2. Die Statistik über Lohn, und Arbeitsverhältnisse der Ziegeleiarbeiter vorzunehmen. 3. Die Sammlung von allem zur Beurteilung der Lage der auf Ziegeleien beschäftigten Personen geeigneten Material, als Lohntarife, Arbeitsordnungen, Haus- und Kantinenordnungen, Registrierung der Preise von Nahrungs» und Genußmitteln. welche durch die Unternehmer oder deren Vertreter geliefert werden, und durch Akkordanten und Zwischenmeister an Zieglern vollzogene Lohnprcllcreien. 4. Entgegennahme von Mitteilungen darüber, an welchen Orten und bei welchen Unternehmern die Wohn- und Unter- kunftsräume der auf Ziegeleien beschäftigten Personen sich in der Nähe der Brennöfen oder über und neben Viehställen befinden, oder in denen eine Trennung der Schlafräume nach Geschlechtern nicht erfolgt ist. S. Erzielung möglichst günstiger Lohn- und Arbeitsbedin- gungen durch Abschluß von Tarifen. Zugleich beschließt die Konferenz, daß für die in Ziegeleien beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen der Verband der Fabrik-, Land- und Hülfsarbeiter und-Arbeiterinnen als die allein zuständige Organisation anerkannt wird." Nach einem Hoch auf die Einigkeit und die Organisation der Ziegler wurde die Konferenz geschlossen. Siebenter Uerbandstag des Jeutralverbandes der Konditorgehnifen, Pfeffer- und Lebbüchler und venvaudten Kerufsgeuoffen. Hamburg , 4, Juni. Am Vormittag des zweiten Pfingstfeiertages wurde der Ver- bandstag in Stanges Gesellschaftshaus eröffnet. Zu Vorsitzenden werden V ö I k- Hamburg und W e i d l e r- Berlin gewählt. Auf der Tagesordnung stehen folgende Punkte: 1. Statutenänderung. 2. Agitation. 3. Lohnbewegungen und Streiks. 4. Mai- feier. ö. Grenzstreitigkeiten. 6. Wabl des Verbandssitzes, des Vorsitzenden und des Redakteurs sowie oes Ausschußsitzes. 7. Ver- schiedenes. Dem Bericht des Zentralvorstandes entnehmen wir folgendes: In den Jahren 1934/06 stieg die Mitgliederzahl von 1726 auf 3971; unter letzteren befinden sich 1307 weibliche Mit- glieder. Zahlstellen waren Ende 1906 31 vorhanden gegen 26 zu Beginn 1904. Die Fluktuation unter den Mitgliedern war eine überaus starke. An Unterstützungen wurden gezahlt 1904: für Arbeitslosigkeit 4135,41 M., Krankheit 2976 M., Reiseunter- stützung 06,20 M.. Umzug 160 M., Sterbefälle 200 M., Streiks 9011,33 M.. Maßregelungen 1100.90 M.; 1906: Arbeitslosigkeit 4416,66 M.. Krankheit 4280 M.. Sterbegeld 600 M., Umzug 350 Mark, Streiks 380 M., Maßregelungen 1408 M. Die Agitation wurde durch 124 öffentliche und zahlreiche Betriebsversammlungen gefördert. Geklagt wird über die zahl- reichen blauen Vergnügungsvereine, die als Krebsschaden für die Organisation bezeichnet werden. Das Verbandsorgan, die„Biene", erschien in 79000 bezw. 92 700 Exemplaren, die 2074,67 bezw. 2422,29 M. Unkosten verursachten. Streiks fanden statt 1904 kn Berlin (geringer Erfolg), Hannover (Abwehrstreik), Herford (teilweiser Erfolg), Magdeburg (erfolglos); 1906 in Dresden (ohne Streik erfolgreiche Lohn- bewegung), München (erfolgreiche Lohnbewegung ohne Arbeits- cinstellung), Nürnberg (geringer Erfolg), Hannover (erfolgreiche Bewegung in der Kakesfabrik). Berlin (durchweg erfolgreich), Nürnberg (diesmal erfolgreich). Die Hauptrechnung ergab für beide Jahre 62 464,68 M. Einnahme, 62 464,68 Ausgabe, darunter 13 364,83 M. Kassenbestand. Bezüglich der Grenzstreitigkeiten wird im Ausschuß- bericht hervorgehoben, daß der Ausschutz den Standpunkt vertritt, daß alle Hülfsarbeiter und-Arbeiterinnen in Zuckerwarenfabriken naturgemäß in den Konditorverband gehören. Der Ausschußbericht hebt weiter hervor, daß die Preßkommission sich mit der Haltung der.Biene" zur Maifeier 1906 nicht einverstanden erklärt hat. Im vorigen Jahre sei die Maifeier im Verbandsorgan keines Wortes erwähnt worden, das müsse anders werden. Nach Erledigung der üblichen Formalitäten wurde in der Vor- Mittagssitzung in die Debatte über den Geschäftsbericht eingetreten, wobei besonders des Verhältnisses zum Bäckerverband gedacht wurde. Anwesend sind außer dem Zentralvorstand und dem Vertreter des Ausschusses 13 Delegierte, ferner Sabath-Berlin für die Zentralkommisfion und Weber für die dänische Bruder- organisation. Nachträglich wird noch auf die Tagesordnung gesetzt: »Konsumvereine und Gewerkschaften". Einen breiten Raum in der Statutenberatung nimmt die Bcitragsfrage ein. Jetzt werden 40 Pf. von den männlichen und 15 Pf. von den weiblichen Mitgliedern erhoben; außerdem müssen Extrabeiträge bezahlt werden. Als Grundlage für die Beratung dient ein Antrag Berlin , der lautet: „Die Lokalverwaltungen haben einen Streikfonds zur ort- lichen Verwendung anzulegen. Zu erheben sind dafür pro Quartal von den männlichen Mitgliedern ein Beitrag von 60, von den weiblichen von 20 Pf." Die Erhebung der im Antrag Berlin geforderten Extrabeiträge wird abgelehnt, dagegen wird die Erhöhung des Beitrages auf 60 resp. 20 Pf. angenommen, desgleichen die Erhöhung des Beitritts- gelbes auf 1 M. für männliche und 60 Pf. für weibliche Mitglieder, Arbeitsburschen und Lehrlinge. Abgeschafft wird der Gaubcitrag in Höhe von 6 Pf. Beschlossen wird, die Unterstützungssätze in der jetzigen Höhe zu belassen. Angenommen wird ein Antrag Hamburg , bei fünf- jähriger Mitgliedschaft ohne Bezug von Unterstützungen 1,50 Vi. pro Tag bis zum Höchstbetrage von 70 M. zu gewähren. Die Arbeitslosenunterstützung soll in Zukunft erst nach einem Jahre in Höhe von 30 bezw. 15 M. zur Auszahlung gelangen. Ein Antrag. erwerbsunfähige Bezugsberechtigte vom Beitrag zu befreien, wurde abgelehnt. Die Bestimmung des Statuts, Mitglieder, welche bezugs- berechtigt sind und bei Krankheitsfällen ihren vollen Lohn beziehen, erhalten keine Unterstützung, wurde gestrichen. An die ins Ausland reisenden Mitglieder soll fortan nur in dem Falle Reiseunter- stützung gewährt werden, wenn mit dem betreffenden Lande ein Gegenseitigkeitsverhältnis besteht. Zweite deutsche Gasarbeiterkonfereuz. Mainz , 3. Juni. Im Anschluß an den VerbandStag der Gemeindearbeiter fand am Sonnabend und Sonntag hier die zweite deutsche GaSarbeiter- konferenz statt. Anwesend waren 72 Delegierte. Die Konferenz hatte den Zweck, die Ansichten über die äugen- blickliche Lage der BerufSangehörigcn zu klären, um die Strategie der nächsten Zukunft bestimmen zu können. Hatte schon der Gesamtverband in seiner Tagung einen wesentlichen Ruck nach links gemacht, so trat bei den GaSarbeitern diese Tendenz noch schärfer hervor. AuS dem einleitenden Referat des VerbandSvorsitzenden M o h S und den sich anschließenden Dar- legungen der Verhältnisse an den einzelnen Orten durch eine Reihe von Delegierten ist zu entnehmen, daß die Arbeitszeit, Löhne usw. noch sehr verschieden sind. Bemerkenswert ist die allgemeine Klage, daß bei Einführung der Achtstundenschicht fast genau dieselbe Leistung verlangt werde wie vorher in 12 Stunden. Dadurch geht der sani- täre Wert der Arbeitszeitverkürzung fast völlig verloren. Diesem Bestreben müsse entgegengearbeitet werden, ohne daß dadurch die Bemühungen auf weitere Ausdehnung des DreischichtenshstemS ge- schwächt werden dürfen. Vis heute ist erst von 26 deutschen Groß- städtcn der Achtstundentag für Gasarbeiter eingeführt. Diese Arbeitszeit muß durchweg zur Norm erhoben werden. Von Wichtigkeit ist weiter die Regelung des Schicht« Wechsels. Hier ist eS sehr oft der Fall, daß 24 Stunden, mindestens aber 18 Stunden ununterbrochen gearbeitet werden muß. Daß derartige Ueberanstrengungen der Gesundheit sehr gefährlich sind, ist ohne weiteres verständlich. Hier muß von den Stadt- Verwaltungen mehr Einsicht und hygienische Fürsorge nachdrücklich verlangt werden. Auch bezüglich der Lohn frage leisten sich rückständige Stadt« Verwaltungen oft die verwerflichsten Dinge. Löhne von 25 Pf. pro Stunde sind keine Seltenheit! Die Städte glauben nämlich bielfach, der Privatindustrie zuliebe die schlimmsten Schundlöhne zahlen zu müssen.— Außer der Regelung der Arbeitszeit und der Löhne rst anzustreben ein Prozentzuschlag auf Ueberstunden und Nachtarbeit, Einrichtung unentgeltlicher Bäder und Lieferung von Wäsche. Die Konserenz war einig darin, daß reaktionären Stadt- Verwaltungen gegenüber ein schärferer Ton anzuschlagen sei als bisher und daß die Forderungen eventuell auf dem Wege des Streiks zur Durchführung gebracht werden müssen, wenn alle anderen Mittel nichts mehr nützen wollen. Keine Annahme fand die Resolution der Berliner Delegierten: eine wöchentliche Extrasteuer von 10 Pf. von den Gasarbeitern zu erheben, um einen Spezialkampsfonds zu bilden, jedoch wurden die Delegierten aufgefordert, da, wo es sich durchführen lasse, für Ansammlung eines lokalen Kampffonds Sorge zu tragen. Eine andere Resolution erklärt gegenüber den Grenzverletzungen des Fabrikarbeiterverbandes den Verband der Gemeindearbeiter als die für GaSarbeiter allein zuständige Organisation. Eine dritte Resolution ersucht den Reichstag und den Bundesrat, die Kom- Mission für Arbeiterstatistik mit der Beschaffung einschlägigen Ma- terials zu beaustragen und den Achtstundentag für Gasarbeiter ge- setzlich einzuführen. Eine zum Schluß angenommene Resolutton endlich stellt das Bestehen schwerer, aber von den Verwaltungen leicht zu beseitigender Mißstände fest. Die Einführung betriebstechnischer Verbesserungen hat infolge unangebrachter Spariamkeit, welche sich hauptsächlicki in der Reduzierung der Arbeitskräfte bemerkbar macht, keineswegs zu einer Erleichterung der schweren Arbeit geführt. Die Konferenz fordert daher erneut die Einführung des Achtstundentages für alle in Gaswerken beschäftigten Personen. Sie verurteilt entschieden die übermenschlich lange Arbeitszeit, den langen Schichtwechsel, die un- zureichende Lohnzahlung, das Fehlen hygienischer Einrichtungen und die Nichtbeachtung der von der Konferenz von 1903 in dieser Richtung geäußerten Wünsche. Die Konferenz verspricht, mit größter Eni- schiedenheit unter Anwendung aller legalen Mittel, analog den Be- schlüsien des 4. Verbandstages der Gemeindearbeiter die Beseittgung der Mißstände anzustreben. Die Delegierten verpflichten sich, die vom Vorstande zur Durchführung der aufgestellten Forderungen eingeleitete Agitation mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu fördern. Mit einem Hoch auf den Gemeindearbeiterverband fand die Konferenz ihr Ende._ Hus Induftrie und Handel. Der„Plutus" polemisiert in seiner letzten Nummer gegen den „Vorwärts" in einer Weise, welche seine früher schon bekundete Fähigkeit in noch schönerem Glänze erscheinen läßt. Er stützt seine sachlichen Argumente durch— Personalangaben und die',, Enthüllung", der Fraktionsbeschuß bezüglich der Tantiemensteuer sei durch Revisionisten veranlaßt. Schon die Absicht, die uns mit solcher taktvollen Eni- hüllung verbunden erscheint, veranlaßt uns, nicht näher darauf ein- zugehen. Er behauptet sodann, er könne nachweisen, daß wir den Sinn seiner Worte auf den Kopf gestellt hätten und der Entstellung soll sogar Böswilligkeit zugrunde liegen. Da der„PlutuS" aber auf den Nachweis verzichtet, wollen wir daS Gegenteil seiner Behauptung dartun. In seiner Nr. 20 polemisiert er gegen die Fraktion, weil diese für die Tanttemcn« steuer in der angenommenen Form gestimmt hat. Zur Begründung führt er aus: „Diese Auswüchse äußern sich nach zwei Richtungen. Einmal in der Gewährung enonn hoher Tantiemen an solche Leute, die vom Geschäftsbetrieb keine Ahnung und deshalb auch nicht die Fähigkeit haben, die von den Gesetzgebern gewünschten Aufsichts- ratsfunktionen auszuüben. Unter das Rubrum dieser Leute, die als Dekorattonen und Schlepper für die Gesellschaften dienen, fallen vor allen Dingen jene hohen Staatsbeamten a. D., die die Brücke der Korruption zwischen den Akttengesellschasten und den hohen Staatsbehörden schlagen. Ein zweiter Unfug ist die Zu- sammenballung von vielen Aufsichtsratsposten in einer Hand. DaS soeben in neuer Ausgabe erschienene Adreßbuch der Direktoren und Aufsichtsratsmitgliedcr(Berlin C., Fmanz- verlag, G. m. b. H.) gibt darüber Aufschluß, daß sich diese Zu« sammenballung gegen das Vorjahr noch exorbitanter gestaltet hat. Wenn Leute, wie Herr Kommerzienrat Louis Hagen in Köln 40, Herr Konsul Gutmann 33, Herr Oberregierüngsrat Schröder in Köln 31 und eine große Reihe anderer Leute über 10 und über 20 AufsichtSratsniandate ausüben, so ist das ein Unfug schlimmster Sorte, und diesem Unfug zu steuern, wäre das Mittel einer Tanttemensteuer außerordentlich angebracht gewesen. Bon der jetzt gewählten Form der Tantiemensteuer aber kann man nicht im geringsten erwarten, daß diese Verhältnisse auch nur einigermaßen geändert werden. Die Folge wird vielmehr lediglich sein, daß entweder die Aktionäre mehr als bisher belastet werden, oder daß sie in Zukunft werden darauf verzichten müssen, wie bisher solche Leute zu Aufsichtsräten zu bestellen, die große Fach- kenntnisse und ernste Arbeit für eine relativ geringe Entschädigung in den Dienst der Gesellschaften gestellt haben." Um seine Ansicht, daß durch die jetzt beschlossene Form der Steuererhebung die„Dekorateure" und„Schlepper" nicht belastet werden, vielmehr die resp. Gesellschaften die Steuer tragen, noch besser zu illustrieren, führt der„Plutus" noch folgendes Beispiel an: „Jetzt tritt der Zustand in Kraft, vor dem ich früher bereits warnte, daß nämlich bei einer Aktiengesellschaft, die vier Aufsichts- röte mit je 1500 M. besoldet, jeder dieser— wirklich arbeitenden— Anfsichtsräte 8 Proz. an Steuern abgeben muß, auch wenn diese 1600 M. das einzige Tantiemeneinkommen dieser Herren bilden. Gehört dagegen irgend ein Finanzmann 20 Gesellschaften an, von denen jede ihren Aufsichtsräten zusammen nicht über 6000 M. vergüten, so hat dieser Herr, auch wenn er insgesamt an Aufsichts- ratstantiemen 30000 M. bezieht, keine Steuern zu bezahlen." Lediglich gegen dieses Argument wandten wir uns, indem wir bemertten: Das Argument ist verblüffend logisch. Aber weiter auch nichts I Dem Argument fehlen nur— die Voraussetzungen und darum ist es vollständig wertlos. In der Theorie stimmt die Rechnung, aber niemals in der Praxis. DiogeneS -„Plutus" inag mit der Laterne suchen, er wird keinen Tantiemeneinstecker-Grossisten finden, der sich auch imr an einige Gesellschaften fortwirst, die weniger als 6000 M. Tantiemen zahlen. Schlepper und Dekorateure sind für solche Lumpenpfennige nicht zu haben. Ganz unbekannt dürfte das auch dem„Plutus" nicht sein. Diesen Einwand hat der„PlutuS" auch nicht entkräftet, er be- hauptete vielmehr, er habe mit Absicht das Beispiel so kraß gewählt, um zu zeigen,„wie unlogisch und prinzipienwidrig die sozialdcmo- lratische Fraktion handelte." Weiter sagt er: „Tatsächlich ist es in der Praxis gar nicht so selten, wie er (der„Vorwärts") aus Mangel an Kenntnissen glaubt, daß jemand ein recht stattliches Tantiemeneinkommen auS mehreren Gesellschaften zieht. Man muß dabei nur nicht, wie daS der„Vorwärts" tut, an die großenTantiemenbezieher denken, die im AuffichtSrat der börfenmätzigenGesellschaften sitzen. Bekanntlich gibt es eine sehr große Anzahl von deutschen Akttengesellschasten, deren Aktten an kemer Börse notieren, die eine lediglich lokale Be- deutung haben und die fchon wegen der Kleinheft ihres Aktien- kapitals kaum mehr als 6000 M. Tantteme an alle Aufsichtsräte zusammen bezahlen können. Die Verwaltungssitze in diesen Ge- sellschaften befinden sich zumeist in Händen besttmmter eingeborener Familien, die diese Stellen bei den meisten Aktiengesellschaften der Umgegend besetzt halten. Ich denke da namentlich an die kleinen Bankiers der Provinz,_ deren Einkommen zu einem nicht unerheblichen Teile aus der Summierung solcher kleinen Tantiemen stammt." Damit behauptet der„Plutus" etwas, was wir gar nicht be» stritten haben. Seine Vorschläge sollten angeblich bezwecken, die „Dekorateure" und«Schlepper" zu fassen, die kleineren Gesellschaften resp. die wirklich arbeitenden Aufsichtsräte zu schonen. In seiner Entgegnung bezeugt er ja auch, daß wir lediglich dieses Moment im Äuge hatten, daß wir nur an die großen Tantiemenbezieher dachten. Nun kommt er mit den Aufsichtsräten, die bei den kleinen Gesell« schaften amtieren und aus den Tantiemen in der Hauptsache ihr Einkommen erzielen. Was hat das für einen Sinn, wenn er nach- weisen will, daß bei der jetzigen Form die„Dekorateure" und „Schlepper" steuerftei bleiben? Die kleinen Tantiemenempfänger will er doch geschont wissen. Nach seinem Vorschlage würden diese Leute belastet, weil die kleinen Gesellschaften meist nicht in der Lage sind oder nicht gewillt sein werden, die Steuern zu tragen und das Angebot für sie stark genug ist, eventuell Ersatz zu finden. Anders dagegen bei den großen Gesellschaften, die sich Dekorateure und Schlepper halten. Für diese Gesellschaften ist die„Arbeit" jener Leute so wertvoll, daß sie, wie auch die Form der Steuer« erhebung gewählt wird, die Kosten übernehmen. Gerade so gut, wie sie bei der Erhebung von der Gesellschaft die Kosten tragen, würden sie das auch tun, wenn die Steuer von den Aufsichtsräten persönlich erhoben wird; die Tantiemen würden einfach entsprechend erhöht. Wir sind nicht naiv genug, zu glauben, daß bei der von„PlutuS" geschilderten Korruption die Form der Erhebung materiell irgend welche Be- deutung hat. Wäre die von„Plutus" gewünschte Form gewählt worden. dann würden allerdings die nach seinem kraß gewählten Beispiele an- gezogenen Aufsichtsräte geschont, aber auf solche willkürlichen Voraussetzungen kann man doch ein Gesetz nicht einrichten. Nicht wir haben den Sinn der Worte auf den Kopf gestellt, der„Plutus" verleugnet den Sinn seiner Ausführungen. Sodann ist der„Plutus" erbost, weil wir schrieben: „Der„Plutus" bekundet sehr oft ein warmes Herz für die Hochfinanz." Er sieht darin den Vorlvurf der Unlauterkeit. Warum das? Der«Plutus" bemüht sich an Hand der Besprechung von Geschäfts- berichten je nachdem die Interessen der Aktionäre und auch die der Gesellschaften zu vertreten. Das sind rein kapitalistische Interessen. In der Zollsrage vertrat er einen Standpunkt, der in seiner Wirkung die Interessen der Hochschutzzöllner vertritt und damit die der mit der Großindustrie sehr eng liierten Banken. Er hält das für richtig. weshalb denn da die Entrüstung? Wenn er uns Volkswirt- schaftliche Kenntnisse abspricht vielleicht auch deshalb, weil wir uns nicht zu seiner Ansicht bequemen können, die agrarischen Bestrebungen des Bundes der Landwirte in allen ihren Konsequenzen seien aus eine Stüfe mit den gewerkschaftlichen Bestrebungen der Arbeiter zu stellen, wenn er jene für so berechtigt hält wie diese, so wollen wir ihn bei diesem Vergnügen nicht stören. Wir sind der Ansicht, wenn ein Gewerkschaftsführer solche volkswirtschaftlichen Grundsätze vertreten würde, wie der„PlutuS" bei Besprechung der ZirkiiSversammlung deS Bundes der Landwirte, Hohn und Spott wäre seine Ernte. Zuwachsrente in Mittelstädten. Die„Oplad. Zeitung" berichtet aus Solingen :„Mühelos ein gutes Geschäft gemacht haben die Herren A. Pohl und A. Gotthelf an der mittleren Kaiserstraße. Beide haben ihr Besitztum der Firma S. Gärtner für 126 000 M. bezw. 128 000 M. verkauft. Pohl, der für sein 14 Ruten großes Häuser« grundstllck vor etwa 26 Jahren 16 000 M. zahlte, hat 110 000 M.. und Gotthelf , der sein 11 Ruten großes Besitztum vor vielleicht 16 Jahren für 60 000 M. erwarb, hat 63 000 M. Nutzen!"— Dazu bemerkt die„Bodenreform":„Wie wär's mit einer Zuwachs« steuer in Solingen ?" Die Stadt Hanau hat die Zuwachssteuer beschlossen. Der ent« scheidende§ 12 lautet: „Die Wertzuwachssteuer beträgt 10 Proz. der 16 Proz. über- schrittenen Wertsteigerung, zuzüglich 2 Proz. der Wertsteigerung über 60 bis 76 Proz. 4,,## 75„ 100» 3»„.„ 100„ 160, 12 t»,„ 160. 200» 1o hu„„ 200 Proz. Die Wertsteigerung bis zu 16 Proz. bleibt steuerfrei/ Soziales. Prämie» für Kassenvetriiger. Wiederholt haben wir Fälle angeführt, in denen Unternehmer die den Arbeitern vom Lohne abgezogenen Krankenkassen- und Eintrittsgelder für sich verwendet und so die Kassen geschädigt hatten, mit Strafen belegt wurden, deren niedere Höhe geradezu als Ansporn zu neuen Unterschlagungen von Kassengeldern wirken muß. Heute wird uns über eine» solchen Fall aus Berlin berichtet. Der Fuhrherr und Dunghändler R. Rochow schuldete der Berliner Allgemeinen Ortskrankenkasse außer einigen namhaften Beträgen für Ersatzleistungen nach§ 60 des Krankcnversicherungsgesetzes und Z 12 des Gewerbc-Unfallversicherungsgesetzeö etwa 427 M. an Bei- trägen und Eintrittsgeldern. Da die ZahlungS - Unfähigkeit des Schuldners festgestellt war, so vereinbarte die Kasse mit dem Untenichmer zunächst Teilzahlungen, ohne Strafanzeige zu erstatten. Da aber insgesamt nur 70 M. abgezahlt wurden, so daß eine Schuld von gegen 3 6 7 M. verblieb, erstattete die Kasse auf Grund Z 63 Abs. III in Verbindung mit§ 82 b deS Kranken- versicherungSgesctzes Strafanzeige bei der Königl. Staatsanwaltschaft. Letztere erhob Anklage. Der Angeklagte gab sein Vergehen zu. Er wurde vom Schöffengericht I in Berlin zu einer Strafe von— zehn Mark eventuell zwei Tage Hast verurteilt. Das heißt geradezu einen zu Wiederholungen aufmuntern. Würde ein KommlS 427 M. oder 857 M. seinem Chef unterschlagen, so würde er sicherlich nicht mit Geldstrafe, sondern auf Grund des § 246 R. St. G. mit Gefängnisstrafe belegt werden. Der 8 82 K.« V.-G., der gegen Kassengeldunterschlagungen zur Anwendung ge» langt, sieht eine höhere Strafe als für gewöhnliche Unter- schlagungen vor. Einfache Unterschlagungen werden durch 8 246 R. St. G. mit Gefängnis bis zu 3 Jahren und falls die unterschlagene Sache dem Täter anvertraut war, mit Gefängnis bis zu 6 Jahren bedroht; beim Vorhandensein mildernder Umstände kann auf Geldstrafe bis zu 900 M. erkannt werden. 8 62b K.-.V-.G. sieht als Strafe für Unterschlagungen von Arbeiterbeiträgen den Arbeiter» und der Kasse gegenüber Gefängnis bis zu 6 Jahren vor, neben dem auf Geldstrafe bis zu 3000 M. und auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann; für den Fall mildernder� Umstände kann ausschließlich auf Geldstrafe erkannt werden. Wenn ein Kassenbote oder eine Verkäuferin 360—450 M. unterschlagen und nur mit 10 M. Geldstrafe belegt würden, so würde die bürgerliche Presse Halloh darüber zetern, daß ein solches Urteil eine Prämiierung für Unterschlagungen bedeute. Ueber die fortgesetzten gerichtlichen Prämien fiir die geschilderten Unterschlagungen seitens Unternehmer berichtet die bürgerliche Presse nichts oder tadelt mindestens derarttae Urteile nicht. Solche Urteile sind nur möglich, weil unsere Rechtsprechung ein Ausfluß der Klassenjustiz ist, die Leib. Leben, Gesundheit, Freiheit und Vermögen der Aroeiter für minder wertvoll und minderen Schutzes bedürflig erachtet als die gleichen Güter Wohlhabender.
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