Nr. 117. 23. Iahrgaug.1.|ril«p des Joiritts" Kcrlim UolksdlM.Dienstag, 22. Mai 19l)6.Rexd>9tac[»108. Sitzung vom Montag, den 21. Mai,nachmittags 1 Uhr.Am BundeSratstische: Graf v. P o s a d o w s k y.Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Beratung des am8. Mai 1906 zu Stockholm unterzeichnetenHandels- und SchiffahrtsvertrageSzwischen dem Deutschen Rcickie und Schweden, durch welchen diezwischen Schweden und den deutschen Einzclstaaten Preuben, Hambürg. Bremen, Oldenburg, Mecklenburg-Schwerin und Lübeck geschlofsenen Handelsverträge auster Kraft gesetzt werden.Abg. Frhr. Hehl zu Hcrnsheim snatU: Die volle Wirkung derbereits abgeschlossenen Handelsverträge lästt sich nocki nicht übersehe»!aber das eine steht fest, das; die deutsche Industrie sich im Aufblühenbefindet und daß die Arbeitslöhne gestiegen sind. Wir haben alsoalle Veranlassung, uns auch dem vorliegenden Handelsvertragefreundlich gegenüberzustellen.(Beifall bei den Nationalliberalen.)Abg. Kaempf(frs. Vp.): Unser autonomer Zolltarif ist nichtgeeignet, unsere Industrie vorwärts zu bringen, dafür ist derschwedische Handelsvertrag ein vollgültiger Beweis. Obwohl nichtalles erreicht ist, was wir wünschen, werden wir für den Vertragstimmen. Beseitigt ist manche Erschwerung des Verkehrs, z. B. derBisierungspab der Pässe. Ueberhaupt ist die hohe Zollmauer einwenig abgetragen. Für besonders bedeutsam halten wir die zoll-freie Einfuhr von Preiselbeeren; zum erstenmal wird also ein land-wirtschaftliches Produkt außer der Kartoffel zollfrei eingeführt. Sehrbedeutsam ist ferner, daß die schwedischen Eisenerze von einemAusfuhrzoll freigehalten sind. Schweden hat uns damit ein gutesBeispiel gegeben.(Beifall bei den Freisinnigen.)Abg. Speck(Z.): Die Bestimmungen, die dem Vorredner alsLichtseiten des Handelsvertrages erscheinen, erscheinen mir alsSchattenseiten. Die Preitzelbeeren leiden dnrch den langen Transportund kommen in gesundheitsgefährlichem Zustand hier an. Ueber-Haupt hat man die Wünsche der Industrie und des Auslandes inden Vordergrund gestellt gegenüber denen des Produzenten und deskleinen Mannes. Die finanziellen Erträgnisse der einzelnen Positionenkommen wesentlich Schweden zugute. Von der MeistbegünstigungS-klaufel werden nicht wir, sondern vor allem Rußland Borteil haben.Das beste an dem ganzen Vertrage ist, daß er am 31. Dezember 1910bereits sein natürliches Ende findet. Aus alle Fälle bedarf der Ver-trag eiltet eingehenden Prüfung in einer Kommission. Im Namenmeiner Freunde beantrage ich die Ueberweisung an eine Kommissionvon 2l Mitgliedern.(Beifall im Zentrum.)Abg. Dave(frs. Vg.): Der Vorredner hat sich als Uhl(Eule)für den Vertrag vorgestellt, ich stelle mich als Nachtigall vor.(Große Heiterkeit.) Gewiß sind nicht alle unsere Wünsche erfüllt!so ist die Gebühr von 100 Kronen, die der deutscheHandelsreisende in Schweden zahlen mutz, sehr lästig. Auch fürmanche Industrie. z. B. die Zement- und einige Zweige derBekleidungsindustrie ist nicht genügend erreicht der neue Zolltariferweist sich eben nicht als so wirksam, wie seine Befürworter meine».Die hygienischen Bedenken des Kollegen Speck bei der Einfuhr derPreitzclbeeren kommen darauf hinaus, daß sie nicht so frisch an-kommen, als sie beim Pflücken sind.(Heiterkeit links.) EineKommissionSberatuna scheint mir für die Verabschiedung derVorlage vor der Vertagung bedenklich; ich bitte deshalb, davonabzusehen.Graf v. Posadowsky: Man sagte, die neuen Handelsverträgeund der neue Zolltarif würden die deutsche Industrie ins Auslandtreiben. Diese düstern Voraussagungen haben sich nicht erfüllt;vielmehr sind die Aussichten für die deutsche Industrie sehr günstig.— Einen Handelsvertrag darf man nicht nach Einzelheiten beurteilen,wie sie hier vorgetragen sind, sondern nach der Gesamtlage derbeiden Staaten. Bisher hatte Schweden von uns alle Vorteile, diedritte Staaten erhielten, während Schweden frei blieb uns gegenüberbis auf die allgemeine Meistbegünstigung. Durch den neuenVertrag ist Schweden gehindert, autonom seine Zollsätze uns gegenüber zu erhöhen, und von diesem Gesichtspunkte aus bitte ich denVertrag zu beurteilen. Für wertvoll halte ich auch den VerzichtSchwedens auf Ausfuhrzölle auf seine Eisenerze. Abfällig kritisiertist auch die zollfreie Einfuhr der Pflastersteine! die verbündetenRegierungen haben aber den Steinzoll immer nur als Kompensationsobjekt betrachtet. Auch ist an dieser Frage die deutsche Schiffahrterheblich interessiert, und die Einfuhr von Pflastersteinen ist auchfür unsere Landeskultur sehr wichtig. UeberdieS unterliegtes keinem Zweifel. daß ohne diese Zustimmung derVertrag nicht, zu stände gekommen wäre. Die kurze Frist des Verträges wird von der Linken als Beweis angesehen, daß der neueZolltarif keine langfristigen Verträge ermöglicht; das ist nicht richtig.Die kurze Frist ist in innerpolitischen, schwedischen Verhältnissen be-gründet.— Mit Spanien stehen wir schon lange in Verhandlungen;der gegenwärtige Znstand der Ungewißheit darf unter keinen Um-ständen mehr lange dauern.— Mit Amerika ist unser Verhältnisnicht so. daß wir ihm den Konventionaltarif ans 17 Monate bewilligthaben, fondern wir haben vom Reichstag die Vollmacht, es zu tun ieS handelt sich um eine provisorische Matzregel in der Hoffnung, daßes in dem Zeitraum möglich sein wird, zu einem Abkomme» zugelangen, das den berechtigten Interesse» Deutschlands einigermaßenRechnung trägt.— Weiter ist gefragt nach dem Stand unserer Ver-Handlungen mit Italien wegen Ausbaues der Arbeiterversichernng.Daran hat Deutschland das allerdringendste Interesse, wir haben aufdiesem Gebiete erheblich vorgeleistet und haben alleS Interesse,daß andere Staaten mit gleichen Opfern und in gleichemUmfange ihre Arbeiterversichernng ausgestalten. Eine solche Be-wegung ist auch in anderen Staaten im Gange, und wir werdenschon im Jntercffe unserer Konkurrenzfähigkeit alles tun, um dieseBewegung unsererseits kräftig zu unterstützen.Abg. Graf Könitz(k.): Am beste» hat mir in der Rede desStaatssekretärs der energische Ton gegenüber Spanien und Amerikagefallen: mit Spanien stehen wir schon seit 1899 in Verhandlungen.Beim vorliegenden Vertrage bedauere ich, datz der Zollschutz, denwir für unsere Industrie schwer erkämpft haben, wieder herabgesetztwird. Bedenken erweckt auch der finanzielle Ausfall; kaum habenwir der Regierung neue Steuern bewilligt, so fängt sie schon anmit dem Gelde zu schleudern und verzichtet hier auf Einnahmenzugunsten des Auslandes. Trotzdem würde ich siir den Vertragstimmen, weil die Ablehnung nach außen einen schlechten Eindruckmachen würde. Da aber Abg. Speck den Antrag auf KommissionS-bcratuug gestellt hat, werde ich persönlich dafür stimmen.(Bravo!rechts.)Abg. Bernstein(Soz.):Irgend ein ernsthafter Zweck kann mit der KommissionSberatnngnicht verbunden sein. Es handelt sich eigentlich nur darum, derRegierung in der Kommission noch ein paar Unannehmlichkeiten zusagen. Wir sind ja außer Stande, irgend eine Aenderung nochherbeizuführen. Die Herren auf der Rechten wissen das ebensogut.Es ist ja richtig, datz der Handelsvertrag uns sehr spät zugegangenist. Aber von derselben Seite, die dies beklagt, hat man sehr wenigdagegen zu sagen gewußt. als bei der Schaffung des Zolltarifs.auf Grund dessen dieser Handelsvertrag abgeschlossen ist, diese Sacheso überaus schnell Hals über Kopf abgetan wurde. Damals wurdenganze Zweige von Industrien aufs Schwerste geschädigt.(Sehrrichtig l bei den Sozialdemokraten.) Wir haben am allerwenigstenGrund, uns für einen Vertrag ins Zeug zu legen, der auf diesemdurchgepeitschen Zolltarif aufgebaut ist. Wir sehen aber keinenGrund ein, dem vorliegenden Vertrage prinzipiell entgegen-zutreten. Man hat einzelne Punkte herausgerissen und darzulegenversucht, wie gewisse Gelverbeklassen durch diesen neuen Bertrag an-geblich geschädigt lvären, und hat dabei naürlich nicht verfehlt,Mitleid für die Aermsten der Armen, die hierzu angeblich gehören,zu erwecken. Zum Beispiel mit den armen Beerensammlerinnen I Ichwill das Mitleid sehr hoch einschätzen, wenn ans derselben Seitedafür gewirkt würde, die h o h e n A b g a b e n, die die B e e r e n-s a m m l e r i n n e n zu zahlen haben, auszuheben. Die Beerenwachsen in Schweden doch auch nicht auf der Straße. Zudem kannauch der deutsche Markt damit nicht überschwemmt werden. Deralte Zustand bleibt im wesentlichen erhalten. Die deutscheKonservenindnstrie war schon immer auf die schwedischen Preitzel-beeren angewiesen. Niemand wird geschädigt. Wer Mitleid hat, mögedafür sorgen, datz den Armen nicht die notwendigstenUnterhalts mittel verteuert werden, sondern so billigwie möglich zukommen, was aber gerade Sie ans der Rechten ver-hindern.(Sebr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Es ist vielvon der Meistbegünstigung heute gesprochen. Will man Handels-Verträge, so mutz man Konzessionen machen, und man darf dannnicht darüber jammern, daß sie gemacht sind. Wenn die anderenStaaten ihre Zollsätze erhöht haben, so können wir uns am aller-wenigsten darüber beklagen, denn wir find ihnen ja mit einem traurigenBeispiel vorangegangen. Sie sind uns nur gefolgt, �sch halte denVerzicht Schwedens auf seinen Ausfuhrzoll auf Eisen für sehrwertvoll. Wenn behauptet wurde, der Verzicht sei nur für einigeIndustrien wertvoll, so weise ich darauf hin. datz von diesenIndustrien doch wieder andere abhängen. Der Staatssekretär hatsich zur Freude des Grafen Könitz mit Energie darüber aus-gesprochen daß, wenn Spanien nicht nachgäbe, es zum Zollkriegkommen würde. Demgegenüber aber frage ich ihn, warum be-kommen wir denn keinen Handelsvertrag mit Spanien? Mit Stolzhat der Graf Posadowsky gegenüber den angeblich zupessimistischen Prophezeiungen der Mitglieder der Linkendarauf gesagt, datz wir trotz alledem Handelsverträgebekommen hätten. In den Verhandlungen mit Spanien aberzeigt eS sich, datz, wenn keine besonders günstigen politischen Um-stände vorliegen, der Abschluß eines Vertrages dnrch unseven Generaltarif sehr erschwert ist. Wir brauchten nur den Zoll auf Roheisenüberhaupt abzuschaffen, dann würde das unserer Eisenindustrie sozugute kommen, daß diese die Konkurrenz des Auslandes überhauptnicht zu fürckiten braucht. Dasselbe gilt für die Holzindustrie. Eshat also gar keinen Sinn, eS zu beklagen, daß wir Schweden gegenüberden Zoll auf einzelne bestimmte Maschinenteile usw. herabgesetzt haben.Ueberdies ist der herabgesetzte Zoll immer noch um 33'/, Proz.höher als der früher geltende. Wie nun aber unser Generaltarifeinmal ist, ist kein anderer Handelsvertrag als der vorliegende zuerwarten. Wir hätten also nichts dagegen, wenn er hier in diesemHause so angenommen wird, wie er ist.(Beifall be» den Sozialdemokraten)Bevollmächtigter zum Bundesrat Geheimrat Kröner: DerBundesrat hat den Vertrag so schnell wie möglich vorgelegt.Abg. Gamp(Rp.): Es ist eine starke Zumutung an den Reichetag, den Vertrag in 24 Stunden oder zwei Tagen gu erledigen.Nachdem Kommissionsberatung beantragt ist, halte ich ihre An-nähme siir selbstverständlich! deshalb gehe ich auch auf Einzelheilennicht ein. Aufs Ausland wird die Verweisung in eine Kommissionnicht, wie Graf Kanitz meint, einen schlechten Eindruck machen, sonderneinen guten.Geheimrat Dr. v. Schönebeck kommt auf einige Einzelheiten desVertrags zu sprechen. Der schwedische Hopfenzoll ist immerhin be-trächtlich niedriger als der deutsche.(Hört I hört I links.) Die deutscheHopfenauSsuhr nach Schweden ist in stetem Steigen begriffen.—Schweden hat immerhin eine Anzahl für unsere Industrie sehrwichtige Zollermäßiaungen eintreten lassen.Abg. Dr. Wolfs(wirtsch. Vg.) tadelt den Vertrag und bezeichnetihn als bedauerliche Preisgabe deutscher Interessen. Die württem-bergische Pflastersteinindustrie wird schweren Schaden von dem Ver-trage haben, dessen Folgen der Abg. Gamp und selbst der Abg. GrafKanitz viel zu leicht nehmen.(Beifall bei einem Teil der Rechten.)Abg. Dr. Beumer(natl.) bedauert, datz einige Industrien, wiedie Holzindustrie, und Erwerbszweige, wie das Preißelbeersuchen, beidem Vertrage nicht genug gestützt seien.(Hört! hört I rechts.) DerVorschlag des Abg. Bernstein, überhaupt die Holzzölle abzuschaffen,erinnert stark an die Kuren ä la Dr. Eisenbart.(Lachen bei denSozialdemokraten.) Den Nachteilen des Vertrages steht als großer,namentlich für die niederrheinisch-westsälische Eisenindustrie äußerstwichtige Vorteil der Verzicht Schwedens auf Ausfuhrzölle auf Eisen-erze gegenüber. Alles in allem überwiegen die Lichtseiten des Ver«träges und ich bitte um seine Annahme ohne KommissionSbckratuiig.(Beifall bei den Nationalliberalen.)Abg. Dasbach(Z.): Dem Abg. Bernstein gegenüber bemerke ich.datz die Interessenten heute kaum etwas vom Inhalte des Vertrageswissen. Seine Fraktion sollte also in Konsequenz der bei ftüherenGelegenheiten, wie beim Zolltarif, eingenommenen Haltung fürKommissionsberatung eintreten.(Rufe bei den Sozialdemokraten:Am Inhalt kann ja doch nichts geändert werden!) Aber unsererRegierung kann wenigstens für spätere Gelegenheiten das Rückgratgestärkt werden.(Beifall im Zentrum und rechts.)Abg. Wallau(natl.) beklagt ebenfalls die gollfteiheit derPflastersteine und der Preitzelbeeren. Schweden geht geradezu aufden Ruin der deutschen Basaltindustrie aus.(Lebhaster Beifall rechts.)Ich für meine Person stimme gegen den Vertrag.Hiermit schließt die Debatte. Für den Antrag Speck aufUeberweisung de« Vertrages an eine 21 gliederigeKommission stimmen das Zentrum, die Rechte mit einigenAusnahmen und einige Nationalliberale, wie die Abgg. Wallauund Graf O r i o l a. Der Antrag ist also angenommen und derHandelsvertrag geht an eine 2lgliedrige Kommission.ES folgt die zweite Beratung desOffizierpensionSgesetzeS.Auf Beschluß des Seniorenkonvents sollen die ZZ 1, 4, 6, 8, 9,11, 24, 32, 41, 43 gemeinsam diskutiert, der Rest des Gesetzes durchen bloc-Annahme erledigt werden.Abgg. Graf Oriola(natl.) und Erzberger(Z.) habenredaktionelle Abänderungsanträge nach Vereinbarung mit demKriegsnlinisterium und Reichsschatzamt gestellt.Außerdem stellt Graf Oriola(natl.) eine Reihe einschneidendermaterieller Abänderungsanträge.Abg. Erzberger(Z., zur Geschäftsordnung): Graf Oriola istvon der Vereinbarung abgewichen; die nationalliberale Partei willsich als diejenige hinstellen, der allein die Interessen der Invalidenam Herzen liege. Wir halten uns nunmehr auch nicht niehr an dieVereinbarungen gebunden.(Beifall im Zentrum.)Abg. Singer(Soz.): Angesichts der Anträge Oriola erhebe ichEinspruch gegen die Zusainmenfassung der Beratung einer Reihe vonBestimmungen und gegen die cn bloc- Annahme des übrigen Teilesdes Gesetzes.Abg. Dr. Müllcr-Sagan(fts. Vp.): Angesichts der neugeschaffenenLage müssen die Fraktionen ihre Stellungnahme beraten. Ich be-antrage deshalb die Vertagung des Hauses.(Lebhafter Beifall.)Abg. Normann(k.)(zur Geschäftsordnung): Nachdem von neuemAnträge gestellt sind, behalten wir unS vollständige Freiheit vor.Abg. Singer(Soz.)(zur Geschäftsordnung): Wir sind von dengestellten Anträgen überrascht: wir haben die von uns in derKommission gestellten Anträge nicht wieder eingebracht,weil von allen Seiten darauf hingewiesen wurde, datz, wenn andernWerk der Kommission auch nur an einer Stelle etwas geändertwäre, hierdurch die ganze Arbeit gestört werden würde.Wie die Situation jetzt ist, möchte ich den Kollegen Müller«Sagau bitten, von seinem Vertagungsantrag Abstand zu nehmen:denn die Situation ist vollkommen geklärt, der Versuch derNationalliberalen, sich als besondere Militär-Partei aufzuspielen, ist zurückgewiesen.(Beifall.)Abg. Graf v. Oriola zieht seine Anträge zurück.Abg. Dr. Müller- Sagau zieht seinen Antrag auf Vertagungzurück.<k.)(zur Geschäftsordnung): Die Anregunghätte vor allem im Seniorenkonvent gegebenAbg. Normannzu neuen Anträgenwerden müssen.Damit schließtgegen gemeinsamenicht vor.Abg. Schöpflindie GcschäftsordnungSdebatte; ein WiderspruchDiskussion über obige Paragraphen liegt(Soz.): Schon bei der ersten Lesung wurdeseitens des Vertreters unserer Partei darauf hingewiesen, datz dieVorlage eine ganze Anzahl von Bestimmungen enthalte, die unsdie Annahme sehr schwer machen würden, falls sie in derKommission nicht geändert würden. Nun hat der Entwurf dieKommission passiert, und die bedenklichen Bestimmungen sind leiderbestehen geblieben. In§ 4 ist sogar eine Berschlimmernngeingetreten. Während bisher die Verabschiedung eines Offiziers demdiskretionären Ermessen der Krone überlassen wurde, tritt nunmehreine zweite Möglichkeit, zu pensionieren, ein. Die doppelteMöglichkeit aber sollte nicht in ein Gesetz von solcher Wichtigkeithineinkommen, und auch in der Kommission haben sich die Rednerverschiedener Parteien dafür ausgesprochen, daß man dieser zweitenMöglichkeit einen Riegel vorschieben mützte. Die Statistikzeigt, in wie scharfem Tempo auch jetzt schon die Pensionierungenerfolgen. Während im Jahre 1886/37 die kommandierenden Generäleerst im 69. Lebensjahre verabschiedet wurden, geschah es im Jahre1903 im 63. Lebensjahr, das ist das 48. Dienstjahr. Die Divisions-kommandeure wurden 1886/37 im 61. Lebensjahr oder 47. Dienftjahr,im Jahre 1903 im 68. Lebensjahr oder 42. Dienstjahr pensioniert,die Brigadekommandeure im Jahre 1886/87 im 53. Lebensjahre oder43. Dienstjahre, im Jahre 1903 im 56. Lebensjahre oder 40. Dienstjahre.(Hört I hört I bei den Sozialdemokraten.) Das zeigt, in wieschnellem Tempo die Verjüngung der Armee vor sichgoßt, seitdem wir den„neuen KurS" haben. Die Pensionierung derDivisionskommandeure erfolgt 5—3 Jahre früher als in Frankreich.In den Jahren 1886/37 und 1337/83 wurden 3 kommandierendeGeneräle, SO Divisionskommandeure, 41 Brigadekommandenrepensioniert, dagegen in den ersten zwei Jahren des neuen Kurses10 kommandierende Generäle(Hört I hört I bei den Sozialdemokraten),43 Divifionskommandeure(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten),und 69 Brigadekommandenre(Hört I hört I bei den Sozial-demokraten) verabschiedet. Als die Mitglieder der Kommission vondiesen Zahlen Kenntnis erhielten, äußerten auch sie lebhafte Be-denken gegen den§ 4, ließen diese Bedenken aber zurücktreten, nach-dem eine Bestimmung aufgenommen wurde, von der sie glaubten, daß sieeinen Riegel für zu schnelles Pensionieren bedeute. Diese neue Be-stimmung heißt:„Bei Offizieren mit kürzerer als zehnjährigerDienstzeit ist in gleicher Weife der Nachweis zu führen, daß sie zujedem Militärdienst unfähig find."Wir Sozialdemokraten glauben nicht daran, daß damit einRiegel vorgeschoben ist. Beweiskräftig ist allein schon die Tatsache,datz der Herr Kriegsminister mit so großer Bereitivilligkeit auf dieneue Bestimmung einging. Denn als seitens einiger KommissionS-Mitglieder Bedenken geäußert wurden, datz damit der Kommando-gcwalt des allerhöchsten Kriegsherrn Abbruch geschehe, erklärte derKriegsminister, das sei durchaus nicht der Fall.(Hört! hört! beiden Sozialdemokraten.)Als Begründung für das Gesetz erhielten wir rührende Schil-derungen über die armen pensionierten Offiziere: dann bekamen wirspäter andere Gründe zu hören: der pensionierte Offizier müssestandesgemäß leben, er müsse auch seine Söhne wiederOffizier werden lassen können usw. Abg. Erzberger fügte alsweiteren Grund hinzu, der verabschiedete Offizier könne keinenweiteren Beruf mehr ergreifen. Ich mutz hier ein paar Worte überden angeblich so autzerordentlich aufreibenden Beruf des Offizierssagen: Wenn man die Leute beobachtet, hat man nicht den Eindruckdavon. Wenn man eine Statistik über die Lebensdauer der ver-schiedenen Berufe liest, so findet man, datz die Lebensdauer einesArztes, eines Rechtsanwaltes usw. im Durchschnitt vielkürzer ist.(Zuruf bei den Sozialdemokraten: Und die eines Ar-beiters!j Jawohl, auch die eines Arbeiters iAus der Statistik des Kriegsministeriums ersehen wir, datz diekommandierenden Generale noch 8 Jahre, die Divisionskommandeure11, die Brigadekommandeure 12 und die Regimentskommandeure15 Jahre durchschnittlich im PensionsvcrhältniS leben. Bei solchenZahlen kann von einem aufreibenden Beruf nicht ge-sprochen werden. Wir hatten in der Kommission angeregt.mit dem Pensionsgesetz gegen die Soldaten mitzhand-lungen rinzuschreitrn. Offiziere, die vorsätzlich die ihnen ob-liegende Pflicht der Beaufsichtigung veriiachlässigen oder selbstSoldaten mitzhandeln, sollten ihren Anspruch auf Pension verlieren.Unser Antrag ist abgelehnt worden. Man hat uns auf dieRevision des Militärstrafgesetzbuches verwiesen. DaS ist nur einBorwand, Bisher haben weder Korpsbefehle noch allerhöchste Er-lasse, noch die autzerordentlich scharfen Kritiken hier im Reichstagedie Einschränkung der Soldatenmitzhandlungen herbeiführen können.Offiziere, die stillschweigend ihre Pflicht vernachlässigen.die somit die Ehre deS Heeres nicht mehr wahren, ver-dienen keinen Anspruch auf Pension. Ein solcher Offizierdarf nicht noch auf Kosten des Reiches unterhalten werden. Erst inder letzten Woche hat ein Leutnant vor dem Kriegsgericht erklärt,der Hauptmann habe den Untergebenen anvcpfohlen, recht scharf gegenihre Maimschaften einzuschreiten. WaS für eine Wirkung mutz einsolcher Befehl bei untergeordneten Dienststellen hervorrufen! UnsereBedenken sind nach der Ablehnung unseres Antrages autzerordentlichgestiegen. Wir werden diesem Gesetz, wenn nicht wesentliche Acnde-rungen noch vorgenommen werden, in der dritte» Lesung unsereZustimmung Versagen müssen.(Beifall bei de» Sozialdemo-traten.)Abg. Graf Oriola(natl.): Die Annahme des Gesetzes wird demdeutschen Volke und dem deutschen Heere zum Segen gereichen.(Beifall bei den Nationalliberalen.) In der Kommission mutz wohlein Mitzverständnis geherrscht haben: denn dort ist da» Gesetz, wieder Bericht sagt, einstimmig angenommen werden, und hier er-klären die Sozialdemokraten, gegen da» Gesetz stimmen zu müssen.Abg. v. Massow(k.): An deni Zustandekommen diese« Gesetzes,da? ein Stück sozialer Fürsorge bildet, haben alle Parteien in an«erkennenswerter Weise gearbeitet. Wir stimmen dem Gesetz' mitsreuden zu, können aber in der Einzelabstimmung dem Absatz 2 de»5 nicht zustimmen ans Gründen, die wir bereits in der Kommissionentwickelt haben.(Bravo! rechts.)Abg. Mommfen(frf. Vg.): Leiber ist die Zahl der Pensionierungenim Heere dauernd gewachsen und wächst dauernd. Mit d e r Z u-(Kimmung zu diesem Gesetze geben wir die einzigeäffe auS der Hand, in entgegengesetztem Sinnezu wirken. Aber Unmögliches können wir nicht verlangen undmüssen uns hier auf den guten Willen der Militärverwaltung ver-lassen. Das Gesetz wäre bereits erledigt, wenn der Reichstag nichtvor einem Jahre plötzlich nach Hause geschickt worden wäre.Abg. Gamp(Rp.) dankt als Vorsitzender der Budgetkommissionfür die Anerkennung, die die Arbeit der Komnlission im Hause ge-funden hat.Abg. Liebermann v. Sonnenberg(Ant.): In der Thronrede von1903 wurde das Gesetz augekündigt; nach drei Jahren ist eSendlich zustande gekommen. Nun ffoll man aber Einzelwünschezurückstellen; denn Abänderungsanträge würden da» Zustande-kommen für jetzt und damit für absehbare Zeit vereiteln.(Beifallbei de» Antisemiten.)Die Diskussion ist erschöpft.Das Ossi zierpensionS gesetz wird mit den von denErzberger und Oriola beantragten Amendements in allenTesten gegen die Stimmen der Sozialdemokraten angenommen.