Erklärung bollkommen. Zu dem von Röder geäußerten Mißtrauen,daß die Aufklärung verschleppt zu werden scheine, läge keinGrund bor.Genosse Z e ch e l, n geht auf die Veröffentlichungen der„Einigkeit" ein und konstatiert, daß er das ominöse Protokoll per-sänlich eingesehen habe und daß alles wirklich darin stehe, was die„Einigkeit" daraus veröffentlicht habe. Redner wendet sich heftiggegen den„Vorwärts" wegen des Artikels, der„Eine Infamie"überschrieben war. Damit habe der„Vorwärts" Wirrnis an-gerichtet— genau wie im Vorjahre mit seinem Wirrnis-Artikel.Er wäre verpflichtet gewesen, abzudrucken, was die„Einigkeit"schrieb, und hätte dann seine Bemerkungen dazu machen können.So aber, wie er sich verhalten habe, würden die Massen irregeführt.Der„Vorwärts" habe sich eine niederträchtige Beschimpfung der„Einigkeit" zuschulden kommen lassen, des Blattes, das nur dieWahrheit gesagt habe. Zum mindesten könne man verlangen,daß der„VoNvärts", wenn er das Material nicht in Händen habe,nicht 31 Parteigenossen(die Unterzeichner des ersten Artikels) inso gemeiner Art beschimpfe.— Aus dem späten Herauskommen derAufklärung entnimmt Redner, daß man vielleicht erst der Er-klärung der Generalkommission die Giftzähne ausziehen wolle.Bebel spreche von einer plumpen Indiskretion. Davon könne hierkeine Rede sein; denn wenn jemand aus einer Sitzung, zu der ernicht hinzugezogen sei, etwas erfahre, dann könne er das sagen,dann begehe er keine Indiskretion. Wenn der Parteivorstand sichnach Jena nochmals mit der Frage des Massenstreiks befassen undGewerkschaftsvertreter hinzuziehen wollte, dann hätte er auch dieVertreter der Freien Vereinigung der Gewerkschaften Deutschlandshinzuziehen müssen. Was die letzte Nummer der„Einigkeit"wiedergebe, sei noch schlimmer als das in der Nummer vorher.ES lasse den unheilvollen Einfluß der Generalkommission auf diePartei erkennen. Die Sache müsse besprochen werden.Genosse WalterSkötter unterschreibt beinahe Wort fürWort, was der Vorredner sagte. Der Parteivorstand und auchStadthagen hätten sich wie die Katze um den heißen Brei herum-gedrückt. Wir hätten alle Ursache, auf unsere Trrbuncn zu achten.Genosse Stadthagen: Der„Vorwärts" habe die Pflicht.die Interessen der Gesamtpartei zu vertreten, und das werde erauch tun. Was er den 31 Genossen, die die Veröffentlichung in der..Einigkeit" zeichneten, zum Vorwurf mache, das sei, daß sie nichtan die geeignete Parteiinstanz oder an den„Vorewärts" gegangenseien, um sie zu informieren. Glaube man denn, daß der„Vor-wärts" stillgestanden hätte! Bis jetzt habe der„Vorwärts" keinProtokoll erhalten. Er werde versuchen, eins zu erlangen und werdedann mit seiner Meinung nicht zurückhalten. So, wie es in der„Einigkeit" geschehe, werde er es allerdings nicht machen, sonderner werde prinzipiell klipp und klar Stellung dazu nehmen nachgrößeren Gesichtspunkten. Dann müsse aber das ganze Proto-koll vorliegen, nicht einzelne Auszüge. Die Sache sei so wichtig, daßdie Parteigenossen zusammenhalten sollten und nicht eine Sache„Vorwärts" kontra„Einigkeit" daraus machen. Die harten Wortegegen die„Einigkeit" könnte man ja vielleicht bedauern, wenn sieauch erklärlich seien. Soweit der Massenstreik in Betracht komme,habe ja Bebel seine Richtigstellung gegeben. Was er sage, könnenichts anderes als die Wahrheit sein. Falls die anderen Be-hauptungen der„Einigkeit" über Aeußerungen einiger Gewerk-schaftsführer mit Bezug auf die Partei wahr seien, so würden wirdie traurige Erscheinung eines lebhaften und scharfen Kampfes gegeneme Richtung bekommen, die dahin gehe, aus der Partei ein Vehikelder Gewerkschaften zu machen und die Sozialdemokratie alssolche dem Untergange zu weihen. Was einige GewerkschastS-Beamten täten, dürfe man aber nicht den Gewerkschaften alssolchen anrechnen. Man müsse sich hüten vor der Verwechselungeiniger GewcrkschaftSbeamten mit den Gewerkschaften selber.—Stadthagen verwies noch darauf, daß der Parteivorstand nicht derGeneralversammlung von Groß-Berlin, sondern dem ParteitageRechenschaft schuldig sei. Außerdem wandte er sich energisch gegendie Art des Auftretens der Vorredner. Es wäre unstatthaft undschließe jede Diskussion aus, wenn man einzelnen Unterstellungenmache und dann daraus Schlüsse ziehe.Genosse G u sta v L i n k, der mr der Konferenz, die das viel-genannte Protokoll betrifft, teilgenommen hat, führte unter anderemaus: Es gebe gewisse Dinge, die man aus Interesse für die Arbeiter-Bewegung nicht an die große Glocke hängen könne. Darum handelees sich hier. Wenn der Partcivorstand mit der Gencralkommissioneine Angelegenheit geregelt habe, die für die Arbeiterbewegung vonweittragender Bedeutung sei, so hätten andere Körperschaften sichnicht darum zu kümmern. Der Parteivorstand habe das Protokollerhalten. Wenn es die„Vorwärts"-Redaktion nicht erhielt, so des-halb, weil sie hier nicht in Frage gekommen sei. Er könne ver-sichern, daß dvS, was in der Zusainmenkunft der Gewerkschaftsvor-stände gesprochen sei, in keiner Weise irgendwie gegen die Arbeiter,Bewegung verstoße. Es sei immer betont worden, cS solle ein innigesZusammenarbeiten zwischen Partei und Gewerkschaft stattfinden.Nunmehr zieht Räber den ersten Teil der Resolution zurück.Der zweite Teil wird vom Vorsitzenden dadurch für erledigt erklärt,daß die Rede Bebels in der Arbeiter-AgitationSbibliothek Nr. S er-schienen ist.Mit einem Hoch auf die internationale Sozialdemokratie schloßdie Versammlung_Uebnng macht den Meister.Wie den Lesern des.Vorwärts" bekannt ist, habe ich auf demletzten Verbandstag der Handlungsyehülfen zu Themnitzeine Resolution begründet, welche die völlige Beseitigungder Lehrzeit im Handelsgewerbe fordert. Da sich imLaufe der Debatte über meinen Vortrag herausstellte, daß sowohldie Delegierten wie die Mitglieder über das Lehrlingsproblcm nochnicht genügend informiert sind, so ist der Kongreß zu der sehr der-nünstigen Entschließung gekommen, die Frage zunächst einmal derGesamtheit seiner Mitglieder zu eingehender Diskussion zu empfehlenund die Beschlußfassung einer späteren Generalversammlung vorzu«behalten.Das hat natürlich nicht verhindert, daß eine ganze Reihebürgerlicher Preßorgane aus Anlaß der lnoch gar mcht an-genommenen!) Resolution in der bekannten teils gehässigen, teilslächerlichen Weise über den Verband, den BerbandStag und übermeine Person hergesallen sind. So schrieb z. B. die„Tägl. Rund-schau": der Verfasser der Resolution habe wahrscheinlich selbst keinedreijährige Lehrzeit durchgemacht, sonst würde er so etwas nichtfordern; die„Germania" orakelte: der Urheber der Resolutionund die ihm zujubelten glaubten natürlich selbst nicht, daß eineBeseitigung der Lehrzeit möglich sei; und so weiter. Bei allen giltes ohne weiteres als feststehend, daß Leute, die keine Lehrzeit durch-gemacht haben, für den Handel einfach unbrauchbar sind.Ich habe nun nicht die Absicht, dieses von jeder Sachkenntnisunberührte Gewäsch zu widerlegen; vielmehr verweise ich zur ein-gehenden Begründung meiner Forderung auf die Broschüre, die ichim Auftrage des Handlungsgehülfenverbandes abzufassen imBegriff bin und die in wenigen Wochen erscheinen wird. In-zwischen hat aber ein Fachblatt, der in Berlin erscheinende�Konfektionär", sich ebenfalls zu der Frage geäußertund dabei einen geradezu unglaublichen Unsinn zutage gefördert.der es mir wünschenswert erscheinen läßt, schon fetzt und zugleichvor dem breiteren Forum der„Vorwärts"- Leser eimges von demMaterial zur Abwehr beizubringen.Mit welcher Nachlässigkeit der„Konfektionär" gearbeitet hat,beweist schon der Umstand, daß auch er seinen Lesern erzählt, derBerbandstag habe die Resolution angenommen, während in Wirk«lichkeit, wie gesagt, die Beschlußfassung aufgeschoben worden ist, sodaß die Resolution bis auf weiteres nur von mir persönlich ver«treten wird.— Was weiß nun der„Konfektionär" zur Sache vor«zubringen? Er schreibt:„Es wird einem schwer, auf diese Behauptungen(der Reso-lution) etwas zu erwidern, nicht etwa, weil keine Gegen-gründe zu finden wären, sondern weil die Ansicht, man lerne inder„sogenannten Lehrzeit" nichts, zu absurd ist. um sich ernst«hast mit ihr zu beschäftigen."Man sieht, der verehrliche„Kons." macht sich's leicht. Mit derBehauptung, des Gegners Ansicht sei absurd, glaubte er sich derMühe überhoben, sie zu widerlegen. Nun hat er aber leider danebengegriffen, und zwar in einer Weise daneben gegriffen, die manbei einem F a ch b a t t nicht für möglich halten sollte. Hätteer nämlich geschrieben, meine Ansicht, daß das Uebel durchBeseitigung der Lehrzeit geheilt werden könne,sei absurd, so wäre eS gut; es stände dann Urteil gegenUrteil. Statt dessen stellt' er seinerseits die Behauptung auf,die kaufmännische Lehre, wie sie beute besteht, sei gut. Damitkommt er aufs Gebiet der Tatsachen und bciveist. daß ihm dieTatsachen des von ihm vertretenen Berufs genau so unbekannt sind.wie etwa die Landschaften im Monde.„Es fällt kein Meister vomHimmel", überschreibt er seinen Artikel und begreift nicht, daß dieseplatte Selbstverständlichkeit von mir gar nicht bestritten worden ist,sondern daß es sich vielmehr um die Frage handelt, ob die kauf-männische Lehre den Meister inacht. Ich bestreite das. der„Kons."hingegen schreibt:„... Man ist denn auch bemüht, die Wirksamkeit der kaufmännischen Lehrzeit nach jeder Nichtimg hin zu erhöhen..."„... Nach unierer Erfahrung ist die kaufmännische Lehregegen früher weit besser geworden..."„... Wenn heute vom Kausniannslehrling keine Hausknechtsarbeiten mehr verlangt werden, wenn er nicht mehr den Ladenausfegen, den Ofen heizen und die Lampen reinigen muß. so istdas ganz in der Ordnung..Also der„Kons." bestreitet, daß das Uebel der ungenügendenLehrlingsausbildung überhaupt besteht. Früher sei das wohl derFall gewesen, aber mit der Zeit sei es immer besser geworden.In Wahrheit ist das gerade Gegenteil der FalltIn Wahrheit wurden früher die Kaufmannslehrlinge gut aus-gebildet, während sie heute nur ausgebeutet werden. Schon inChemnitz habe ich darauf hingewiesen, daß sämtliche, auch diereaktionärsten Gehülfenverbände dies als unumstößliche Tatsache an-erkennen und ihre Klagen darüber Jahr für Jahr wiederholen. Dersehr„staatserhaltende" deutsch nationale Handlungsgehülsen-Verbandäußerte sich auf seinem Berbandstage im Juni 1903(Schriften desD. H. V., Band 22, Seite 69):„Alljährlich werden Taufende von sogenannten Lehrlingen z» HaiiskncchtSarbeitcn verwandt... noch immer verlassenalljährlich T a u s e n d e von jungen Leuten die Lehre, in der sienichts gelernt haben..Der„Kons." aber glaubt mit rührender Einfalt, daß heute vomKaufmannslehrling keine Hausknechtsarbeiten mehr verlangt werdenund daß die kaufmännische Lehre gegen früher weit besser ge«worden sei INun, der deutschnationale Verband ist antisemitisch und ich binein Sozialdemokrat. Möglicherweise finden beide keine Gnade vor denAugen des„Kons.". Ich könnte zwar Aeußerungen der gleichen Artmich von den Verbänden vorlegen, an deren GesinmingStüchtigkeitund Staatstreue selbst der„5konf." nicht den leisesten Zweifel hegenwird. Doch will ich mir das schenken und gleich zu den Prinzipalenübergehen. Daß auch diese über den Wert der Lehre wesentlichanders denken als der„Kons.", beweist allein schon die Tatsache, daßalljährlich Tausende von„ausgelernten" jungen Leute keine Stellefinden können. Die Prinzipale wollen sie nicht nehmen. Darin liegtdoch das Eingeständnis, daß sie während ihrer Lehrzeit nicht so vielgelernt haben, um ihre Anstellung zu einem auskömmlichen Gehaltwünschenswert und lohnend zu machen. Doch liegen auch direkteAussprüche von Prinzipalen vor. Auf dem Hl. Kongreß desDeutschen Verbandes für das Kaufmännische Unterrichtswesen(Hannover, Oktober 1899) sagte der dem„Kons." gewiß unver-dächtige Kommerzienrat Lissa» er(Stenogr. Bericht S. 95),daß der Prinzipal„nicht mehr die Muße wie in früheren Zeiten hat, wo inlangsamerem Tempo gearbeitet wurde, um instruktiv(belehrend)auf den Lehrling zu wirken..und daß der Lehrling„gleichfalls Schaden und zwar den größten hat, indem seine Aus-bildnng außerordentlich langsam vor sich geht und meist nur un«vollkommen abschließt, weil ihm meist mechanische Beschäftigungen,bei denen er seine Pflicht tut, ohne indessen tiefer in das kauf-männische Können einzudringen, zugewiesen werden."Herr Kommerzienrat Lissouer ist übrigens, genau wie ich. derAnsicht, daß eine wesentliche Besserung d eS Schulwesens das wichtigste Erfordernis zur besseren Ausbildung deskaufmännischen Nachwuchses ist.— Ueberhaupt sind alledenkenden Prinzipale resp. Prinzipalsvertreter(ich meine damitdie juristischen usw. Ratgeber der Prinzipalsvereine) mit den Ge-hülfenverbänden darin vollkommen einig, daß die Lehre, wie siegegenwärtig in Deutschland üblich ist, absolut wertlos ist. Auch hierkönnte ich noch massenhaft zitieren, will mich indesien wiederum aufein einziges Beispiel beschranken. Im Mai 1901 hielt ein Ausschußdes obengenannten Verbandes zu Weimar eine Sitzung ab, inwelcher Herr Dr. Baly aus Reval in einem längeren Vortrag aus«führte(Band 19 der Schriften deS Verbandes für Kaufm. Unterrichts«Wesen, S. 23 ff.):„Der Prinzipal ist im heutigen kaufmännischen Berufe wederLehrherr im wirklichen Sinne des Wortes, noch Lehrer, wederpersönlicher Freund, noch väterlicher Ratgeber des Lehrlings,sondern nur sein Arbeitgeber.... Das patriarchalische Lehr-und Ratsverhältnis zwischen Prinzipal und Lehrling ist auf jedenFall längst geschwunden. Der Lehrling ist heute nichts anderesals ein Gehülfe, dessen Tätigkeit in der Verrichtung von Kontor-arbeiten besteht, die insofern untergeordnete genannt werdenkönnen, als sie zu ihrer Verrichtung nicht gerade bedeutende geistigeFähigkeiten beanspruchen....!,Von einer allseitigen kaufmännischen Ausbildung vermitteltdie Lehre den, Lehrling nur eine Reihe praktisch-technischer Fertig«leiten, alles übrige läßt sie unberücksichtigt."...Ich habe mir in Chemnitz wahrlich nicht träumen lassen, daßich die allen Fachleuten längst bekannte vollständige Wertlosigkeit derLehre erst noch beweisen sollte. Und am allerwenigsten habe ich ge«dacht, daß sich ein Fachblatt finden würde, das das noch nichtweiß. Sondern die Frage, die ich mir gestellt hatte, war diese:Was ist angesichts der totalen Unwirksamkeit der Lehre zu tun, umdie Ausbildung des kaufmännischen Nachwuchses wieder zu hebenund für die Zukunft sicher zu stellen? Und da bin ich nach reiflicher'Ueberlegung zu dem Schluß gekommen, daß im Handel nurUebung den Meister macht. Die angebliche Lehreführt nur dazu.„daß der junge Mann drei Jahreseines Lebens nicht in der geeigneten Weise ausnützenkann, weil eben das LehrverhältniS sich in Wirklichkeit nichtanders als ein bloßes Arbeitsverhältnis darstellt."(RegierungsratDr. Stegemann- Braunschweig auf dem IV. Kongreß des Ber-bandes für kaufmännisches Unterrichtswesen, 1902, Band 23, S. 35).Deshalb, und weil sie zugleich als Vorwand zu einer besonder»niederträchtigen Ausbeutung dient, fort mit der Lehrzeit. Anderer-seit» kann aber im Handel nur der aus der Praxis den richtigenNutzen ziehen, der eine gediegene allgemeine Bildung mitbringt. Soergibt sich für mich die schon im allgemeinen Interesse so dringendnotwendige Besserung deS Schulwesen« als in engem Znsammen«hange siebend mit den Interessen der Handlungsgehilfen. Aehnliche»,wenn nicht gar da« Gleiche dürfte übrigens sicherlich auch fürander« Berufe zutreffen, so daß das Thema„Schule undBeruf" auch vom Standpunlt der sozialdemokrattschen Partei auseiner Erörterung wert sein dürfte, zumal in der jetzigen Zeit derSchulverschlechterung.Wenn nun aber der„Kons."(gleich anderen bürgerlichen Preß-organen)mit überlegenem Lächeln io tut, als sei die Beseiligung derLehre eine Utopie, die selbst der„ZukunstSsiaat" nicht erfüllenkönnte, so beweist er nur aufs neue, daß er von den Tatsachen keineblasse Ahnung hat. In Amerika kennt man keine Kauf«m a n n L l e h r e. Herr Dr. I a st r o w, der 1904 im Auftrage derAeltesten der Berliner Kaufmannschaft eine Studienreise nach Nord-amerika machte, berichtet darüber(Berl. Jahrbuch für Handel undIndustrie, 1904, Band I S. 420 ff.):„Sich in dieser Beziehung in der Unterhaltung mit Ameri«kanern auch nur verständlich zu machen, stteß auf die größtenSchwierigkeiten, da der Angeredete in der Regel nicht wußte.waS mit Kaufmannslehre gemeint sei. Ein commsreialapprenticeship, wie ich unseren deutschen Ausdruck Kaufmanns-lehre zu überletzen suchte, ist in Amerika unbekannt. Von demAugenblick an, wo der junge Mann die Schule verlätzt und in einGeschäft eintritt, ist er Clerk, wie auch seine Vorgesetzten bishinauf zum Vertreter des Chefs Clerks sind."Sehr rührend ist alsdann zu lesen, wie der Herr Privatdozentsich außerstande sah,„zu einer klaren Anschauung darüberdurchzudringen, wie denn nun der junge Mannin Amerika die Kaufmannschaft erlerne". Hätteer gewußt, daß eS in Deutschland eine wirkliche Lehreauch schon längst nicht mehr gibt, so wäre ihm das Verständnis desamerikanischen Zustandes vielleicht eher gelungen. So aber ist erratlos:„Auf meine Frage, wie der junge Mann, der in das Geschäfteingetreten ist, sich die praktischen Kenntnisse verschaffe, die für seinVorwärtskommen erforderlich sind, wenn niemand da ist, der sichseine Anleitung zur Aufgabe macht, war die ständige Antwort:Der junge Mann müsse„pielc it up"(wörtlich: es auflesen).Dieses„picic it up" ist in der Tat das große Geheimnis desamerikanischen Lebens, hinter das zu kommen für einen Aufent-halt von nur drei Monaten wohl ein zu hohes Ziel darstellt."Nun. ich kann Herrn Jastrow das große Geheimnis enthüllen.Dieses„pick it up" gilt nämlich in Deutschland genau so wie inAmerika und heißt auf gut Deutsch: Uebung macht den Meister.Wer ein wirklicher Kausinann werden will, muß sich im Leben tüchtigumtun und sich die praktischen Kenntnisse, die ihm nötig sind, selbstaneignen. Die dazu erforderliche Anstelligkeit sowie die nötigenVorkenntnisse muß er von der Schule mitbringen. Hierin, in demMaße der a l l g e m e i n e n B i l d u n g ist. wie Herr Jastrow desweiteren sehr anschaulich schildert, der amerikanische junge Kaufmanndem deutschen überlegen. Und daher die große Tüchtigkeit desamerikanischen Kaufmaiinsstandes. obgleich er keine Lehrzeit keimtHier muß deshalb der Hebel zur Besserung augesetzt werden.Julian Borchardt.Em der frauenbewegung*Versammlungen— Veranstaltungen.Berlin. Sonntag, 8. Juli, Ausflug nach Saatwinkel, Treffpunkt8 Uhr Bahnhof Jungfernheide. Nachzügler gehen nach Saat-Winkel. Lokal Blumshof von Marten. Verbindungen: Nord-und Südring, elektrische Linie 13 vom Görlitzer Bahnhof und54 von Schönhauser Allee. Gäste sind willkommen.Rixdors. Verein gewerblich tätiger Frauen und Mädchen. Mittwoch,abends 8>/z Uhr, bei Thiel, Bergstr. 150/151: Vortrag des HerrnAdolf Heller über Arbeiterversicherungen.Tcgel-Borsigwalde. Mittwoch, 4. Juli, S'/a Uhr bei Schmidt inTegel Bortrag:„Licht und Beleuchtung". Referent: HerrB. Borchardt.Donnerstag, 12. Juli, Dampferpartte nach Papenberge. AbfahrtDampferstation Tegel früh 10 Uhr.SchSneberg. 9. Juli bei Obst: Vortrag Gen. Bäumler über:„Zweck und Ziele der Frauen- und Mädchen-Bildungsvereine."Wilmersdorf. Donnerstag, 12. Juli: Ausflug nach Eichkamp. Treff-Punkt 21/a Uhr bei Seile, Brandenburgerstr. 100.Köpenick. Sonntag. 15. Juli: Kaffeepartie nach Kikemal. Treffpunkt1 Uhr, Hauptplatz. Abmarsch 2 Uhr.Britz. Sonntag, 15. Juli: FamilienauSflug nach Johannisthal beiSenftleben. Abmarsch l'/a Uhr ab Weniger und 2 Uhr abBuschkrug.Teltow. 26. Juli bei Pickenhagen. 13. August Stiftungsfest.Gerichts-Leitung.Dürfen w den Bororten mit ihre» Schlächtereibettieben angesiedelteSchlächtermeister frisches Fleisch, da» nicht im Berliner städtischenSchlachthaus ausgeschlachtet ist, in den Berliner Markthallen usw.seilbieten?Paragraph 2 Nummer 6 des preußischen SchlachthauSgesetzeSbesttmmt: Durch Gemeindebeschluß kann nach Errichtung einesöffentlichen Schlachthauses angeordnet werden, daß diejenigenPersonen, die in dem Gemeindcbczirk das Schlächtergewerbe oderden Handel mit frischen» Fleisch als stehendesGewerbe betreiben, innerhalb des GemeindebezirleSda« Fleisch von Schlachtvieh, welches nicht in dem öffentlichenSchlachthause, sondern in einer anderen, innerhalb eines durch denGemeindebeschluß festzusetzenden Umkreises gelegenen Schlachtstättegeschlachtet haben oder haben schlachten lassen, nicht feilbietenvürfen.— Von dieser Befugnis hatte Berlin durch Gemeindebeschlußvom 16. Juni 1882 Gebrauch gemacht. Jener Umkreis wurde auf8 Kilometer festgesetzt.Die EngroS-Schlächtermeister Schönemann und Liesing. die inWeißensee wohnen und dort ihre Schlachthäuser haben,wo sie Kälber und Fersen ausschlachten, warenvom Landgericht wegen Ueberttetung des Berliner Gemeinde-beschlusses zu Geldstrafen verurteilt worden, weil sie von diesem,nicht im Berliner städtischen Schlachthaus ausgeschlachteten frischenFleisch in Berlin feilhielten. Sie hatten nämlich ständige Verkaufs-stände in der Berliner Zentralmarkthalle. Das Landgericht erachtetesie als solche Personen, die in Berlin den„Handel mit frischemFleisch als stehendes Gewerbe" betrieben. ES legte dabei Wert aufden ständigen Vertrieb eines erheblichen Teils desFleische« in ihren Berliner Hallen st änden und darauf.daß sie wegen dieses Handels in Berlin Einkommen« undGewerbe st euer zahlten.DaS Kammeraericht hob gestern das land-gerichtltche Urterl auf und verwies die Sache mit folgenderBegründung an das Landgericht zu nochmaliger Verhandlung zurück:Der Gemeindebeschlutz sei rechtsgültig erlassen. Sein Zweckund die gesetzlich begründete Tendenz gehe dahin, die Schlachthaus-anstalten Berlins davor zu schützen, daß Berliner Fleischer in BerlinFleisch feilhalten, das nicht im städtischen Schlachthaus ausgeschlachtetist. Deswegen seien daran Personen gebunden, die imGemeindebezirk Berlin das Schlächtergewerbe oderden Handel mit frischem Fleisch als stehendes Gewerbebetteiben. Die Frage sei nun. ob die Angeklagten zu diesen Per-sonen gerechnet werden müßten. Der Vorderrichter sage, daß eingroßer Teil ihre« ganzen Sein« und Wesens mit Berlin verbundensei, daß sie in Berlin Steuern zahlten und daß sie als in Berlinheimische Fleischhändler anzusehen seien mit stehendem Gewerbe-betrieb in Berlin. Wenn da» allein hervorgehoben wäre, dannwäre eS als tatsächliche Feststellung unanfechtbar. EShebe aber noch da« Landgericht hervor, daß der dauerndeStand in der Berliner Markthalle die An-geklagten zu Berliner Fleischern mache. Das sei nichtrichtig. Es werde in gewerberechtlicher und in gewerbe-steuerlicber Beziehung unterschieden zwischen einem stehenden Ge-werbe, einem Gewerbe im Umherziehen uixd dem Martlverkehr.Der Marktverkehr könne ein stehendes Gewerbe sein, aber auch einAusfluß des Gewerbes im Umherziehe». Es gebe dann noch einendritten Fall, den, daß Leute, die ans dem Markt Handel trieben,weder ein stehendes Gewerbe noch ein Hausiergciverbe betrieben.(Handel mit eigenen ländlichen Produkten: Eier, Butter usw.) Alsosei es ein Rechtsirrtum, wenn dem dauernden Stand in der Markt-halle entscheidender Wert beigelegt werde. Aus Freisprechung könneaber noch nicht erkannt werden. ES werde zu prüfen sein, auswelchen Gründen diese Angeklagten nach ihrer ganzen Geschäfts-und Lebensführung auch als inBerlin ansässigeFleifchermit dem stehenden Gewerbebetrieb deS Fleischhandels anzusehenseien.— Aus der Besteuerung der Leute in Berlin könnten ja ge-wisse Schlüsse gezogen werden. Allein entscheidend sei das aberauch nicht. ES werde vom Landgericht genau zu prüfen sein