verloren. Ueber das Spielen des Ministers Ruhstrat habe er keine Kenntnis. Nach Wiedereröffnung der Verhandlung wird Dr. Thorafe» Oldenburg als Zeuge vernommen. Er habe im Oldenburger Kasino gepokert undLustige Sieben" gespielt. Der Minister habe nicht mitgespielt, wenigstens habe er keine Kenntnis davon. Der Tod des Hauptmann» von Pavel. Der folgende Zeuge ist Gymnasialdirektor Dr. F r ü h st ü ck» Birkenfeld. Cr sei früher Gymnasiallehrer in Oldenburg gewesen und habe früher als Reserveoffizier an den Rescrvcoffiziersabcnden mit Herrn Minister Ruhstrat, der ebenfalls Reserveoffizier war, u. a. auchLustige Sieben" gespielt. Seit feiner Ernennung zum Oberstaatsanwalt habe der Minister nicht mehr gespielt. Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Herz: Hat die Ernennung zum Oberstaatsanwalt den Minister veranlaßt, nicht mehr zu spielen oder war der Tod des Hauptmanns von Pavel der wirkliche Grund? Zeuge: Den wirk­lichen Grund kenne ich nicht. Da aber der Minister nach meiner Erinnerung mit dem Spiel»Lustige Sieben" aufhörte, als er Oberstaatsanwalt wurde, so nahm ich an, daß dies der Grund war. Bert.: Ist Ihnen bekannt, daß Hauptmann von Pavel sich Spielschulden halber erschossen hat? Zeuge: Das habe ich aller. dingS gehört. Vert.: Ist Ihnen bekannt, daß Hauptmann von Pavcj ein Spielgenoffe des Ministers war? Zeuge: JaWvhl.