dieser kostbare Zentrumsabgeordnete seiner Partei erhalten werden soll, bedeuten die Hinweise auf die p a p i e r n k n Er- klär» n gen des Zentrums ganz und gar nichts!— Partei und Gewerkschaft in Frankreich . Paris , 25. August,(©ig. Set.) Dem Beobachter der sozialen Kämpfe in Frmilreich muhte in den letzten Monaten ins Auge fallen, das; das feindselige Verhältnis, das über ein Jahrzehnt zwischen der polltischen und der Wirtschaft- lichen Organisation der Arbeiterklasse bestanden hat, eine unverlenn- bare Milderung erfuhr. Die giftige Polemik, die ehedem in den Gewerkschaftsversammlungen und in�derGewerkschaftspresse vorgeherrscht hatte, verlor an Boden und die führenden Gewerkschaften begnügten sich hauptsächlich damit, das Recht ihrer Organisation auf vollständige Autonomie zu verteidigen, statt den„Politikern" jegliches Existenzrecht und die moralischen Qualitäten abzusprechen. Die Ereignisse, die diese EntWickelung befördert haben, sind vor allem die Einigung der sozialistischen Partei und die letzten Kammer Wahlen, die«ine starke sozialistische Vertretung in die gesetzgebende Versammlung gebracht haben. Andererseits blieb auch der unglückliche Ausgang der von den Syndikalisten geleiteten Achtstundenbewegung nicht ohne Einfluß. Der tiefe Ein- druck, den die Parteieinigung aus die Arbeiterschaft gemacht hatte, zeigte sich schon, als mitten in der Wahlkampagne die Arbeits- koufoderation die Parole ausgab, eigene Achtstundenkandidaten ans- zustellen, die das Bekenntnis zu jeder politischen Partei ablehnen müßten. Diese Agitation fiel ganz ins Wasser. Die Masse der organisierten Arbeiterschaft erkannte die Pflicht des guten Gewerk- schafters— sozialistisch zu wählen. Seither sind noch nianche Fäden von der einen zur anderen Seite hinübergesponnen worden. Es ist sicher nicht ohne Bedeutung, daß die„Humanits" für ihre gewerkschaftliche Tribüne Männer wie Griffuelhes und P o u g e t als Mitarbeiter gewonnen hat. Mögen diese Leiter der Arbeiterkonföderation auch ihre fortdauernde Opposition gegen die politische Aktion betonen, so bleibt doch die Tatsache bestehen, daß das sozialistische Blatt jetzt das Jnformations- organ der gewerkschaftlich Organisierten geworden ist, die so auf nn- gezwungene Art in den sozialistischen Gedankenkreis eintreten. Andererseits zeigt der rasche Verfall des bürgerlichen Radikalisnius, sein jämmerliches Versagen vor allen sozialpolitischen Problemen, wie wichtig eine kräftige sozialistische Aktion im Parlament für den FlMschritt des Arbeiterschutzes ist. Die großen Streiks der Berg- arbeitet und der Postbedieiisteten zeigten die sozialistischen Depu- tierten als die einzigen zuverlässigen Anwälte der gewerkschaftlichen Rechte. Die Erkenntnis von der Notwendigkeit einer ineinandergreifenden Arbeit der beiden proletarischen Organisationsformen hat sogar— auf beiden Seiten— den Gedanken eines formellen Zusammen- s ch l u s s e S aufkeimen lassen. Der nationale Textilarbeiter- kongreß in Tourcoing hat neulich beschlossen, mit dem Nationalrat und der V e r w a l t u n g S I o>n m i s s i o n der sozialistischen Partei sei es durch eine dauernde Organi- sation oder mittels zeitweiliger Delegierter in Fühlung zu bleiben. Er beantragte auch, auf die Tagesordnung deS Gewerkschafts- k o n g r e s s e s in A m i e n s die Frage der A n n ä h e r u n g zwischen der sozialistischen Partei und der Arbeits- konföderation zu setzen. Andererseits stellte die sozialistische Föderation des Nord-Departements den Antrag, den- selben Gegenstand auf dem Parteitage in Limoges zu beraten. Begreiflicherweise haben diese Anregungen in der politischen Partei wie in den Gewerkschaften ein großes Aufsehen und nicht immer günstige Meinungsäußerungen hervorgerufen. Noch lebt die Erinnerung an die Feindseligkeiten und Ungerechtigkeiten, die man in den 12 Jahren des ZwisteS einander angetan hat, allzu frisch im Gedächtnis der Beteiligten fort. Auch steht die Textilorgauisation, die die Achtstundenparole der Konföderation abgelehnt hat, mit deren derzeitige» Leiter« nicht auf dem besten Fuße. Es wäre verfrüht, von dieser Bewegung zugunsten eines organischen Verbandes von Partei und Gewerkschaft schon in nächster Zeit Resultate zu er- warten. Aber die allenthalben erwachende Diskussion beweist, daß das Problem in seiner Bedeutung dem Proletariat zum Bewußtsein komint. In der heutigen„Hlimanite" beschäftigen sich zwei Artikel mit dem Gegenstand. Genosse R e v e l i n erkennt die Notwendigkeit der politischen wie der gewerkschaftlichen Organisation an, hält aber innerhalb bestimmter Grenzen eine organische Verbindung, eine kombinierte Aktion für möglich und wünschenswert. Die Schwierig- keit liegt darin, die Autonomie von Partei und Gewerkschaft nicht zu gefährden, da sonst Verwirrungen und Spaltungen unvermeidlich seien. Zweierlei Organe der Verbindung kämen in Betracht: ein permanenter Verständigungsausschuß und zeitweilige Delegationen. Die Arbeit eines VerständigungsauSschnsses wäre ungemein schwierig. Bei weitgehenden Befugnissen könnten sich die Delegierten zu Herren der Partei wie der Gewerkschaft aufschwingen wollen, und die Vorteile der Autonomie gingen verloren, bei gebundenen Mandaten aber müßten die Delegierten immer an ihre Organisationen appellieren und es käme zu langwierigen, gefährlichen Debatten, zu Verhandlungen von Macht zu Macht. Bei einer zeitweiligen Delegation wären dieselben Schwierigkeiten, wenngleich in schwächerem Maße vbrhandeii. Revelin kommt zu dem Schlüsse, daß unter den gegebenen Verhält- nisten die von den Textilarbeitern und von der Nordföderation vor- geschlagene Kombination verfrüht sei. Die Tage von Amiens und LimogeS könnten jedoch für die«lnnäherung nützliche Finger- zeige geben, Im übrigen solle man die Zeit die Dinge reifen lassen. Wenn die sozialistische Partei in ihrer jetzigen Taktik verharre, würde die sich vollendende Personalunion sicher das herzlichste Ein- vernehmen zwischen Partei und Konföderationen schaffen. Zu ganz anderen Ergebnissen komint Emile P o u g e t. Ponget, der aus der Metallarbeiterschaft hervorgegangen ist, gehört zu den intelligentesten französischen Gewerkschaftlern. Er war ehedem anarchistischer Journalist und repräsentiert noch heute das„libertäre" Element in der Konföderation. In einem Artikel lehnt er den Ge- danken einer Uebereinkunft zwischen den Gewerkschaften und der sozialistischen Partei rundweg ab. Für ihn besteht zwischen den Berufsverbänden und den politischen Organisationen eine„unüber- windbare Gegensätzlichkeit". Seine Argumentation ist indes nicht gerade überzeugend. Die Selbständigkeit der Gewerkschaften soll nach ihm beigetragen haben, dem Klassenkampf seine ganze Schärfe zu geben. Er wiederholt das in der fyndi- kalistischen Presse beliebte Schlagwort, daß die Gewerkschaften Vertretungen von Interessen, die politischen Gruppen Ver- tretungen von Meinungen seien. Aber ist die sozialistische Organisation der Produktion, die im Programm der Syndikalisten steht, nicht ebenso eine„Meinnng" wie diejenige, die im Programm der sozialistischen Partei steht? Und ist die sozialistische Partei nicht die Vertreterin der Interessen der Ausgebeuteten? Ponget meint auch, man dürfe die Meinungen der Gewerkschaftler nicht unifor- mieten, und weist darauf hin. daß in den Gewerkschaften außer ge- ' einigten Sozialisten auch Libertaire und Bürgerlich-Radikale ständen. Ist dem so, wo bleibt da das Verdienst der Gewerkschaften. dem Klassenkampf seine volle Schärfe gegeben zu haben Z Lehnen doch die Bourgeoisradikalen gerade den Klassenkampf und die revolutionäre Umgestaltung des Eigentums a b! Ponget schließt, man dürfe sich durch das Wort„Einigkeit" in keine Illusion hineintreiben lassen. Eine Allianz der Gewerkschaften mit der Partei würde den Gewerkschaften diejenigen abwendig machen, die in politischen Dingen anderer Meinung wären— sie wäre ein Quell innerer Streitigkeiten. Man sieht, Pouget malt in grellen Farben und der größereu Wirkung zuliebe spricht er aus- schließlich von einem„Bündnis", wo es sich doch erst um Schaffung eines Einvernehmens handeln würde. Heute mag sein Standpunkt noch dem gegebenen Entivickelungsstadium des französischen Pro- letariatS entsprechen. Wenn die republikanische Bourgeoisie aber, wie kaum mehr zu bezweifeln ist, ans dem sozialreaktionären Wege fortschreitet, ist der Tag wohl nicht mehr fern, an dem die Gewerk- schaften darüber hinauSgelangen, zwischen wässeriger Neutralität und syndikalistischem Nevolntionsdoktrinarismns hin- und herzu- zuschlvanken. Das Bedürfnis des Eulvernehniens wird dann die geeigneten Formen schaffen.— «» * Deutfebes Reich. Wie der Augiasstall ausgemistet wird! Dem„Berliner Tageblatt" wird von kolonialer Seite geschrieben, daß der Geheime Legationsrat Dr. S e i tz tatsächlich zum Gouverneur von Kamerun er- n a u n t worden sei. Es sei zwar auffällig, daß seine schon■ geraumer Zeit erfolgte Ernennung nicht a m t- lich � o l i z i e r t worden sei, doch habe der neue Gou- verneur seine neue Amtstracht bereits bei— der Firma Tippelskirch bestellt! Diese Neubesetzung des Kameruner Gouverneurpostens mache es denn doch notwendig, sich mit der Person des Herrn Seitz eingehender zu beschäftigen. Noch im letzten Winter habe in der Budgetkonimission ein Abgeordneter erzählt, daß ihm aus Kamerun mitgeteilt worden sei, daß man dort sage: „Lieber zehn Puttkamer als einen Sei tz." Dies harte Wort gewisser Kameruner Kreise über den neuen Gouverneur erkläre sich, wenn man sich an einzelne Vor- kommnisse seiner früheren Amtstätigkeit daselbst erinnere. Zum Beispiel an die Misthandlung eines schwarzen Soldaten, der sich infolge derselben in ärztliche Behandlung habe be- geben müssn. Aktive Lkolonialbeamte hätten diesen Vorgang mit angesehen und könnten darüber eidliche Aussagen machen. Man könne auch bei dem früheren Stationsleiter L e u s ch n e r in Buea anfragen. Wenn man tatsächlich dem Hauptübel der seitherigen Kolonialpolitik, dem Vertuschungssystem, zu Leibe gehen wolle, so habe man in der Person des Seitz tatsächlich den Bock zum Gärtner geniacht. Dcni Reichskanzler sei noch im Juli dieses Jahres eine Meldung zugegangen, wonach Dr. Seitz eine ihm auf dem D i c n stw e g e zugegangene Anzeige gegen einen ihm unterstellten Beamten wegen Mißbrauchs der Amtsgewalt nicht weiter verfolgt habe, obgleich er als stellvertretender Gouverneur dazu verpflichtet ge- Wesen sei. Auch die Beziehungen des Dr. Seitz zu dem Baumeister von Kamerun , Drees, seien sehr eigenartiger Natur. Beide hätten sich in Duala sehr gut mit einander gestanden. Von dem Bauwesen selbst habe Drees nur geringe Ahnung gehabt, er habe sich auch fast gar nicht um die ihm obliegenden Dienst- geschäfte gekümmert. Dr. Seitz sei dies alles sehr wohl bekannt gewesen, aber er habe nichts getan, um diesem Zustand ein Ende zu machen. Die betreffenden Beamten hätten oft stundenlang nichts anderes zu tun ge- habt, als Erinnerungen an diesen famosen Baumeister zu entwerfen, etwa des Inhalts:„Dem Herrn Baumeister Drees ist Jr. Nr.... betr.... unter dem(Datum) zur Er- ledigung binnen... Tagen zugegangen." Baumeister Drees habe aber aus solche Monita niemals reagiert, trotz- dem ofi3t)bis4l)solcherVerfügungen nach ein- ander an ihn ergangen seien. Dr. Seitz habe sie alle unterschrieben, aber der Adressat sie einfach zu den übrigen gelegt. Er habe sich sogar über diese fruchtlose Tätigkeit der Bureaubeamten amüsiert! Sei Drees auf Urlaub nach Europa gegangen, so habe er seinen Boy mit einem ganzen Stoß von unerledigten Akten zu deni Gouvcrncmcntsbureau geschickt. Dergestalt hätten die Gouverncmentsbeamten haufenweise ihre von Dr. Seitz selbst vollzogenen Erinnerungen wieder zurückerhalten! Das sei jedoch nicht das schlimmste gewesen, wenn damit nicht Hand in Hand eine große Verschwendung von Bau- niaterialien, deren Wert sich nach Tausenden be- ziffert hätte, gegangen wäre. Der Tätigkeit des Dr. Seitz im Schutzgebiete habe auch seine Amtsführung als F i n a n z r c f e r e n t in der Kolonialvcrwaltung entsprochen. Er habe es geduldet, daß einem Beamten(Hofrat T e s ch) eine Zulage gegeben worden sei, die mit dem klaren Wortlaute des Etats im Widerspruch gestanden habe: er habe keine Stellung gegen die Budgetverletzungcn genommen und selbst noch die Monopolvcrträge mit Woermann und Tippelskirch zu verteidigen gesucht. Und ein solcher Beamter soll nun Nachfolger des berüchtigten Jesko werden! Auch diese Ernennung des neuen Gouverneurs für Kamerun beweist zu allem Ueberfluß, wie wenig Aus- ficht dazu vorhanden ist, daß mit dem bis- herigcn Kolonialsystem gebrochen wird!— Freisinnig! In unserer gestrigen Nummer mußten wir es festnageln, daß ein angesehenes Organ des weiblichen Freisinns, die„Weser- zeitung", zugunsten der hakatistischen ZwangsenteignnngSpläne Stellung genommen hatte. In der heutigen Nummer der„Weser- zeitung" begegnen wir einem nicht minder interessanten Bekenntnis einer freisinnigen schönen Seele. Es wird da eine Tabelle einer sozialdemokratischen Monatsschrift wiedergegeben, aus der hervor- geht, daß die parlamentarische Vertretung der Sozialdemokratie in Deutschland prozentual an zweiter Stelle steht, während die erste Stelle von Dänemark eingenommen wird. Die dem Abgeordneten Broemel nahestehende„Weserzeitung" bemerkt dazu: „Nach Dänemark hat also das Deutsche Reich den Zweifel- haften Ruhm, an der Spitze der sozialdemokratischen Unkultur zu marschieren." Nach der Auffassung der„Weserzeitung" müßte danach Preußen, in dessen parlamentarischer Vertretung kein einziger Sozialdemokrat sitzt, an der Spitze der„Kultur" marschieren. Man sieht, welche Arbeit Herr Dr. Barth noch zu leisten hat, um in seiner eigenen Partei auch nur das elementarste Verständnis für die Rechte der Demokratie zu verbreiten!— Pod sitzt noch fest! Die„Deutsche Tageszeitung" versichert in Sperr- und Fettdruck, daß Pod noch immer im Sattel sitze. Wenn die»Köln . Bolls- zeitung" behauptet habe, daß dem Landwirtschaftsminister ein Flügel adjutant des Kaisers auf seinem Gute einen Besuch gemacht habe, und damit wohl habe andeuten wollen, daß dieser Flügeladjutant dem Landwirtschaftsminister die kaiserliche Aufforderung überbracht habe, sein Abschiedsgesuch einzureichen, so sei diese Meldung vollständig unrichtig. Weder durch ein Hand» schreiben, noch durch einen Flügeladjutanten sei Pod zur Eiureichuug seines Entlassungsgesuches aufgefordert worden. Im übrigen sei Pod neb st seiner Gemahlin zur Taufe des jüngsten Hohenzollernprinzen eingeladen worden. Schon diese Talsache beweise, daß Wilhelm II. sich nicht veranlaßt gesehen haben köinie, Pod zu seiner Demission aufzufordern. Pod sitzt also noch fest im Satlel. Die Presse wird also wohl noch schwereres Geschütz gegen ihn auffahren müssen!— Neber den Zengniszwang gegen die Presse hat ein bayerischer Jurist, der Landgerichtsdirektor Dr. Maurer, in einem Artikel des„Volkserzieher" beachtenslverte Aeußcrungen getan. Er führte darin aus, daß, wenn ein Zeitungsredakteur oder Verleger aus Furcht vor den aus der Zeugnisverweigerung ent- springenden Nachteilen das ihm anvertraute Geheimnis offenbare, er schnöden Verrat und damit eine Handlung begehe, die ihm in den Augen aller anständig denkenden und fühlenden Menschen zur Unehre gereichen würde. In bürgerlichen Rechtssachen mute man in solchen und ähn- lichen Fällen niemand zu, ein Zeugnis abzulegen(vergleiche§ 494 der Zivilprozeßordnung). Das Jntereffe der streitenden Zivil» Parteien an der Ermittelung des wahren Sachverhaltes werde vom Gesetz nicht für so wichtig erachtet, daß dagegen die Rücksicht auf gewisse moralische Verbindlichkeiten der Zeugen zurücktreten müsse. Im Strafprozeß dagegen glaube man den Zweck, einen Verfaffer eines beanstandeten Artikels zur Verant- Wartung ziehen zu können, durch das unlautere Mittel, den Redakteur zum Verrat zu zwingen, rechtfertigen zu können. Die zur Reform des Strafprozesses niedergesetzte Kommission habe denn auch diesen Widerspruch anerkannt. Sie sei zu dem positiven Ergebnis gelangt, daß sie vorschlage, daß abgesehen von der nach 8 54 der Strafprozeßordnung schon jetzt bestehenden Befugnis, die Auskunft auf solche Fragen zu verweigern, deren Beantwortung den Zeugen selbst die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung zuziehen würde, jeder Zeuge, also nicht bloß ein Redakteur, künftig auch berechtigt sein solle, das Zeugnis ganz zu verweigern, wenn nach den besonderen Umständen des Falles Gefahr für ihn bestehe, wegen der den Gegenstand der Untersuchung bildenden strafbaren Handlung selbst als Täter oder Teilnehmer strafgerichtlich verfolgt zu werden. Ter Verfasser macht dabei eine nicht uninteressante Exkursion, indem er schreibt: „Dabei läßt sich übrigens— gerade im Hinblick auf Vor» kommnisse der neuesten Zeit— die Bemerkung nicht unter- drücken, daß nur solche Zweige der öffentlichen Verwaltung, welche Grund haben, ein V e r t u s ch u n g s s y st e m der offenen Klarstellung vorzuziehen, den wirklichen oder vermeintlichen Indiskretionen ihrer Beamten nach- zuspüren trachten. Man könnte fast entgegenhalten, daß Beamte. welcbe die Oeffentlichkeit auf bestehende wirkliche Mißstände auf- merksam machen, keine Strafe, sondern eher den Dank des Volkes verdienen." Das„Berliner Tageblatt" hofft, daß der Reichstag endlich in Sachen des Zeugniszwanges der Redakteure klares Recht schaffe. Ohnehin würde ja die Frage der Immunität der Abgeordneten, die in der gleichen Richtung liege, zweifelsfrei beantwortet werden.— Die Münchener Polizei in Nürnberg . München , 30. August. Auf Ersuchen des Stadtmagistrats Nürnberg hat die Münchener Polizeidirektion lö Schutzleute in voller Ausrüstung nach Nürnberg kommandiert. Die Münchener Jünger der heiligen Hermandad werden am Sonnabend früh mit dem Eilzug in München abfahren und gegen 9 Uhr in Nürnberg eintreffen. Ist etwa der Stadtmagistrat Nürnberg mit den Heldentaten der Nürnberger Schutzleute nicht zufrieden oder glauben die Nürnberger Rathaus» weisen, daß die Keilitzschen Doppelposten, um die uns Münchener die ganze Welt beneiden, den Ruhmestranz der Nürnberger Polizei um ein neues Blatt bereichern könnten? Der Säbel der Münchener Schutzmannschaft steckt ebenso locker in der Scheide und ihr Revolver faßt ebenfalls ö Kugeln, und daß die Münchener Schutzleute den Säbel und den Revolver zu handhaben verstehen und in Punkto Streikbrecherschutz Hervorragendes leisten, davon weiß das Münchener Publikum und die Arbeiterschaft ein Lied zu singen Hoffentlich wird die Nürnberger Arbeiterschaft diese Maßnahmen richtig zu bewerten wissen._ Verlustliste aus Wüst-West. Ein Telegramm aus Wind hak meldet: Am 18. August d. I. bei N o i b i s gefallen: Leutnant Harald v. Heyden, geboren am 13. 3. 82 zu Slaikow, Gefreiter JosefGriehl, geboren am 9. 10. 82 zu Flossing. Verwundet: Gefreiter Franz Wachs. geboren am 0. 6. 83 zu Berlin , schwer, Schuß rechte Hand, Streif- schuß Wange; Gefreiter Theophil Pudlo, geboren am 14. 4. 80 zu Schoppinitz, Schuß rechte Ferse; Gefreiter"J o h a n n Enn es, geboren am 15. 10. 82 zu Eicha, leicht. Fleischschuß rechten Fuß; Gefreiter August S ch ü l tz, geboren am 3. 9. 84 zu Schlettstadt. leicht, Streifschutz rechten Mittelfinger; Reiter Paul Koch, ge- boren am 14. 4. 83 zu Oederan , leicht, Streifschuß Rücken. Am 19. August nördlich Violsdrift verwundet: Unter- offizier Martin Köckritz, geboren am 9. 10. 83 zu Rosenthal, leicht. Schuß rechten Oberschenkel; Gefreiter Richard Schwartz, geboren am 4. 11. 83 zu Halle a. S., leicht. Streifschuß linken Daumen./ Am 25. August d. I. auf Patrouille bei Dunkermodder gefallen: Gefreiter Wilhelm Ritter, geboren am 27. 10. 85 zu Schöne- deck a. Elbe. Am 22. August d. I. bei Oas im Backrevier verwundet: Reiter Josef Bächle, geboren am 17. 10. 81 zu Nöggenschwiehl, schwer, Schuß linken Unterarm, Streifschuß linken Oberschenkel, rechten Fuß; Reiter Heinrich Z i e r j a ck s, geboren am 8. 4. 83 zu Doberan , schwer, Fleischschuß Oberschenkel. Ferner: Reiter Albert Kreisch mar, geboren am 21. 0. 84 zu Friedgand, am 25. August d. I. in der Krallkensammelstelle Kubub an Typhus gestorben.— Huöland. Oesterreich. Ter Wiederznsammentritt des Parlaments. Am 12. September will der W a h l r e f o r m a u s s ch u ß des Abgeordnetenhauses bine Sitzungen wieder aufnehmen Tie erste Sitzung des Hauses wird am 18. September erfolgen.— Ungarn . Auch-Rcformen. Aus dem ungarischen Polizeiministerium kommt die Nachricht. daß neue G e n d a r in e r i e st a t i o n e n errichtet werden sollen. Die einzelnen Distrikte sollen 4—0 neue Stationen erhalten; in Verbindung damit soll der MannschaftSstand der betreffenden Geiidarmeriekommandos um je 100— 140 Mann erhöht werden. Erst kürzlich waren zwei neue Kommandos errichtet worden. Wie eS aber scheint, ist das dem«großen Ministerium" zur Befestigung seiner Position noch immer zu wenig.— Frankreich . Der Kampf um de» Ruhetag. Paris , 29. August.(Eig. Ber.) Der Kampf um den wöchent» lichen Ruhetag der Arbeiter und Angestellten(der»Vorwärts" hat