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it.«iZ. W. wtp.8. 2. Küsge des Lomillts" Kelülltl WldsdlM. mH 14?°ii 1905 partci-Hngclcgenbcitcn. Zur Lokalliste. Folgende Lokale sind nach Erscheinen der LolaMste noch frei geworden und stehen somit der Arbeiterschaft zu Versammlungen zur Verfügung: In Schmargendorf  :Wirtshaus Schmargendorf(Jnh. Barowski). In Velten  : Das Lokal von August Conrad. In Marwitz  : Das Lokal von Lessing  . In F e h r b e l l i n: Die Lokale von Schulz und Ww. Rosen- träger. In Alt-Gettow: Lokal von Thomann  . In Henningsdorf  : Die Lokale von F. Veltmann und Fr. Brose. In folgenden Orten, wo kein Lokal frei ist, ist der Wirts- Hausbesuch streng zu meiden: Nieder-Rcueudorf a. d. H., Gatow  und Cladow   a. d. H. An der Lokalliste vom Sonntag wolle man folgende Nichtig- stellung beachten: Unter Potsdam   soll es nicht Witwe, sondern Wilhelm Ladenthicn Heiben; in Nedlitz ist nur das Lokal von BnngardZur Nömerschnnze" frei. Die Lokalkommission. berliner I�admcdtm Die Polizei soll helfen. Nach einem Wort aus alter Reaktionszeit trägt jeder Deutsche  seinen Gendarm nnt sich in der Brust herum. DnS Flehen nach Polizei gibt sich in allen Volksschichten kund, auch die arbeitende Bevölkerung hängt noch zuweilen dieser Unbeholfenheit nach; dem Engländer und Anrerikaner. der nach Deutschland   kommt, fällt nichts mehr auf, als datz die Polizei, die sich drüben kaum bemerkbar macht, hier die wichtigste Rolle von der Welt spielt. Tie Polizei soll gegen alles helfen, gegen die Sozialdemokratie, gegen die Unsittlichkeit und nunmehr auch gegen halsbrechende Künste. In der ZeitschriftDer Turner' erklingt dieser Ruf: Wenn man zu einem Duell Tribünen errichtete und Plätze für Lb Frank und 6 Frank verkaufte, so würde die Menge sich dazu drängen; man sieht ja bereits, wie sich Leute mit photog'raphi- schen Apparaten dazu einfinden. Aber wir haben ja genug Schau- spiel«, bei denen der Zuschauer seinen Sensationshunger befriedigen kann. Blondin wurde weltberühmt, weil er auf gespanntem Seil die Niagarafälle   überschritt. Unzählige haben das Schauspiel genossen, das die Gemüter lange in Aufregung hielt. Man sah ihn zögern, schwanken und wieder weiterschreiten. Es wurde gewettet:Fällt er. Fällt er nicht.' Er ist nie gefallen und hat sogar in einer Schubkarre einen Mann hinübergebracht. Andere Leute wollten ihn noch übertrumpfen. Ein gewisser Smith wollte in einer Tonne die Niagarafälle hinunterfahren. Tausende eilten herbei und sahen, wie er in die Tonne ging. Dann erschien das Fast im Strudel oben, in der Mitte und unten, und dann nicht wieder. Man durchforschte alle Stromschnellen, ohne jemals wieder etwas zu finden. Gewonnen hatte, wer auf den Tod gewettet hatte. Ein anderer wollte die Strudel durchschwimmen, die der Niagara nach dem Falle bildet. Er warf sich tapfer in« Meer, verschwand, tauchte weiterhin wieder auf, verschwand wieder und ward nie mehr ge- sehen. Eine Akrobatinn. die in Paris   auftrat, hing an den Beinen und trug an einem Lederriemen, den sie zwischen den Zähnen hielt, einen Mann. Gewöhnlich trug sie in dieser Weise mit der Kraft ihres Gebisse« ihren Ehemann. Einmal aber mufite sie niesen, und der Mann fiel zerschmettert zu Boden. In dem alten Pariser Hippodrom machten zwei englische Clowns, zwei Brüder, die tollsten Possen und gefahrlichsten Sprünge. Plötzlich stürzte der eine zu Boden und blieb lang ausgestrelkt auf dem Boden liegen. Der andere stürzt auf ihn zu, rief ihn, schüttelte ihn und stieß herzzerreißende Schreie au«. Alle Zuschauer lachte» und klatschten Beifall, die Komödie war wirklich vorttefflich gespielt. Aber der arme Spatzmacher war gestorben.... Der Unterschied zwischen unseren modernen Vergnügungen und den Zirkusspielen »m alten Rom   ist nicht so grotz. Freilich galt damals das Fest nur als vollendet, wenn es Tote gab. Heutzutage sollen die Leute nicht sterben; aber man setzt sie der Todesgefahr au», und da die Konkurrenz auch auf diesem Gebiete sehr groß ist, muß jeder bemüht fem, die Gefahr auf das höchste zu steigern, damit das Wagnis am aufregendsten wirke.... Wenn irgend etwa« geeignet ist, un« dieBestie im Menschen' unter allem Firnis der Kultur erkennen zu lassen, so ist e« diese Sucht nach Erregung und Befriedigung niederster Instinkte. Und wenn irgendwo ein Eingreifen der doch sonst sich in alle möglichen und unmöglichen Dingen hineinmischenden Polizei angebracht wäre, so bei diesen Zugeständnissen an.Bedürfnisse', die in keiner Hin- ficht al« berechtigt anerkannt werden dürfen. Nicht nur aus Gründen der personlichen Sicherheit wäre das geboten, sondern viel mehr noch aus solchen des öffentlichen AergernisieS. Aber steilich, wo sind di«. die daran AergerniS nehmen? Diebrechend vollen" Häuser bei solchen Vorführungen reden eine nur zu beut- liche Sprache!' Daß die hier geschilderten Künste brutal sind, erkennt niemand so sehr an als wir; und wenige Blätter haben sich wohl so energisch gegen Schleifensahrten und andere halsbrechende Arbeiten gewandt als das unsrig«. Aber die P olizei kann in dieser Hinsicht nicht helfen. Sie kann nicht und sie will auch garnicht. Wer vermag im Varistö, im Zirkus mit Sicherheit zu bestimmen, wo da die Harm- losigkeit aushört und die Halsbrecherei anfängt? Jeder Akrobat riskiert bei seiner Kunst unter Umständen Leib und Leben, und die Polizei kann hier so wenig das Richtige treffen, wie in der Sittenzensur. Man mutz es eben darauf ankommen lassen; die Hauptsache bleibt aber eine Erziehung deS P ublikums nach der Richtung hin, daß eS selbst gegen Roheiten in der Manege und auf der Bühne seinen Abscheu ausdrückt. Dahin ist allerdings noch ein weiter Weg. den die Polizei aber am wenigsten gangbar machen kann. Denn sie muß, wenigstens in Deutschland  , von Herzen froh sein, daß die Oeffentlichkeit an Zirkuskünsten, Rennfahrten und der Geisteskost der Sensationspresse noch Gefallen findet. Wäre es anders, suchte die Maffe deS Bürgertum  « statt deS Nervenkitzels Er- Hebung, so würde ihr in der muffigen Atmosphäre des heuttgen Deutschland  « unbehaglich werden, und sie verlangte nach einem frischen, den Hütern der Ordnung höchst unangenehmen Luftzug. Schlimm genug, datz das Proletariat unheilbar rebellisch ist; das Bürgertum aber soll im Dusel weiterträumen. Daher müht sich der Polizeigeist dort, wo er noch Macht hat, mit Eiser um die Schikanierung polittsch und sozial unbequemer Elemente, lätzt aber die Sensattonspcesse und den Zirkus nach Kräften gewähren. Großstadtlcideu. Des Sommers Glut wird in den Großstädten besonders schwer empfunden. In den Perloden schwerer, schwüler Warme bringen auch die Nächte keine Erleichterung; die großen Steinhäuser gleiche» von außen geheizten Backöfen, welche die Wärme»och lange hallen. wenn auch außerhalb der Stadt, ans den Feldern oder im Park, schon ein frischer Wind streicht. Wie haben Sie Berliner   erst vor kurzem geschwitzt und dabei gestöhnt und geseufzt über die fürcliter- liche Hitze, und doch war e§ noch nicht so schlimm wie seit Anfang dieser Woche in New Bork. Seit Montag morgen hat sich eine Hitzewelle ans die Stadt gesenkt, der schon 12 Tote und über 200 durch Hitzschlag Erkrankte, sowie viele Tiere zum Opfer gefallen sin». Das Thermometer stand am Rontag nur auf LS Grad yahrenheit, also noch nicht so hoch als bei imS am heißesten Tage der letzten Zeit, der uns 107 Grad brachte; aber ein schwerer Feuchtigkeitsgehalt der Luft machte die Hitze in New Dork»nerträg- lich. Die armen Leute schliefen massenhaft in den Parkanlage» und in der Umgegend der Stadt. An dem nahen Meeresstrande sah es des Nachts ans, als hätte eine Armee auf ihrem Marsche sich zur Ruhe begeben. In langen Reihen lagen die Leute dort und genossen die Wohltat eines ruhigen Schlafes in lauer Seeluft. Dazwischen patrouillierten die Wachen, Polizisten aus Nelv Dork, um Beraubungen der Schläfer z» verhüten; sie hatten ihre Bezirke zu versehen, ähnlich ivie in der Stadt. In den Park- anlagen fanden ebenfalls Tauiende ihre Nachtruhe in den Büschen, auf den Nasenplätzen. Das ist nicht etwa strafbar wie in Berlin  , sondern eS ist das gute Recht der Bürger, eS sich auf den Nasen- stächen bequem zu machen. Der Berliner   mag vielleicht glauben, daß ein so benutzter Stadtpark recht verwildert aussehe. Das ist durchaus nicht der Fall. Die Blumen und Pflanzen werden geschont, und der Rasen ist trotz alledem noch weit schöner, dichter und voller als in manchen Berliner   Anlagen, wo er oft sehr dürstig aussieht. Di« Folge der Benutzung ist nur die, daß die Parkarbciter etwas mehr zu tun haben, und das ist nicht so schlimm; schnell und leicht wird alles wieder in Ordnung gebracht. Gewöhnlich ist die Macht einer solchen Hitzewelle nach einigen Tagen schon gebrochen, und ist dies nicht der Fall, so müssen die armen Leute halt noch etwas länger leiden. Darin ist es hüben wie drüben gleich I Im Schweiße ihre« Angesichte« müssen sie arbeiten,«in ihr Brot zu essen, ob e« nun bei 34 Grad Nöciuinur oder 43 Grad Celsius oder 107 Grad Fahrenheit geschieht. Stadwerordlicten-Borstcher Dr. LnngcrhanS war in de» letzten Tagen bedenklich an Blinddarmentzündung erkrankt. Der 86jährige Patient hat die Krankheit schnell überstanden, so daß er gestern bereits wieder im Rathause erscheinen konnte. Der behandelnde Arzt Prof. Dr. Kört« nimmt an, daß Dr. Langerhan« sich die Krankheit durch Erkältung bei der Besichtigung des Rudolf Pirchoiv- Krankenhauses zugezogen hat. 10'/ Millionen Liter Wasser hat die Berliner   F e u e r w e h r im Etatsjnhr 1004/05 zur Löschung von Feuersbrünsten verbraucht, wie der jetzt erschienene Verivalrungsbericht über dieses Etatsjahr ergibt. Hiervon entfallen allein 4'/g Millionen Liter aus den ge- wältigen Brand deS großen Eisenbahnschwellcnlagers am Güter- bahnhof Moabit  , der aus dem vorigen Sommer noch in Erinnerung ist. Aber auch sonst war da? Jahr reich an FcnerSbrünsten. zu deren Bewältigung bedeutende Wassermengen aufgewendet werden mußten. Bei der größten FeucrSbrnnst des Jahres, dem erwähnten Brand des Schwellenlagers, wurde mehr Wasser verbraucht, als im vorhergehenden ElatSjahr zur Löschung sämtlicher FeucrSbrüiiste Berlins   erforderlich gewesen war. Im EtatSjahre 1903,104 verbrauchte nämlich die Feuerwehr insgesamt nur 3'/, Millionen Liter Wasser, und bei keinem einzigen Brande ging die Wassermenge über V» Million Liter hinaus. DaS war allerdings ein Jahr mit un- gewöhnlich geringem Verbrauch. Aber auch in den vorhergehenden Jahren>var der Wasierverbranch der Feuerwehr in der Regel nicht viel mehr als die Hälfte deS Verbrauches von 1004/05. Uebrigens wurden von der gesamten in diesem Jahr bei Feuersbrünsten ver- brauchten Wassermenge nur l2/3 Millionen Liter aus offenen Gewässern und etwa'/ti Million Liter ans Brunnen entnommen. AlleS übrige mußte die Wasserleitung hergeben. Die SonderzugSfahrtcn nach Stettin   und Swinemünde  , die mit Rücksicht auf den Ferien- Reiseverkehr unterbrochen waren, werden vom 16. Juli bis zum 27. August wieder an sämtlichen Sonntagen abgelassen werden. Die Züge verlassen den Stettincr Bahnhof nach Stettin   um 12� Uhr nacht«, nach Swinemünde   und Misdroy 5�° Uhr morgens. Im Anschluß an die Züge nach Stetttn finden von dort Extra« Dampferfahrten nach HeringSdorf   und Wollin   sowie nach Rügen   statt. Die für die Züge ausgegebenen Sonder-Rückfahrkarten berechtigen mir zur Rückfahrt mit den am Sonntagabend von Stettin  und Sivincmllnde abgelassenen Sonderzügen. Ein schlecht versorgtes Pflegekind. Bor etwa Jahresfrist gab die Berliner   Waisenverwaltung die Kinder einer Frau F.. die damals eine Gefängnisstrafe anzutreten hatte, in HauSflege. Eines der Kinder, ein sechsjährige« Mädchen, wnrde dem Gastwirt N. in Wittmannsdorf in Pflege gegeben. Als Frau F., die aus dem Ge- fängnis in eine Heilanstalt gebracht wurde, wieder zurückkam, sah sie natürlich zuerst nach ihren Kindern. Zwei von ihnen fand sie gut aufgehoben. Bon dem dritten, dem beim Gastwirt N. unter- gebrachten Kinde, konnte dies nicht gesagt werden. Die Mutter fand ihr Kind hier unter Verhältnissen, die es ihr notwendig erscheinen ließen, daS Kind wieder zu sich zu nehmen. Es fehlte in der Pflegcstclle nicht nur an den dringendsten Erfordernissen der Reinlichkeit, sondern die Kleine mußte auch ein jüngere? Kind ihres Pflegers abwarten, welches mit einer ansteckenden Hautkrankheit be- haftet war. Um die sicher zu erwartende Uebertragung der Krank- heit auf ihr eigenes Kind zu verhindern, wollte Frau F. es nach Berlin   mitnehmen. Daran wurde sie aber durch N. gehindert. Frau F. wandte sich nun es war kurz nach Ostern dieses Jahres an die Waisenverwaltung, um ihr Kind zurückzuerhalten, sie hatte damit aber keinen Erfolg, auch die Verwendung beim Vormund des Kindes war nutzlos. Erst nachdem die Mutter sich an die Ober- Vormundschaft gewandt hatte, lieferte ihr die Waisenverwaltung ihr 5kind wieder aiis. Wie vorauszusehen, war die Kleine inzwischen von der Hautkrankheit befallen. Ueber und über mit Ausschlag be- haftet, so übernahm Frau F. ihre Tochter. Jetzt ist das Kind nach sorgfältiger Pflege durch die Mutter sowie nach ärztlicher Behand- lung so ziemlich von der Krankheit befreit. Es ist nun die Frage: Wie konnte die Berliner   Waisenverwal- tung eS dulden, daß ein ihrer Fürsorge anvertrauteS Kind in einer Familie gelassen wurde, wo eS nicht nur keine Pflege hatte, sondern der sicheren Erkrankung ausgesetzt war? Wenn man Gründe zu haben glaubt«, die gegen die Zurückgabe des KittdeS an die eigene Mutler sprechen, dann mußte doch unter allen Umständen dafür ge- sorgt werden, daß das Kind auS der Pflegcstelle, wo eine ansteckende Kränkheit herrscht, sofort entfernt wurde. SS scheint, daß der Waisen- Verwaltung über die in entfernteren Orten untergebrachten Kinder die genügende Kontrolle fehlt. Zum Skandal im Klnd 1900 meldet der ,.Lok.«Anz.'. daß der vom Amt suspendierte Klnbdirektor Karl Mollheim, gegen den die bekannten schweren Anschuldigungen erhoben waren, gegen sieben ivtitgliedcr, die teilweise de», Vorstande, teilweise der Finanz- kominission des Klub» angehören, Privat-Beleidigungsprozesse an- gestrengt hat. Die grundlegende Klage richtet sich gegen den kaiser  - lichen RegierungSrat Dr. Bertold Wiener. Dieser hat daS Schreiben verfaßt und mitunterzeichnet, in dem am 31. Mai d. I. dem Direktor Karl Mollheim vom Vorstande und von der Kommisston des Klubs vorgeworfen wird, sich einer unehrenhaften Handlungsweise schuldig gemacht zu haben, und zwar dadurch, daß er eine Reihe von Klub« Mitgliedern bewuchert, daß er ihm dubios erscheinende, eigene Forde- rungen auf die Klubkasse eigenmächtig überschrieben, und daß er sich schließlich bei Spezialabrechniingen widerrechtlich Jeton  «(Spiel- marken) angeeignet habe. Fast die Hälfte der gesamten Klub- Mitglieder werden nach Moabit   geladen werden, um vor dem dortigen Schöffengericht über die Vorgänge im Klub 1000 zu berichten. Der angebliche Anarchist, der in der Nacht zum 1. Juni d. I. den Anschlag auf den König von Spanien   und den Ptäsidenten Loubet   verübte, soll in Berlin   scin. Er hatte sich Alessandro Farras genannt»ud hatte auch Ausweispapiere auf diesen Name», während FarraS im Jahre 1004 in Barcelona   starb. Festgestellt ist. daß er Eduardo Eirique Jos« Avino oder Avinon heißt und am 17. Januar 1882 in Gracia bei Barcelona   geboren wurde. Die hiesige Kriminal- Polizei wurde auf den flüchtigen Verbrecher aufmerksam gemacht und um die eventuelle Festnahme ersucht. Daß diese dunkle Persönlich- kcit ausgerechnet nach Berlin   kommt, halten wir für sehr unwahr- schcinlich. Was einem anständigen Mann in Berlin   passieren kann, zeigte sich in der Nacht zum Dienstag in einer Affäre, die den Arbeiter Paul Krüger, Mauteuffelstr. 63, überraschte. Herr Krüger, der Familienvater ist, lag nichtsahnend im Schlummer, als es plötzlich um vier Uhr in der Frühe forsch an seiner Tür klopfte. Als er neugierig dem unbekannten Besuch öffnete, erblickte er die Gestqlt eines Schutzmanns vor sich. Der Beamte nickte dem Arbeiter freundlich zu und überraschte ihn dann mit der Neuigkeit, daß er einen Haftbefehl über ihn in Händen habe; er möge sofort mit aus die Revierwache kommen. Krüger wandte ein, daß er sich keiner Straftat bewußt sei und fragte, wem, denn einmal ein polizeilicher Mißgriff begangen werden solle, ob dazu nicht zu einer andern Tagesstunde als der gegenwärtigen noch Zeit sei. Der Schlitzmann bestand aber auf seinem Schein und dem Arbeiter blieb nichts übrig, als erröiend des Beamten Spuren zu folgen. Ans der Wache lvieS der Sistierte nochmals darauf hin, daß eine Personenverwechselnng vorliegen müsse; und nach einer Weile zeigte sich denn auch, daß der Arbeiter recht hatte. Er wurde unter Eni- schuldtgungen entlasse». Mißgriffe dieser Art sind immerhin denkbar und sollen der Polizei, wenn sie sonst ihre Befugnisse nicht über- schreitet, nicht hoch angerechnet werden. Selbst in Anbetracht der Tatsache, daß ein Geheim- oder Kommerzienrat unseres Wissens bisher einem solchen Mißgriff noch nicht zum Opfer gefallen ist. Wenn aber schon, dann tonnte man sich nnmerhin eine andere Tageszeit aussuchen als die vierte Morgenstunde, zumal es sich in diesem Falle auch bei dem wirklichen Uebeltäter um eine gleich- gültige Bagatellsache, nämlich um die Vollstreckung einer Haftstrafe an Stelle einer Geldstrafe wegen Schulversäumnis, gehandelt hat. Der Spandauer Bock soll seine Tage beschließen. Noch bis vor einigen Jahren befand sich Grund und Boden der Spandauer Bock- brauerei im forstfiskalischen Besitze und seit zwei Jahren ging das Grundstück durch Kauf an die Stadt Charlottenbnrg über. Die Stadt setzte dem Bockwirt in seiner Bewegungsfreiheit engere Grenzen; es wurde ihm auch mitgeteilt, baß infolge der Straßenregulieruugen das Grundstück des Spandauer   Bockes bald in Anspruch genommen werden müsse. Durch die neuen Strahenbauten sind Niveau- Veränderungen bedingt und der alte Waldbestand muh der Axt zum Opfer fallen. Trotzdem über die Hälfte des ursprünglichen Spandauer Bocke« dem Erdboden bereits gleich gemacht worden ist, hat das Grundstück doch noch einen ansehnlichen Umfang; aber sein Charakter als Erholungsstätte der Berliner   ist geschwunden, denn in aller- nächster Nähe werden sich bald mächtige Mietskasernen erheben und dann gehört der Karsreitagsruminel zu der Berliner   Erinnerungelt. Gegen die Bilchmacher gehl die Kriminalpolizei gegenwärtig äußerst scharf vor. DaS neue Totalisatorgesetz, das bereits am 22. d. M. in Kraft tritt nicht am 24. Juli scheint die Per- anlassung gegeben zu haben. Die Persönlichleiten der Buchmacher waren der Kriminalpolizei längst bekannt, doch konnte sie bei der großen Zahl der Alinahmestellen nicht alle ermitteln. Nach dem neuen Gesetz sind auch die BermittelungSanstalten strafbar. Um diese zu ermitteln, trifft die Kriminalpolizei die verschiedensten Maß­nahmen. So wurde in einem Falle die Wohnung eines Buchmachers A. in der vchrenstraße besetzt, so datz alle Boten und auch die Per- mitteler selbst, die auf Rädern oder sonstlvie eintrafen, in Empfang genommen und festgestellt wurden. Auf den Zetteln, die die Boten bei sich trugen, waren die Annahmestellen, die Hohe der Wette» und die gesetzten Pferde verzeichnet, so daß die Polizei alles erfuhr, was sie wissen wollte. Das vereinnahmte Geld etwa 3000 Mars wurde vorläufig beschlagnahmt. Hierbei ist ein tragikomisches Er- eignis zu bemerken. Einer der Bermitteler, der ein Geschäft ver- kaust hatte, war dadurch in den Besitz von 500 Mark gekommen, die er bei sich trug. Auch diese mußte er mit süßsaurer Miene vorläufig herausgeben. Die Bibliothek Adolf v. Menzels ist von den Erben verkauft worden und in den Besitz der Gselliusschen Buchhandlung über- gegangen. Einzelne Teile der Sammlung sind von der Firma be- reits weiter veräußert worden. Vor allem waren das Kunstgewerbe- Museum und die Stadt Berlin   als Käufer aufgetreten. Ersteres hat vornehmlich Werke erworben, die über die Kostümkunde Aufschluß geben, darunter Originale aus dem 16. Jahrhundert, die besonders die Rittertrachten behandeln. Die von der Stadt Berlin   angekauften Bücher geben ein anschauliches Bild' von den Quellen, ans denen Menzel beim Malen seiner historischen Bilder zu schöpfen pflegte. Ucberschwiilimullgcn hatte der starke Regenfall, der gestern nach- mittag herniederging, zur Folge. In vielen Stadtteilen ciitstanden durch Ansammlung der enormen Wassermengen VcrkehrSstöruitgen. Vor dem Bahnhof Großgörschenstraße hatte sich ein förmlicher See gebildet, der sich für die Passanten recht unangenehm bemerkbar machte. In der Norkstraße waren durch die hochlicgenden Quer- straßen derarttge Wassermengen zusammengeströmt, daß die GüllyS vollständig versagten. In wenigen Minuten hatte sich die Ueber- schwemmung über die Bürgersteigc heran bis an die Häuser ver- breitet. In der Kaiser-Allee war infolge der Ueberschlvcinmimg eine Störung im Straßenbahnvcrkehr entstanden. Mit Lysol sich zu vergiften versuchte am Donnerstagnachmittag lim 1 Uhr eine junge Russin, die SLjährige frühere Modistin Martha StcfanSki, die angcvlich einer guten Familie entstammt und hier m Berlin   auf die schiefe Ebene geraten ist. Wegen Zuwiderhandlung gegen die Volizeivorschriften hatte sie eine Strafe im Gefängnis der Barnlmstrasie oerbüßt und war dann in ihre Wohnung, Puttkamer- straße 20, zurückgekehrt. Ans dieser mußte sie wegen ihrer Neigung zu Stteitereien ausziehen und scheint ein anderes passendes Ziitnner nicht gefunden zu haben. Am Tempelhofcr User war sie unter der Wirkung des Gifte« zusammengebrochen, wurde von einem Schutz- mann nach der Unfallstation l am Tempelhofcr Ufer und von dort in einem Krankenwagen nach dem Urban gebracht. Ein Brand im Meßpalast, Alexandrinenstraße 110, machte der Feuerwehr Donnerstag früh viel zu schaffen. Schon gegen Mltter- »acht verspürte der Hauswächter auf seinem Rundgange einen brcnz- lichen Geruch aus dem zweiten Hose, konnte aber sonst nichts Ver- dächtiges wahrnehmen. Trotzdem suchte er mit Hülfe des Verwalters da« Grundstück unablässig ab, da der Brandgeruch immer mehr zunahm. Kurz nach 2 Uhr wurde dann bemerkt, daß leichter Rauch ans verschiedenen Kellerfcnstern hervordrang. Die Feuerwehr wurde sofort herbeigerufen, die aber anfangs den Brandherd nicht ermitteln konnte. Die mit Müllerichen Rauchkappen von zwei Eingängen borgeschickten Sappeure fanden zwar den fast den ganzen Hos unterlaufenden Keller der Pnpierlagerei von S. I o u r d a n voll Rauch und Hitze, konnten aber ebenfalls den Ausgangspunkt des FeuerS nicht erkennen. So blieb denn nichts weiter übrig, als vom Hofe aus die Oberlichtplattcn des Kellers aus dem Hofpflaster herauszuhauen, um auf diese Weise dem Feuer Luft zu machen. Kann, war die erste Platte nach großer An- sireiigung abgehoben, als auch die Flainmen meterhoch empor» schössen. Nach und nach wurden dann etwa ein Dutzend solcher Oberlichtfeilster beseitigt und jede dadurch entstandene Oeffnung wirkte wie»in Schornstein. Von jetzt an war es erst möglich, dem Feuer wirksam beizukommen. Anfänglich lvar nur eine Schlaiichleitung vorgenommen worden, doch mußte man schließlich deren vier in Tätigkeit treten lassen. Der elfte Zug auS der WilinSflrntze wurde»och»nchträglich zur Hülfeleistung herangezogen. Di« vollständige Ablöschung zog sich bis gegen 6 Uhr hin. In dein Keller lagerten gegen zweitausend Zentner Papier   in Rolle» und Ballen, die teilweise verbrannt, teillvetse angekohlt oder vom Wasser entwertet find. Noch stundenlang nach dem Ablöschen zeigte M Ja