Nr. 168. 23. Jahrgang.
Je Versammlungen.
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Koalitionsrecht und Justiz.
Sonntag, 22. Juli 1906.
Hauptsache. Der Schutz der Arbeitgeber, die gar feines Schußes be- Gewalt oder Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterdürften, seien sie doch durch ihre wirtschaftliche Stellung, durch ihre lassung nötigt, ist nach§ 253 des Strafgesetzbuches wegen Erpressung formale Ueberlegenheit usw. usw. übermächtig gegenüber dem Ar- mit Gefängnis nicht unter einem Monat zu bestrafen. Man habe beiter. Als man daran ging, durch die Gewerbeordnung die Ver- es fertig gebracht, diesen Paragraphen unter anderem anzuwenden bote von Verabredungen und Vereinigungen behufs der Erlangung gegen Leute, die dem Arbeitgeber sagten: Wenn Du nicht höhere Löhne Ueber dieses Thema sprach Reichstagsabgeordneter Wolfgang günstiger Lohn- und Arbeitsbedingungen aufzuheben(§ 152), da gibst, dann streifen wir. Ein rechtswidriger Vermögensvorteil foll Heine am Dienstag in den Arminhallen in einer gutbesuchten Ber - habe die Regierung selber hervorgehoben, daß der Arbeiter das danach sein ein Vorteil, auf den man augenblicklich noch kein Recht sammlung des sozialdemokratischen Wahlvereins für den dritten Soalitionsrecht dem Arbeitgeber gegenüber brauche. Jetzt aber schreie hat. Die Ankündigung des Streits wird als Drohung angesehen, Berliner Reichstagswahlkreis. Unter anderem führte alles nach dem Schuße für die Arbeitgeber. Alles schreie Betermordio, d. h. als Ankündigung eines Unheils. Redner glossierte diese Art er aus: Heute, sieben Jahre nach dem Fall der Zuchthausvorlage, wenn die Arbeiter ihr Recht benutten. Die Kartelle der Arbeitgeber der Rechtsprechung als juristisch unhaltbar und praktisch zu den sähen wir in mancher Richtung weitergehende straf- finde man ganz in der Ordnung, ja der Staat unterstütze sie sogar, tollsten Konsequenzen führend. Ein hervorragender Jurist, von gesetzliche Beschränkung des Koalitionsrechts, und das ohne neue indem er sich ihnen als Arbeitgeber und Produzent anschließe. Bei Merkel, habe sich gegen diese unmögliche Auslegung gewandt und Strafgesete, als sie das Zuchthausgesetz beabsichtigte. Die Freiheit den Arbeitern sei dasselbe plötzlich Terrorismus. Dies Gerede und ausgeführt, daß danach auch als Erpressung gelten müßte, wenn des Arbeiters im Kampfe gegen Arbeitgeber und Streitbrecher sei Getue gegenüber den Arbeitern sei heute, wo das Prinzip des Zu- ein Hauswirt einem Mieter die Wohnung rechtzeitig zum 1. April im wesentlichen weit mehr beschränkt, als das Zuchthausgesetz es in sammenschlusses der einzelnen Kräfte zu einem großen Gemeinsamen fündige und dabei sage, der Mann könne die Wohnung behalten. den betreffenden Punkten zulassen wollte. Wie sei das gegangen? immer mehr zum Durchbruch komme, nichts als eitel Heuchelei. wenn er das nächste Jahr 50 Mark mehr Miete gebe. Natürlich sei Im Wege der Verwaltungspraxis und der Recht 3- Redner ging dann auf die Rechtsprechung näher ein, zunächst auf die noch nie gegen einen Hausbesitzer deswegen Anklage erhoben worden. auslegung durch die Juristen! Uebrigens hätten es die bezüglich der Streikposten, an der man so recht sehen kann, welchen Aber gegen Arbeiter, die von ihrem Koalitionsrecht Gebrauch machten, Sozialdemokraten im Jahre 1899 schon vorausgesagt. Eine Reihe Weg die Gesetzesauslegung seit den Jahren der Zuchthausvorlage ge- komme diese Anwendung in Schwung. Einzelne Landgerichte, wunderbarer Auslegungen seien Mode geworden, die die Ausübung macht hat. In das verscharrte Zuchthausgesetz wollte die Regierung namentlich in Berlin , hätten sich gegen den Gebrauch des Erdes Koalitionsrechts beschränkten. Von Dingen, die der Gesetzgeber Bestimmungen aufnehmen über die Ueberwachung von Werkstätten, preffungsparagraphen gesträubt. Aber das Reichsgericht habe sie mit dem Zuchthausgesetz erst einführen wollte, von denen er also an über das Ansprechen von Arbeitswilligen usw. Diese Bestimmungen durch Zurückverweisungen ihrer Sachen schließlich gefügiger gemacht. nahm, daß sie noch nicht gelten, entdeckten unsere Juristen plötzlich, fanden im Reichstag, abgesehen von den ganz reaktionären Parteien, Dann habe§ 153 der Gewerbeordnung wunderbare Blüten der daß sie längst Gesetz seien. Gegen diese juristische Entdeckungskunst allgemeinen Widerspruch. Ein Jahr darauf kam die bekannte läbische Auslegung gezeitigt. Auch hier führte Redner aus seiner Pragis sei nachdrücklichst Protest zu erheben. Die Rechtspflege habe Streikpostenordnung. Anläßlich der sozialdemokratischen Inter eine Anzahl von markanten Fällen an, die die Auslegungskünfte der nicht das Recht, den Gesetzgeber zu korrigieren. pellation wurde sie im Reichstag von den verschiedensten Gerichte kennzeichnen. Besonders wandte er sich gegen die AnTue sie es, so sei das ein Mißbrauch der ihr zustehenden Seiten als ungesetzlich bezeichnet. Das Reichsgericht erklärte wendung des§ 153 der Gewerbeordnung, die neuerdings seitens Rechtsprechungsgewalt. Wenn der Gesetzgeber bei Einbringung der sie im Falle Molkenbuhr, der ihre Nichtbeachtung öffentlich einiger Oberlandesgerichte und des Reichsgerichts praktiziert wird Zuchthausvorlage sagte, das und das sei noch nicht Gesetz, dann empfohlen hatte, für gesetzwidrig. Das Gericht sagte, das und dahin geht, daß unter den anderen" im Sinne des§ 153, habe der Richter nicht zu sagen: Ja, meiner Meinung nach ist das Recht zum Streifen schließe in sich das Recht, für den Streit zu die nicht durch Drohungen usw. usw. bestimmt oder zu bestimmen längst Gesetz. Die Richtung dieser Beschränkung des Koalitions- werben, Leute auf der Straße anzusprechen, Werkstätten zu be- versucht werden dürfen, sich Vereinigungen zum Behufe der Erlangung rechtes durch Auslegung gehe hinaus auf den Schuß der Arbeitgeber obachten. Eine Zeitlang Rube. Dann werden die Straßenpolizei- günstigerer Lohn- und Arbeitsbedingungen anzuschließen, nicht bloß und der Arbeitswilligen. Die letteren seien denen, die sie schützen verordnungen herangeholt. Freisprechungen erfolgen. Stufenweise die Angehörigen derselben Gruppe zu verstehen seien. wollten, ja an sich gleichgültig. Ihr Schutz komme für sie in Be- entwickelt sich dann die Rechtsprechung, bis endlich das Kammer- Diese Auslegung widerspricht nach den Darlegungen des tracht als Schutz des Arbeitgebers. Was den Schutz des Arbeits- gericht ausspricht:„ Es kommt gar nicht darauf an, ob der Streit- Redners, die ins einzelne gehen, nicht nur einer vierzigjährigen willigen angehe, so sei zu bemerken, daß die Sozialdemokratie auf posten wirklich den Verkehr stört, auch nicht darauf, ob objektiv Pragis, sondern ganz klar auch dem Willen des Gesetzgebers, wie den Standpunkt stehe, die Freiheit jedes Menschen, auch des eine Störung vom Verweilen des Streikpostens zu befürchten wäre, namentlich die Entstehungsgeschichte der§§ 152 und 153 der Geschlechten Kerls, sei zu respektieren. Und keiner werde es richtig sondern die Wegweisung eines Streifpostens sei berechtigt schon dann, werbeordnung beweist. Manch scharfes und beißendes Wort der finden, wenn wo wirklicher Terrorismus ausgeübt werde. Aber wenn der Polizeibeamte befürchtete, es könnte zu einer Kritik ließ Redner einfließen.( Das Kammergericht hat diese Ausdenen, die da immer über angeblichen Terrorismus der organisierten Störung kommen. Ob er dies mit Grund befürchtete oder gänzlich legung bisher noch nicht mitgemacht.) In Breslau hat dieselbe Arbeiter jammerten, sei zuzurufen, daß sie man erst anfangen ohne Grund, das dürfe der Richter nicht nachprüfen. Es Antlage behörde, die auf Grund des§ 153 der Gewerbemöchten, über den Terrorismus der Streifbrecher sich aufzuhalten, ist Sache des Beamten." Das sei, bemerft Redner, die Kapi- ordnung die Verurteilung eines Gewerkschaftssekretärs durchsetzte, und über den der Arbeitgeber, die ihre ehrlichen Arbeiter zwingen tulation der Justiz vor der Polizei, vor dem weil er einem Arbeitgeber gesagt hatte, es werde gestreift, wollten, auf ihr Koalitionsrecht, auf ihre Organisationen, auf eine Schuhmann. Was in Preußen allerdings nicht neu sei. Die wenn die Forderungen nicht bewilligt würden, das Einschreiten menschenwürdige Behandlung Verzicht zu leisten, weil es den Herren Justiz fühle sich nicht unabhängig. Es sei ein schwächlicher Zug gegen einen mit Aussperrung drohenden Unterso beliebe. Redner gibt dann eine Psychologie der Streitbrecher, unserer Justiz, den Kreis ihrer Befugnisse möglichst zu berengen. nehmer abgelehnt. Bei ihm sollte nur eine Mitteilung" wobei er seine mannigfaltigen Erfahrungen verwertete und zu der Trotzdem fämen noch vereinzelte Freisprechungen vor. So neulich, sein, was dem Gewerkschaftsangestellten als Drohung angerechnet Feststellung kam, daß die übergroße Mehrheit der Streifbrecher an wo ein Schußmann als loyaler ehrlicher Zeuge bekundete, er könne sei. Schließlich besprach Redner noch die Frage der Entschädigungsmoralischer Minderwertigkeit leide. Aber selbst für die, welche aus nicht behaupten, daß er Befürchtungen gehabt hätte; sondern daß ansprüche aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch, die neuerdings auch in Not oder Eigensinn oder wegen irgend einer schlechten Erfahrung er nur angewiesen worden sei, so zu sagen. Eine Praris, wie die, den Kampf der Arbeiter um die Lebens- und Arbeitsbedingungen zum Streifbrecher wurden und die nicht ohne weiteres als Lumpen die gegen die Streikposten jetzt eingerissen sei, richte sich selber. Es hineinspielt und besonders eigenartige Auslegungen des Begriffs bezeichnet werden könnten, gebe es eine Entschuldigung nur im mache sich in den Augen aller vernünftigen Menschen eine Justiz wider die guten Sitten" herbeigeführt hat, soweit es sich dabei um allergeringsten Maße. Er schildert den Typus des Streif- lächerlich, die dahin führe, daß ein Landgericht( Köln ) lang und die Arbeiter handelt. Er schloß mit einem Aufruf zur Organisation. brechers, der mitmacht, solange er Geld vom Verband bekommt, und breit ausführe, es läge absolut nichts vor gegen einen angeklagten Je stärker diese seien, je größer der Zusammenhang, je weniger ausscheidet, weil es nichts mehr gibt. Solche Leute nenne man Streitposten, alles wäre in schönster Ordnung gewesen, Be- fönne eine solche Gerichtspraxis der kämpfenden Arbeiterschaft anjuristisch Schwindler und Betrüger. Eigentümlich sei es, daß die fürchtungen irgendwelcher Art ganz ausgeschlossen, es müsse haben. Man könne einige verurteilen, auch vielleicht 100, nicht aber Staatsbeamten kein Gefühl dafür hätten, obwohl sie unter aber leider doch verurteilen, weil das Kammergericht die subjektiven millionen.( Lebhafter Beifall.) Nach einigen Worten des Rechtssich außerordentlich Disziplin hielten. Fände sich unter ihnen ein Befürchtungen des Schußmanns für maßgebend erachte und der anwalts Dr. Goldschmidt über die Notwendigkeit einer fortStreber, eine Kollegen zu unterbieten, ihnen in den Rücken zu Schußmann gesagt habe, er hätte Störungen befürchtet. Ein schrittlichen Strafprozeßreform schloß die Versammlung. fallen, wo sie Opfer brächten, so würden sie jeden gesellschaftlichen ernsteres Kapitel sei die Judikatur hinsichtlich des ErpressungsVerkehr mit ihm abbrechen, welches man, wenn es Arbeiter tun, paragraphen. Wer, um sich oder einem Dritten einen rechtsals Verrufserklärung bestrafe. Aber der Arbeitgeberschutz sei die widrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, einen anderen durch
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