die Unterstützung werde ihnen gewährt werden, doch mühten sie sichnoch einige Zeit gedulden, da der Verein über jede Einzelunterstützunggenaue Berechnungen vornehmen müsie. Gerade bei diesen Wortenpflegt der Herr dann eine besonders wohlmeinende Gönner-miene anzunehmen und dem betreffenden Unterstützungsbedürftigendann mit freundlichem Lächeln zu sagen, er werde doch wohl währendder„Wartezeit' auch essen, trinken und schlafen wollen. Nun gut,so solle er nur in sein(des Herrn P.) Geschäft gehen, dort werdeschon für ihn gesorgt werden. Kommt nun der Arbeiter ins Ge-schüft, so läßt man ihn Säcke schleppen und andere Arbeit verrichtenund ist der Arbeitstag zu Ende, so bekommt er ganze 2 M., wohlgemerkt, für eine Arbeit, die gewöhnlich mit 4—5 M. bezahlt wird.Und so geht es meist 1—2 Wochen lang.Und da die Brutalitäten im Zarenreich den Auswandererstromeigentlich nie recht versiegen lassen, so ist diese Art„Wohltätigkeit"dem Herrn P. selbstverständlich von ganz begreiflichem Interesse.So weit der Gewährsmann unseres Journalisten.Die meisten Auswanderer lassen sich diese Behandlung ohneweiteres gefallen. Stößt aber unser Philanthrop einmal auf einenklaflenbewußten Arbeiter, und dies ist in letzter Zeit recht häufig derFall, so bekommt er so manches zu hören, was für fein menschen-fteundlichcs Ohr recht unangenehm klingt. Man erdreistet sich sogar,die Wohltätigkeit des Herrn P. als ganz gewöhnliche Ausbeutung zucharakterisieren. Daher der Haß des Herrn P. gegen die»gewissen-losen Bundisten"._Protest gegen dir Fahrkartensteuer. Der Verbandsvorstanddeutscher Mietervereine in Leipzig nahm in seiner letzten Sitzungfolgende Protestresolution einstimmig an:„Der Vorstand des Verbandes deutscher Mietervereine weiß sichmit allen einsichtsvollen Wohnungsreformern einig in der Ansicht,daß jede Verteuerung der Verkehrsmittel eine Schädigung undHemmung der Wohnungsreform bedeutet und bedauert es daheraufs tiefste, daß sich im Reichstage eine Mehrheit für die Bewilli-gung der Fahrkartensteuer gefunden hat; er bedauert dies umsomehr, als sich unter den Befürwortern dieser Steuer Leute befinden,die in der Geschichte der Wohnungsreform eine Rolle gespielt haben.Unsere Vereine werden sich bei den nächsten Reichstagswahlen ihreKandidaten etwas genauer ansehen müssen."Das wäre allerdings sehr zu empfehlen!--Ein Kampf um dm Namen... Der biedere Führer der Frei-sinnigen Volkspartei mit dem schlichten Namen Müller führt seitJahren einen heroischen Kampf um eine geziemende Verschönerungdieses seines angeborenen Makels. Er kämpft sozusagenum den bürgerlichen Adel; es genügt ihm nicht, einMüller unter den anderen Müllern zu sein, er hattenicht etwa den Ehrgeiz, durch Geist und Arbeit seinemNamen Müller eine besondere Stellung zu verschaffen, nein—der Name selbst sollte zeugen von besonderer Herrlichkeit. Alsogeschah es denn, daß ihm des Deutschen Reiches Kanzler nach derpatriotischen Haltung in den Zollkämpfen aus sein Gesuch huldvollstgewährte, sich von jetzt ab Müller« S a g a n zu nennen,wenn die Stadtverordneten der guten Stadt Sagau nichtsdagegen hätten. Die Stadtverordnetenmehrheit ließ sich,übrigens gegen den Willen des Bürgermeisters, breitschlagen.Große Freude herrschte darob in Müllers Hütte; jetzo aber naht sichwieder das Verhängnis: wie die»Schief. Ztg." Hort, hat der KreisSaaan durch den Kreisausschuß gegen diese Genehmigung P r o t e sterhoben. Man ist gewillt, evenwell die Entscheidung der höchstenInstanz herbeizuführen I Wir stehen erschüttert vor dieser Wendungder Dingel Möge der Himmel und etliches andere Herrn Müllerin diesem schweren Kanipfe beistehen.... denn was sollte aus derfreisinnigen Volkspartei werden, wenn Herr Müller einHerr— Müller bliebe l Nicht auszudenken ist es...Ein allgemeiner deutscher Handwerkertag ist für den Sommer1807 geplant. Derselbe soll nach den Festsetzungen des Zentral-auSschusseS des JnnungSverbandes im August 1007mit der Tagung der Handwerkskammern in Mitteldeutschland statt-finden. Am gleichen Ort und zu derselben Zeit soll dann auch eineGeneralversammlung der sattsam bekannten Deutschen Mittel-itandSvereinigung stattfinden, damit die Teilnehmer an allen>rei Veranstaltungen teilnehmen können.—Polizei-Zickzack 1 AuS Essen wird uns berichtet: Auf emeBeschwerde, die Frau Rüben-Hamburg und der Essener Parteisekretär Genosie Bühler am Montag den 28. Mai er. persönlichin Düsseldorf bei der Regierung gegen das Verbot der Rezitationdes Dramas»Am Borabend" einlegten, erfolgte am Sonnabend dieAufhebung des Verbotes, also die Freigabe der Rezitation für Essen.Preußische Kommunalftandale. In der letzten StadtverordnetenVersammlung in Mühlhausen i. Th. wurden einige interessanteInterpellationen behandelt. Unser dortiges Partciblatt hatte diePraxis der fteihändigen Verkäufe städtischen Holzes kritisiert und ineinem Fall, wo ein freisinniger Stadtverordneter Käufer war. festgestellt, daß dem Stadtsäckel durch diese Art deS Verkaufes einegrößere Summe Geld verloren ging. Ein Stadtverordneter, derAufklärung forderte, brachte einen weiteren Fall zur Kenntnis, inwelchem Lindenholz vorzüglichster Qualität an die Firma Wüstenfeldin Hannov. Münden zum Preise von 6 M. pro Raummeterverkauft wurde. Der städtische Oberförster mußte zugeben, daß unterseinem Vorgänger, der vor seinem Antritt die Forstakademie inHannov. Münden besucht hatte, die Fälle sich im wesentlichennach den Angaben der Arbeiterpresse abgespielt haben. In demeinen Falle hätte das Eichenholz, wenn es vier Tage späterin öffentlicher Versteigerung verkauft worden wäre, einen Mehrertragvon 1088,74 M. ergeben, während das Lindenholz etwa um 2000 M.unter Preis verkauft worden sei. Künstig soll nicht unter 25 Proz.Aufschlag auf den Taxwert verkauft werden. Die Holzpreise seienplötzlich rapid gestiegen; bei dem Lindcnholz sei allerdingseine.Vertarierung" vorgekommen.— Trotz dieser Zustände, unterdenen die örtliche Industrie zu leiden hat— Muhlhäuser Holzindustriellen wurde z. B. von dem glücklichen Käufer in Münden einviermal höherer Preis abgefordert—, konnte sich dasGemeindekollegium nicht entschließen, grundsätzlich den Verkauf inöffentlicher Versteigerung zu fordern. Warum? Echt freisinnig war auch die Besprechung einer Interpellation, diesich gegen die Bereinigung der Gemeindebcamten richtete, diebillige Warenpreise, bei geineinsamem Bezug von einer Firma,vereinbart hatten und das städtische Steuerburcau als Sammelstellevon Einkaufsaufträgen benutzten. Selbstverständlich ist es ungehörig,städtische Anitsräume während der Dienststunden zu Privatziveckenzu benutzen. Aber die freisiunigen Stadtväter gingen weiter, sieverlangten, die Beamten sollten überhauptdarauf verzichten, vorteilhaftere Waren-Ein-käufe zu organisieren, anderenfalls sie aufkein Entgegenkommen bei Gehaltserhöhungenzurechnen hätten. Und die Bezahlung der Ueber-stunden tverde man künftig nicht mehr ohneweiteres bewilligen!— Nichts ohne Gegenleistung: DieBehörden verlangen von den Beamten, außer der Arbeitskrast..gute Gesinnung" und die fteisinnige» Geschäftspolitiker erheben denAnspruch, daß ihre teueren Waren unbesehen von den Beamten ge-kauft werden müssen. Zweifellos werden die Beamten zu Kreuzekriechen, sicher aber nicht ohne die Einsicht, daß ihre Interessen vonden bürgerlichen Stadtverordneten mit Füßen getreten werden.—Eine ZentrumSgröße. Einer der Führer der ZentmmSpartci inKöln Herr Franz Z l l k e n S. Stadtverordneter, Ritter eines päpst-lichen Ordens. Oberbefehlshaber der ultramontanen Wahltruppenusw ist der Gegenstand einer soeben in Köln erschienenen sechSzchn-fettigen Broschüre, die dort gewaltiges Aufsehen erregt. Der Ver-fasser namens I. Hewel ist»ach seiner Behauptung ein von Zilkensruinierter Unternehmer, der den frommen Geldmann der gewagtestengeschäftlichen Machenschaften, unter anderem auch des Wuchers be-schuldigt und sich dabei auf zwei Gerichtsurteile stützt. Herr ZillenShat nach der Broschüre eS vom schlichten Schreiber zum Millionär.Gutsbesitzer. Bankdirektor, Ziegeleibesitzer und dergl. mehr gebracht,hauptsächlich durch beispiellose Grundstückspekulattonen im großen,wobei ihm die Kennwis der städtischen Bebauungspläne zu stattengelommeir sei, die er sich als Stadtverordneter verschaffte.Herr ZilkenS ist Direltor der Bank für Landwirtschaft und Ge-werbe. Als solcher hat er den Geschäftsverkehr mit dem genanntenUnternehmer Hewel meist persönlich gepflogen. Als Hewel schließlichruiniert war, meldete die Bank eine Forderung von 715 200 M. an.Aus dem Konkursverfahren liegt ein Urteil der II. Zivil-kam m est deS kgl. Landgerichts Köln vor, worin vondem Geschäftsverkehr der Zilkensschen Bank mit Hewel gesagt wird,daß die Vermögensvorteile, die die Bank sich von Hewel versprechenließ oder in Rechnung stellte,»erheblich größer waren, alsdem Brauche im Bankverkehr entsprach, die also in auffälligemMißverhältnis zu ihren Leistungen standen. Die Klägerinbeutete daher die Notlage des Hewel aus, dennsie wußte, daß er in schlechten Vermögensverhältnissen undbei einer Reihe von Bauten beteiligt war.... DerGeschäftsverkehr der Klägerin war also eine fortgesetzte BcwucherungHewels, und die einzelnen Geschäfte waren ungültig". Der Konkurs-Verwalter klagte dann gegen die Zilkenssche Bank aus Zahlung von200 000 M., weil die Bank durch ihr Verhalten, das sich als einfortgesetztes Bewuchern kennzeichne, Hewels Ruin und einebeträchtliche Schädigung der Konkursmasse verursacht habe; dieBank habe den Konkurs herbeigeführt und den größtenTeil der Masseobjekte später zu Spottpreisenselb st erworben.Die Hl. Zivilkammer des kgl. Landgerichts stellte sich aufden nämlichen Standpunkt wie der Konkurs-Verwalter. Es heißt in dem gerichtlichen Urteil:»Das Gerichtträgt hiernach kein Bedenken, mit dem Zeugen S. anzunehmen, daßDirektor Zilkens durch sein Verhalten lediglich bezweckt hat, denGemeinschuldner Hewel hinzuhalten, und daß die Bank, wie dasganze Verhalten ihres Direktors Zilkens er-kennen läßt, von vornherein die Absicht hatte, Hewel zu„machen" und sich... in dcu Besitz der rentabelste» Besitzstückedes Hewel auf billigste Weise zu bringen."Der ftomme Mann wird durch dieses Gerichtsurteil gebrand-markt. Es hat jedoch den Anschein, als ob trotz dieses ver-nichtenden Urteils für ihn immer noch Platz m der Kölner Zentrums-Partei sei.—Husland«Frankreich.Meuterei.Rouen, 4. Juni.(B. H.) Im hiesigen Militärgefängnis bracheine Meuterei aus, verursacht durch Züchtigung eines Gefangenen.40 Soldaten weigerten sich, die ihnen auferlegten Arbeiten auszu-führen. Eine Kompagnie Infanterie mußte herangezogen werden,um die Ordnung wieder herzustellen.Italien.Die Wahlen.Rom, den 5. Juni.(Privatdepesche unseres römischenKorrespondenten.) Nachdem unsere Abgeordneten kürzlich ihreMandate niedergelegt hatten, fanden am ersten Pfingsttagedie Neuwahlen in 24 Kreisen statt. Unterlegen sind P e r e r aund B e t i n i. In Stichwahl kommen R i go l a und Tas ca.Unsere übrigen Parteikandidaten sowie die Reformisten Turatiund Treves wurden gleich im ersten Wahlgang wiedergewählt.Trotz der starken Saison-Auswanderung unserer Wähler ist diesozialistische Stimmenzahl seit der letzten Wahl unverändert.Das Resultat übertrifft daher unsere Erwartungen.ES sind gewählt: Enrico Ferri(in 2 Kreisen), GiacomoFerri, Bissolati, Rondani, Zerboglio, Morgari, Aroldi, deFelice, Agnini, Masini, Gatti. Sichel. Costa. Badaloni. Bertesi.Berenini, Borciani. Durch den unerwarteten Sieg des Reformisten Treves im Wahlkreise Mailand V ist unser Parteikandidat Lazzari unterlegen. Durch den Sieg Turatis fielLabriola.Zwei unserer Abgeordneten haben ihr Mandat nichtmit niedergelegt: Calvi wegen Krankheit. Antolisei ausDisziplinlosigkeit!—_Die„Neutralität" Giolittis.Rom. 2. Juni.(Eig. Ber.)Da Giolitti in seinem Rundschreiben an die Beamten desMnisteriums des Innern mit besonder? schwungvollen Phrasen seineAbsicht ausdrückt, daß die Regierung in den Kämpfen zwischenKapital und Arbeit»die größte Neutralität" bewahre, hat GenosseFerri auS A r g e n t a an den Ministerpräsidenten telegraphiertund ihn darauf ausinerksam gemacht, daß dort die Kavallerie täglichauf Militärwegen die Streilbrechcr in die Reisfelder geleitet und sieabends wieder abholt I— Giolitti hat telegraphisch geantwortet, daßer den Präfekten angewiesen habe, diese Form der„Neutralitäts-betätigung" einzustellen.— Trotzdem schützten heute stüh„Roß undReisige" wieder die lieben Stteikbrecher und die sogenannte»Freiheitder Arbeit".-_Ein Opfer der Polizcibrutaltität.9!om, 2. Juni.(Eig. Ber.)Nachdem die bürgerliche Presse sich weidlich darüber verbreitethat, daß die Polizeiattacke von Turin keine Todesopfer geforderthabe, ist heute— nach qualvollem Leiden— der Arbeiter C r a v e r o,der von den Ordnungshütern am Kopf verwundet wurde, seinenVerletzungen erlegen.Der„Avanti" bringt die Nachricht und weist dabei hin auf diewilde und barbarische Form, mit der der Klassenkampf von feitender Herrschenden geführt wird. Die bürgerliche Presse, die jetzt soviele hohe Wotte über das Attentat gegen den König von Spanienmache, solle der täglichen Brutalitäten der Besitzenden gegen dieBesitzlosen eingedenk sein: Hier würde sie den Schlüssel zn denAttentaten der Anarchisten finden. Die anarchistischen Ausbrüche desKlassenhasseS feien nur eine Antwort auf eine ununterbrochene Reihevon Gewalttaten, die die herrschenden Klassen verüben.—„Sühne".Rom, 2. Juni.(Eig. Ber.)Nach zweitägigen Verhandlungen ist gestern in Turin dasUrteil gegen die Genossen gefällt worden, die wegen ihrer anti-militaristischen Agitation in den Kasernen angeklagt worden waren:Das Gerichr hat acht Genossen wegen nicht erwiesener Schuld frei-gesprochen und die übrigen verurteilt. Und zwar hat man dieGenossen Dalberti und Nanni zu je 10 Monaten Gefängnisverurteilt, P o l l e d r o zu acht und T o a l d i zu sechs.— Die Ge-«offen hatten sämtlich ihren antimilitaristischen Standunkt vor demGericht vertreten und dem Staatsanwalt eine Liste mit über1800 Namen vorgelegt, in der sich die Unterzeichneten zu der Ge-sinnung der Angeklagten bekennen und den Staatsanwalt auffordern,gegen sie gleichfalls vorzugehen.—Spanien.Born Attentat.Kaum hat sich die ungeheure Aufregung über den Bomben-anschlag ein wenig gelegt, so tauchen sofort wieder jene zwei be»rühmten Begleitmotwe all solcher Ereignisse auf: Erstens hat diePolizei alles vorher gewußt. Zweitens müssen aus der Stelleinternationale Maßregeln gegen die Anarchisten ergriffen werden.Daß die Aufregung sich ein wenig gelegt hat, ist dem Um-tande zuzuschreiben, daß am Sonntag ein Mann im Dorfe Torrejonde Ardoz(nahe bei Madrid) einen ihn verfolgenden Polizistenund dann sich selber erschoß. Dieser Mann soll der gesuchteAttentäter Marale» gewesen sein. Man scheint aber der Richtig.keit der Vermutung noch nicht recht zu trauen; denn man will erstmehrere Verwandte des vermutlichen Attentäters Mateo Moranmit der Leiche konfrontieren, um zu sehen, ob die beiden in derTat miteinander identisch sind. Einstweilen hat man das Gehirndes Selbstmörders untersucht und gesunden, daß es„vollkommennormal ausgebildet" seilNach einer Scherl-Meldung war Morales-Moran 26 Jahre alt.Sohn eines reichen Fabrikanten, der ihn verstieß, weil er sich in derFabrik des Vaters durch sein despotisches, zügelloses Wesen be,rüchtigt gemacht hattet Er soll auch zwei Jahre in Deutschlandstudiert haben l!—Selbstverständlich ist im Augenblick noch den bürgerlichenBlättern keine Meldung zu dumm. Sie nehmen kritiklos allesauf, was man ihnen zur Sache depeschiert. So soll in Barcelonafast das gesamte Lehrerkollegium einer Schule unter dem Verdachteder Anarchisterei verhaftet worden sein. Eine Meldung auSWashington setzt dann allem die Krone auf. Danach ist der An-schlag gegen das spanische Königspaar nur der fünfte Teil eineS„großen" anarchistischen„Programms", das auch noch gegen daSLeben Eduards von England(l), Nikolaus' von Rußland. Wilhelmsvon Deutschland und— Roosevelts von Amerika gerichtet sein soll!Während der Gouverneur von Madrid der Ansicht ist, daßMorales keine Mitschuldigen hatte, fahndet die Madrider Polizei anallen Ecken und Enden auf etwaige Komplicen. Zumal ein ano-nhmes Schreiben an den Minister des Innern sich den„Scherz"erlaubte, von einem neuen Komplott zu faseln, das dahin ziele,das junge Königspaar während der Theatervorstellung zu töten.—Die Polizei des Auslandes verhaftet fleißig Anarchisten«In Turin wurden 5, in Ancona 1 Anarchist festgenommen; dieitalienische Polizei behauptet nämlich, den„Beweis" zu besitzen.daß die Organisation des Madrider Attentats in den Händen de?berüchtigten Malatesta gelegen habe! Auch die Londoner Polizeikennt urplötzlich„Einzelheiten" über das Vorhandcnseitn einesanarchistischen Komplotts, dem außer Morales noch der bekannteAnarchist Navarra aus Cartagcra angehört haben soll, derselbeNavarra, der auch in den Anschlag auf Alfons zu Paris verwickeltwar. Diese Meldung muß stutzig machen; denn das PariserAttentat war bekanntlich„Mache".Afrika.Die Kolonien!Durban, 4. Juni.(Meldung des Reuterschcn Bureaus.) OberstMackenzie hatte gestern bei Nihandla einen Zusammenstoß mit denAufständischen, öv Aufständische und 4 Soldaten sind gefallen,7 Soldaten verwundet.Amerika.Achtstundentag. DaS Kongreßkomitee für Handels- und Arbeits-angelegenheiten hat sich für erweiterte und strikte Durchführung deSAchtstundentages erklärt und dem Kongreß die Annahme derentsprechenden Vorlage empfohlen. Jede Firma, die Arbeiten imAuftrage der Regierung übernimmt, soll den Achtstundentag in ihrenBetrieben einführen.Da eine derattige Empfehlung auf den Kongreß von großemEinfluß ist, hat sich in den Kreisen der Kapitalisten ein Sturm desProtestes erhoben. Ueber 500 Telegramme, in denen„gegen einsolches Gesetz" Einspruch erhoben wurde, erhielt der Sprecher desRepräsentantenhauses, Cannon, gleich nach Bekanntmachung desKomiteebeschlusses I— Der amerikanische Arbeiterbund bemüht sichschon lange darum, daß daS Achtstundengesetz strikte durchgeführtwerde. Präsident Gompers ist mehrmals bei Roosevelt deswegenvorstellig geworden.—Das neue EinwanderungSgcseh ist vom Senat angenommenworden. Wesentlich neue Bestimmungen darin sind: die Erhöhungder Kopfsteuer von einem auf fünf Dollar und die„Bildungs-probe", die darin bestehen soll, daß den Einwanderern Teile ansder amerikanischen Verfassung zum Lesen in ihrer Muttersprachevorgelegt werden. Wer nicht lesen kann, wird zurückgewiesen. Mitansteckenden Krankheiten behaftete und ebenso mittellose Personendürfen nicht landen. Die Machtbefugnisse des Generaleinwande»rungskommissärS sind wesentlich vermehrt worden, und in den ein«zclnen Fällen kommt viel auf seine Entscheidung an. In den Ver-einigten Staaten ansässigen Einwanderern ist gestaltet, außerden nächsten Angehörigen auch Onkel, Tanten und Enkel sowie dieKinder verstorbener Geschwister hinüberkommen zu lassen.Dem Generalkommissär wird zur Pflicht gemacht, von Zeit zuZeit zu ermitteln, wie viele Ausländer sich in Straf-, Bcsserungs,und WohltätigkeitSanstalten befinden, und dem Leiter dieser An,stalten sollen die gesetzlichen Bestimmungen über die Deportationvon Ausländern, welche den öffentlichen Kassen zur Last fallen,mitgeteilt werden. Den Konsulaten in den ausländischen Aus-Wanderungshäfen sollen Uittcriuchungsärzte beigegeben werden.Unter Kontrakt angeworbene Arbeiter bleiben— wie bisher—von der Landung ausgeschlossen. Ein Angriff der Demokraten ausden Südstaaten gegen diese Bestimmung wurde zurückgeschlagen«— Den Herren wurde so ihr Plan vereitelt, lohndrückende Farm,arbeiter unter Kontrakt frei einzuführen.—__-Hus der partei*Erklärimg.In der Maifeier-Augelegenheit des WerkesBrunnen st raße der Altg ir'fct einen ElektrizitätS-Gefellschaft fand am Freitag, den I.Juni 1900, eine gemein-schastliche Sitzung der Vertr>eter der beteiligten Gewerkschaften und der Vertreter der Partei vonGroß-Berlin statt. Diese gemeinsame Konferenz beschloßnach mehrstündiger eingehender Beratung einmütig folgendeResolution:-„Die am 1. Juni 1900 stattgcfundene Sitzung der Vertreterder betreffenden Gewerkschaften und der Vertreter der Partei vonGroß-Berlin erkennt nach Prüftmg der Sachlage, daß bei denVorbereitungen zur Maifeier in dem Bettiebe der A. E.-G.Brunnenstraße mehrere Unklarheiten entstanden, die denjenigenArbeitern, welche die diesbezüglichen Beschlüsse mißachtet haben,zugute gerechnet werden können.Immerhin bleibt das Verhalten dieser Arbeiter aufs schärfftezu rügen. Die Versammelten sind der Meinung, daß es mitdieser hiermit ausgesprochenen Rüge jedoch sein Bewenden habensoll und empfehlen, von einem Ausschluß dieser Arbeiter aus denOrganisationen abzusehen. Die Patteivettreter bemerken aus-drücklich, daß dadurch ihre stühere, in dieser Angelegenheit ab»gegebene Erklärung nicht geändert wird."Fortschritte in Schlesien.Zum schlesischcn Provinzialparteitag. der zu Pfingsten tagte.stellte die Breslauer„Bolkswacht" folgende interessante Zahlen zu,sammen: Wir zählten im Agitationsbezirk Breslau 1904 rund3500 politisch Organisierte, im Jahre 190« 8400! Im Agitations-bezirk Görlitz am 1. April 1905 1910. am gleichen Tage diesesJahres 2705!Ganz ähnlich— oder noch viel besser— liegen die Dinge inbezug auf die so viel verfolgte Arbeiterpresse. Im Agitations.G ö r l i tz stieg die Leserzahl von 5995 auf 7299. Und die�Bolkswacht hat von 13 500 am 1. Dezember 1904 die Zahl ihrerAbnehmer aus über 31 990 erhöht. o j;<■re c Faif!,e.1 Stadtkapclle. In Mühlhausen i. Th. hatte aufErsuchen de» Sozialdemokratischen Vereins und des Gewerkschafts-lartclls die Stadtlapclle ihre Mitwirkung am 1. Mai zugesagt. Aufeine Denunziation vom Kriegerverein drohte der OberbürgermeisterTrenckmann mit dem Entzug der städtischen Subvention, falls derStadtmusikdirektor seine Zusage. zu spielen, austechterhalte. Dashatte zur Folge, daß die Stadtkapelle zur Raifeier nicht spielte.