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pTMgl und stellten Strafantrag. Die Anklagebehörde erblickte in dem letzteren Satze die Kriterien der versuchten Nötigung. In der Verhandlung beantragte der Staatsanwalt eine Geld- strafe von 1<X) M., das Gericht erkannte wegen versuchter Nötigung auf eine Geldstrafe von 50 M. und sprach die Vernichtung der Platten und Formen sowie die Beschlagnahme der betreffenden Nummer des »Gonice Wielkopolski' aus. Von Zeit zu Zeit liest man in Hakatistischen Blättern öffentliche Brandmarkungen der Deutschen , die dem Polentum angeblich Vor- schub leisten. Es hat sich sogar ein förmliches Denunzialionssystem herausgebildet, um solche Deutschen von ihrem Tun abzuschrecken. Hat darin schon ein Gericht und ein Staatsanwalt eine Nötigung erblickt? Wenn zwei dasselbe tun... Zur Nachwahl in Thorn-Kulm, die am 9. September statt- findet, sind nunmehr, wie uns aus Posen geschrieben wird, samt- liche Kandidaten nominiert. Die deutschen Mischmaschparteien stellen den Bankdirektor Ortel auf, die Polen den früheren Abgeordneten Verleger Bresski; für unsere Partei kandidiert der Genosse Sremski- Posen. Menschenschutz! Vor dem Glogauer Kriegsgericht der 9. Di- Vision hatte sich unter der Anklage der vorschriftswidrigen Behandlung Untergebener der Leutnant Hans Karl v. Prittwitz und Gaffron vom Ulanen-Regiment Prinz August von Württemberg (Pos.) Nr. 19 in Züllichau zu verantworten. Die der Anklage zugrunde liegenden drei Fälle liegen, nach demNiederschles. Anz.", bereits Ende 1900 bezw. 1901 zurück. Damals gehörte Leutnant v. P. der 4. Eskadron an, zu dessen schlechten Reitern von den Rekruten auch der Korbmacher Bruno Viol aus Züllichau , jetzt Eisenbahn-Güterbodenarbetter in Berlin , ge- hörte. Dem Leutnant v. Prittwitz wurde nun zur Last gelegt, diese schlechten" Reiter im Reitdienst überanstrengt zu haben. Nach der Bekundung dieser ehemaligen Rekruten muhten sie während der Reit- stunde zur Strafe 60 bis 80 mal absiven und ohne Benützung der Steigbügel wieder aufs Pferd steigen. DieseHebung" soll an mehreren Tagen stattgefunden haben. Ferner muhten die schlechten" Reiter am 12. März 1901 vormittags über eine halbe Stunde lang mit der Lanze in der Hand Trab laufen, Hindernisse nehmen und dabei die Lanze werfen. Am Nachmittag desselben Tages wurden dieschlechten" Reiter ebenfallsvorgenommen", und zwar mußten sie im Trabe neben dem Pferde herlaufen. Da er- eignete sich infolge Ueberanstrengung ein Unfall, welcher auch allerdings nach vier Jahren erst den Anlaß zur jetzigen Anklage bildete. Der Rekrut Viol kam nämlich beim Laufen, nach seiner Ansicht infolge Ermattung, zu Falle, und erhielt von dem eigenen Pferde einen Schlag gegen den Hals. Er fiel ohnmächtig zu Boden. Blut trat aus seinem Munde, und er wurde ins Lazarett geschafft, wo er bis zum 20. März an Gehirnerschütterung und Quetschung des Halses behandelt wurde. An diesem Tage wurde er als gebessert entlassen und nach zweitägigem Aufenthalt imRevier" tat er wieder Dienst. Dieser will ihm ja anfangs schwer gefallen sein, er bekam Nasenbluten und Schwindelanfällc, meldete sich aber aus Furcht vor seinen Vorgesetzten nicht krank. Als er aber wieder in Arbeit ging, will er infolge der damals erlittenen Verletzung den Anforderungen seines Handwerks nicht im vollen Umfange haben gerecht werden können; er ging deshalb als Arbeiter zunächst in eine Buchdruckerei und sodann zur Bahn. Auf die Auslassungen über den Vorfall in seiner Eingabe um Einleitung des Jnvaliditäts- Verfahrens wurde die Anklage gegen den Leutnant v. Prittwitz er- hoben. Viol und einige damalige Kameraden schilderten diese Reit- Übungen als über ihre Kräfte gehend, während Leutnant v. Prittwitz diese Darstellung alssehr übertrieben" bezeichnete. Der Vertreter der Anklage konnte nur in den Auf- und Absteige-Uebungen eine strafbare Handlung erblicken und beantragte hierfür, indem er zwei Handlungen annahm, je fünf Tage, zusammen sieben Tage Stuben-, arrest. Im übrigen sah er die Bchauptungekt als nicht genügend nachgewiesen bezw. einseittg dargestellt an. Das Gericht sprach den Herrn Leutnant in allen Punkten frei! ES glaubte dem Herrn Leutnant mehr wie den eidlichen Zeugen- aussagen der Beteiligten! Wenn Pferde derartgedrillt" würden, schritte der Tierschutz- verein ein. Der Stuttgarter Gemeinberat gegen die Warenhaussteuer! Stuttgart , den 3. August 1905.(Privat-Depesche desVorwärts".) Eine der Schönheiten der am 1. April in Kraft getretenen neuen Steuergesetze ist die Verpflichtung der Gemeinden, Warenhäuser mit einer Umsatzsteuer zu belegen, die mindestens ein Fünftel und höchstens die Hälfte der normalen Erwerbssteuer zu betragen hat. Die Voraussetzungen der Erhebung dieser Steuer sind von der Größe der Gemeinden abhängig. Bei Gemeinden bis zu 10 000 Einwohnern fällt schon ein Umsatz von 80 000 Mark, wenn eine Unternehmung diesen kleinen Handel mit Waren verschiedener Gattung betreibt, unter das Gesetz, in Gemeinden von mehr als 50 000 Einwohnern beginnt die Verpflichtung zur Umsatzsteuer erst bei 200 000 Mark. Durch dieses mittelstandsretterische Pflästerchen soll der kapitalistische Zug der Gemeindesteuerreform verdeckt werden, die nur einen gemeindlichen Zuschlag von 1 Prozent zur staatlichen Kapitalsteuer gestattet und so die Kapitalseinkommen in einer Weise schont, wie kaum anderwärts im deutschen Reiche. Als erste der in Betracht kommenden Städte nahm heute Stutt- gart Stellung zu der Durchführung des Gesetzes. In gemeinsamer Sitzung der beiden bürgerlichen Kollegien beantragte die Steuer- abtcilnng des Gemcinderates sich auf das gesetzliche Mindestmaß des Zuschusses, also auf ein Fünftel zu beschränken, da die Waren- haussteuer ihren Zweck durchaus verfehle und von d«v Warenhaus- dcsitzern mit Leichtigkeit auf Lieferanten und Konsumenten gewälzt werden könnte. Als die Sozialdemokratie seinerzeit im Landtage dieselbe Auffassung vertrat, traten ihr die Gesinnungsgenossen der volksparteilichen Stuttgarter Rathausmehrhcit wiederholt entgegen. Vor einigen Wochen erst fand das Zentrum bei einem reaktionären Vorstoß gegen die Warenhäuser Gefolgschaft auch bei den Volks- parteilern. Auch in der heutigen Sitzung der Stuttgarter bürger- lichen Kollegien gesellten sich die Volksparteiler zu den reaktionären Mittelstandsrettern, die das gesetzlich zulässige Höchstmaß der Warenhausumsatzsteuer, also 50 Prozent, beantragten. In der heutigen Debatte vertrat ein Genosse mit Geschick den Standpunkt der Sozialdemokratie und kennzeichnete das falsche Besteuerungs- Prinzip, das nicht den Gewinn, sondern den Umsatz trifft und aus dem Wege der Abwälzung zu einer neuen Last für die wirtschaftlich Schwachen wird. In getrennter Abstimmung wurde der Antrag der Steucrab- teilung, vom Gemeinderat mit großer Mehrheit angenommen, vom Bürgerausschutz abgelehnt. Infolgedessen ordnete der Oberbürger- meister die Durchzählung an, die die Annahme des Antrages ergab, der eine Rechtfertinuno des Standpunktes der Sozialdemokratie be- deutet._ Südwestafrikanische Verluste. Ein Telegramm aus Windhuk meldet: General- Oberarzt Dr. Theodor Sedlmayr, geboren am 13. 6. 55 zu Passau , am 27. Juli d. I. auf einem Ritt von Sandfontein nach Ramans- trifft gefallen. Nachträglich gemeldet, im Gefecht bei NaruS am 17. Juli 05 gefallen: Reiter Robert Schiller, geboren am 26 7 81 zu Seitendorf, Brustschutz, Reiter Anton Kuhn, geboren am 12. 6. 82 zu Wittlich , Kopfschutz, ferner Reiter A u g u st Mahlendorfs, geboren am 17. 9. 31 zu Bahu, am 27. Juli d. I. im Lazarett Dawignab an Typhus gestorben. Gefreiter Wilhelm Steneberg, geboren am 26. 1. 79 zu Bovenden , am 25. Juli im Feldlazarett 15 Hasuur an Lungentyphus gestorben. HuaUnd. Aufruf zur Volksabstimmung in Norwegen . Alle politischen Parteien Norwegens haben am Dienstag gemeinsam folgenden Aufruf erlassen: An die norwegische Wählerschaft! DaS Storthing hat beschlossen, den norwegischen Wählern die Frage vorzulegen, ob sie miit der stattgefundenen Auflösung der Union einverstanden sind oder nicht. Man wünscht dadurch der Außenwelt ein klares und unwider- lcgliches Zeugnis dafür zu geben, daß das Storthing in voller Uebereinstimmung mit dem Willen der Nation gehandelt hat, als es ain 7. Juni seinen einstimmigen Beschlutz faßte, die Union aufzu- lösen, die mit Norwegens Stellung als selbständiger Staat un- vereinbar geworden war. Die Frage: Norwegens zukünftige Staatsform, liegt bei dieser Volksabstimmung nicht vor. Niemals sind die norwegischen Wähler in einer für das Vater- land mehr bedeutungsvollen Zeit an die Urne gerufen worden, und niemals ist ihre Mitwirkung zu einer größeren Sache gefordert worden. Es muß für jeden Wähler eine Ehre und eine heilige vater- ländische Pflicht sein, Antwort auf die gestellte Frage zu geben. Hierbei müssen alle Norweger zur Stelle sein. Nur durch allgemeine Teilnahme kann die Abstimmung ihr ganzes Gewicht als Ausdruck des Willens des norwegischen Volkes erhalten und damit auch zu einer Schutzwehr der Selbständigkeit und zu einer Garantie für den Frieden werden. Je mehr Wähler stimmen, um so stärker wird die Sache Nor- wegens dastehen. Erscheint darum alle. Laßt den 13. August zu einem Musterungstag der Vaterlands- liebe werden. Laßt uns alle an die Urne treten mit unserem Stimmzettel und unsere Stimme abgeben für die Sache Norwegens , die auck die Sache des Rechtes und des Friedens ist." Hierauf folgen einige Anweisungen an die Vertrauensmänner der verschiedenen politischen Vereine, die Vorbereitungen zur Ab- stimmung betreffend. Der Aufruf ist unterzeichnet von Karl B e r n e r, dem Vorsitzenden der Linkcnvereinigung, H a r b i tz, von der konservativen Partei, Hoonsrud, von der sozial- demokratischen Arbeiterpartei, I. Castberg, dem Vorsitzenden der vereinigtenArbeidersamfund" und V o l l a n, von der moderaten Partei. Wenn es noch eines Beweises bedurfte, daß das norwegische Volk in der Unionsftage vollständig einig ist, so wäre er hiermit von neuem erbracht. Das Storthing hat am Dienstag seine Verhandlungen vorläufig ausgesetzt. Es wird voraussichtlich am 21. August wieder zusammentreten. Der Präsident erklärte, man müsse jedoch darauf vorbereitet sein, daß Ereignisse eintreten könnten, die eine frühere Wiederaufnahme der Verhandlungen notwendig machten. Frankreich . Ein französischer Arenberg. Paris , i. August,(©ig. Ber.) Die kapitalistische Kolonial- Politik bringt überall die gleichen Schändlichkeiten hervor. Den Hemmungen der öffentlichen Meinung enthoben, bricht überall die europäische Bestie mit atavistischer Wildheit los.Tropenkoller" in Kamerun , wie in Leopolds afrikanischem Reich, im niederländischen Indien , wie im französischen China I Im vorigen Jahre hat man aus dem französischen Kongo die Geschichte des jungen Verwaltungs- beamten erfahren, der zur Feier des Nationalfestes einen Negey fangen ließ und mittels einer in den After gesteckten Dynamit- Patrone in einen Feuerwerkskörper verwandelte. Jetzt werden Dinge aus Jndochina bekannt, die an Scheußlichkeit den afrikanischen nichts nachgeben. Kürzlich ist in einem indochinesischen Untersuchungs- gefängnis ein junoer Verwaltungsbeamter, namens L i e g e r t. wie angegeben wird, infolge eines Selbsttnordes, immerhin aber unter recht seltsamen Umständen gestorben. Liegert war auf Grund von Anschuldigungen schwerster Art in Haft gesetzt worden. Die Zeitungen der Kolonie veröffentlichen schauererstegende Berichte über die Justizpflege, die Liegert übte. Man könnte glauben, er habe neue Kapitel zu Oktave Mirbeaus' BuchDer Garten der Qualen", ersinnen wollen, worin der Verfasser seine Phantasie nach allen ausdenkbaren Torturen suchen läßt. Der Praktikern Liegert ist da in der Tat auf Dinge gekommen, zu denen die Einbildungs- kraft des Dichters nicht mehr gereicht hat. Eine seiner beliebtesten Methoden, Verdächtige oder widerspenstige Zeugen zum Reden zu bringen, bestand darin, daß er sie fesseln und ihnen ein Bajonett dicht an den Hals setzen ließ. Jede Verweigerung einer Antwort trug dem Jnquirierten einen Stoß ein, der ihn auf dem Bajonett aufspießte l Ein anderes prozessuales Mittel war ein glühendes Bügeleisen, womit er den Angeklagten über den nackten Leib streichen ließ. Ost verwendete Liegert ein Instrument, das er im intimen Kreise denAusweitcr" nannte. Es war eine Brennschere, die auf Kohlen zum Glühen gebracht und dann den unglücklichen Opfern in die Eingeweide eingeführt wurde. Liegert wendete diese Tortur mit Vorliebe bei jungen, gutgewachsenen Männern an und während der Marterung erging er sich in unflätigen Reden, die sein Treiben als die Befriedigung einer perversen Sexualität offenbarten. Herr B e a u, der Gouverneur von Jndochina, der vor einigen Tagen in Frankreich angekommen ist, hat sich beeilt, einem Interviewer zu erzählen, es handele sich um den bedauerlichen Einzelfall eines geistig Gestörten. Aber was ist's mit denen, die Zeugen, Helfer und Mitwisser des Scheusals Liegert waren? Diesen ist Liegert jedenfalls sehr gelegen gestorben. Es ist ja jetzt möglich, die Schuld auf ihn allein zu schieben und die ganze Affäre mit ihm zu begraben. Darauf rechnet wohl der unmittelbare Vorgesetzte des Verbrechers, Herr E l b y, der die Taten seines Untergebenen wohl kannte, aber die Anzeigen gegen ihn, so lange als es nur ging, in den Papier- korb warf. In besonderem Maße schuldig ist auch ein Untergebener Liegerts, Malberti, der übrigens auf eigene Faust ähnliche Dinge trieb. Die beiden überfielen eine Anzahl Dörfer unter dem Vorwand, daß dort Seeräuber versteckt seien und ließen die ganze Einwohnerschaft füsilieren. Liegert überschritt auf diesen Kriegs- zügen auch die chinesische Grenze und schleppte, nachdem er einen großen Teil der Bewohner ohne Ansehen des Alters und Geschlechts/ hatte niedermetzeln lassen, noch Geißeln mit. Malberti erhielt sogar für die tapfere Verteidigung der Ortschaft Tai-Ping gegen auf- ständische Eingeborene eine Auszeichnung. Aber der ganze Aufstand wendete sich lediglich gegen ihn und war darauf gerichtet, ihn lebendig zu fangen und die Martern durchmachen zu lassen, denen er die Landesbcwohner ausgesetzt hatte. Der sozialistische Abge­ordnete R o u a n e t wird diese Vorkommnisse im Herbst in der Kammer zur Sprache bringen und das ganze Kolonialsystem, dessen Früchte sie sind, der Kritik unterziehen. Die russische Resolution. Die Bewegung in den Ostseeprovinzen. Mitau . 30. Juli. (Eig. Ber.) Längs des Ufers der kurischen Aa streiken zirka 30 Ziegeleien, auf welchen 10 000 Arbeiter beschäftigt sind. Sie fordern doppelten Lohn. Festlich ge- kleidete Arbeiter spazieren gruppenweise am Ufer und unterhalten sich lebhaft. Die Inhaber der Ziegeleien fliehen nach der Stadt. Der Streik wird vom föderativen Ortskomitee desBunde s" und der lettischen Sozialdemokratie geleitet. In der Stadt streiken die Arbeiter der Eisenfabrik Kramer und die der Hutfabrik Graebner. Die Differenzen tragen einen so heftigen Charakter, daß die Fabrikanten selbst die schwersten Arbeiten verrichten müssen und beispielsweise selbst ihre Pferde füttern. Kein Mensch wagt es, die Schwelle der Fabriken zu be- treten. Sogar die Reisenden und Commis Voyageurs halten sich in sicherer Entfernung von denrebellierenden" Fabriken. Vor einigen Tagen hat hier ein Pristaw(Revieraufseher) auf offener Straße einen Arbeiter getötet. Das Föderative Komitee hat eine Beerdigungsdemonstration veranstaltet, die glücklicherweise ohne Opfer verlausen ist. Es wurden Reden gehalten, Fahneiz getragen, es waren viele Kränze und Bänder. Mit elementarer Gewalt ist ausgebrochen und verbreitet sich die A g r a r b e w e g u n g bei uns. Haufenweise ziehen die Ar- bester aus einem Dorfe ins andere, überall wird die Arbeit nieder- gelegt. Diese Bewegung ist von ungeheurer Wichtigkeit, da gerade jetzt die E r n t e z e i t bei uns ist. Wilna , 30. Juli.'(©ig. Ber.)' Hier ist ein allgemeiner StreA auf den städtischen Gerbereien ausgebrochen. Es sind dabei zirka 800 Arbeiter beschäftigt. Die Forderungen sind: 8stündige Arbeits- zeit(bis jetzt 10 Stunden) und 25 Prog. Lohnerhöhung. Seit dem 28. arbeiten auf den Fabriken auf Anordnung des Gouverneurs Arrestanten unter dem Schutze von Militär- Patrouillen. Kasprzak dem Tode verfallen? Der Warschauer Korrespondent derNowa Neforma" in Lem« berg berichtet dem genannten Blatte: In unmittelbarer Zeit steht hier eine neue Ärekution am Galgen bevor. Dieselbe betrifft Kasprzak, der auf Antrag seines Verteidigers auf seinen Geistes- zustand untersucht wurde. Bei der erstmaligen Beobachtung haben die russischen Aerzte Dr. Sabasznikor, Direktor der Irrenanstalt in Tworki, und Professor Szczerbak erklärt, daß K.'s Geisteszustand ein pathologischer ist und deshalb die strafrechtliche Verantwortung auf- hebt. Die zweite Beobachtung, welche von polnischen Aerzten vor- genommen worden war, und zlvar von Dr. Taczanowski, Direktor des Warschauer Spitals, und Dr. Fabian, ftiiheren Polizeiarzt, ist für Kasprzak ungünstig ausgefallen. Es wurde zwar zugegeben, daß K. Neurastheniker ist, Gleichzeittg aber hinzugefügt, daß er simuliere. Diese Gutachten der beobachtenden Aerzte bedeuten sein Todesurteil, mit welchem das Militärgericht jetzt wohl nicht mehr zurückhalten wird. Genosse Kasprzak, der deutscher Reichsangehöriger und den Posener klassenbewußten Arbeitern ein bekannter und braver Genosse und treuer Kamerad ist 1901 bei der Nachwahl kandidierte er in Posen für unsere Partei zum Reichstage, wird also in aller- nächster Zeit doch den zarischen Henkern zum Opfer fallen. Bekannt- lich wurde K. seinerzeit in einer Geheimdruckerei in Warschau von den russischen Schergen überrascht und nach verzweifelter Gegenwehr, in welcher er drei seiner Häscher tötete und einen schwer verwundete, überwältigt und ins Gefängnis geworfen. Gleichzeitig mit ihm wurde auch sein junges Weib ergriffen, über dessen Schicksal nichts weiter bekannt geworden ist. Genosse K. läßt wie tausend andere sein Leben für die Befteiung des russischen Proletariats, sein Opfer wird nicht vergebens gebracht sein. »#. # Ei» Manifest der niederländischen Sozialdemokratie. Der Vorstand der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Hollands hat am Sonntag ein Manifest über die russische Revolution ver- öffentlicht, das eine ausführliche Schilderung der Entwickelung und der gegenwärtigen Lage des Freiheitskampfes in Rußland enthält und sieb dann an die Arbeiter, an die Jntellekttlellen und Künstler, sowie an die Männer und Frauen des Bürgertums, soweit sie sich noch Ideale aus der Zeit des Kampfes ihrer Klasse gegen den Absolutismus im eigenen Lande bewahrt haben, mit der Aufforderung zur Unterstützung der russischen Revolutionäre wendet. Das Manifest schließt mit folgenden Worten: Parteigenossen! Aus allen Orten der Welt strömt Geld nach Rußland ; unsere deutsche Bruderpartei sendet Zehntausende über Zehntausende dorthin. Wir wollen nicht zurückbleiben in der Pflicht, die das Gebot der Solidarität uns mit mehr Nachdruck als je zuvor auf- erlegt. Aber unsere Parteikassen sind leer, erschöpft durch den Kampf gegen unsere eigenen Unterdrücker. Eure Sache ist es, sie wieder zu füllen. Handelt, sammelt Gelder, errichtet Komitees, sammelt aus Listen, durch Kollekten, besucht alle, von denen Ihr ertvarten könnt, daß sie etwas für die Sache der Freiheit opfern. Tut so. als ob ein großer Kampf, ein großer Ausstand, eine große Volksbewegung in unserem eigenen Lande im Gange ist. Denn in Rußland wird eine entscheidende Schlacht in dem Riesenkampf für die Befreiung der Menschheit gekämpft und das Proletariat ist eins und unteilbar, und die Sache der russischen Revolution ist die Sache des ganzen internationalen Proletariats." «»« Meuterei. Cherfon, 2. August. Das Kriegsgericht verurteilte fünf Sol- baten eines Disziplinarbattaillons zum Tode durch Erschießen und vier zu Zwangsarbeiten. Sie waren angeklagt, den Kommandeur, einen Hauptmann und einen Feldwebel ihres Bataillons vor der Front durch Bajonettstiche verwundet zu haben. Die durch harte Behandlung erbitterten Soldaten hatten gelost, wer von ihnen die verhaßten Borgesetzten beseitigen solle. »» » Ueber JudenmassakreS, die in den ersten Tagen des Juli in Tscherkassy (Gouvernement Kiew) stattgefunden haben, berichtet dieRuss . Korresp.": Zur Be- förderung auf den Kriegsschauplatz sollten das 173. und 177. In- santerie-Regiment formiert werden. Die Zusammenstellung der Re- scrvisten gab demSchwarzen Hundert ", das sich vor einigen Monaten bei uns organisierte, willkommene Gelegenheit, um, unterstützt durch den Pöbel, eine Judenhetze ins Werk zu setzen. Man begann den ärmsten Teil unserer Stadt, den alten Markt, die Ufer und die anliegenden Straßen zu zerstören. Die Polizei ergriff zwar ihre Maßnahmen, jedoch in der bekannten Art. Sie ließ die zur Ver« teidigung herbeieilenden Leute nicht zu dem Schauplatz der Zer- störungen gelangen, der Pöbel und betrunkene Reservisten konnten ungehindert ihr Werk fortsetzen.\ Dem Gehülfcn des Jsprawnik(Kreischefs) KoltschcwSki hat die Judenschaft Tscherkassys diese neuen Ausschreitungen zu verdanken. Eine elende Rolle spielte auch der Pristaw des II. Bezirks. Dieser Wächter der Ordnung befand sich im Mittelpunkte der Greueltaten und äußerte schadenfroh zu den mißhandelten Juden: Das ist für die Schwefelsänre, für die Demokratie usw. Vor kurzem wurde nämlich im Stadtgarten der Pristaw-Gehülfe mit Schwefelsäure begossen und der Attentäter nicht entdeckt. Infolge der polizeilichen Fenihaltuug der.Selbstverteidiger" konnte der Pöbel in den ersten 3 bis 4 Stunden ungehindert sich austoben. Erst nach dieser Zeit und nachdem sich die Selbstverteidigcr durch Uebcrspringen von Gartcnzäunen und Durchschreiten von Seitengäßchen Bahn zu dem Ort der Zerstörung gebrochen hatten und einige Schüsse abfeuerten, wurde dem Krawall ein Ende gemacht. Am 23. 5 Uhr morgens langte eine Schwadron Dragoner an, trotzdem verging ein voller Taft darüber, bis die Ruhe wiederhergestellt war. Frauen und Kinder schloffen sich eifrig den Zuhörern an, ebenso ivarcn die Polizei- Patrouillen tätige Mithelfer. Der Pöbel mißhandelte seine Opfer unter den Augen der Polizei und unterwarf sie einer Leibes- Visitation. Wenn er hierbei Waffen verfand, übergab er diese und die Besitzer der Waffen triumphierend der Polizeipatrouille, die unter Puffen und Schlagen die Verhafteten zur Wache trans- portierte. Hier erging es den Unglücklichen nicht besser. Allen verhafteten Juden ist das Geld aus den Taschen verschwunden. Es sind im ganzen ungefähr 269 Häuser und ra. 159 Lüden und Verkaufsstände zerstört worden: 399 Familien sind dadurch inH Elend gestürzt worden. Man schätzt den Schaden auf 30 40 000 Rubel. Da nur die Armen betroffen sind, ist die Not furchtbar und der Jammer der Aermsten nicht zu beschreiben. So arbeiten die bewußten und unbewußten Hülfstruppen de» Reaktion._ Der Krieg in Ostasien . Der geschwätzige Herr Witte. New Jork , 3. August. Während ver Ucberfahrt sagte Witte einem Berichterstatter desNcuterschen Bureaus", fast überall in Europa und Amerika wären Rußland , seine Armee, seine Hülfs- quellen und seine Fähigkeit Widerstand zu leisten, unbekannt und auch das Volk selbst befände sich über den Ausgang des Krieges im Irrtum; die russischen Niederlagen hätten nicht die Bedeutung, daß Nußland die Rächt verloren hätte, die das Roskowitische Reich vor