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Nr. 64. 23. Jahrgang.

2. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt. Sonnabend, 17. März 1906.

Der gesetzliche Arbeitsvertrag

in Holland .

Bericht vom 3. März 1906. Eingefahren zum Stock­werk 326 Meter... Zwischen den Gegengewichten und den Leitern sind einige Bretter lose. Mehrere Stellen im Förderschacht fchadhaft. Passierte den Weg Bazin( eine Kohlenader), wo die Am 7. März trat die Zweite Kammer zu einer Sigung Bimmerung vielfach zerbrochen ist und Luftmangel herrscht. zufammen, auf deren Tagesordnung die Beratung einer Gefeßes- Beim Passieren des Luftschachtes... zwei Einsturzstellen angetroffen. vorlage stand, um die sich die niederländische organisierte Ar- Der Weg Michelet und der Schichtweg schadhaft..., im Luftschacht, beiterschaft nun drei Jahre lang mit allen bürgerlichen Parteien der zu den Arbeiten der Front führt, ein Holzpfeiler niedergebrochen. herumgeschlagen hat. Es handelt sich um die gesetzliche Regelung Es wäre dringend notwendig, cin Luftloch von drei Metern zu des Arbeitsvertrages. machen, um Capon und Fraquet( zwei Adern) Luft zuzuführen. Ueber­

In Holland beschränkt sich die Regelung des Arbeitsvertrages bis jezt auf drei Artikel im Bürgerlichen Gesetzbuche, von denen der erste besagt, daß man sich zu Dienstleistungen nur zeitlich ver­pflichten kann. Im zweiten steht, daß dem Meister zu glauben ist, wenn Streit über den Lohn oder die Vertragsdauer entsteht Der dritte endlich bestimmt, was bei Vertragsbruch zu geschehen hat

Das ist alles!

Im Jahre 1898 beauftragte die damalige Regierung den frei­sinnig- demokratischen Profeffor Druder, eine gefegliche Regelung des Arbeitsvertrages auszuarbeiten. Der Justizminiſter Cort Ban der Linden brachte dann diesen Entwurf, etwas abgeändert, 1901 in der Kammer ein. Beim Antritt des Klerikalen Ministeriums Kuyper aber ward die Vorlage wieder zurüdgenommen, furz nach den großen Konflikten, die zum Generalstreik führten, in reaktionärem Sinne umgearbeitet und so von neuem eingebracht.

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dies habe ich niemals etwas so Schadhaftes gesehen, wie den Schicht­weg und den Weg Fraquet. Die Rhermesse" zu Tage gestiegen. Der Weg Lenet ist mehr als 40 Meter weit ohne Luft und man er stickt darin."

So schrieb der Arbeiterdelegierte am 3. März. Am 10., eine oche später ereignete sich das Unglüď. Ungeachtet des im Innern der Grube schwelenden Brandes hat die Ausbeuter­gesellschaft ihre Arbeiter in die beschädigten, einstürzenden, von giftigen Gafen gefüllten Stollen hinabgeschickt! 16. März schreibt, neue Belege für die verbrecherische Fahrlässigkeit Das Journal" bringt heute, wie unser Korrespondent vom der Grubengesellschaft. Das Bergwert von Courrières enthielt wohl feine schlagenden Wetter, aber mehr Staub als irgend eines im Revier. An eine Reinigung hat man nicht gedacht. Nachdem der Brand ausgebrochen war, hätte man die Arbeit aus­segen müssen, aber die Gesellschaft hatte profitable Ver=

amtliche Untersuchung

Da erhob sich in der gesamten Arbeiterschaft, auch in den christ- träge! lichen Vereinen, eine sehr scharfe Kritik. Die Gegenagitation Die fezte gut ein; verschiedene große Manifestationen fanden statt, und zulegt gab die Regierung Klein bei. Die Kündigungs- über die Ursachen der Katastrophe ist eingeleitet. Es wird gemeldet: frist ist in der revidierten Vorlage für alle Arbeiter auf die Zeit verlegt, welche zwischen zwei Zahltagen liegt, für die übergroße Masse der Arbeiter also bedeutet das einen Kündigungstermin von einer Woche. Die Summe, welche der Unter­nehmer zur Sicherstellung einbehalten kann, ist in der übergroßen Maffe der Fälle auf einen Wochenlohn beschränkt. Trotzdem hat, auch nachdem die größte Gefahr abgewandt und diese Verbesse­rungen im Entwurf angebracht waren, die Opposition in den Arbeiterkreisen angehalten. Eine Versammlung, die am 18. Februar dieses Jahres in Amsterdam abgehalten wurde und von mehr als 300 Arbeiterorganisationen beschickt war, nahm eine Resolution an, tvelche das Gesetz prinzipiell ablehnt. Die Einwände gegen die Vorlage find dreierlei Art:

Paris , 16. März. In dem heute in Elysée stattgehabten Ministerrate machte Ministerpräsident Sarrien Mitteilungen über den Stand der gerichtlichen Untersuchung, die eingeleitet worden ist, um festzustellen, wen die Verantwortung für die Katastrophe von Courrières trifft. Der Minister des Junern Clemenceau teilte mit, daß die Direktoren der Bergwerksgesellschaften dem Vor­schlage, morgen nachmittag im Ministerium der öffentlichen Arbeiten zu einer Beratung mit Delegierten der Bergarbeiter zu­fammenzutreten, zugestimmt haben, daß aber von den Berg­arbeitern eine Antwort auf diesen Vorschlag noch nicht eingegangen fei, diese aber sicher bejahend lauten werde. Das Unglück vor dem

preußischen Abgeordnetenhause.

2724 Arbeitern 2469 die Arbeit niedergelegt. Auch die Arbeiter der benachbarten Gruben sind von den Ausständigen zur Ein­stellung der Arbeit aufgefordert worden. In den Gruben von Courrières wird überhaupt nicht gearbeitet; die Arbeiter der von dem Unglück betroffenen Schächte habe beschloffen, die Minen­gesellschaft zur Zahlung der Löhne auch für die Tage der Arbeits­einstellung zu veranlassen. Die Ruhe ist nicht gestört.

Lens, 16. März. Die Zahl der ausständigen Bergarbeiter beträgt 10 000. Die Führer des Bergarbeiter- Syndikats werden morgen eine Besprechung mit den Vertretern der Bergwerks­gesellschaften haben, um die Forderungen der Arbeiter zu erörtern.

Lille , 16. März. Der Abg. Basly hat nach seiner Rückkehr aus Baris sofort den Vorsiz des Grubenarbeiterfongresses über­nommen, der alsbald mit seinen Arbeiten begann. Der Kongreß hat bereits einen Aufruf an die Arbeiter gerichtet, worin sie auf­gefordert werden, ihm gegen das Versprechen, ihre Interessen zu wahren, das Vertrauen zu schenken. Der Aufruf wendet sich an die Syndikatsverbände und weist eine Liste von Forderungen auf, welche die Arbeiter beanspruchen, u. a. einen Minimallohn von 4,80 Fr. pro Schicht.

Lille , 16. März. Der Minister des Innern hat dem Ab­geordneten Basly zugesagt, feine Truppen in das Streifgebiet zu fenden, solange der Ausstand in friedlichen Bahnen verlaufen würde. Weiter hat der Minister versprochen, persönlich in das Grubenrebier zu kommen, um die Arbeiter zu beruhigen, falls dies von Nutzen sein würde. Die Grubendirektoren scheinen entschlossen zu fein, Lohnaufbesserungen zu bewilligen. Die einzige Schwierigkeit scheint in der Forderung der Arbeiter zu liegen, daß die Witwen und Waisen der Umgekommenen die ihnen ein­geräumten Wohnungen beibehalten dürfen, da in diesem Falle für die neuankommenden Bergleute mit Familien feine Wohnungen zur Verfügung stehen.

Hus der Frauenbewegung.

Kinder- Kultur.

Unzweifelhaft ist die Erziehungsfrage cines der wichtigsten Probleme. Wohl find bedeutsame Fortschritte in der Entwidelung der Menschheit im Verhältnis zu der Kulturstufe, auf der die Völker früherer Jahrhunderte standen, vor sich gegangen. Und doch hat die Menschheit noch keineswegs den Gipfel der Kultur erflommen.

Soll die Menschheit an Schönheit und Straft, an Kultur wachsen, so müssen die Individuen von einer Generation zur anderen besser und vollkommener werden. Wie der Gärtner jede Pflanzen­vollen Schönheit entfalten kann und Blüten und Früchte bringt, so gattung ihrer Eigenart entsprechend behandelt, damit sie sich zur benn in jedem Kinde schlummern verschiedene Neigungen und geistige sollen auch die jungen Menschenkinder individuell behandelt werden, Fähigkeiten, so daß jede allgemeine Erziehung nach Schema F. voll ständig ihr Ziel verfehlt. Eine ganze Summe Gewohnheiten und

Bei der gestrigen Beratung des Etats der preußischen Berg, Erstens gegen die Einfügung des Gesetzes ins Bürgerliche aus, die Behörden werden alles tun, angesichts des Unglücks von Hütten- und Salinenverwaltung sprach Abg. Bruſt die Erwartung Gesetzbuch. Der Arbeitsvertrag ist dadurch zu einem Vertrage wie Courrières die hiesige Bergarbeiterschaft zu beruhigen; ferner gab er jeder andere zwischen zwei gleichwertigen Parteien ge- der Anerkennung für die tapfere Haltung des deutschen Rettungs­stempelt. Der ökonomischen Abhängigkeit der einen und der wirt- forps Ausdruck. Abgeordneter Hilbe hielt die Gelegenheit für Gebräuche der Erziehungspraris haben sich von Generation zu schaftlichen Uebermacht der anderen Partei trägt das Gefeß keine günstig, das tief traurige Ereignis zu einem Angriff auf Generation vererbt und werden auch heute noch als maßgebend Rechnung. Das führt zu den tollsten Konsequenzen. Das Bürger- die Arbeiterkontrolleure zu benutzen. Das fehlte noch zur betrachtet. Törichte und leichtsinnige Handlungen junger Menschen liche Gesetzbuch kennt teine Strafbestimmungen, alles wird auf Charakteristit des Kapitalismus! Wie unsere obige Darstellung fommen nicht immer auf Rechnung der Jugend und unerfahren­zivilrechtlichem Wege gelöst. Nun enthält die Vorlage z. B. das belehrt, spricht das Unglück nur gegen das französische Syſtem, aber heit", sondern nicht selten ist die Art der Erziehung dafür ver­Verbot des Trudsystems. Verpflichtet der Arbeitgeber seinen Ar- Fast noch mehr als ein Anwalt der Unternehmer wie Abg. Hilbe für die von uns geforderte Einrichtung der Arbeiterkontrolleure. antwortlich. beiter dennoch, in einem bestimmten Laden seine Waren zu kaufen, fühlte fich anscheinend Minister Delbrück , indem er ausdrücklich erziehung etwa nur nach dem Gehorsam ihrer Kinder be Es ist ganz falfch, wenn die Eltern den Erfolg ihrer Kinder­dann ist er nicht strafbar, nein, aber der Arbeiter fann den Arbeits- tonstatierte, die Rettungseinrichtungen, die sich so glänzend bewährt urteilen und ein aufs Wort folgendes Sind als Jdeal aller Kinder vertrag ohne weiteres lösen und fortgehen. Das ist ja sehr schön, haben, feien nicht etwa der Initiative des Staates, sondern der der betrachten, dagegen ein minder folgfames Kind, das sich auflehnt aber wieviel Arbeiter wird es geben, die sich unabhängig genug Wertebesiger zu danken. Wollte er damit der Regierung einen und auch einmal fagt:" Ich will nicht!" als böse und störrig fühlen, das zu tun? Und so ist es mit all den anderen guten Rüffel für die Unterlassungsfünde erteilen? Er hat nur vergeffen bezeichnen. Ein an Stiavengehorsam gewöhntes Kind treibt ce Dingen, die im Gefeße stehen. Wenn der Arbeitgeber das Gefez mitzuteilen, daß die Einrichtungen, bie nur auf ein paar Zechen dann um so toller, wenn es fich frei und von seinen Eltern oder übertritt, kann der Arbeiter fortgehen, um bei einem anderen Arbeit vorhanden sind, nun obligatorisch eingeführt werden sollen. Wie ein feinem Erzieher unbeobachtet weiß. Statt blinden Gehorsam soll wenn er einen findet- dieselben Erfahrungen zu machen! Artikel der Daily Mail" erkennen läßt, ist man im Auslande der man das Kind eine gewisse Südsicht auf andere lehren und Daher wird zur richtigen Regelung ein besonderes Gesetz mit Straf irrigen Ansicht, die in Frage kommenden Einrichtungen seien in darauf achten, daß sie auch von dem Kinde geübt wird. Die Hand­Deutschland allgemein eingeführt.

geber

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bestimmungen gegen Uebertretung gefordert.

8 weitens werden alle Streitfragen, welche aus der An­wendung des Gesetzes entstehen, vor den gewöhnlichen Richter ge­bracht. Entsteht also Streit über eine Summe von weniger als 150 Gulden, dann kommt die Sache vor den Friedensrichter; ist die Summe höher, dann entscheidet die Rechtsbank, die Prozedur ist schwierig und dauert lange.-

Hindernisse der Bergungsarbeiten.

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lungen und das Vorbild der Erwachsenen sind dabei von großer Bedeutung für die Jugend und ihre Erziehung. Rüdsicht ist Geradezu standalös ist die Mangelhaftigkeit der Drganisation aber nicht gleichbedeutend mit blindem Gehorsam. Durch der Rettungsarbeit. Einzig die westfälische Hülfstruppe ist genügend a Ilzuviel Gehorsam wird die eigene Denffraft nicht entwidelt, ausgerüstet. Die Barijer Feuerwehrleute, die ihnen sondern geschwächt, und gerade die Kindheit soll und muß dazu helfen, haben un brauchbare Apparate und können nicht so benutzt werden, eigene Urteils- und Willenstraft zur Gewohnheit weit vorbringen wie die Deutschen . Dabei werden die Rettungs- au machen. Das Kind, das seine Wißbegierde und fein erwachendes arbeiten immer schwieriger. Man braucht jetzt drei Leute, um eine Interesse äußert, soll man nicht stören, sondern fördern; find doch In holländischen Arbeiterkreisen sind Gewerbegerichte oft einzige Leiche zu tragen. Die Aufopferung der Rettungsmannschaften die Fragen, warum ist dieses so und jenes so?", die von unver­gefordert worden, aber die Regierung und alle bürgerlichen Parteien der verfaulenden Zeichen, die mörderischen Gase und die entießliche als lastig schroff zurückgewiesen werden, die ersten Denkversuche ift bewunderungswürdig. Sie ertragen den furchtbaren Geruch ständigen Eltern so oft als müßig, überflüssig und töricht, ja gar lehnen sie rundweg ab. Man beruft sich auf die Verfassung, welche lehnen sie rundweg ab. Man beruft sich auf die Verfassung, welche Sige ohne ein Wort der Klage und keinen schreckt die Explosions- des Kindes. sagt, daß die Richter lebenslänglich durch die Königin ernannt werden. Von sozialistischer Seite wird eingewendet, daß diese Be­stimmung hier nicht gilt, sondern nur auf die Strafrichter zutrifft. Wenn man aber jenem Bedenken Rechnung tragen wolle, so könne man ja jene Straf- ,, Richter" anders nennen. Aber auf diesem Ge­biete ist man in Holland starr konservativ. Ist doch Holland auch das einzige westeuropäische Land, das keine Geschworenen, keine Schöffen fennt. Berufsrichter entscheiden hier alles!

Drittens rechnet die ganze Vorlage nirgends mit Streits und dergleichen Unterbrechungen des Arbeitsvertrages. Ausstand ist im Sinne dieses Gefeßes Arbeitskontraktbruch", und das bringt natürlich zahlreiche Gefahren mit sich: Verlust der Kautionssumme, Verlust von erworbenen Rechten in Fabrikkaffen usw., zu denen der Arbeiter beigetragen hat, Verlust des Rechts auf ein Zeugnis und dergleichen mehr. Die organisierten Arbeiter haben darum dringend die Forderung erhoben, eine Bestimmung im Gefeß zu sehen, daß Arbeits­einstellung, welche Aenderungen in den Dienstverhältnissen bezwedt, angesehen werden soll als Unterbrechung, aber nicht als Auflösung des Kontrakts. Für eine Amendierung des Gesetzes in diesem Sinne haben sich sogar freifinnig- demokratische Stimmen erhoben.

Es wird in den nächsten drei, vielleicht vier oder gar fünf Bochen im niederländischen Parlament hart gekämpft werden um all jene prinzipiellen Fragen. Viele Arbeitgeber haben die Kammer mit Adressen gegen alle für die Arbeiter günstig lautenden Be­stimmungen überschwemmt, und diese Herren predigen in Holland leider zumeist nicht tauben Ohren!

gefahr.

Volksstimmung

orientieren diese Meldungen:

Lens , 16. März. Die letzte Nacht verlief im Kohlenbeden des Pas de Calais sehr erregt. Die Ausständigen zogen auf den Wegen umher, um die Arbeiter anzuhalten. Heute morgen war die Stillegung der Zechen in Dourges, Drocourt, Carvin und Ostricourt vollständig durchgeführt. Die Bahl der gegenwärtig im Ausstande befindlichen Arbeiter beträgt 26 000. Wenn bis heute abend ein Einvernehmen mit den Direktoren nicht erzielt wird, so werden Ausständige nach dem Departement du Nord ab­reisen, um dort ebenfalls einen Ausstand hervorzurufen. Unser Korrespondent berichtet:

Glauben und blinden Gehorsam haben die weltlichen und geistlichen Machthaber aller Zeiten stets von den breiten Volts­massen verlangt, durch Drohungen und brutale Gewalt erzielt und dadurch ihre Macht befestigt.

Wie es sich im Leben zeigt, daß allzu williges Gehorchen meist zum Schaden der Betreffenden ausfällt, zeigt es sich auch in der geistigen Entwickelung des Kindes. Durch strengen Gehorsam wird das Kind wohl Ientsam, aber es wird auch unterwürfig und urteilslos. Und Unterwürfigkeit und Urteilslosigkeit laffen fein freies Geschlecht erwachsen.

Eltern und Erzieher, gebt dem Kinde vernünftige Be­wegungsfreiheit in feinem Denfen und in seinem Handeln, damit uns eine Generation start an Körper und Geist folgt! Der Zustand der Kindheit besteht gerade darin, daß das Kind nur nach äußeren Impulsen, nie aus Ueberlegung und innerer

Interessant ist folgende Episode: Der Minister Dubief wollte dem Retter Simond die Rettungsmedaille anheften. Aber der heldenmütige Arbeiter wies fie zurück, da seine revo- Willenstraft handelt; da gilt es, das Kind vorsichtig und behutsam lutionären Ueberzeugungen ihm die Annahme von Auszeichnungen verböten."

Lens, 16. März. Der gestrige Abend verlief in der Umgegend fehr unruhig. Allerorts hielten die Arbeiter Versammlungen ab, tvorauf Straßenumzüge veranstaltet wurden. Vielfach hörte man die Rufe: Nieder mit den Mördern!" Der Streit.

Aus Paris wird uns berichtet:

Der Streit greift im Pas de Calais immer weiter um sich Heute früh find schon mehr als 6000 Mann nicht eingefahren. Die neue Regierung hofft den Stonflikt friedlich beizulegen. Sie hat die Präfekten der Departements Nord und Pas de Calais angewiesen, Obschon das Gesetz- wie gesagt verschiedene gute Kleinig- die Direktoren der Gesellschaften zu Verhandlungen mit den Gewert­feiten enthält, so hat doch die niederländische Arbeiterschaft all- schaftsvertretern einzuladen. Vermerkt muß werden, daß der Präfekt des Pas de Calais offenbar auch auf Ordre des Ministeriums be­gemein den Eindrud, daß das Gute nicht in Betracht kommt gegen- fchloffen hat, vorläufig lein Militär zur Aufrechterhaltung der über dem Schlechten, das in den freiheitsraubenden Bestimmungen Ordnung aufzubieten. liegt. Darum wird das Gefes, falls es durchgeht, zustande kommen müssen ohne die Stimmen der Sozialdemokraten. -

Das Verbrechen von Courrières .

An den Pranger!

Die Forderungen der Arbeiter beziehen sich auf drei Gegen stände. Die Gewerkschaft fordert eine Erhöhung der Prämien, die bisher 30 Proz. betrugen, auf 40 Broz. Ferner soll die Abmachung bon 1902 erneuert werden, wonach die Gesellschaften die gesetzlichen Altersrenten von 360 auf 550 und 600 Fr. erhöhen. Endlich vers langen die Arbeiter die doppelten Lohnhefte", die ihnen erlauben, zu kontrollieren, ob die Gesellschaften die gefeßlich vorgeschriebenen Beiträge wirklich an die Hülfskaffen abführen.

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Die syndikalistische Arbeitstonföderation" hat ihren Sekretär Die bodenlose Fahrlässigkeit der Ausbeutergesellschaft wird durch Levy in das Streifgebiet entfendet und wohl damit im Zusammen­einen Bericht außer Zweifel gestellt, den der Bergarbeiterbelegierte hang steht die Meldung der Patrie", daß die Bergarbeiter die vom Schacht 3, Simon Pierre, am 3. März erstattet hat. Die Unterstügung der sozialistischen Frattion ablehnen. Es ist indes zu Arbeiterbelegierten, so sei gleich vorweg bemerkt, find feineswegs erwarten, daß die Bewegung nicht für eine Sonderzwede verfolgende unabhängige Kontrollorgane, vielmehr werden sie vielfach als Wert vielen Jahren erprobte parlamentarische Vertreter, die gerabe für die Agitation ausgenügt werden wird. Die Bergarbeiter haben seit zeuge des Unternehmertums angesehen, und in einem großen Teil der franzöfifchen Bergarbeiterschaft ist gerade jetzt eine Agitation gewerkschaftliche Organisation viel geleistet haben. im Gange, die auf ihre Erfezung durch wirklich unabhängige Lille , 16. März. Der Ausstand der Grubenarbeiter breitet Arbeiterinspektoren abzielt. Der Delegierte Simon Pierre schrieb also: 1 sich immer weiter aus. In den Gruben von Dourge haben von

Weitere Meldungen liegen vor:

zu leiten und allmählich zum logischen Denken und Handeln vorzu­bereiten; nur eigenes Handeln fördert geistige Selbständigkeit und Reife. Impulsive Aeußerungen des Kindes werden sehr häufig als Unarten angesehen und mit Strafen bedroht. Dadurch werden Handlungen in dem Kinde gehemmt, die die Folge eigener Heber legungen sind, und Handlungen werden erzwungen, die dem kind­lichen Verständnisse vollständig fern liegen.

In unserer Erziehungs pra gis spielt die Rute, die dunkle Kammer und der Hunger eine verhängnisvolle Rolle. Solche Straf­mittel werden angewandt, um die elterliche Autorität zu ver­teidigen und die häusliche Ordnung gegen die kleinen Wilden auf­recht zu erhalten. Die Strafarten sind schon deshalb bedenklich und find nur mit äußerster Vorsicht anzuwenden, weil sie je nach Laune, Temperament und Bildungsgrad des Erziehers über die kleinen unwissenden Sünder verhängt werden. Durch die Furcht vor Strafe wird das Kind in seiner Bewegungsfreiheit gehemmt; es wird ein­geschüchtert und bleibt geistig beschränkt. Ein solches System ist barbarisch und nicht geeignet, vollwertige Menschen zu erziehen. Die Prügel, die dem Kinde körperliche Schmerzen verursachen, gelten als Abschredungsmittel gegen Unarten und Ungezogenheiten; gar bald lernt das Kind begreifen, daß es nur dann geschlagen wird, wenn man es bei Unarten erwischt. Das Kind überlegt, wann und wofür es Prügel bekommt, und schnell lernt es solche Handlungen in Gegenwart der Eltern und Erzieher meiden, um unbeaufsichtigt desto unartiger zu sein. Aus Furcht vor Strafe sucht das Kind oft alle Unarten, die es selbst beging, auf Geschwister und Spiel­gefährten abzuwälzen. Dadurch wird das Kind nur zu leicht an Heucheln und Lügen gewöhnt, so daß das Erzieherische, das in jenen Strafen liegen soll, recht oft in das Entgegengesezte umschlägt. Um sein Kind zur Wahrheitsliebe zu erziehen, muß es Grund. faß der Eltern sein, dem Stinde nie eine unwahrheit zu sagen, denn feine Beobachtungen an dem Betragen der Eltern und verwendet der flare, nimmer rastende Verstand des Kindes macht vor allem fie gegebenenfalls auch für seine eigene Kleine Person. Durch das Ginsperren in eine dunkle Kammer wird ebenfalls fein erzieherischer Einfluß erzielt, wohl aber wird dadurch die Furchtsamkeit in dem Stinde gewedt, die zu Störungen aller Art führt.