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keit.) Hier muß die Stadt dafür sorgen, daß solche Herren energisch in ihre Schranken zurückgewiesen werben.(Beifall.) Stadtrat Mngdan teilt einen Erlaß beS Oberpräsidenten mit. durch den das Verhalten des zuletzt erwähnten Standesbeamten ernstlich gemißbilligt und mit dem eventuellen Widerruf seiner Be- stallung gedroht wird.(Beifall.) Den ersten Fall kenne er nicht, denn er lese denVorwärts" nicht täglich.(Heiterkeit.) Solche Beschlverden sollten tunlichst bald nach dem Vorfalle eingereicht werden. In dem crsteren Falle sei nur das Amtsgericht zuständig. Stadtv. Cassel bittet, auch diesem Falle nachzugehen und freut sich der Äenntnisgabe des Obcrpräsidialcrlasses. Stadtv. Hoffmann: Solche Erlasse sollten veröffentlicht werden, ehe nian hier die Fälle vorzutragen genötigt ist. Ter Etat wird genehmigt. Tie Etats des Märkischen Provinzialmuseums, des Statistischen Amtes und des Gewerbe- und Kauf mannsgerichts werden nach dem Referat des Stadtv. Liebenow ohne Debatte genehmigt. Beim Etat der S t a d t b ib li o t h e k. Volksbiblio- theken und Lesehallen erinnert Stadtv. Cassel cm den Be- schlug der Bibliothekskommisfion, für die städtischen Bibliotheken endlich ein eigenes Gebäude zu errichten. Die Etats der G e m e i n d c g r u n d st e u e r. der G e- werbe- und W a re n h a u sste u.« r und der Betriebs- steu er werden ebenfalls ohne Debatte genehmigt. Beim Etat der Einkommensteuer bemerkt Stadtv. Singer: Ich schlage vor, die Beschlutzfassung dieses Etats vorläufig auszusetzen, mindestens mutzte der Referent die Grundsätze für die Aufstellung dieses Etats mitkeilen. Es fehlt dazu noch die Mitteilung der preußischen Finanzdirektion über das Einnahmesoll, die noch nicht in Händen des Stadtkämmerers ist. Tie Möglichkeit einer Erhöhung späterer Titel des Etats liegt vor, deshalb müssen wir die Gelegenheit haben, durch die Einkommen- stcuer den Etat wieder zu balanziercn. Ich würde auch die Aus- setzung für die Umsatzsteuer vorschlagen, aber man könnte geltend machen, daß dadurch eventuelle Abschlüsse nach dem 1. April der Steuer entzogen werden könnten. Ter Magistrat könnte vielleicht vor der Beratung des Einkommcnsteurretats eine Erklärung ab- geben, eventuell mutzte die Versammlung einen Vorbehalt machen, dah die Verwendung der bewilligten Gelder in jedem Fall der Be- schlutzfasiung der Versammlung vorher unterbreitet wird. Stadtv. Cassel sieht die Notwendigkeit einer Aussetzung dieser Steuer nicht ein. Die Mitteilung der preußischen Steuerbehörde über das Staatseinkommcnstcuersoll habe auch früher nicht vor- gelegen. Der sonst so reich ausgestattete Etat schlietzt eS aus, daß die 100 Proz. Zuschlag überschritten werden müßten. Oberbürgermeister Kirschner: Bei den noch nicht feststehenden Ausgaben können wir ja den Vorbehalt machen, daß von der Mög- lichkeit der Verausgabung nur mit Ihrer Zustimmung Gebrauch gemacht werden soll. Die von Herrn«inger gewünschte Erklärung ist ja insofern selbstverständlich, als dadurch, daß wir Ihnen eine Borlage machen, wir für die Leistung der Ausgaben Ihrer Zm ftimmung bedürfen. Ich glaube, in Uebereinstimmung mit dieser Erklärung mit meinen Kollegen vom Magistrat zu handeln, will aber, wenn Sic Gewicht darauf lege«, bis zum Sonnabend einen bezüglichen Beschluß darüber vorlege». Stadw. Singer: Durch die Erklärung des Oberbürgermeisters sind wir befriedigt, ich habe keinen Anlaß. Mißtrauen in diese Er klärung zu setzen. Dem Stadtv. Cassel erwidere ich, daß allerdings bisher dw Einkommensteuer vom Kämmerer nach den ihm nnt- geteilten staatlichen Unterlagen geschätzt wurde. Das konnte jetzt bisher nicht geschehen. Daß die Einnahmen erst zum Schluß be- raten werden, ist dock) der einzig richtige Weg bei einer ordentlichen Etatberatung; Herr Cassel rät aber eine höchst eigentümliche Finanz- gebarung an, denn so einfach kann nicht eine Ausgabe von einem Etatstitel auf einen beliebigen anderen übertragen werden. Ich bleibe also bei meinem Antrage. Kämmerer Dr. Steiniger: Unterlagen der staatlichen Steuer- behörde haben mir bisher nicht zur Verfügung gestanden. Gegen die Verlegung der Beratung dieses Etats an den Schluß hätte ich nichts einzuwenden, aber jedenfalls sollte die Beratung keines Spezialetats über den l. April hinaus vertagt werden. Nach einer Erwiderung des Stadtv. Cassel auf die Be- merkungen des Stadtv. Singer wirb der Antrag Singer abgelehnt und der Etat der Einkommensteuer nach dem Anschlag genehmigt. Den Etat der Hundesteuer, B r a u m a l z st c u e r und Wanderlager st euer setzt die Versammlung ohne Debatte nach dem Entwurf fest. Den Etat der Umsatzsteuer bittet Stadtv. Ullstein (soz.-fortschr.) ans Ende der Beratung zu stellen. Stadtv. Borgmann schlietzt sich dem mit Bezugnahme auf seine eingangs gemachten Bemerkungen an. Die Umsatzsteuer sei ent- schieden zu niedrig veranschlagt: man brauche doch noch irgend eine Bewegungsfreiheit, wolle man nicht in den heute gewählten Ge- haltSauSschuß mit gebundener Marschroute hineingehen. Stadtv. Dr. Langerhans kann diese Bedenken nicht begreifen. Mm» sei sich doch über die Hauptsache einig; bedenklich aber wäre eine Erhöhung der Umsatzsteuer. Stadtv. Singer: Ob die Umsatzsteuer im Etat mit 5 oder 10 Millionen steht, ist für die zur Zahlung Pflichtigen gleichgültig. Die Stellung ans Ende der Beratung gibt aber der Versammlung den Gehallsvorlagen des Magistrats gegenüber freiere Hand. Es ist doch mehr als»mgewöhnlich, einen dreifach so teueren Preis für die rechtzeitige Fertigstellung des Etats zu zahlen. Unter Ablehnung des Antrages Ullstein wird der Etat der Um- satzsteucr genehmigt. lieber die Etats für das Schulwesen berichtet Stadtv. Borgmann. Zum Etat für die Gymnasien. Realgymnasien und Oberrealschulen wird nichts bemerkt. Stadtv. Singer ersucht hiernach den Vorsteher, festzustellen, 0b die Versaminlung noch beschlutz fähig ist. Vorsteher-Stellvertreter Michel et: Die Versammlung ist N i ch t m c h r beschlußfähig; die Sitzung ist geschlossen. Schluß ValO Uhr. Die nächste Sitzung findet Sonnabend 8 Uhr statt._ Auf der Tagesordnung stand: Die endgültige Entscheidung über Ablehnung oder Annahme des Lohnangebots der Arbeitgeber. I a k o b e i t berichtete über den Verlauf der Verhandlungen. die schon seit längerer Zeit zwischen den Kommissionen der Arbeit- nehmer und Arbeitgeber zwecks Abschluß eine? neuen Tarifvertrags gepflogen worden sind. Ter strittigste Punkt war wie immer die Lohnfrage. Von den Arbeitern wurde ursprünglich ein Minimal- lohn von 70 Pf. für Maler und 6SPf. für Anstreicher gefordert. Diese Forderung ist dann später auf 67 l- resp. 62)h Pf. reduziert worden. In der letzten Jnnungsversammlung haben die Kleister nun be- schlössen, den Malern 65 Pf., den Junggehülfen 60 Pf. und den An- streichern 55 Pf. pro Stunde zu bewilligen. Es sollte also gegen- über den bisherigen Tariflöhnen eine Erhöhung der Minimalsätze für Maler um 10 Pf., für Anstreicher aber nur um 5 Pf. eintreten. Zudem verlangten die Arbeitgeber wieder emen Vertragsabschluß auf drei Jahre. Die Lohukommission wie auch die Ortsverwaltung erklärten, das Angebot der Meister zur Annahme nicht empfehlen zu können Denn cmmal würde dadurch in Wirklichkeit gar keine Lohnerhöhung stattfinden, weil die LShne während der Dauer des alten, am 1. April ablaufenden Tarifsvertrags infolge der fortgesetzt günstigen Geschäftstonjunktur ganz auS sich selbst heraus die von den Meister» in Vorschlag gebrachte Höhe fast allgemein schon seit längerer Zeit erreicht haben. Dann aber auch seien die Mehrzahl der im Beruf tätigen Kollegen eben Anstreicher und nicht Malergehülsen, so daß ein auf drei Jahre festgelegter Minimallohn von 55 Pf. für An- streicher also absolut keine Aufbesserung für taS Gros der Berufs­angehörigen mit sich bringt. Die Organisation habe unter allen Umständen gerade aus eine zeitgemäße Erhöhung der Anstreicher- löhne zu dringen, so daß an den geforderten Mindestsatz von 62)h Pf. für diese Gruppe unbedingt festgehalten werden müsse. Samtliche Diskussionsredner erklärten das Angebot der Meister unter großem Beifall der Versammlung ebenfalls einmütig für durchaus unannehmbar. Die Debatte drehte sich denn auch hauptsäch- lich darum, ob die Arbeit bereits am 1. April niedergelegt werden solle, oder ob es zweckmäßiger sei, noch eine Zeitlang ohne Tarif zu arbeiten und dann im Hochsommer in den Streik einzutreten. Ter Vcrbandsvorsitzende T o b l e r aus Hamburg befürwortete mit der Mehrzahl der Redner den sofortigen Eintritt in den Streik, d. h. mit dem 1. April. Redner empfahl jedoch, es der Organisations- leitung zu überlassen, den Streik nach einigen Wochen vielleicht kurzer Hand abzubrechen, um ihn dann in der demnächst einsetzenden Hoch- konjunktur mit erneuter Energie wieder weiter zu führen. Darauf erfolgte die geheime Abstimmung darüber, ob die Arbeit schon am Montag oder erst später niedergelegt werden solle. Das Abstimmungsresultat soll, da es wegen der in Betracht lommenden Personenzahl gestern abend nicht mehr zusammengestellt werden konnte, am Sonnabend imVorwärts" und an den Anschlagssäulen publiziert werden. Bei der offensichtlichen KampfcSstimmung der Versammelten dürfte das Ergebnis kaum mehr zweifelhaft sein. Lohnbewegung der Brunnenmacher. Auf die Forderungen der Brunnenmacher und ihrer HülfSarbeiter haben die Arbeitgeber an die Organisation nach vier Wochen noch keine Antwort erteilt. Dagegen hat man, um auf die Bewegung zersplitternd zu wirken, in verschiedenen Ge- schäften einzelnen Arbeitern etwas am Lohn zugelegt. Solchen ist auch von ihren Brbeilgebern erklärt worden, man werde unter keinen Umständen mit der Organisation, dem Verband der baugewerblichen Hülssarbeiter, verhandeln. Eine Bersamm- lu»g derBrunnenmacher undHelfer tagte am Donners- tag bei Aiigustin, Oranienstr. 103, um zu dem Verhalten der Arbeit» gcber Stellung zu nehmen. Nach einem Referat Hei dem annS sprachen sich in der Diskussion verschiedene Redner dahin aus, daß die Nichtbeachtung der Organisation durch die Unternehmer auf das entschiedenste zu verurteilen sei und daß die einzelnen Zulagen nicht davon abhalten dürften, den geforderten, so äußerst minimalen Tarif hochzuhalten. Einstimmig beschloß die Ver- sammlung, Montag die Arbeit dort einzustellen. wo am Montag früh der Tarif nicht unter s christlich be- willigt ist. Am Sonnabend abend sollen die Kollegen der einzelnen Betrübe zusammentreten und den Arbeitgeber möglichst noch am selben Abend um schriftliche Anerkennung des Tarifs er­suchen. Unterschriebene Tarife sind dem Verbandsbureau vor- zulegen, welches auch ArbeitSberechtigungSkarten ausgibt. Die Putzrrträger haben bor einigen Wochen die Forderung ge» stellt, daß für die Herbeischaffung des Wassers zu den Putzerarbeiten in der dritten und vierten Etage vom Unternehmer gesorgt werden soll. Die Forderung erscheim dadurch hinreichend gerechtfertigt, daß die Tätigkeit der Putzerträger so anstrengend ist, daß sie in den höheren Etagen sowie so swon überbürdet sind und nicht auch noch das Wasser heranschleppen können, namentlich wenn sie mit Putzern zu tun haben, die ihre eigene Arbeitskraft übermäßig anstrengen. um einen möglichst hohen Akkordverdienst herauszuschinden. Am Mittwoch berieten die Putzerträger in einer Versaminlung bei Grau- mann über die Durchführung ihrer Forderung. Es zeigte sich hier. daß die große Masse der Putzerträger bisher nicht mit der nötigen Entschlosienheit dafür eingetreten ist. Nach längerer Aussprache wurde dann nocvmals beschlossen, die Forderung strikte durchzuführen. Be- sonderS wurde hervorgehoben, daß dies nicht nur dort geschehen soll, wo der Unternehmer die Putzerträger bezahlt, sondern auch bei den sogenanten harmlosen und den unorganisierten Putzern, die, entgegen dem Beschluß der zentralorgamsierten. die Träger selbst bezahlen. Achtting, Schneider! Uns wird heute Streikarbeit von Essen signalisiert. Die Firma Schartenberg von dort versucht, hier Arbeit unterzubringen. Wir ersuchen die Kollegen, Arbeit von außerhalb überhaupt zurückzuweisen. Verband der Schneider. Die OrtSvcrwaltung. Achtung, variiere.' Die Differenzen bei Kirsch, Soldinerstr. 26, sind beigelegt. Verband der Friseurgehülfen.(Zweigverein Berlin ). I. A.: L i e r. Deutrdi*» Relek. Die Lage im Zeitz -Weißenfelser Kohlenrevier. Die Zahl der Streikenden wird von den verschiedenen Seiten, je nach den vertretenen Interessen, verschieden angegeben. Die bürgerliche Presse bring: cS sogar fertig, von einem Abflauen der Bewegung zu sprechen. Daß sie selbst daran nicht glaubt, be- weist ihre Besorgnis um den AuSgang des Kampfes. WolffS Telegraphenbureau meldet nämlich: »Bedrohlich wird die Lage, wenn eS der böhmischen Braun- kohlenindustrie gelingt, die bei dem Ausstand in Böhmen vor einigen Jahren an die deutsche Industrie verlorenen Absatzgebiete zurückzugewinnen. Die heute und gestern im hiesigen Revier ab­gehaltenen Bergarbeiterversammlungen sprachen sich einstimmig für die Fortsetzung des Streiks auS." Da die Arbeiter glücklicherweise nicht so dumm waren, ihre Be- wegung so lange zu vertagen, bis die Unternehmer ihr« Lager gefüllt haben, so kann die von der bürgerlichen Presse gefürchtete Kalamität schnell eintreten. Die Sache steht also für die Arbeiter äußerst günstig. Hauptsache ist nur, daß sie auch nach dem Streik unablässig am Ausbau ihrer Organisation festhalten, um einen etwaigen Rache- feldzug der Grubenprotzen unmöglich zu machen. Die Steinarieiter der Firma H. Conrabu« in Jena haben nach fast vierwöchigem Streik doch noch einen Sieg errungen. Herr Conrad»?, der eS zunächst ablehnte, der Anrufung des Ge- werbegerichtS als Einigungsamt Folge zu leisten, schloß jetzt mit I den Arbeitern vor dem Gewerbegericht einen Vergleich ab. Be- GetverKIcKaMicKes. Soldaten gegen Streikende in Deutschland ! Mcht mit den Waffen in der Hand, aber in der Rolle des Streikbrechers treten in Deutschland die Angehörigen der Armee ihren arbeitenden Brüdern entgegen. Wie uns ein Privattelegramm aus Magdeburg meldet, leisten dort die Truppen der Magdeburger Garnison bei dem Kutscher- und Möbeltransportarbeiterstreik Streikbrecherdien sie. Eine Beschwerde bei der Magdeburger Kommandant«? hatte keinen Erfolg, da diese sachverständige Militärbehörde die zweijährige Dienstzeit offenbar für zu lang hält und glaubt, die militärische AusbilNung�in dieser Zeit auch neben einer gewerblichen Tätigkeit der Soldaten durchführen zu können. Im Streik befinden sich 400 Kutscher und 100 Möbel­packer. DaS ganze Baugewerbe feiert wegen Mangel an Material. Ohne das Eingreifen der Militärbehörde müßte der Streik getvonnen werden I Berlin una amQtgtnd. Zur Lohnbewegung der Maler und Anstreicher. Eine gewattige Massenversammlung der Berliner Maler und Anstreicher wurde gestern abend in derReuen Welt" abgehalten. Ter Andrang zum Lokal war ein so enormer, daß nicht nur die Galerien, Bühne und Vorraum bis auf den legten Platz besetzt waren, sondern auch sämtliche Tische auß dem geräumigen Parterre entfernt werden mutzten. Verantw. Redakteur: Hans Weber, Berlin . Inseratenteil verantw.: Th. Glocke, Berlin . Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr.u. Verlagsanstalt Jaul Singer LcCo., Berlin LVk. Hierzu 3 Beilagen u.UnterhaltungStlatt willigt wurde die tOstündige Arbeitszeit(bisher 11 Stunden). 10 Proz. Lohnzuschlag, für Ueberstunden 20 Proz. und für Sonntags- arbeit 30 Proz. mehr._ Stadtverwaltung und Arbeiterpresse. In Köln finden seit einiger Zeit jährlich zwei amtliche Arbeits- losenzählungen unter Mitwirkung der gewerkschaftlichen Organi- sationen statt. Die Gewerkschaften stellen die Zähler, die Stadt zahlt die Kosten und besorgt die statistische Bearbeitung deS Materials. Sowohl die vorherigen Bekanntmachungen als nachher da? Ergebnis der Zählung waren unserem Kölner Parteiblatt, derRheinischen Zeitung", bisher von der städtischen Verwaltung jedesmal vor- enthalten worden. Die freien Gewerkschaften fanden eS unerhört, daß die mehr oder weniger arbeiterfeindlichen bürgerlichen Blätter das amtliche Material erhielten, nicht aber das einzige Arbeiterblatt KölnS . Nachdem die Kritik derRheinischen Zeitung" selber und die Wünsche der Gewerkschaften erfolglos blieben, teilte die Kartellkommission diesmal der städtischen Verwaltung mit, daß die freien Gewerkschaften nur unter der Voraussetzung künftig noch Zähler stellen würden, daß auch derRheinischen Zeitung" daS amt- liche Material zugehe. Die städtische Verwaltung schien damit ein- verstanden zu sein, denn fie schrieb auf den Empfang jener Mit- tetlung nicht, daß sie die Bedingung der Kartellkommission ablehne. Dieser Tage aber konnte man in der bürgerlichen Presse wieder wie sonst daS amiliche ZählungSergebniS lesen; dieRheinische Zeitung " aber, di publizistische Vertreterin der an der Zählung beteiligten frern Gewerkschaften, war wieder übergangen worden. Die Kartell- kommisfion wird sich unter diesen Umständen an der Zählung nicht mehr beteiligen. Die Borniertheit der Kölner Stadtverwaltung kennzeichnet sich übrigens selber. Zur Bewegung in den SiemenS-Schuckertwerken zu Nürnberg . Die Direktion hat die bescheidenen Wünsche der Arbeitereinhaltung der Vereinbarungen vom vorigen Jahre, möglichste Beseitigung des UeberstundenwesenS und Gewährung einer Teuerungszulage an die im Wochenlohn beschäftigten Hülssarbeiter in der Form eines MindcftlohneS von 35 bezw. 33 Pf. pro Stunde glatt abgelehnt. Die Direktion hielt es fiir unter ihrer Würde mit dem Arbeiter- auSschuß direkt über die Forderungen zu verhandeln, sondern die ablehnende Antwort wurde ihm schriftlich übermittelt und dann in den Werkstätten angeschlagen. Daß die Direktion es auch abgelehnt hat, die im vorigen Jahre eingegangenen Verpflichtungen zu er- füllen, ist für sie sehr bezeichnend. Zwei stark besuchte Arbeiter- Versammlungen beschlossen einstimmig, als Antwort auf dieses brüske Verhalten zunächst von jetzt ab jede Ueberstunde zu ver- weigern. In den Versammlungen wurde auch mitgeteilt, daß die Direktion den Christlichen und Hirschen 6000 M. überwiesen habe, uin nach Art der bekannten gelben Gewerkschaften den modernen Organisationen entgegenzuwirken. Hualand. Die Hafenarbeiter von Fiume haben neuerdings Lohnf«derungen gestellt und drohen, falls dieselben bis Sonnabend nicht bewilligt werde», daß am Montag alle Hafen« und Bahnarbeiter in den Streik treten werden._ Die neue Regierung und das Koalitionsrecht der Beamten. Paris , 27. März.(Eig. Ber.) Wie wenig daS Ministerium Sarrien berufen und befähigt ist, ein klares demokratisches und sozialpolitisches Reformprogramm durchzuführen, beweist schon seine merkivürdige Stellung zu der akuten Frage deS GewerlschaftSrechteS der öffentlichen Beamten. Daß daS GewerkschastSgesetz einer Reform bedürftig ist. wurde schon von der Regierung Rouvier zugegeben, in welchem Sinne sie jedoch gehalten sein soll, darüber hat man bisher von der neuen Regierung ebensowenig Bestimmtes er- fahren wie von der früheren. Wohl hat B r i a n d, den seine Ver- gangenheit immerhin verpflichtet, den Lehrern Komplimente gemacht, und vielleicht gelingt es ihm, den Beamten der Lehranstalten eine erträgliche Situation in koalitionsrechtlicher Beziehung zu schaffen, aber von dem Handels- und Arbeitsminister B a r t h o u, dem der größte Teil der Staatsbeamten untersteht, weiß man. daß er die borniertesten realttonären Gesinnungen hegt und den Staatsangestellten, die sich nur irgendwie als Träger einer öffentlichen Gewalt hinstellen lassen. die Ver- einigiingssteiheit nicht gewähren will. In her Sitzung, in der fich daS Ministerium vorstellte, haben sich die neuen Regierungsmänner damit geholfen, daß sie sagten, die Frage könne nicht im all- gemeinen gelöst, sondern sie müsse den verschiedenen Beamten- kategorien entsprechend zerlegt werden. Vorläufig seien sie bereit. den status(jno aufrechtzuerhalten. Nun. genau dasselbe hat auch daS Mimsterium Rouvier erklärt. ES kommt nur auf den Inhalt an. den man dieser Wendung gibt. DaS bestehende Gesetz. das allerdings zweideutig genug ist, ist vorwiegend im gewerkschafts- feindlichen Sinn gedeutet worden, andererseits besteht tatsächlich eine starke gewerkschaftliche Bewegung bei den Beamten, die trotz der zahlreichen Maßregelungen unter D u b i e f nicht unterdrückt worden ist. Bedeutet nun der stattrs quo, daß daö Gesetz in seiner Strenge angewendet oder daß seiner tatsächlichen Durchbrechung Rechnung gelragen werden soll? Die Unklarheit, die die Regierung über diesen Punkt bestehen läßt, erregt unter den Beamten eine arge Verstimmung. Die Reform des GewerkschastSgesetzeS wird erst von der neuen Kammer in Angriff genommen werden können. Wenn also die Regierung nicht in der nächsten Zeit Gewißheit über ihre Absichten gibt, könnte eS leicht geschehen, daß die Hundert- tausende von kleinen Beamten, die bei den Wahlen die Kaders der Regiernngsrepublikaner zu bilden pflegten, diesmal für Oppositions­parteien stimmen, bei denen fie auf ein größeres Wohlwollen rechnen._ Letzte Nachrichten und Depefchen. Ein wildes Land. Gotha , 29. März.(B. H. ) Der von den Sozialdemokraten gewählte Schultheiß Wittig in Ichtershausen wurde von der Staats- regierung bestätigt._ Zusammeng« predigt. Frankfurt o. M., 29. März.(B. H. ) Hier starb im Alter von 71 Jahren an einem Tchlaganfall plötzlich der pensionierte katholische Pfarrer, Geistlicher Rat Wark, der früher auch Missionar gewesen und in Weingarten in Baden geboren war. Er lebte in sehr arm- lichen Verhältnissen. Jetzt ist nun festgestellt worden, daß er Wert- Papiere und Bargeld in Höhe von 400 000 Mark hinterlassen hat. Ter Bergarbeiterausstand in Frankreich . LenS, 29. März.(B. H. ) Der Grubenarbeiterkongreß ist heute eröffnet worden. Seitens der Delegierten wurde das Er- gebnis des gestrigen Referendums bekannt gegeben. Danach haben m den drei Becken 32 520 Arbeiter für, 18 074 gegen den Streik gestimmt. Der Kongreß vertagte sich auf heute nachmittag, in dieser zweiten Sitzung wird wahrscheinlich der Generalstreik proklamiert werden._ Die bezwungene Revolution. Warschau , 29. März.(B. H. ) Dir Arbeiterorganisation kündigt den bevorstehenden Generalstreik in sämtlichen Fabriken Russisch-Polens an. Unruhen. Melitopol , 29. Mörz.(Meldung der Petersburger Tele» grapher.Agcntur.) Unter den Hafenarbeitern von Genitscherk sind Unruhen ausgebrochen, weshalb Truppen von hier nach dort entsantt worden sind.