Nr. 216.
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Vorwärts
9. Jahrg.
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Sozialstatistik
mit Drohungen.
Donnerstag, den 15. September 1892.
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Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
amtlichen Blättern gepriesen Politische Lebersicht.
Berlin , den 14. September. Holzmann. Der Fall Holzmann hat berechtigtes Aufsehen
großgewerblichen Werk wird ja genan Buch über jeden berechtigte Eigenthümlichkeit der preußisch- deutschen SozialArbeiter geführt, und es ist für den Unternehmer eine reform". Wie die Statistit, so die Reform; wie der Herr, Kleinigkeit, mitzutheilen, wie viel Leute( erwachsene, jugend- so das Geschirr! liche, findliche, männliche, weibliche) er beispielsweise am Eine Perfiflage auf die Organisation der sozialen 1. Oftober und am 1. April beschäftigt. Aber den Herren Statistik im Deutschen Reiche, wie sie schöner nicht gedacht Großunternehmern in den Berufsgenossenschaften, deren werden kann, hat die liebe Norddeutsche Allgemeine Bei Aufopferung für die soziale Selbstverwaltung" immer tung" fürzlich mit einer offenbar offiziösen Notiz geliefert. fo laut auch Don Da hieß es: Das Reichs- Versicherungsamt hat wiederholt wird, find viel zu selbstsüchtig und mißtrauisch, den Versuch gemacht, bessere Grundlagen für die Ver- als daß sie einen Finger mehr rührten, als unbedingt nothwerthung des ziffernmäßigen Materials zu gewinnen, indem wendig ist. Wer weiß auch, welche sozialpolitischen Schlüsse an die Genossenschafts- Vorstände die Aufforderung aus der richtigen Statistik gezogen werden können! Und erregt, so großes Aufsehen, daß ein Theil der bürgerlichen Presse richtete, neben den durchschnittlich versicherten" Personen ein richtiger Unternehmer muß immer vor Anschlägen auf den Vorfall für unglaublich" hält. Wir haben zu erklären, daß auch die Zahl ihrer Bollarbeiter anzugeben; leider aber ist, der Hut sein, die sich etwa gegen das Unternehmerthum unsere Darstellung von Anfang bis zu Ende den Thatbestand der Berufsgenossenschaft" zufolge, die Durchführung dieses richten könnten. Er darf doch dazu nicht selbst die Gedankens an dem Widerstande einer Reihe von Genoffen- Waffen liefern! Das Reichs- Versicherungsamt aber attenmäßig darlegt. Die allgemeine Verwunderung über diese schaften gescheitert, die jede über den Rahmen des gesetzlich mit aller seiner Herrlichkeit steht diesem Klassen- Affäre aber wird noch wachsen, wenn man erfährt, daß HolzNothwendigen hinausgehende Arbeit als eine überflüssige trob der großen Herren machtlos gegenüber; es mann sich noch immer in haft befindet. Belästigung betrachten. Auf diese Weise liegt das reiche macht in der offiziösen Notiz den Eindruck des Holzmann ist heute noch inhaftirt, trotzdem der ReichsMaterial, das den Berufsgenossenschaften ohne erhebliche Greises, der sich nicht zu helfen weiß. Es droht tanzler, Graf von Caprivi, bereits am 11. September Mühe zu Gebote stände und als unschätzbares Rüstzeug für fürchterlich- womit, das werden wir gleich noch sehen; die Förderung der gemeinsamen berufsgenossenschaftlichen und die ganze, vielgerühmte Bracht der sozialen Gelbst Abends, auf eine an ihn am Nachmittag desselben Tages erAufgaben dienen könnte, als eine todte Waffe in den Atten verwaltung" in den industriellen Berufsgenossenschaften, gangene Vorstellung in einer amtlichen Zuschrift ausdrücklich vergraben. Leider droht durch diesen passiven Widerstand von denen man sich einst Simmel und Hölle für die christ festgestellt hat, daß eine Auslieferung feitens Rußeines Theiles der Selbstverwaltungsorgane das Prinzip der liche Sozialreform versprochen, fie versagt, wo es sich um lands nicht beantragt worden ist, daß Holzmann auf Gelbstverwaltung selbst gefährdet zu werden, denn es kann weiter nichts dreht, als um Lieferung einiger Betriebs- Grund der allgemeinen Landespolizeigefeße vom Magde feinem Zweifel unterliegen, daß sowohl die Regierung, wie angaben mehr! burger Regierungspräsidenten aus Preußen aus. die übrigen gesetzgebenden Faktoren ein dringendes Intereffe Nun droht aber das Reichs- Versicherungsamt oder gewiesen ist, und daß die kaiserlich russische Regierung sich daran haben, daß die Wirkungen der sozialpolitischen Geseze vielmehr die höchste Spitze der verantwortlichen Reichs- bereit erklärt hat, ihn als russischen Unterthan nach Rußland zu und ihrer Organisationen in flar erkennbarer Form zum regierung, die ganze Reichszentvalgewalt, Reichskanzler übernehmen. Ausdruck gebracht werden, weil es nur so möglich ist, und Bundesrath, mit einer furchtbaren Gefahr". etwaige Fehler festzustellen und zu verbessern. Sollten deshalb Sollen etwa Militär oder Gerichtsvollzieher auf
Unzweifelhaft trägt die vom Reichstanzler abgegebene Er
die Berufsgenossenschaften nicht aus eigener Entschließung geboten werben, um mit„ Gefahr" für Leben und rebli flärung, die auf amtlichen Recherchen beruht, einen offiziellen das Erforderliche in dieser Richtung veranlassen, so liegt der Herren Großindustriellen eine statistische Exekution" zu Charakter.
die Gefahr nahe, daß auf Grund des§ 139b ber Gewerbe- erzwingen? Nein, man höre und staune: die Gefahr", die Weshalb also befindet sich ein auf Grund der allgemeinen Drdnung die Behörden bald mit einer Reihe von statistischen fürchterliche, besteht darin, daß die Reichsbehörden auf Grund Landespolizeigesetze aus Preußen ausgewiesener Ausländer auch Anforderungen an die Industrie herantreten werden, die eines neuen Baragraphen in der revidirten Reichs- Gewerbe- heute noch hinter Schloß und Riegel? weit über das Właß der vom Reichs- Versicherungsamte ge- Ordnung durch die Fabrikinspektoren oder Polizeibehörden Weshalb wird Holzmann nicht so behandelt, wie bies sonst äußerten Wünsche hinausgehen." statistische Mittheilungen über die Verhältnisse ihrer Arbeiter" der Brauch ist bei Ausgewiesenen?
Um was dreht es sich bei dieser Mordsgeschichte? Die von den Arbeitgebern" verlangen tönnen, und wahrschein
Herren Großunternehmer in den berüchtigten Berufs- lich um den schreckhaften Eindruck dieser Eventualität aufs Weshalb wird Holzmann nicht furzerhand aus Preußen vergenossenschaften für Unfallversicherung sollen nicht etwa Höchste zu steigern, wird von der„ Norddeutschen Allgemeinen wiesen, indem man ihm die Wahl der Grenze überläßt? irgend etwas an den Staat oder ihre Arbeiter leisten, was Beitung" hinzugefügt, daß diese statistischen Anforderungen Sonft ist es gang und gäbe, daß sogar den Ausländern, ihnen Opfer aus dem festen Geldschrank Sie sollen Geldschrank kostete. weit über das Maß der vom Reichsversicherungsamte die in Preußen wegen gemeiner Bergehen und Vernur ein paar lumpige Zahlenangaben geäußerten Wünsche hinausgehen" würden. Entsetzlich! brechen des Landes verwiesen werden, nicht nur gemehr als fonft liefern, liefern, nicht. blos die Angabe Als ob mehr statistisch erfragt werden könnte, als vorhanden stattet wird, die Grenze zu überschreiten da, wo der durchschnittlich" von ihnen beschäftigten Arift, und als ob die Arbeiter mit ihren statistischen Auf- es ihnen beliebt, sondern auch zur Ordnung ihrer Angelegenbeiter, sondern auch dre thatsächlichen Arbeiterzahl, die zu nahmen nicht schon hundert Mal in die kapitalistischen heiten Tage und Wochen lang noch sich in Preußen aufzuhalten, einem bestimmten Zeitpunkte bei ihnen thätig ist. Die letz- Heiligthümer eingedrungen wären, deren zahlenmäßige Auf worauf sie unbeanstandet ihren Wohnsitz in einem andern deutschen tere Feststellung wäre in der That weit mehr werth, als nahme jetzt von einem Offiziosus als drohende„ Gefahr" Bundesstaat nehmen. erftere, zumal wenn man fie zwei Mal für die Industrie, als Bopanz für widerspenstige Ehrenim Jahre vornähme, einmal in der Hochsaison, ämtler in den famosen Berufsgenossenschaften hingestellt das zweite Mal in Zeiten stillen Geschäftsganges. werden muß. Diese Verwendung hätte sich der Diese Verwendung hätte sich der neue Der Unterschied zwischen dem Ergebniß dieser beiden§ 139 b der Gewerbeordnung bei seiner Einreihung in das Ermittelungen würde u. A. auch ganz werthvolle Anhalts- Gesetz wohl nicht träumen laffen. punkte für die Statistik der Arbeitslosen liefern. In jedem
bie
Feuilleton.
Nadbrud verboten.]
Die Waffen nieder!
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Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner . Als wir ins Hotel und in unser Schlafzimmer zurückgekehrt waren, warf ich mich Friedrich um den Hals. Mein Einziger! Friedrich! Friedrich!!" Er drückte mich sanft an sich: Was hast Du, Martha? Du weinst... heute in der Neujahrsnacht? Warum denn das junge 1864 mit Thränen einweihen, mein Liebling? Bist Du denn nicht glücklich? Habe ich Dich irgendwie gekränft?"
Eine Sozialstatistit mit Drohungen ist und bleibt eine
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Schon die Möglichkeit ist mir schmerzlich. Wäre es Gewißheit, Friedrich, ich würde nicht sanft und still an Deiner Schulter weinen ich müßte laut aufschreien und aufjammern... Aber die Möglichkeit, die Wahrscheinlich keit, daß in dem anbrechenden Jahre Du mir mittelst Armeebefehl aus den Armen gerissen würdest die genügt schon, mich in Bangen und Trauer zu versetzen."
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Warum wird hier eine Ausnahme gemacht! Hier wo es fich nicht um einen Verbrecher handelt, sondern um einen jungen Mann, der, wir wissen nicht aus welchen Gründen, den Magde burger Behörden lästig" erscheint.
Der Reichskanzler erledigte zwar in wenigen Stunden die an mit mir verdammst und beklagft, was mich und unzählige Andere so unglücklich machen soll."
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" Ja, mein Herz, wenn es hereinbricht, das Verhängniß, dann will ich Dir Recht geben; dann will ich Dir den Schauder und den Haß nicht verhehlen, den mir der anbefohlene Völkermord einflößt.. Aber heute laß uns noch des Lebens froh sein... Wir haben einander ja nichts Bedenke, Martha, Du gehst ja auch selber einer Gefahr trennt uns. nicht die geringste Schranke zwischen unentgegen wie mir dies Dein Weihnachtsgeschenk so lieb feren Seelen! Laß uns dieses Glück genießen so lange verkündet hat- und doch denken wir Beide nicht an die grause es unser ist- mit Inbrunft genießen Denten wir Möglichkeit, welche jeder Frau im Wochenbette beinahe nicht an die angedrohte Zerstörung desselben Ewig ebenso häufig droht, wie jedem Manne auf dem Schlacht kann ja teine Freude dauern. In hundert Jahren ist's doch felde. Freuen wir uns des Lebens und denten einerlei, ob wir lang oder ob wir kurz gelebt. Auf die wir nicht an den über unser aller Häupter schwebenden Zahl der schönen Tage kommt es schließlich nicht an, Tod.". sondern auf den Grad ihrer Schönheit. Die Zukunft bringe
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Du sprichst ja wie Tante Marie, Liebster als ob was sie wolle, mein vielgeliebtes Weib unsere Gegenunser Loos nur von der„ Bestimmung" abhinge und nicht wart ist so schön, so schön, daß ich jetzt nichts fühlen mag, von den Unvorsichtigkeiten, Grausamkeiten, Wildheiten und als seliges Entzücken." " Du? nein, nein,- nur zu glücklich machst Du Dummheiten unserer eigenen Mitmenschen. Wo liegt die Während er so sprach, schlang er seinen Arm um mich mich, viel zu glücklich - und deshalb ist mir bang." unabwendbare Nothwendigkeit dieses Krieges mit Dänemark ?" und küßte mein an seiner Brust ruhendes Haupt. Da schwand Abergläubisch, meine Martha? Stellst Du Dir auch Noch ist derselbe nicht ausgebrochen, noch-" auch mir die drohende Zukunft aus dem Bewußtsein und neidische Götter vor, welche zu schönes Menschenglück zer-" Ich weiß, ich weiß: noch fönnen Zufälligkeiten auch ich versenkte mich in den füßen Frieden des Augenftören?" das ebel verhüten. Aber nicht der Zufall, nicht politische blickes. Nicht die Götter die unsinnigen Menschen selber Ränke und Launen sollten über eine solche Schichjalsfrage beschwören das Unglück auf sich herab." entscheiden, sondern der feste, aufrichtige Wille des Am 10. Januar kehrten wir nach Olmütz zurück. " Du spielst auf den möglichen Krieg an? Es ist ja Menschen. Doch was nützt mein es sollte nicht" Niemand zweifelte mehr an dem Ausbruch des Krieges. noch nichts entschieden, wozu denn der vorzeitige Kummer? und„ es sollte" ich kann die Ordnung der In Wien hatte ich noch vereinzelte Stimmen vernommen, er weiß, ob es zum Kampfe tommt, wer weiß, ob Dinge" nicht ändern, nut darüber klagen. Aber welche meinten, daß die dänisch - holsteinische Frage vielleicht ich mitgehen muß? Komm her, mein Liebling, darin hilf mir, Friedrich versuche nicht mit den doch noch auf diplomatischem Wege beigelegt werden ſehen wir uns" er 30g mich neben sich auf das Sopha landläufigen leeren Ausflüchten mich zu trösten! Du glaubst könne; aber in den militärischen Kreisen unserer FestungsDu selbst erbebst vor edlem Wider- besatzung galt die Friedensmöglichkeit für ausgeschloffen. lichkeit." verschwende Deine Thränen nicht an eine bloße Mög- felber nicht daranwillen... Nur darin finde ich Genugthuung, wenn Du Unter den Offizieren und ihren Frauen herrschte eine auf
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