Einzelbild herunterladen
 
betriebe haben die Arbeit nicht eingestellt. Auf dem Uferquai vor dem GefängnisKresty" hatte sich eine Menge Arbeiter angesammelt, die von Zeit zu Zeit Rufe:Amnestie! Amnestie!" ausstieß. Dann wurden Tücher geschwenkt, woraus aus dem Gefängnisse Hände. Tücher, weiße und rote, zum Vorschein kamen. Auf der InselGolodaj" haben die örd lichen Arbeiter eine Demonstration auf der Newa   veranstaltet. Sie mieteten eine Anzahl Nuderboote, ruderten durch den Fluß und sangen revolusionäre Lieder. An den Booten waren Fahnen mit den Aufschriften:Achtstündiger Arbeitstag!", Amnestie!" usw. befestigt. In dem Arbeiterviertel Gatvanj versammelte sich um 9 Uhr morgens eine Menge Arbeiter, die eine Anzahl roter Fahnen entfaltete und die Marseillaise   sang. Um 12 Uhr näherte sich eine bedeutende Zahl von Arbeitern einer Fabrik. in der gearbeitet wurde, und wollte die arbeitenden Genossen bestimmen, die Fabrik zu verlassen. Es mißlang, da die auf der Fabrik anwesende Infanterie und die Kosaken die Menge auseinandertrieben. Es kam dabei zu leichten Verletzungen. Auf dem sogenannten kleinen Prospekt des Wassili Ostrow demonstrierte eine aus etwa 1099 Arbeitern bestehende Menge. Die Polizei und Kosaken trieben sie auseinander. Einige Demonstranten wurden festgenommen. Auf dem anderen Ufer der Newa  , in dem Vorort Ochta, fand ein Meeting statt, das mehr als 5999 Mann versammelte. Die Redner forderten die Arbeiter zur Einigung auf und er- klärten die Bedeutung des 1. Mai. In einiger Entfernung befand sich eine Kette Polizisten, die die Veranstaltung eines Umzuges hinderte. Ein Anschlag gegen die Duma. London  , 21. Mai. Von einem militärischen Anschlag gegen die Duma will der Petersburger Korrespondent derTribüne" aus un» anfechtbarer Quelle Kenntnis haben. Es sei in stark besuchten Ber- fammlungen der Gurdcaffizicre ein genauer Plan ausgearbeitet worden, wonach die Verschwörer die Duma umzingeln, alle Abgeord- neten verhaften und den General Trepow zum militärischen Diktator Rußlands   ausrufen wollen. Politische deb erficht. Berlin  , den 21. Mai. Hochzöllner und militaristische Demagogen. Von agrarischen Hochzollgelüsten wurden heute die Wucherzöllner befallen, als der schwedisch  -deutsche   Handels- vertrag zur Beratung im Reichstage stand. Stundenlang mühten sie sich ab, die Bedenken aufmarschieren zu lassen, die ihnen in dem Vertrag aufgestoßen sind. Sie erreichten auch damit die Verweisung des Vertrages an eine Kommission. Dann trat das Haus in die zweite Beratung der Militär- Pensionsgesetze ein. Die Parteien sind übereingekommen, trotz aller Bedenken, die sie gegen einzelne Bestimmungen der be- treffenden Vorlagen haben, die Beratung dadurch zu fördern, daß sie auf Wiedereinbringung ihrer abgelehnten Anträge verzichten, damit für die Pensionsberechtigten endlich das Hangen und Bangen in schwebender Pein" ein Ende nimmt. Gegen diese Abmachung unternahmen die N a ti o n a l l i b er a l e n einen demagogischen Streich und stellten Anträge auf Erhöhung der Pensionen. Nunmehr erhoben die übrigen Parteien Widerspruch gegen die Sammelberatung einer Reihe von Paragraphen, sowie gegen die en bloc-Annahme des übrigen Teiles des Gesetzes. Dabei wurde die Illoyalität der Nationalliberalen weidlich gekennzeichnet. Genosse Singer konstatierte z. B., daß unsere Genossen in der Kommission Anträge auf Pensions- erhöhungen stellten, die abgelehnt wurden, aber nun von den Nationalliberalen eingebracht worden sind, damit nach außen der Eindruck erweckt werde, als interessierten sich die National- liberalen für die Militärpensionäre am meisten. Nach dieser Durchkreuzung des demagogischen Spieles suchte Graf O r i o l a den Vorgang aus Mißverständnisse zurückzuführen und zog unter dem Gelächter des Hauses seine Anträge zurück. Daraufhin gaben die übrigen Parteien ihren Widerspruch auf, und die vereinbarte Behandlung der Vor- lagen trat ein. Von unserer Seite präzisierte Genosse S ch ö p f l i n den Standpunkt unserer Fraktion zu dem Pensionsgesetz für die Offiziere, das nach mehrstündiger Beratung nach dm Be- schlüssm der Kommission angmommen wurde. Die Parade des Flottenvereins. Die Generalversammlung des Flottenvereins in Ham- bürg hat in der Tat den Verlauf genommen, den wir in unserer Sonntagsnummer voraussagten. Man hat jeden Konflikt mit dem bayerischen Flügel vermieden und nach außen hin volle Einigkeit markiert. Eine interne Aus- einandersetzung über die Stellungnahme des Vereins zum Flottengesetz war ja auch schon deshalb überflüssig, weil am Sonnabend die Flottcnvorlage in dritter Lesung angenommen und damit das Schicksal dieses Gesetzes definitiv ent- schieden war. Den Flottentreibern blieb nichts anderes übrig, als allgemeine programmatische Forderungen aufzustellen und die öffentliche Meinung künftig noch energischer als bisher zugunsten uferloser Flottenvermehrungspläne zu bearbeiten. In diesem Sinne waren denn auch die Referate und Reso- lutionen der Generalversammlung gehalten. Bemerkenswert war es, daß kein geringerer als der Bruder des Kaisers, Prinz Heinrich  , die General- Versammlung beschwor, doch alleFriktionen persön- l ich er und korporativerNaturauszuschalten". Aufgabe des Vereins sei es, auch jenen Teil der Bevölkerung, der noch nicht für die Marine schwärme,aufzuklären" und zu erziehen". In der Diskussion wurde von allen Seiten be- tont, daß das Hauptziel der Vereinspolitik die Erhaltung der Einigkeit sein müsse. Schließlich wurde folgende Resolutton einstimmig angenommen: In der Ueberzeugung, daß trotz der erfolgten Annahme der Flottenvorlage durch den Reichstag die Ziele des deutschen Flotten- Vereins noch nicht erreicht sind, das Vaterland vielmehr von dem Besitz einer starken Flotte noch weit entfernt ist, erkennt die Haupt- Versammlung es nach wie twr als Aufgabe des BereinS an, für den schnelleren Ersatz der minderwertigen Schiffe durch vollwerttge einzutreten." Auch dergemäßigtere" bayrische Flügel des Flotten- Vereins bekannte sich also rückhaltlos zu der Forderung schnelleren Flottenrüstens, als es im Nahmen des durch die Flottennovelle ergänzten Flottengesetzcs vorgesehen ist. Für den ganzen Flottenverein, auch den vom Zentrum be- einflußten Teil gilt also die Parole:Nun aber weiter!" Auf die Friedensreden jenseits des Kanals gab der Vor- sitzende des Vereins, Für st zu Salm-Horstmar, in einem Referate folgende Antwort: Friede aus Erden ein schönes Bild für stille Feier- stunden! In der W e r k t a g s st i m m u n g sieht aber die friedliche.Völkerfamilie" weit öfter aus wie derLöwengarten" des Königs Franz: Und rings im Kreis, Von Mordsucht heiß, Lagern sich die gräulichen Katzen. Die neue Aufgabe, die die Zeit dem Volke stellt, ist: Es muß den Willen zur Macht finden. Denn der Wille zur Macht, in vielen nur ein dunkler Naturdrang, wird zur sittlichen Pflicht für ein Volk, das die Gaben fühlt, die Gott ihm verliehen hat. Für ein Leben in den Ritzen und Ecken ist unser deutsches Volk zu gut, es muß sich berufen fühlen zum Höchsten; es muß sich berufen fühlen, ein Herrenvolt zu sein, dessen geringstes Glied noch von dem Bewußtsein durchzuckt wird: Wir fitzen mit am Spiel, wo die Geschichte unserer Erde gemacht wird! Das kostet sreilich Opfer. Aber ein edles Volk erschrickt vor keiner neuen Aufgabe, es greift zu und vollbringt das Große, nicht obwohl, sondern weil es unmöglich schien." Der Kaiser beantwortete ein Huldigungstclegramm durch folgende Depesche: Ich habe mich über das treue Gedenken der zur sechsten ordentlichen Hauptversanuuluug vereinigten Mitglieder des Deutschen Flottenvereius sehr gefreut und ersuche Euer Durchlaucht, allen Beteiligten meinen w ä r m st e n Dank auszusprechen. Wilhelm I.  Die neue Flottenvorlage wird nicht lange auf sich warten lassen I_ Im Kampf um die Selbstverwaltung der Gemeinden. Stuttgart  , 19. Mai.  (Eig. Ber.) Die Zweite Kammer des württembergischen Landtags hat jetzt wiederum die Gemeindeordnungs Novelle durchbcrate», nachdem sie durch die Kammer der Standesherren, meistens im Ein- Verständnis mit der Regierung, in verschiedenen für die Selbstver- waltung der Genieinden wichtigen Punkten rückwärts revidiert worden war. Leider zeigte die Zweite Kammer gegen diese Per- 'chlechterungsvcrsuche sehr wenig Rückgrat. Sie legte eine be- iauernswcrte Nachgiebigkeit an den Tag, die für den bevorstehenden Kampf der beiden Kammern um die V e r f a s s u n g s r e f o r m nicht viel Gutes erwarten läßt. Eine der strittigen Bestimmungen betraf die Befugnis der Ge- meinden, Gemeindesatzungen(Ortsstatute) mit Ge- 'etzeskraft im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zu erlassen. Die Regierung verlangte für diese Ortsstatuten das unbeschränkte Genehmigungsrecht", während die Zweite Kammer bei ihrer ersten Beratung des Gesetzes der Regierung nur einVollziehbarkeitsrecht" zugestanden hatte. Die Furcht vor der in die Gemeindeverwaltungen immer- stärker eindringenden Sozialdemokratie hatte die Erste Kammer veranlaßt, die Wünsche der Regierung zu erfüllen und das Recht der Gc- meinden zum Erlaß von Ortsstatuten sogar materiell nur auf die in der Gemeindcordnung vorgesehenen Angelegenheiten zu be- chränken. Vergebens wandte sich hiergegen von unserer Seite der Äenosse Kloß, für die Volkspartei Konrad Haußmann und elbst der konservative Abgeordnete Kraut meinte, daß eine solche Bestimmung denTod der Selbstverwaltung" bedeute. Das Zentrum und die Privilegierten, sowie zwei Nationalliberale ver- chafften der reaktionären Fassung dieses Paragraphen eine knappe Mehrheit. Ebenso wichen die bürgerlichen Parteien mutig zurück bei einer Frage, in der die Autorität des allgemeinen Wahl- rechts von der Regierung und Ersten Kammer selbst angefochten wurde. In Württemberg   werden die O r t s vo r st e he r von der Bürgerschaft auf Grund des allgemeinen und gleichen Wahlrechts direkt gewählt. Die Zweite Kammer hatte bereits, trotz des Wider- pruchs der Sozialdemokratie, bei der ersten Beratung der Ge- meindeordnung der Regierung ein Bestätigungsrecht für diejenigen Ortsvorsteher zugestanden, welche erstmals nicht volle Zweidrittel- Mehrheit erhalten, und die bei wiederholter Aufstellung nach Ablauf ihrer Amtsperiode weniger als die Hälfte aller abgegebenen Stimmen erhalten. Diese schon viel zu weit gehendeKorrektur" des all- gemeinen Stimmrechts genügte der Regierung aber noch nicht. Sie etzte daher in der Ersten Kammer durch, daß sie das unbeschränkte öestätigungsrecht für alle mit weniger als Zweidrittelmehrheit ge- wählten Ortsvorsteher erhielt. Und selbst bei denen, die mehr als Zweidrittel aller Stimmen erhielten, soll sie das Recht haben, die Bestätigung zu versagen, wenn das zuständige Disziplinargericht den Gewählten als untauglich zur Versehung des Amts erklärt hat. Es versteht sich, daß eine solche Machtstellung der Bureaukratie von großer politischer Bedeutung werden kann, wenn z. B. eine sozialdemokratische Mehrheit der Wählerschaft einem der Regierung wegen seiner politischen Anschauungen nicht genehmen Kandi- baten zum Siege verhilft. Bei der nunmehrigen Be- raiung dieser Beschlüsse des Oberhauses durch die Zweite Kammer, liehen die bürgerlichen Parteien leider jede Energie und Konsequenz vermissen. Am blamabelsten schloß in diesen Debatten die Polls- Partei ab, die erst den Mutigen markierte und beantragte, an>den rüheren Beschlüssen festzuhalten, und die Ansprüche der Regierung dadurch zurückzuweisen. Sie zog diesen Antrag aber schleunigst zurück, als sie merkte, daß er durch die Unterstützung des Zentrums und der Sozialdemokratie in der Lage war, eine Mehrheit zu er- halten. Als dann der sozialdemokratische Abg. Keil den zurück- gezogenen Antrag der Volkspartei, durch den sie, wie Haußmann 'ich ausgedrückt hatte, ihrenprinzipiellen Standpunkt" zum Aus- druck hatte bringen wollen, wieder aufnahm, beging die Volkspartei das schier Unglaubliche, in namentlicher Abstimmung gegen den eigenen Antrag zu stimmen! Bei dieser Gelegenheit zeigte sich wieder einmal die völlige taktische Unfähig- keit der volksparteilichcn Führerschaft im hellsten Lichte. Die Volks- parteilcr möchten vor der Wählerschaft so gern als die zuverlässigen Hüter demokratischer Grundforderungen gelten, und andererseits ühlen sie sich im Landtage, als dessen stärkste Partei, berufen, bei der Gesetzgebung positiv, sozusagen.fftaatsmännisch" mitzuwirken, werden jedoch bei den Versuchen nach dieser Richtung hin durch die im taktischen Manövrieren viel geschickteren Gegner fast regelmäßig, und so auch- diesmal wieder, auf den Sand gesetzt. In der Sache selbst wurde schließlich ein schwächlicher Kom- promißantrag angenommen, wonach die Regierung auch einem mit absoluter Mehrheit wieder gewählten Ortsvorsteher die Be- tätigung versagen kann, wenn sie selbst(!) der Meinung ist. daß unter seiner bisherigen Amtsführung die Gemeindeverwaltung oder die ihm übertragenen Angelegenheiten notgelitten haben. Von Bedeutung ist aus den weiteren Verhandlungen noch, daß die Erste Kammer die Herabsetzung der Gebühr für die Er- Werbung des Bürgerrechts und somit des kommunalen a h l r e ch t s auf 2 M. unter Hinweis auf die drohende Gefahr des Anwachsens der Sozialdemokratie in den Gemeindeverwaltungen abgelehnt hatte. Hier gab die Zweite Kammer der Ersten er- 'reulicherweise nicht nach. Für die Sozialdemokratie begründete Abg. Keil nochmals ausführlich, wie wichtig die Anteilnahme der arbeitenden Bevölkerung an der Regelung der Gemeindeverwaltung ei. Es verblieb sodann auch bei der Herabsetzung der Bürgerrechts- gebühr auf 2 M. Nun hat sich Wieder die Erste Kammer zu diesen Beschlüssen zu äußern._ Die Stichwahlen in Frankreich  . Der gestrige französische   Sttchwahltag hat nicht nur ge- halten, was unsere französischen Genossen und die Radikalen von ihm erwarteten, er hat diese Erwartungen noch über- troffen. Noch schärfer als bei den Wahlen am 6. d. M. tritt i)ie antiklerikale Strömung hervor, die nicht nur Paris  , nicht nur die Zentren des Handels und der Industrie, sondern selbst viele ländliche Distrikte erfaßt hat. d,26 Stichwahlen waren gestern zu vollziehen, darunter eine in La Martinique  , die bisher noch nicht bekannt ist, wahrscheinlich aber einem Radikalen den Sieg gebracht hat. Von den übrigen 153 Stichwahlen sind nur 15 günstig für die Klerikalen und den zu ihnen haltenden Parteigruppen ausgefallen: 149 Mandate fielen den Blockparteien und unseren Genossen zu. Hatte schon der erste Wahlgang diesen Parteien einen Neingewinn von 22 Mandaten gebracht, so ist dieser gestern noch um 35 weitere Mandate vermehrt worden, so daß voraussichtlich(mit Einschluß des Ergebnisses von La Martinique  ) 413 Mitglieder des Block und der sozialistischen   Fraktion 177 Klerikalen, Kon- servativen und Progressisten gegenüberstehen werden. Sehr günstig ist die Stichwahl für unsere französischen Genossen, die geeinigtcn Sozialisten, ausgefallen. In der letzten Kammer hatten sie 39 Sitze inne. Davon haben sie im ersten Wahlgang, am 6. Mai, 29 Sitze wiedererlangt. Gestern sind nach den bisher eingelaufenen telegraphischen Meldungen noch 26 Sitze hinzugekommen, so daß der Ge- winn im ganzen 16 Mandatebeträgt. Außer- dem haben die sogenannten unabhängigen oder parlamentari- scheu Sozialisten, die in der letzten Kammer 13 Mitglieder zählten, zwei neue Mandate erobert: sie rücken also 17 Mann stark in das Parlament ein: doch bedenket diese Verstärkung derunabhängigen" Sozialisten keinen Vorteil für die soziali- slische Bewegung. Waren bisher schon dieseUnabhängigen" zum größten Teil nichts anderes als folgsame Diener der Bourgeoisparteien, so hat sich jetzt ihre Qualität durch die Hinzuwahl einiger höchst zweifelhafter Kantonisten eher ver- schlcchtert, als verbessert. Auch die den Sozialisten am nächsten stehenden Radikalen, die sogenannten sozialistischen   Radikalen, haben ihren Besitz- stand um 27 Mandate� vermehrt. Paris  , 21. Mai. Nach den hier vorliegenden Stichwahlergeb- nissen ist die Besetzung von im ganzen 58S Deputiertensitzen be­kannt. Es verlieren die Nationalisten 29, die Progressisten 3b Sitze, die Konservativen und Liberalen gewinnen 1 Sitz: auf der anderen Seite beträgt der Gewinn der republikanischen Linken 11, der sozialistischen   Radikalen 27, der vereinigten Sozialisten 16, der unabhängigen Sozialisten 2 Sitze. Paris  , 21. Mai. Unter den in Paris   Gewählten befinden sich die Sozialisten Allemane, Paschel-Grousset, die sozialistischen   Radikalen Magnaud, genannt Le bon Juge, Buisson, Chantard, Vorsitzender des Gemeinderats, der Nationalist Tour- narde. In St. Denis   siegte der sozialistische Radikale Depasse über den Nationalisten Guhot de Villcneuve, den Veröffentlicher der Auskunftszettel. In Angouleme   siegte der Radikale Mulac über Deroulede, in Chambery   wurde der Radikale Reinach  gewählt, in Fontainebleau   der Republikaner   Advokat Labori. In Pontoise   siegte der Radikale Aumond über den Nationalisten Major Driant, Schwiegersohn Boulangers, in Nerac   wurde gewählt der sozialistische Radikale Lagasse, der seinerzeitige Verteidiger Ester. hazys. in Uzes   unterlag der Konservative Herzog von Uzes gegen den sozialistischen   Radikalen Poisson. Paris  , 21. Mai. In Brest  , wo der von den Sozialisten heftig bekämpfte Präsident desG elben Syndikats" Bietrh gewählt wurde, fanden lärmende Demonstrationen vor dem Redak» tionsbureau der gemähig-republikanischen ZeitungDepesche" statt. In Le Vigan(Departement Gard  ) sprengten mit Hacken und Knüppeln bewaffnete Anhänger des klerikalen Kandidaten, der unterlegen war, das Tor der Unterpräfektur und drangen in daS Haus ein, wurden jedoch von der Gendarmerie verttieben. Paris  , 21. Mai. Die oppositionellen Blätter geben unverhohlen zu, daß ihre Partei eine weit über die schlimmsten Be- fürchtungen hinausgehende Niederlage erlitten habe und erklären, daß der Sieg des Blocks vor allem einen Sieg der revolutionären Sozialisten bedeute. Die bezeichnendste Erscheinung sei die Vermehrung der ge- einigten sozialistischen Parteien, welche in ihren Reihen Anhänger des unversöhnlichsten Klerikalismus und des inter­nationalen antimilitaristischen Herveismus zählen. Die radikalen und die sozialistischen   Blätter erklären, Frankreich   habe durch die Wahl den lebhaften Willen bekundet. diePolitikderRepu» blik und der sozialistischen   Reformen aufrecht zu erhalte«. Als besonders charakteristisch für den Zusammenbruch der Aniiblockparteien und mit besonderer Befriedigung heben die radikalen Blätter die Niederlage des Obersten Marchand, des Hauptmanns Guyot de Villeneuve. des MajorS Driant und die des Führers der gemäßigten Republikaner Grafen Montebello hervor. welcher in Reims   gegen den radikalen Bürgermeister Pozzy unterlag. PariS  , 21. Mai.  (Privattelegramm.) Die Stichwahlen haben die Niederlage der Reaktionäre am 6. Mai vollendet. Die Patteien der Nationalisten und Progressisten find zerschmettert. Alle hervor« ragenden nationalistischen Führer sind unterlegen, darunter Döroulöde, Marchand und Auffroy. Die Radikalen sind stark genug, um mit Hülfe der Linksrepublikaner oder der Sozialisten eine Regierungs- mehrheit zu bilden, wodurch der Block überflüssig wird. Den Sozialisten brachten die Stichwahlen einen großen Erfolg. Sechs Wahlkreise wurden behauptet, drei verloren. 16 neu erobert. Die Fraktion der geeinigken Sozialisten steigt auf 65 Mitglieder. Die Radi- kalen kooperierten mit den Sozialisten, doch fanden genug Ausnahmen statt. In fünf Kreisen, wo die Sozialisten einen Vorsprung hatten. unterlagen sie dennoch infolge der Wahlenthaltung der Radikalen. Im dreizehnten Arrondissement von Paris   siegte zum Beispiel der radikale Dissident gegen Cardet, weil die sozialistischen   Radikalen teilweise gegen den Sozialisten stimmten. Ferner wurde Brest   von dem Führer der«gelben" Gewerkschaften Bistry erobert, weil Hunderte von Radikalen gegen den sozialistischen   Kandidaten stimmten. Andererseits versagten auch in manchen Wahlkreisen die Sozialisten den Radikalen die Wahlhülfe. In Trohes siegte Genosse Leandre Nicolas mit reaktionärer Unterstützung über den fozia- listischen Radikalen. Im 15. Pariser   Arrondissement, dem ehemaligen Wahlkreis des Genossen Baynol, wo der neue sozialistische Kandidat Aubriot entgegen dem Beschlutz des Föderalrates seine Kandidatur aufrecht erhalten hatte, siegte ttotzdem der sozialistische Radikale Chautard. Deutfebes Reich. Kaiserliche Belobigungen und Belohnungen. Die Annahme der Steuervorlagen hat Wilhelm II.   Veranlassung gegeben, an den Reichskanzler ein Schreiben zu richten, in welchem er seiner, von der deutschen Bevölkerung sicherlich nicht geteilten Auf« fassung Ausdruck gibt, daß die Apportation des Steuerragouts durch den Reichstag für dieinnere Festtgung und EntWickelung" des Deutschen Reiches von höchster Bedeutung sein wird. Dann heißt es weiter: Von ganzem Herzen beglückivünsche Ich Sie daher zu diesem Erfolge, durch welchen Sie Sich von neuem den Dank Ihres Kaisers und Königs wie des Vaterlandes erworben haben. Zu- gleich benutze Ich die Gelegenheit. Ihnen, mein lieber Fürst, Meine innige Freude darüber auszusprechen, daß Ihre durch da-Z Uebermaß der Arbeit angegriffene Gesundheit durch Gottes Gnade vollständig wieder hergestellt ist und Ich Mich der zuversichtlichen Hoffnung hingeben kann, daß Ihre ausgezeichneten Dienste Mir