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Politifche Uebersicht.

Berlin  , den 10. Mai. Junkerliche Steuerscheu.

Herrschen wollen zwar die Junker im Reiche, aber zahlen tvollen sie nicht, wenn Holland   in Not" ist. Das Reichs­defizit sollen die werktätigen Klassen decken, die nach Junker­ansicht froh sein müssen, wenn sie dafür, daß sie junkerlich regiert werden, tüchtig berappen können. Die Steuerscheu der Junker fam heute bei der namentlichen Abstimmung über den grundlegenden§ 12 des Erbschaftsgeseves drastisch zum Ausdruck. Oftentativ schwenkten die Kaniße und sonstigen adligen Honoratioren" die roten, mit Rein" bedruckten Stimmzettel. Auch die Welfen und Polen   stimmten gegen den§ 12, während unsere Fraktion dafür stimmte, nachdem ihr Antrag, der bekanntlich eine Erweiterung der Vorlage in Anlehnung an die englische Erbschaftssteuer ver­langte, abgelehnt worden war. Sie stimmten dafür, damit wenigstens der Anfang einer direkten Besteuerung der be­fizenden Klasse gemacht wird.

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Die namentliche Abstimmung ergab die Annahme des § 12 mit 210 gegen 40 Stimmen, bei 8 Stimmenthaltungen.

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Bedenken aus dem Kreise der evangelischen Landes kirche Herr b. Rheinbaben ist nicht Glied der preußischen evangelisch- unierten Landeskirche, sondern Lutheraner- fallen gelassen worden war und Herr v. Rheinbaben Minister des Innern wurde, mußte Herr Studt das Kultusministerium übernehmen. Wenn das Schulgesetz zu stande kommt, wird er einen guten Abgang haben. Wenn es nicht zu stande kommt, so dürfte er kaum Neigung verspüren, im Amte zu bleiben, um einen so und so vielten nochmaligen Anlauf zum Zustandebringen eines Schulgesetzes vor­zubereiten."

Recht interessant an dieser Auslassung des wohlinformierten und der Kulissenpolitik wohlbewanderten Zentrumsorgans sind die darin enthaltenen Mitteilungen über die Ursachen, aus denen man in Preußen Kultusminister werden kann. Weil der Kandidat, der erst dafür in Aussicht genommen worden ist, aus irgend welchen tonfessionellen Bedenken nicht das Amt übernehmen kann, wird irgend ein anderer Ministerkandidat, mag er sich für die Aufgaben des Kultusministeriums auch eignen wie der Ejel zum Lauten schlagen, in das offene Loch gestopft. Und jahrelang hat der arme Herr Studt in dieser unglückseligen Situation aus­halten müssen! Und weil er den Schaden hat, braucht er für den seil er den Schaden hat, braucht er f Spott nicht zu sorgen. Nationalliberale Blätter suchen Harnad, den Universitäts­professor und der föniglichen als Nachfolger Stubts zu lanzieren. Dem Zentrum paßt diese Kandidatur nicht. Die Kölnische Bolkszeitung" meint verächtlich, daß es lächerlich sei, Persönlichkeit von dem Bildungsgang eines Universitätsprofessors an die Spitze des größten und schwierigsten Ministeriums in Preußen zu stellen." Ganz recht, eher eignet sich vielleicht Pod dazu, oder irgend ein anderer Dftelbier. Die Geschichte der preußischen Bolts­schule ist an sonderbare Unterrichtsminister gewöhnt, eleusinische Mysterien" sind die Aufgaben der Pädagogik nach Buttkamers sach fundiger Aeußerung auch nicht; also heran, ihr junkerlichen Minister­antvärter, es wird ein Posten frei!

In der Debatte wandten sich alle bürgerlichen Redner Bibliothek, neuerdings auch Direktor

gegen den sozialdemokratischen Antrag, dem der Abgeordnete Wiemer( fri. Vp.) unsinnigerweise kommunistische Ten denzen, die in ihren Konsequenzen zur Vermögensfonfis­tation führten, unterlegte. Dabei tangiert der Antrag das bürgerliche Erbrecht gar nicht!

Ein Antrag Bokemann und Genossen, der einen neuen § 11a, Schenkungen betreffend, aufgenommen wissen wollte, wurde nach kurzer Debatte abgelehnt. Dann vertagte sich das Haus.

Freitag: Erbschaftssteuer; Mantelgesez.

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Bemerkenswert ist noch, daß die Kölnische Volkszeitung" auch Eine Anklageschrift gegen das Zentrum. für das Plenum Stimmenthaltung des Zentrums bei der Abstimmung Herr Erzberger   hat foeben eine Broschüre veröffentlicht: über die Schulvorlage in Aussicht stellt. Wir haben diesen schlauen Die Kolonialbilanz, Bilder aus der deutschen Kolonial- Trid des Zentrums schon vor einigen Tagen vorausgesagt und ent­politik." Der Benjamin der Zentrumsfraktion hat damit offenbar sprechend gewürdigt. eine Reflameschrift für die Zentrumstätigkeit auf dem Gebiete der Kolonialpolitik und Kolonialkritik liefern wollen. In Wirklichkeit hat er freilich eine vernichtende Anklageschrift gegen das Zentrum geliefert, das die Hauptverantwortung trägt für die sinn­The nationale Geldverschleuderung, die unsere Kolonialpolitik bisher darstellte und auch für alle 8ukunft darstellen wird.

Daß unsere Kolonialpolitik eine solche Geldverschleuderung war, Yegt Herr Erzberger selbst in dem einleitenden Kapitel seiner Schrift in trefflichster Weise dar. Er berechnet die bisherigen Ausgaben für unsere Kolonien auf 750 Millionen Mark. Dabei beziffert er die Kriegsausgaben für Südwestafrika nur auf 182 848 900 92., während sie bis zum Augenblick bereits mindestens 300 Millionen betragen und, gering geschätzt, noch weitere 100 Millionen Betragen werden! Und diesen Ausgaben steht ein Gesamthandel der Kolonien mit Deutschland   während der fraglichen 20 Jahre von nur 318 Millionen gegenüber, wovon aber, wie auch Erzberger hervor­hebt, alle diejenigen Gelder wieder in Abzug gebracht werden müssen, die für die Bedürfnisse der Beamten und Schußtruppen, für Regierungsbauten usw. aufgewendet wurden! Wie ungeheuer minimal der handelspolitische Wert unserer Kolonien war, charakterisiert Herr Erzberger   durch den Hinweis darauf, daß der Handel Deutschlands   mit der Schweiz   allein im Jahre 1904 mehr als der gesamte Kolonialhandel innerhalb der Zeit von zwanzig Jahren, nämlich 324 Millionen, betragen habe.

Deutsches Reich  .

Privilegierte Gesezesverächter.

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Freifinnigen Volkspartei noch von der alten Freis sinnigen Vereinigung gutgeheißen wird." Ferner sagt die der Freisiunigen Vereinigung" zugehörige Wefer Zeitung":

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Die Tatsachen haben gesprochen, die Probe auf das Schul­beispiel" ist gemacht. Sie ist gegen das versuchte Zusammen gehen zwischen Freifinnigen und Sozialdemokraten ausgefallen. So urteilen wenigstens diejenigen, die sich nicht von vornherein auf das neue Programm fest gebissen hatten. Der Kasus ist so vollständig und rein zum Austrag gebracht, daß man nicht mehr lange darüber sprechen mag. Die Hoffnung. den national sozialen Flügel der Freisinnigen Vereinigung  zu überzeugen, geben wir gänzlich auf. Es handelt sich nur darum, zu konstatieren, daß die Freifinnige Volkspartei und das Gros der Vereinigung in den norddeutschen Wahlkreisen sich nicht auf das Wahlkartell mit den Sozialdemokraten einlassen wollen, sondern ein solches mit den Nationalliberalen auftreben... Freifinnigen Vereinigung, aus parlamentarischen Kreisen" folgende Endlich erhält auch die Ostsee- 3tg.", ebenfalls ein Blatt der

Zuschrift:

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Stehen sich ein Nationalliberaler und ein Sozialdemokrat gegenüber, so fann für die Freifinnigen in der gegenwärtigen Situation fein Zweifel darüber sein, daß sie den National­liberalen als das kleinere Uebel zu betrachteu haben. Welchen Sinn hätte es, von einer Einigung der Liberalen, von einer Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls im freiheitlich gesinnten Bürgertum zu sprechen, wenn man da, wo es möglich ist, die Worte in Taten umzusetzen, 3 wiespalt in die liberalen Reihen trägt!"

Das genügt wohl, um zu zeigen, daß das Herz des freiheitlich gesinnten Bürgertums" da schlägt, wo die Interessen des kapitalistischeit Ausbeutertums verfochten werden!

Deutsch schwedischer Handelsvertrag. Ueber den Inhalt des deutsch  - schwedischen Handelsvertrages berichtet das Wolffsche Bureau:

Von deutscher   Seite wird Schweden   der Mitgenuß der in den deutschen Handelsverträgen mit anderen Ländern gemachten tarifarischen Zugeständnisse eingeräumt. Ferner gibt Deutschland  noch einige besondere Konzeffionen, indem z. B. für Preiselbeeren und Pflastersteine die Bollfreiheit wieder hergestellt wird, und für hölzerne Fensterrahmen, Türen, Treppen, für Klinken usw. Zollermäßigungen gewährt werden, die jedoch noch immer einen wesentlich stärkeren Zollschuh unserer Waren als vor dem 1. März darstellen. Schweden   gewährt außer der Meistbegünstigung eine wertvoller größere Anzahl Zoll­herabsetzungen, z. B. für seidene und halbseidene Gewebe und Bänder, für gewisse Papierwaren, für Goldgespinstwaren, für Spielzeug, für Wie schon in unserer Dienstagnummer mitgeteilt wurde, Tinten, für Nähnadeln, feine Lederschuhe, lebende Gewächse usw. pfeifen die Herren von der Wasserkante" auf die gesetzlichen Be- und bindet für alle wichtigeren Artikel der deutschen   Ausfuhr seinen ftimmungen, wonach im Hamburger Freihafengebiet Tarif. Schweden   hat ferner das für die deutsche   Eisenindustrie bes feine Wohnquartiere errichtet werden dürfen. Als dies trotzdem geschah, z. B. beim Streit der Hafenarbeiter und fonders wichtige Zugeständnis gemacht, daß während der Dauer des Seeleute im Winter 1896/97 und bei der Werftarbeiteraussperrung Bertrages, die auf 5 Jahre bemeſſen iſt, kein Ausfuhrzoll auf Eiſen­1900, wurden diese Gesegesverlegungen im Reichstage zur Sprache erz gelegt wird. Ein bemerkenswerter Freispruch. Aus Rosfod wird uns vom gebracht und in beiden Fällen vom Bundesratstische aus als un­10. Mai telegraphiert: zulässig bezeichnet. Doch was fragen die Herren Ballin und Konsorten nach solchen unverbindlichen" Erklärungen! Und die Hamburger Bürgerschaft", dieses Musterparlament der Privilegierten, hat gegen die Gesetzesverletzungen der Reeder und deren Sachwalter nichts einzuwenden; denn anders ist ihr Ver­halten nicht zu verstehen. Vor Eintritt in die Tagesordnung der Das Oberfriegsgericht in Dresden   beschäftigte sich Mittwochsfizung dieser illustren Körperschaft brachte Genosse am Dienstag mit der furchtbaren Soldatentragödie, E. Fischer die Angelegenheit zur Sprache. Er wies auf die in- die sich am Nachmittag des 11. Februar in der Kaserne des folge der Maifcier erfolgte Massenaussperrung der Hafenarbeiter 2. Sufarenregiments Nr. 19 in Grimma   abspielte. In der Nacht und auf die Heranschleppung von ausländischen Streifbrechern hin, zum 11. Februar war es zwischen den Husaren Naumann und Dye, die im Widerspruch zum Zollanschlußvertrage in Kasernenschiffen die beide Stallwache hatten, zu einer Prügelei gekommen, zu der und Kaischuppen im Freihafengebiet untergebracht würden. Doch zweifellos Oye den Anlaß gegeben hatte. Naumann hatte dabei die Bürgerschaft fand diese Maßnahmen ganz vortrefflich, denn jeder den Kürzeren gezogen und im Gesicht mehrere Verlegungen Sabz des Genoffen Fischer löste ein Sehr gut!" aus. Fischer fragte erlitten. Als der Husar Jenzsch, ein alter" Mann, hiervon erfuhr, erklärte er fofort:" Da müssen wir uns abfinden!" Binnen furzer an, was die Behörde zu tun beabsichtige, um dem Gefeße auch gegen Zeit war es unter den Leuten des dritten Jahrganges abgefartete über dem Unternehmertum Geltung zu verschaffen. Sache, nach beendetem Mittagsstalle ein sogenanntes Rekruten­Ein Vertreter der Mehrheit erklärte fühl, nach Lage der Dinge schäften zu veranstalten. Die Seele des Unternehmens war der Hufar Jenzsch, der sich allerdings aus purem Mitleid für den übel halte er eine Gesetzwidrigkeit nicht für vorliegend." Damit war für die Mehrheit der Bürgerschaft die Sache ab- zugerichteten Naumann dazu entschlossen haben will, dem Oye eine es war an einent

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Weitere Absagen an die Barth und Naumann.

Der verantwortliche Redakteur der Medlenburgische it Volkszeitung" wurde heute von der Straffammer des Land gerichts von der Anklage der Majestätsbeleidigung frei gesprochen.

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In den Tod geprügelt!

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Sonntage- war faum zu Ende, die Berittführer kaum außer Schweite, als auch schou die Vorbereitungen zu der Lynchjuftig getroffen wurden. Dye wurde nun aber nicht nur von den alten Leuten furchtbar verprügelt, sondern hierauf auch noch von den Retruten. An dieser neuen furchtbaren Züchtigung beteiligten sich auch nochmals einige der alten Leute. Als es ihm schließlich gelang, feinen Beinigern zu entwischen, wurde ihm nachgerufen:" eute abend gehts weiter."

Herr Erzberger   täuscht sich auch durchaus nicht darüber, daß auch in Zukunft unsere koloniale Bilanz mit einem gewaltigen Defizit abschließen wird. Ja er geht sogar soweit, zuzugestehen, daß die Kolonialgeschichte aller Wölfer lehre, daß die Summen, die das Mutterland für seine überseeischen Besitzungen ausgibt, nie ganz erstattet merden". Es ist deshalb höchst- ultramontan, daß Herr Erzberger trozzalledem feineswegs die Kolonialpolitik verwirft, sondern auch deren fernere Unterstütung getan, denn sie lehnte ohne weiteres die Besprechung der Inter- Büchtigung angedeihen zu lassen. Der Mittagsstall durch das Zentrum in Aussicht stellt. Zur Entschuldi- pellation ab. gung dieser unbegreiflichen Haltung beruft er sich auf eine Aeußerung Windthorsts, daß das Zentrum an sich durchaus nicht kolonial­Es liegen wiederum eine Reihe freifinniger Dokumente vor, die feindlich sei, sondern jede vernünftige Kolonialpolitik" unterstützen werde. Eine Bedingung jeder Kolonisation wird es bleiben, beweisen, wie minimal der Anhang der Herren Barth und Naumann daß das Missionswesen boll und ganz hergestellt ist. Während diese Herren den Freifinn dadurch regenerieren möchten, wird; denn wir werden doch nicht die Eingeborenen, unter denen daß sie Anschluß nach links ſuchen, macht sich in der übergroßen Der Unglückliche begab sich in seiner Verzweiflung nach einemt vir uns niederlassen, nach dem Beispiel anderer Völker nieder- Mehrheit des Freisinns beider Richtungen ein immer stärkerer Zug schießen und aus rotten; wir werden sie zivilisieren, nach rechts bemerkbar. Und es ist ein tragisches Schicksal, daß der abseits gelegenen Stall und erhängte sich an einem Türpfosten. wir werden sie zu uns hergewöhnen und zu wirklichen Menschen er- Ruf nach einer Einigung des Liberalismus", der zuerst mit Leb- Nach einer halben Stunde wurde er von Kameraden tot auf­haftigkeit von den Herren Barth und Naumann angestimmt wurde, gefunden. Wiederbelebungsversuche hatten keinen Erfolg. Un­ziehen wollen." So Windthorst vor einundzwanzig Jahren. Seitdem jetzt gerade dazu benutzt wird, um die Notwendigkeit eines Zu- mittelbar zuvor hatte er noch zu einem Kameraden geäußert: Ich Als Teilnehmer der Schlägerei konnten nur die Husaren Jentsch, ist unsere ganze Kolonialpolitit ein einziges fortlaufendes Kapitel sammenschluffes mit den Nationalliberalen und einer noch habe es nun fatt, ich hänge mich jetzt auf!" unerhörter Mißwirtschaft, der Unterdrückung, Knechtung, Ausraubung, härferen Frontstellung gegen die SozialdemoClauß, Viehweger( fämtlich Leute des 3. Jahrganges) und die Ne­fratie zu betonen! fruten Kaiser, Weise, Martin und Seifert, durchweg von der 5. Es­Mißhandlung und Ausrottung gewesen und das Zentrum ist So heißt es in einer Zuschrift, die die weiblich- freisinnige fadron, ermittelt werden; gegen sie wurde Anklage wegen gemein­während der ganzen Zeit troßdem für die Kolonialpolitik ein­getreten! Und gerade in Südwestafrika, der schlimmsten der" Danziger 31g." bon parlamentarischer Seite"( vermutlich schaftlicher Störperverletzung erhoben. Bei der Untersuchung stellte es sich heraus, daß die Rekuten sich nur unter dem Drucke Rolonien, find es nicht die katholischen Missionare gewesen, von dem Abg. Brömel) erhalten hat: der alten Leute an den Mißhandlungen beteiligt haben, die sich sei es auch nur in so schwächlicher Weise, wie es fürchteten sie doch, sonst in gleicher Weise behandelt zu seitens der protestantischen Missionare geschah der Ein­werden. Bei der Sektion der Leiche wurden ziemlich schwere geborenen angenommen hatten! äußere Verlegungen fonstatiert, die zweifellos von der Mig­handlung herrührten. So zeigten beide Gefäßhälften und der Rücken frische Blutergüsse, Schwielen und Striemen. Das Kriegsgericht war zwar der Ansicht, daß die Mißhandlung nicht die alleinige Todesursache gewesen sei, sondern daß offenbar noch andere, unbekannte Gründe mitgesprochen haben mögen, berjagte aber den ans geklagten alten" Leuten mit Rücksicht auf die Schwere der Mig­handlung mildernde Umstände und verurteilte Jensch zu fünf. Clauß zu vier und Viehweger zu drei Monaten Gefängnis; die vier Rekruten kamen mit je zwei Wochen Ges fängnis davon.

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Die Broschüre Erzbergers soll das Zentrum als die Partei er­scheinen lassen, die wenigstens rücksichtslos gegen die ärgsten Schäden unserer Kolonialwirtschaft ankämpft. Dabei hat das Zentrum ebenso fläglich in der Herero- Frage versagt, wie es in der Borer- Frage versagte! Die ganze Aktion des Herrn Erzberger, die obendrein nicht einmal den Beifall der maßgebenden Zentriunskreise findet, ist nichts als ein geschicktes Scheinmanöver, das die schimpf­liche Tatsache verschleiern soll, daß dem Zentrum die Hanptverant­wortung für die ganze koloniale Kulturschmach der Bergangenheit und der Zukunft zufällt!-

Wer wird Studts Nachfolger?

Ueber diese wichtige Frage stellen die bürgerlichen Blätter be­reits ernsthafte Betrachtungen an. Zwar ist Herr Studt noch mit allen Würden und Bürden preußischer Kultusminister, und es ist ihm

fogar gelungen, das jämmerliche Machwert der preußischen Schulvorlage bis an das Tor der zweiten Lesung im Plenum zu bugsieren. Trotzdem wird sein baldiger Rücktritt allseitig als feststehende Tatsache betrachtet. Auch die Kölnische Volkszeitung", die mit der Studtschen Tätigkeit vollauf zufrieden sein darf und feine Ursache hat, seinen Rücktritt herbeizusehnen, gibt zu, daß sein Stündlein bald schlagen wird:

Richtig dürfte allein sein, daß Herr Studt ut ach der Er­ledigung der Schulvorlage in nicht zu langer Zeit von feinem Amte zurücktreten wird. Aber auch das ist längst nichts Neues mehr. Herr Studt ist schon ziemlich bei Jahren. Nach der Leitung des Kultusministeriums hat er sich nie gesehnt. Zuerst sollte er Minister des Innern werden; gute Kenner der Berhältnisse hielten ihn damals für einen geborenen Minister des Innern und sagten ihm als solchen eine ausgezeichnete Wirk­famfeit voraus. Erst nachdem der Plan, den Frhrn. v. Rhein­baben zum Kultusminister zu machen, gegenüber den l

Welchen Sinn hätte es, von einer Einigung der Liberalen, von einer Stärkung des Bufammengehörigkeitsgefühls im freiheit lich gesinnten Bürgertum zu sprechen, wenn man da, wo es möglich ist, die Worte in Taten umzufeßen, 8 wiespalt in die liberalen Reihen trägt! Eine solche Stichwahl ist die beste Gelegenheit, den Willen zur Annäherung an die liberalen Nachbargruppen zu befunden. Der nationalsoziale Kandidat in Darmstadt   und seine engere Gefolgschaft dachten anders... Die Billigung der hervorragenden Organe der Freisinnigen Wolfs­partei und der Freisinnigen Vereinigung hat die Parole nicht gefunden und konnte sie nicht finden. Wer aus den Ereignissen lernen will, fann nur zu dem Schluß gelangen, daß für absehbare Zeit das Bestreben nicht auf eine Annäherung an die Sozialdemokratie, sondern auf den Zusammenschluß der Liberalen zu richten ist. Die liberalen Wähler versagen einfach die Gefolg fchaft, wenn ihnen zugemutet wird, einem sozialdemokratischen Radikalen vom Schlage Bertholds den Vorzug vor einem Nationalliberalen zu geben. So aber stehen die frei­finnigen Parteien heute nicht mehr, daß ihnen das Ausscheiden zahlreicher und wertvoller Elemente gleichgültig sein könnte.

Die Danziger 3tg." macht dann noch eine Bemerkung, die mit aller Offenheit zugesteht, daß das ausschlaggebende Moment auch der freisinnigen Politit nichts anderes ist, als das Unternehmer­

interesse:

Man darf doch die scharfe Bewegung nicht verkennen, die gegenwärtig durch die Arbeitgeberkreise geht und auf einen engeren Busammenschluß gegen sozialdemokratische Uebergriffe hinausläuft. Wie sich später einmal diese Dinge entwickeln, wird man ab­zuwarten haben. Augenblicklich sind die Gegensäge scharf und eine Ueberbrückung erscheint deshalb zurzeit ausgeschlossen. Das Vorgehen der Darmstädter   Gruppe ist fonach in jedem Sinne bedauerlich. Es verrät den Riß, der neuerdings durch die Reihen der Freifinnigen geht; es verschärft die Gegenfäge zur nationalliberalen Partei, und es eröffnet einen Ausblick auf Vergeltungsmaßregeln, die der liberalen Sache schaden. Im so schärfer muß betont werden, daß der Darmstädter   Vorfall nur Lotale Bedeutung hat und die darin zum Ausdruck tommende Auffassung der politischen Dinge weder von der

Die hiergegen von den drei alten Leuten eingelegte Berufung hatte wider Erwarten Erfolg. Das Obertriegsgericht hielt, obgleich es im wesentlichen zu denselben Feststellungen wie die Vor­instanz gelangte, eine Herabsetzung der Strafe für angezeigt, weil der Selbstmord den Angeklagten nicht angerechnet werden könne. Es erhielten nunmehr Jenzsch 4, Clauß 3 und Biehweger 2 Monate Gefängnis, auch wurde allen dreien die Unter­fuchungshaft mit je einem Monate angerechnet.-

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Agrarierstipendien durch die Ansiedelungskommission. Die Frankfurter geitung" meldet folgenden neuen Mißgriff" der Ansiedelungstommission:

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Das etwa 4500 Morgen große Gut AIthütte bei Czarnikau   ist für den Preis von 692 000 Mark von der An­siedelung stommission erworben worden. Der bis­herige Besizer, Herr Mühlenbein, ist ein Deutscher   und ein Hauptrufer im Kampfe des Bundes der Land­wirte im hiesigen reise, der kleine Endell" genannt. Das Gut gehörte früher dem Dr. Szumann, Senior der polnischen Landtagsfraktion. Vor etwa 13 Jahren erstand es Mühlenbein von dessen Bruder, dem Justizrat Szumann in Posen, für den Preis von 300 000 Mart. Wohl hatte Mühlenbein im Laufe der Zeit zwvei Arbeiterwohnhäuser gebaut und die sogenannten Alt­hütter Werke, eine Dachfalzziegelfabrik und eine Dampfbäckerei errichtet, aber dafür 500 Morgen als neun Renten.