folgenden Geschäftswagen überfahren. Das rechte Bein wurde dem Mädchen fast völlig zermalmt. Die Kleine hatte auch außerdem innere Verletzungen erlitten und wurde in äußerst bedenklichem Zu- stände in das LazarnSkrankenhaus gebracht. De» Nettelbeckplatz als Schlafstelle ausgesucht hatte sich gestern abend der Schiffer Max K. aus der Rykestraßc. K. leidet an Delirium und befand sich gestern abend in total angetrunken-"" Zustande. Als er heimgehen wollte, glaubte er am Nettelbeckp.. � bereits am Ziel zu sein. Zum Erstaunen und Entsetzen der Passanten und Passanlinnen begann sich K. plötzlich ans offener Straße zu ent» kleiden, und als er sich vollständig ausgezogen hatte, wollte er sich zur Ruhe niederlegen. Hierzu kam eS jedoch nicht; mehrere Männer verscheuchten den Schiffer und wollten ihn fortschaffen. Er lief jedoch davon, wurde aber verfolgt und bald festgenommen. Man brachte ihn zunächst nach der Unfallstation in der Lindowerstraße und von dort in die Irrenanstalt in Dalldorf . Rätselhafte Wertpaketbcraubungen auf dem Postamt Unter den Linden (Amt 64) und Gelddiebstähle auf anderen Berliner Post- ämtern ereigneten sich in letzter Zeit. Sie haben jetzt ihre Auf- klärung gefunden. Die Beraubungen der Wertpakete geschahen jedes- mal in der Weise, daß ein scharfer Schnitt durch die Umhüllung gemacht worden war. In einem Falle wurden auf diese Art ISO M., in einem anderen 500 M. gestohlen. Diese Diebstähle konnten nach Lage der Verhältnisse nur auf dem Postamt 64 ausgeführt worden sein. Es bemächtigte sich daher der dort beschäftigten Beamten eins begreifliche Aufregung. Ferner wurden auf anderen Berliner Postämtern in einer Reihe von Fällen den bei der Paketannahme beschäftigten Beamten auf gleich rätselhafte Weise Geldbeträge, die sie neben sich liegen hatten, gestohlen, wodurch die Beamten in eine sehr unangenehme Lage gerieten, da sie ersatzpflichtig waren. Schließlich gelang es der Postbehörde, durch ihre Untersuchung festzustellen, daß in allen Diebstahlsfällen der Postbote Franz M., der in der Hermann- straße zu Rixdorf wohnt, in den betreffenden Räumen dienstlich beschäftigt war. Das erregte Verdacht. Man hielt eine Haus- suchung bei M. ab, und diese förderte eine große Geldsumme zutage, über deren Erwerb der Postbote sich nicht auszuweisen vermochte. Im Verhör in die Enge getrieben, hat M. eingestanden, er habe die sämtlichen Diebstähle ausgeführt. Er will aus Not gehandelt haben. Gestern morgen ist M. in Haft genommen worden. Eine ganze Rollwagenladung gestohlen. Immer mehr häufen sich in letzter Zeit die Fälle, in denen unbeaufsichtigte Fuhrwerke ent- weder eines Teiles ihrer Ladung beraubt oder ganz gestohlen werden. Ein solcher Fall ereignete sich auch gestern wieder im Konfektions- viertel und zwar vor dem Hause Hausvogteiplatz 12. Dort hielt ein Rollkutscher mit 15 Ballen KonfektionSstoffe, die für die beiden Engrosfirmen Joelsohn u. Brünn und Heller u. Horwitz, beide am Hausvogteiplatz, bestimmt waren. Während nun der Kutscher auf einen Augenblick bei der Firma Joelsohn u. Brünn vorsprach, um die Papiere dort abzugeben, war der ihn begleitende Rollmops unkluger- weise gleichzeitig nach dem gegenüberliegenden Geschäft von Heller u. Horwitz gegangen, um dort die Ankunft der Waren anzumelden. Diese Gelegenheit hatte ein Kollimarder benutzt, um mit Geschirr und Ladung daS Weite zu suchen. Der Wert der gestohlenen Waren allein beläuft sich auf etwa 7060 M. Bis jetzt ist es der sofort benachrichtigten Polizei noch nicht gelungen, irgend eine Spur des Täters zu finden. Der Zentralverband der Handels- und Transportarbeiter ersucht UNS um Aufnahme folgender Zeilen: Der Arbeiter Friedrich Junicke aus Luckenwalde hat am 14. d. M. in Berlin sein Mitglieds- buch vom Zentralverband der Handels-, TranS- Port-, Verkehrsarbeiter und-Arbeiterinnen H p t.- N r. 5S 703, O r t S« N r. 3, sowie seine Jnvalidcnkarte ver- loren. Der ehrliche Finder wird gebeten, dieselben im Bureau des Zentralverbandes der Handels-, und Transportarbeiter, oder in der Expedition des.Courier", Engelufer 21, Hof I, abzugeben. Einen erheblichen Verlust hat am Dienstag, den 15. Mai, der Genosse Gerhard Hildebrand , Ober-Schöneweidc, Köpenickerstr . 161, erlitten, als er an diesem Tage nachmittags 3,40 von Nieder- Schöneweide nach der Stadtbahn zu fuhr. Als er in Treptow um- steigen mußte, vergaß er ein Paket aus dem letzten Abteil des vorderen Raucherwa�ens mitznnehmen, das in grauer Packpappe eine große Anzahl Bücher enthielt, die er einem Genossen zurück- bringen wollte. Das Paket enthielt Tagebücher von Varnhagen v. Ense , von 14 Bänden waren 8 oder S gebunden. Von der Bahn- Verwaltung eingeleitete Nachforschungen haben mit einem negativen Ergebnis geendet. Vielleicht liest einer der Mitgefahrenen diese Zeilen und kann dem Genossen zu den vergessenen Sachen wieder verhelfen. Die Leiche eines neugeborenen KindeS wurde am 16. d. Mts., vormittags 5� Uhr, im Vorgarten des Grundstückes Schönebergcr Ufer 37 aufgesunden. Die Leiche war verpackt in einen gelblich- weißen und blauen Bogen Packpapier mit der Firma Neustadt, Schuhwarenhaus, Potsdamerstraße 46 und Wiesbaden , Langgasse 0, und in einem zerrissenen weißen Hemd und einem weißen mit Langetten versehenen Flanellunterrock ohne Zeichen. Die Recherchen nach der Mutter waren bisher ergebnislos. Ob eine strafbare Handlung vorliegt ist noch nicht festgestellt. Die Lcichenstarre war beim Auffinden noch uicht eingetreten, so daß die Geburt und der Transport an die Fundstelle nicht lange vor 5 Uhr stattgefunden haben kann. Mitteilungen über die Mutter sowie über Personen, die das Paket mit der Leiche über das Vorgartengitter gcivorfen haben, werden von der Kriminalpolizei zur Tagebuchnummer 3336 lV. 41. 06 erbeten, auch nimint solche jedes Polizeirevier entgegen. In der Urnenhalle des Vereins für Feuerbestattung auf dem städtischen Friedhofe in Friedrichsfelde sind nach fünfzehnjährigem Betriebe größere Reparaturen und Verschönerungsarbeiten er- forderlich, die voraussichtlich den ganzen Monat Juni in Anspruch nehmen werden. Da die Halle während dieser Zeit im allgemeinen für den Besuch geschlossen bleiben muß, wird das interessierte Publikum gut tun. sich danach einzurichten. Radrennen zu Steglitz , 20. Mai. Die zahlreichen Besucher. etwa 10 000, die sich zu dem Rennen eingefunden hatten, sind jeden- falls auf ihre Rechnung gekommen, denn leiten dürste es spannendere Kämpfe gegeben haben. Zwei Dauerrennen waren vorgesehen. In dem S t li n d e n r e n n e n um daS.kleine goldene Rad" war der Franzose LouiS Darragon siegreich gegen den Belgier G o o r und die Berliner Schipke, Ryser und A r e n d. Aber der Sieg wurde ihm nicht leicht gemacht, denn da er gezwungen war, sein Rad zu wechseln, konnte Goor vom 30. bis 50. Kilometer die Spitze behaupten; dann aber holte der Pariser wieder auf und ging mt 75,740 Kilometer als Erster durch das Ziel vor Goor<72,540 Kilometer). Schipke(72.050 Kilometer). Ryser(69,570 Kilometer) und Arend(66.710 Kilometer), letztere beide waren verschiedentlich von ihrer Führung abgefallen.— Noch fesselnder gestaltete sich das Rennen über 100 Kilometer um die„goldene Kette mit Stern", die der Holländer P. Dickentmann vor dem Amerikaner Nat Butler, dem Kölner P. Günther und dem Berliner Br. D e m k c gewann, denn auch hier gab es einen heißen Kanipf zwischen den beiden ersten, Dickentmann hatte anfangs die Spitze; Butler dicht hinter ihm, ihn wiederholt bedrohend; endlich beim 40. Kilometer, als der Holländer seine Schrittmacher wechselte, gelang es dem Amerikaner, an seinem Gegner vorbeizugehen und sich bis zum 69. Kilometer als Erster zu behaupten; dann war er gezwungen, ein anderes Rad zu besteigen. Für Dickentmann war es nun ein Leichtes, wieder den ersten Platz zu belegen und diesen bis znm Schluß zu behaupten. Bei dem scharfen Kampf wurden vom 10. bis 20. Kilometer die besten Steglitzer Zeiten und vom 30. bis 70. Kilometer sogar die ohne Windfänger erzielten Weltrekords geschlagen. Dickentmann fuhr in der Stunde 82,680 Kilometer und legte die 100 Kilonieter in 1 Stunde 12 Minuten 42*/� Sekunden zurück, Butler endete 750 Meter, Günther 1930 Meter und Demke 2720 Meter zurück. Letzterer lag bis zum 96. Kilometer an dritter Stelle, dann aber, für kurze Zeit von seiner Führung ab- fallend, gelang eS Günther, ihn zu passieren.— Drei Rennen waren für die.Flieger" bestimmt; das Haupt- fahren wurde von Scheuermann vor Kudela, Conrad und Wegener gewonnen. Im Prämicnsahren siegte Ne d e la vor Kudela, Theile und Conrad und das Vorgabefahren belegte Kudela(vom Mal) gegen Schenermann(10 Meter Vorgabe), Conrad(20), Techmer(70) und Kurzmeier(50). Die Rennen verliefen ohne Unfall. Radrennen zu Zehlendorf , 20. Mai. Die hübsch gelegene Fehlen- dorfer Rennbahn hatte heute ihren großen Tag; selten dürfte dieselbe einen so zahlreichen Besuch auszuweisen gehabt haben. Galt es doch, den beliebtesten Dauerfahrer, den Weltmeister Thaddäus R o b l im Kampf gegen den Franzosen G u i g n a r d und den Münchener A. H u b e r zu sehen. Robl rechtfertigte denn auch das Vertrauen seiner Anhänger, er gewann das.große goldene Rad von Zehlendorf ", ein Stundenrennen, das mit Preisen von 3000, 2000 und 1000 M. ausgestattet war, mit 64,700 Ziilometer gegen Guignard 64,100 Kilometer und Huber 63.650 Kilometer. Ein anderes Stundenrennen um das.kleine goldene Rad von Zehlendorf ": 700, 500 und 300 M., gewann der Berliner Schönebeck mit 60,470 Kilometer gegen Stein(Selb in B.) 56,800 Kilometer und P o ß z e r l(Budapest ) 55,800 Kilometer. Im Malfahren über 2000 Meter siegte Rabe vor Bodlin und Katona und das Haupt- fahren über 3000 Meter gewann gleichfalls Rabe gegen Hobeck und Bodlin. Ein zur Verlosung gekommenes Brennaborrad fiel auf die Nr. 765. Feuerwehrbcricht. Am Sonntag wurde die Feuerwehr nach der Reinickendorferstr. 5a gerufen. Dort belästigte ein Betrunkener auf einem Gerüst das Publikum und drohte herabzustürzen. Die Feuer- wehr holte den Mann herunter. In der Kochstr. 7 drohte eine Decke einzustürzen. Die Wehr beseitigte die Gefahr. In der Memelerstr. 62 drohte ein Gesims herabzustürzen. Auch dort beseitigte die Wehr die Gefahr. Ferner hatte die Wehr in der Kaiserstr. 41 zu tun, wo ein Keller unter Wasser stand. Das Wasser mußte ausgepumpt werden. Preßkohlenbrände beschäftigten die Feuerwehr in der Fruchtstr. 16 und auf dem Ostbahnhos sowie einigen anderen Stellen. Außerdem mußten Küchenbrände in der Hollmannstr. 8, Alt-Moabit 79 und anderen Orten gelöscht werden. Vorort- JVacbricbten* Rixdorf. Die Erziehung des Schulkindes durch den Stock ist keineswegs so ungefährlich, wie sie aussieht. Sie ist eS nicht für das Kind, das diese Erziehungsmethode an sich probieren lassen muß, und auch nicht für den Lehrer, von dem sie an dem Kinde probiert wird. Als der schlimmste Schaden, den der Stock anrichten kann, er- scheint vielen nicht der, daß nur zu bald aus einem Kinde die Lust zur Schule und die Liebe zum Lehrer herausgeprügelt wird. Auch das wird meist unterschätzt, daß der Stock den Lehrer leicht zu einem bloßen Drillmeister herabdrückt, der schließlich unfähig wird zur An- Wendung jedes edleren Erziehungsmittels. Erst wenn ein Lehrer denStock so unvorschristsmäßig gebraucht hat, daß mal ein Kind an seinem Körper geschädigt erscheint— dann erst dämmert manchem die Erkenntnis aus, daß die Erziehung mit dem Stock doch wohl nicht ganz ungefährlich sei. Und dann erst lernt auch so mancher prügelnde Lehrer begreifen, daß der Stock, den er so lange und mit so großem Eifer gegen die ihm anvertrauten Kinder geschwungen hat, zu einer Gesahr für ihn selber werden kann. Denn erst dann pflegt eS zur Beschwerde �u kommen, zur Untersuchung und zum Disziplinar- verfahren, vielleicht sogar zu gerichtlicher Anklage und Verurteilung. Wer stets nur nach Vorschrift haut, darf so reichlich hauen, wie er will: er kann dabei„in Ehren grau werden" und sich sein fünfzig- jähriges Lchrerjubiläum samt allen dazu gehörigen Ehrungen erprügeln. Wieviel Kindesseelen der Jubilar in diesen fünfzig Jahren vielleicht zerstört hat, das hat ihm kein Aktenschreiber gebucht, und kein Festredner wird es ihm vorrechnen. Aber wehe dem, dessen Prügeleifer sich bis zu«Gesundheitsschädigungen" versteigt. Dem kann es leicht passieren, daß er sich beizeiten aus seinem Erzieheramt hinausprügelt. Aus Rixdorf hatten wir vor etlichen Tagen berichtet, in welcher Weise dort der Lehrer H e i n k e, der an der 13. Knaben- schule(Herzberg-Platz) angestellt ist, einen Jungen mit dem Stock bearbeitet hatte. Auch Herr Heinke, der bis dahin den Stock gewiß für ungefährlich gehalten haben wird, dürfte inzwischen zu der Ein- ficht gelangt sein, daß dieses„Erziehungsmittel" doch auch seine Gefahren hat. Es scheint nämlich, daß über diesem Jugend- bildner, der in Rixdorf als Prügler bekannt ist, sich ein Gewitter zusammenziehen soll. Infolge unserer Veröffent- lichung ist uns zunächst eine zweite Prügelaffäre aus dem Reiche des Herrn Heinke mitgeteilt worden. Auch hier haben die Eltern die Vorsicht gebraucht, das geprügelte Kind von einem Arzt untersuchen zu lassen und ein Zeugnis über die Wirkungen des Heinkeschen Stockes zu erbitten. Viel jwerden sie indes nicht gegen deit Lehrer unternehmen können, da der Arzt diesmal eigentlich nur die nicht reglcmentswidrigen Striemen auf dem Gesäß be- scheinigen und nur noch hinzusetzen konnte, daß auch auf den Schultern ältere Striemen zu bemerken sind, die von Herrn H.'s Stock herrühren sollen. Die von uns vorgenommene Untersuchung dieses Falles hat uns aber auf die Spur eines dritten Falles geführt, von dem Herr H. offenbar selber annimmt, daß er böse für ihn enden konnte, falls die Eltern es so wollen. H. hatte da einen Jungen so nachdrücklich geprügelt, daß wiederum ein Arzt um sein Gutachten ersucht werden mußte. Was der Arzt bescheinigt hat, darüber sind uns bisher nur mündliche Mitteilungen gemacht worden, für deren Wortlaut wir nicht einstehen möchten. Der Bater hat einem Ver- tretcr unseres Blattes, der ihn unaufgefordert aufsuchte, auf Wunsch versprochen, er werde der Redaktton deS„Vorwärts" das Zeugnis über- senden. Bisher ist es uns nicht zugegangen, aber vielleicht kriegen wir es noch. Einstweilei» müssen wir uns daran genügen lassen, hier mit- zuteilen, daß Herr H. die Eltern des geprügelten Kindes schleunigst in ihrer Wohnung besucht hat und sie in stundenlanger Unterredung inständigst gebeten hat, die Angelegenheit nicht toeiter zu ver- folgen. H. hatte allerdings allen Grund, sich zu diesem Bittgang herbeizulassen. Mit dem im.Vorwärts"(Nr. III vom 15. Mai) veröffentlichten Fall ist das nun in kürzester Frist bereits das drittemal, � daß Eltern ihm durch einen Arzt schwarz auf weiß bescheinigen lassen, wie er zugehauen hat. Und er befürchtet offen- bar, daß schon durch Veröffentlichung jenes ersten Falles der Stein gegen ihn ins Rollen gebracht worden sein dürfte. Herr H. hat den Eltern vorgejammert, daß ihn diese Prügelaffären in seiner Karriere schwer schädigen und vielleicht gar um sein Amt bringen könnten. Gewiß, das wäre bitter für ihn; aber das hätte er sich sagen sollen, e h e er zuhieb. Ueber der Person steht unZ die Sache, über dem Interesse des Lehrers das Interesse der Schule. Wer dem schweren Amt eines Lehrers nicht gewachsen ist, der soll es aufgeben. In tausend anderen Berufen gilr es als ganz selbstverständlick, daß ungeeignete Elemente erbarmungslos ausgeschieden werden. Nur da, wo es sich um das Wohl der Kinder handelt, soll„Rücksicht geübt" werden? Schädlinge am Baum der Schule verdienen keine Gnade. Wer sie ihnen gewährt, wird mitschuldig an dem Schaden, den sie stiften. Ei» wahrhaft betrübendes Bild ist seit Wochen in der Gegend der Kaiser Friedrichstraße und Reuterplatz zu beobachten. Eine ob- dachlose Frau irrt dort zum Gespött der Passanten in den Straßen umher. Hülfesuchend wendet sie sich an Vorübergehende, um dem Gaudium der Kinder, welche mit Steinen und Unrat nach ihr werfen, entgehen. Hat nicht hier die Behörde die Pflicht, dafiür zu sorgen. > eine solche Frau irgendwo untergebracht wird? Dieselbe Be- de, die„im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit" streikende Arbeiter an der Ausübung ihres Koalitionsrechts hindert, dürste nicht dulden, daß eine Frau wochenlang täglich mit einer Schar sich an ihr lustig machender Kinder einhergeht'l Schöneberg . Aus dem abenteuerlichen Leben und Treiben des flüchttgen Hoch- staplers Metzner werden immer wieder neue Schwindelmanöver be- kannt. Einen geradezu raffinierten Coup wagte M., um auS sich einen Zeitungsverleger zu machen. Sein zukünftiger Schwiegervater, der vermögende Rentier M. aus Schöneberg , verlangte von seinem „Schwiegersohne in spe", daß er als Ehegatte eine gesicherte Lebens- stellung haben müsse. Außerdem stellte der Rentier an M. die Forderung, noch vor der Verheirawng das Staatsexamen zu machen. Durch diese Ansinnen ließ sich der Hochstapler, welcher kaum eine höhere Schule besucht hatte, keineswegs in Verlegenheit bringen. Er trat mit dem Verleger eines Blattes in Verbindung und wollte Verlagsteilhaber werden. Als solcher mußte er sich mit 50 000 Mark beteiligen. Während noch die Ver- Handlungen, welche M. vorsichttgerweise allein mit dem Ver« leger pflegte, im Gange waren, machte der zukünftige Schwieger- söhn„sein" Staatsexamen. Er trieb sich viel in der Universität, besonders aber in der königl. Bibliothek herum. Die„Bor- bereitnngen" für das Staatsexamen bestanden dort darin, daß M. aus Journalen und Büchern Leitartikel und Feuilletons abschrieb und diese Machwerke als eigene geistige Arbeiten unterzubringen versuchte. Während sich der Rentter mit seiner Familie auf seinem Sommersitz bei Rauchfangwerder aufhielt, traf dort eines Tages ein Telegramm ein mit den lakonischen Worten„Staatsexamen be- standen". Am Tage darauf stellte sich der glückliche Absender des Telegramms in Frack und weißer Binde persönlich_öor, um die Glückwünsche ans Anlaß des glänzend bestandenen Staatsexamens entgegenzunehmen. Die Schwiegereltern zögerten nun nicht mehr, die Einwilligung zu dem Verlöbnis zu geben. Zu Ostern sollte die Hochzeit stattfinden und man hatte bereits eine ganze Etage in dem Wohnhause des Rentiers für das junge Paar hergerichtet. Nun galt es aber noch, nachdem die eine Bedingung erfüllt war, die gesicherte Existenz fertig zu gründen. Der Schwiegervater verpflichtete sich, zu der Einlage von 50000 M. in den Zeitungsverlag 5000 M. beizusteuern. Dieses Geld glaubte M. besser anzuwenden, wenn er seine zahlreichen Gläubiger einiger- maßen befriedigen würde, damit diese ihm nicht noch im letzten Augenblick gefährlich werden könnten. Er fertigte sich nun dadurch einen Verpflichtungsschein über 50 000 M. an, daß er die Namens- Unterschrift des Schwiegervaters durchpauste. Er übergab den Schein dem Zeitungsverleger und verpflichtete sich, die Summe am 1. Mai zu zahlen. Bis dahin durfte M. bestimmt damit reckinen, daß er die Tochter des Rentiers als Frau habe und dann blieb dem Schwiegervater schließlich nichts weiter übrig, als zu zahlen, oder mit anzusehen, daß der Schwiegersohn ins Zuchthaus wanderte. Inzwischen stellten sich jedoch die bettügerischen Manipulattonen des sauberen Schwiegersohnes heraus, weshalb die Flucht desselben mit seiner Braut erfolgte. Arbeiter- Samariterkolonne. Den Mitgliedern der III. Abteilung zur Nachricht, daß ber Lehrabend am Mittwoch, den 23. Mai, bei Obst, Meiningerstraße, stattfindet. Gäste haben Zutritt. Der Abteilungsleiter. Charlottenburg . Die bereits angekündigte Volksversammlung, in welcher Reichs- tags-Abgeordneter Pens über.Bedeutet die wirtschaftliche Organi- sation eine Machtfrage für die Arbeiterklasse" sprechen sollte, findet nicht Dienstag den 22., sondern Dienstag den 29. d. MtS. statt. Näheres durch Inserat. Mariendorf . Ueberschwemmung durch den Bruch eine? KanalisationS-Druck- rohreS. Am Sonnabendabend gegen*/all Uhr brach das durch die Chausseestraße in Mariendorf geleitete Hauptdruckrohr der städti- schen Radialsysteme II und VI und ein mehr als manns- dicker Wasserstrahl schoß fontänenarttg fast drei Meter hoch aus dem Erdboden hervor mit solcher Gewalt, daß große Pflastersteine von den Wassennassen mitgerissen wurden. In wenigen Minuten war der Fahrdamm und Bürgersteig von den trüben, übelriechenden Abwässern überschwemmt. Durch telephonische Meldung wurde die Pumpstation in der Gitschinersttaße benachrichtigt und von dort aus die Zuleitung abgestellt. An der Bruchstelle ist der Erdboden aufgerissen und eine drei Meter tiefe und fünf Meter lange Höhlung entstanden. Die Sttaßenbahnschinen find vollständig fteigelegt. Der Verkehr wurde am Sonntag durch Pendelbettieb zwischen Tempelhof und der Bruchstelle aufrecht erhalten und erst gegen 8 Uhr abends konnte der Verkehr bis zur Endstatton wieder aufgenommen werden, nachdem durch Herstellung eines Notgleises die Umfahrung der Bruchitelle ermöglicht worden war. Groh- Lichterfelde . Ein unerhörter Baumfrevel wurde, wie man uns mitteilt, am vergangenen Sonntag von der Dampf st raßenbahn Groß- Lichterfelde— Klein-Machnow verübt. Wahrscheinlich um den Riesenverkehr nach der neuen Machnower Schleuse zu bewältigen— der sick übrigens in durchaus normalen Grenzen hielt—, hatte sich die Direktton der Dampfftraßenbahn von der StaatSbahn alte zweistöckige Wagenungetüme geliehen, mit denen sie nun am letzten Sonntage zum erstenmal Chausseen und Dorf- stratzen befuhr, die zum größten Teil mit stattlichen, jetzt im prächtigsten Blätter- und Blütenschmuck prangenden Bäumen besetzt find. Man kann sich denken, wie übel die Bäume dabei zugerichtet wurden, in der.en Laubwerk die zweiten Stockwerke der Wagen weit hineinragen. Streckenweise war der Boden förmlich besät mit grünen Blättern und mit kleinen und großen schönbelaubten Zweigen, und jedem, der in dem oberen Stock der Wagen Platz genommen hatte— die Räume dort, ebenso wie die Trittftufen und Plattformen waren ebenfalls mit frischem Grün dicht bedeckt— schnitt das unaufhörliche Knacken und Krachen der Aeste ins Herz, die von den Dächern der Wagen jämmerlich geknickt, abgebrochen und geschleift wurden. Dabei befanden sich die Fahrgäste ständig in der Gefahr, durch die Zweige, die infolge der raschen Fahrt mit großer Vehemenz bald in die Coupöfenster hinein-, bald hinausgeschncllt wurden, verletzt zu werden.— Alles war voller Empörung über die Grausamkeit, mit der der herrliche Baumbestand beschädigt bezw. vernichtet wurde. Wir wollen abwarte», ob man gegen die für den ungeheueren Schaden Verantwortlichen vorgehen wird oder nicht. Verurteilen wir es. wenn jemand sich an einem zur Verschönerung bestimmten Baum oder Strauch vergreist, so haben wir in diesem Falle erst recht alle Ursache zu verlangen, daß so etwas nicht ungesühnt bleibt. Hier stehen Allgeineininteresien auf dem Spiel!, denen bloßer privater Gewinn weichen muß. Britz . Die letzte Geineindevertreterfitzuiig beschäftigte sich im ersten Punkt mit dem Kassenbericht des verflossenen Jahres. Danach be- trugen die Einnahmen 2 200 165 M.. die Ausgaben 2 232 455 M. Nach Rückzahlung eines von der Gemeinde gegebenen Vorschusses in Höhe von 86 418 M. bleibt ein Bestand von 54 128 M. Des weiteren lagen der Vertretung die zwischen dem Gemeindevorsteher und den Vertretern der Stadl Nixdorf getroffenen Vereinbarungen, die Durchlegung eines zweiten Rixdorfer Druckrohres durch Britzer Gebiet betreffend, vor. Rixdorf tritt danach den zur Verbreiterung der Rudowersttaße notwendigen Geländeslreifen vor dem Gemeinde- friedhof unentgeltlich ab. Auch will Rixdorf zu den Kosten für die Regu- lierung des Bürgersteiges 2000 M. zahlen. Es verpflichtet sich ferner, eine besondere Vorflutleitung anzulegen, um die Regenwässer in der Rudower - sowie den einmündenden Nebenstraßen zwischen der Rix- dorfer Grenze und dem Teltowkanal abzuführen. Den Wert dieser Zugeständnisse für die Gemeinde Britz schätzt die Stadt Rixdorf auf 20 000 M. Sie will dann noch 20 000 M. zuzahlen, so daß Rixdorf sür die Durchlegung eines Druckrohres durch Britzer Gebiet cine einmalige Entschädigung von 40 000 M. gezahlt hätte. Von den Bürgerlichen wurde geltend gemacht, daß Rixdorf mit der unentgelt- lichen Abtretung des genannten Geländestreifens nicht mehr getan
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