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hätten die Pflicht, mehr für die Partei zu leisten, als geschieht. Aus diesen Worten läßt sich entnehmen, daß nach Ansicht des Referenten die Beiträge zumeist nur geleistet werden, weil die Genossen sonst befürchten müssen» gemaßregelt zu werden. Wo diese Befürchtung nicht besteht, lst die Lust zu Beiträgen gering, oder überhaupt nicht vorhanden. Dieses Bekennt» n i s ausGenosse n"munde ist sehr w e r t v o ll." Da selbst die negative Intelligenz einesPost"-Esels nicht aus- teicht, eine solch niederträchtige Dummheit zu erklären, können wir nur wiederum annehmen, daß ein heimlicher Freund der Sozial- demokratie derPost" diese Blamage bereitet hat! Pod! Ein Berliner   Blatt meldet, daß Podbielski unter der Bedingung im Amte bleiben werde, daß er seine Beziehungen zur Firma Tippelskirch löse. DieDeutsche Tageszeitung" bestätigt diese Meldung wenige stens insofern, als sie behauptet, daß nach ihrer Information eine E n t s ch e i d u n g in der AngelegMhcit des Landwirt- schaftsministers nicht getroffen sei. Im übrigen liege der Mitteilung des Blattes vermutlich die Tatsache zugrunde, daß Verhandlungen über die Aufhebung der Teilhaberschaft der Frau v. Podbielski an der Firma v. Tippelskirch schwebten. Diese Verhandlungen seien noch nicht zu Ende geführt, sollten jedoch dem Abschluß nahe sein. DieDeutsche Tageszeitung" meint, daß aus der Tat- fache solcher Verhandlungen geschlossen werden müsse, daß dem Landwirtschaftsminister in letzter Zeit über die Geschäfts- gebarung der Firma Dinge bekannt geworden seien, die ihm die Lösung seiner Beziehungen zur Firma Tippelskirch not­wendig erscheinen ließen. Andernfalls, d. h., wenn sich gegen die Firma nichts irgendwie Belastendes in letzter Zeit ergeben haben sollte, werde es nicht verständlich sein, weshalb jetzt Beziehungen gelöst werden müßten, die I a h r e h i n- durch bestanden hätten, ohne von der maßgebenden Stelle d e a n st a n d e t worden zu sein. Bevor die Beweggründe des Ministers bekannt seien, werde man mit dem Urteil zurückhalten müssen. Doch liege� es auf der Hand, daß die Position des Landwirtschaftsministers durch die Lösung im gewissen Sinnebequemer und freier" werde. Trotzdem befürchtet das argrarische Organ, daß die Hetze" gegen Podbielski fortdauern werde. Gelte doch die Preßkampagne des Freisinns weniger dem Beteiligten an der Kolonialkorruption, als vielmehr demAgrarier" und R o y a l i st e n" Podbielski. In der Lösung der Geschäfts- Verbindung werde man nur ein Z u g e st ä n d n i s dafür er- blicken, daß die an der Teilhaberschaft geübte Kritik nicht unbegründet gewesen sei. Auch werde man fortfahren, seine Pfeile gegen höhere Stellen zu richten, denen man es zum Vorwurf mache, daß sie stillschweigend oder aus- drücklich das Geschäftsverhältnis Podbielskis gebilligt hätten. Hoffentlich aber entschließe man sich endlich, dieser unwahrhaftigen Hetze dieNichtbeachtung" zuteil werden zu lassen die ihr gebühre. Sei doch ihr letztes und einziges Ziel: einen wegen seines Royalismus und seines angeblichen(!) Agrariertums unbequemen Minister zu beseitigen und der Krone ihren Willen aufzuzwingen. Man sieht, die Agrarier geben ihren Pod noch nicht verloren. Sie suchen der maßgebenden Stelle klar zu machen, daß eine Entlassung Pods im Grunde eine 3k iederlageder Kronesei! Ob diese durchsichtigen Manöver etwas nützen werden, wird man ja sdhen. Auch dieBerliner 3keuesten 3!achrichten" üben die gleiche Taktik. Sie kündigen für die nächsten Tage einen wahren Herensabbat neuer Angriffe" an. Aber man solle sich dadurch nicht ins Bockshorn jagen lassen". Schlimmer als es jetzt schon gewesen sei, könne es ja nicht werden. Aber auch die Freisinnigen sollten klug sein und nicht Unmögliches durchzusetzen suchen. Es könne ja niemand wissen, obnicht etwa im Frühjahr oder schon um 3keuiahr herum" Lucanus sich wieder bei Podbielski einstelle. W i r können dem ganzen Spiel mit aller Seelenruhe zu- sehen. Je länger die Agrarier ihren Pod im Sattel zu er- halten vermögen, desto schlimmer für die Regierung, desto besser für uns!_ Der Brcslauer Handnbhacker, so meldet die BreslauerVolks- wacht", wird nun doch voraussichtlich die Schranken des Gerichts- saaleS zieren müssen wenn auch nur als Kläger  , nicht als An- geklagter. Genosse Albert hat nämlich in einer Versammlung einen Satz ausgesprochen/worin es heißt: ... daß der feige Halunke, der am 19. Zspril dem Biewald die Hand abgehackt hat, immer noch straffrei herum- läuft." Deswegen erhielt Albert nun eine Anklage wegen B e- leidigung der Breslauer Polizei! Herr Dr. Bienko hat selbst Strafantrag gestellt. Da unser Genosse vondem" feigen Halunken gesprochen hat, kann selbstverständlich nur der Handabhacker, nicht die gesamte Polizei beleidigt sein. Sollte sich also wirklich ein Breslauer Gericht finden, das dieser Klage stattgibt, dann werden wir endlich erfahren, wer der Beleidigte ist, wie er heißt, und weshalb er sich bisher feige verkrochen hat. Ei» Kronzeuge im Breslauer Krawallprozeß. Die Anklage gegen den ehemaligenKaiserdeputierteil" Hirsch stützt fich nicht zuletzt auf die Bekundungen eines Metallarbeiters Runge aus Klein-Mochbern. Wie hoch die Zeugenqnalität dieses Kronzeugen Herrn Firles einzuschätzen ist, geht daraus hervor, daß dieser Mann vor etwa zehn Jahren sich nicht entblödet hat, seinen eigenen Vater wegen Majestätsbeleidigung zu de nun- ziereftr!_ Herr Professor Hasse. In dem durch den Tod unseres Genossen Grünberg   erledigten ' zehnten sächsischen Reichstagswahlkreise ist bekanntlich als Kandidat des bürgerlich-patriotischcn Mischmasches Herr Professor Hasse aus Leipzig   aufgestellt worden und wird dort nach dem bekannten Rezept des politischen Bauernfanges denkleinen Leuten" und Arbeitern als wahrer Volksfreund angepriesen. Wie es um diese Volks- frcundlichkeit des alldeutschen Professors bestellt ist, zeigt folgender Briefwechsel, der im Jahre 1898, als Hasse in Leipzig   zur Stich- wähl stand, zwischen ihm und dem nationalsozialen Professor Gregory stattgefunden hat: Htm 19. Juni 1898 schrieb Professor Gregory an Hasse: Verehrter Freund und Kollegel Verzeihen Sie eine Frage. deren formelle Beantwortung, trotz all Ihrer Erklärungen der letzten Tage, nötig ist, um eine Aufforderung an die National- Sozialen, Sie bei der Stichwahl zu unterstützen, zu ermöglichen. Werden Sicim kommenden Reichstag für die Erhaltung des bestehenden allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Reichs- tagsivahlrechts" eintreten? In der Hoffnung, daß die Wieder- holung Ihnen bei dem vielen Verdruß der Wahlzeit nicht zu viel Mühe kosten wird, verbleibe ich niit herzlichem Gruße Ihr er- geben er Kaspar Rene Gregory."' Tarauf antwortete am 20. Juni 1898 Herr Hasse; Verehrter Freund und Kollegel Im Besitze Ihres werten Briefes von gestern bitte ich Sie, die Verfassung des Deutschen Reiches nachzulesen. Dort finden Sie im Art. 29 alles das, was über das Reichstagswahlrecht verfassungsmäßig feststeht. (Ter Reichstag geht aus allgemeinen und direkten Wahlen mit geheimer Abstimmung hervor.") Auf diesen Wortlaut habe ich mich für die nächste Reichstagssession durch öffentliche Erklärung mit Namensunterschrift festgelegt. Mehr tue ich nicht. Täte ich mehr, dann würde ich nicht wert sein, in den Reichs- tag gewählt zu werden. Oder wollen Sie mir erst das Rück- grat brechen und dann von mirUnabhängigkeit" verlangen? Heute brauchen wir weniger Mannesmut vor Königsthronen, als vielmehr Festigkeit gegen den Ansturm der Masse. Ich meine, Sie und Ihre Freunde hätten am allerwenigsten Veranlassung, gerade mir Schwierigkeiten in bezug auf das Wahlrecht zu machen, nach- dem ich in der Frage des sächsischen Wahlrechte eine Stellung ein­genommen habe, die Ihnen durchaus genügen muß, während sie mir manchen Gegner geschaffen hat. Ob Sie an Ihre 899 Freunde eine Aufforderung richten wollen oder nicht, mich bei der Stichwahl zu unterstützen, das bitte ich Sie nur nach Ihrem Parteiinteresse beurteilen zu wollen, nicht nach der Rücksicht auf mich. Sie müssen es am besten wissen, ob Sie Ihrer Partei besser dienen, wenn Sie mit den Sozial- demokraten gehen oder in der Stichwahl mit den alten bürgerlichen Parteien. Mit bestem Gruße Ihr aufrichtig ergebener Ernst Hasse  ." Trotz der Bemühung des Herrn Professors Hasse, sich um eine präzise Antwort herumzudrücken, ist doch sein Brief durchaus deutlich: er ist entschiedener Gegner des gelten- den Reichstagswahlrechts. Der Wunsch der Polizei. Unser Braunschweiger Parteiblatt, derVolks- freund", ist in der Lage, ein paar interessante Attenstücke zu ver- öffentlichen. Während der großen Metallarbeiteraussperrung be- nutzten die Ausgesperrten ihre fteie Zeit vernünftigerweise dazu, Ausflüge in die Wälder zu machen, die die alte Welfenstadt um- geben. Sie gingen, wie wohl ganz natürlich, als gute Kanieraden und Leidensgenossen zusammen und kehrten auch geiikinsam zurück. Das paßte aber der Braunschweiger   Polizei durchaus nicht, sie sah die Ordnung, Ruhe und Sicherheit in großer Gefahr und war uberzeugt, daß die unschuldigen Spaziergänge nicht angemeldete und nicht erlaubte Umzüge seien. Daher sie denn die heimkehrenden Ausgesperrten an den Toren der Stadt feierlich erwartete und denUmzug" auseinandersprengte. Damit war aber die bedrohte Ordnung, Ruhe und Sicherheit noch nicht hinreichend gesühnt, derVeranstalter", daS war der Polizei Braunschweigs klar, mußte für den Frevel ins Gefängnis. Also sorgte sie dafür, daß ihm der Prozeß gemacht wurde und damit Richter und Ankläger nicht etwa zu glimpflich mit dem Schwer- Verbrecher umgehen möchten, so sandte sie dem Amtsanwalt mehrere dringliche Schreiben, eben die interessanten Dokumente desVolks- freund". Sie lauten: Nr. 1. K. Hd. nebst Anlagen an den Herrn Amtsanwalt hier. Da in dem Umzüge zweifellos eine Demonstration gegen die u gleicher Zeit in der Aegidienhalle zum Gedächtnis des Todes es Herzogs Wilhelm stattgehabte Feier erblickt werden muß, s o erscheint eine Geldstrafe von fünfzehn Mark zu gering. Ich bitte daher die gerichtliche Bestrafung des Geschäfts- fiihrers Hainmerschmidt alö des offenbaren Veranstalter des Um- zngcs H. ist Geschäftsführer des sozialdemo- kratischen Metallarbeiterverbandes, Sektion Braunschweig   zu veranlassen und eine nachdrückliche Hast- strafe gegen denselben in Antrag zu bringen. Braunschweig  , den ö. Mai 1996. Herzogliche Polizeidirektion Abt. III. D o m m e S. Nr. 2. Hammerschmidt ist von mir schon früher bei einer ähnlichen Angelegenheit verwarnt und daraus hingewiesen, daß derartige Umzüge, die auch einer Demonstration den Nichtarbeitern gegen- über gleich wären, verboten, seien. Da jedenfalls während der Streikbewegung jetzt derartige Aufzüge stattfinden werden, so wäre es wohl wünschenswert, daß H. als Borsineiidcr des fraglichen Verbandes und Ordner des Zuges exemplarisch, recht bald und nicht mit einer Geld-, sondern mit einer Haststrafe bestraft würde. Braunschweig  , den 19. Mai. Bussenius, P.-J. Nr. 8. K. Hd. an den Herrn Amtsanwalt Hieselbst mit dem Ersuchen, ergebenst dahin wirken zu wollen, daß die seitsgenannten Teilnehmer an dem nicht gestatteten Aufzuge, be- kannte und gefährliche sozialdemokratische Agitatoren wegen ihrer Renitenz es ist den Parteiftührern diesseits wiederholt eröffnet worden, daß Aufzüge nicht erlaubt würden, empfindlich bestrast werden und zwar tunlichst mit Haftftrafr, weil die Geld- strafen aus der Parteikasse bezahlt werden. Die äußere Ruhe und Ordnung wird durch die fragl. Metall- arbeiter erheblich gestört. Ich bitte die Bestrafung zu be- schleunigen. Braunschweig  , den 11. Mai 1996. Herzogliche Polizeidirektion. P r o e tz e l. Das Gericht hat den sehnlichen Wunsch der Braunschweiger  Polizeibehörde, dengefährlichen sozialdemokratischen Agitator" ,ns Gefängnis zu schicken, freilich nicht erfüllt. Aber der Braunschweiger  Polizeibehörde ist ein kleiner Trost beschert worden Hammer- schmidt ist zu der für einen Proletarier immerhin rechtanständigen" Geldstrafe von 45 Mark verurteilt worden für dieVeranstaltung" von Spaziergängen, die keinem Menschen geschadet haben und die kein Mensch veranstaltet hat. Der Amtsanwalt hatte natürlich streng nach der Anweisung der Polizei neben Geld« auch Haftstrafe gefordert. Ob aber derartige dringliche Schreiben einer hochwohllöblichen Polizei öfter in den AmtSräumen der heiligen Justitia einlaufen? Schreiben, worin die gar nicht zur Sache gehörende Behauptung aufgestellt wird, der Angeklagte sei eingefährlicher sozialdemokratischer Agitator"? Und worin gefordert wird, daß er deshalb zu Gefängnis- strafe verurteilt werde? Wir leben in Deutschland   und in diesem Lande der vollendetsten Rechtsgarantien ist allerhand möglich l Für ein liberakes Wahlkartell. Die freisinnig wadelstrümpflerischeW eser-Zeitung" wirbt wieder einmal für ein Wahlkartell zwischen Nationalliberalen und dem Freisinn, Es sei ja auf beiden Seiten viel Geneigtheit dazu vorhanden. Die Widerstrebenden, die hüben lieber mit den Sozialdemokraten und drüben lieber mit den Konservativen gehen möchten, seien anscheinend in der Minderheit. Es sei also zu hoffen, daß das Kartell zustande kommt. Leider hätten sich in Altena  -Jserlohn und Hagcn-Schwelm Nationalliberale und Frei- sinnige stark bekämpft. Solange das Kartell noch nicht zustand« gekommen sei, müsse der unvermeidliche Kampf mitedlen Waffen" und inanständigster Form" geführt werden. So sei im 18. han- noverschen Wahlkreise alle Rücksicht auf die Stichwahl zu nehmen. Eine solche sei unvermeidlich, und da müßten entweder die Frei- sinnigen für die Nationalliberalen oder diese für die Freisinnigen wählen� denn daß die Freisinnigen dqzu veranlaßt werden könnten, für den Sozialdemokraten und gegen den nationalliberalen Kandidaten zu stimmen, sei nach ihrer Kenntnis der Sachlage im Wahlkreise völlig ausgeschlossen. Außerdem müsse bei diesem Wahlkampf beiderseits das weit wich- tigere Ziel der allgemeinen Wahl vom Fahre 1993 im Auge be- halten werden. Speziell für die Nordwcstecke Deutschlands   werde sich ein nationalliberal-freisinniges Wahlkartell bei beiderseitigem guten Willen leicht gestalten lassen. In den Wahlkreisen Aurich- Wilhelmshaven, Hoya-Vcrden, Lüneburg  , Harburg-Lilienthal   und Geestemüude-Otterndorf hätten die Freisinnigen ihre Unterstützung zu vergeben. Die Nationalliberalen könnten den Freisinnigen den gleichen Dienst in Emden  -Leer   und den beiden oldenburgischen Kreisen leisten. Herr Dr. Barth   sieht, daß die Majorität seiner eigenen Partei sich weit mehr nach rechts als nach links hingezogen fühlt!-»> Der Bierkrieg in Frankfurt   a. M. hat jetzt die schärffte Form angenommen. Wir berichteten bereits, daß die Wirte beschlossen hatten, den Braüereien den um 1.S9 M. pro Hektoliter erhöhten Preis zu zahlen und vom Publikum für das'/io" wie für das �/io-Glas 1 Pfennig mehr zu fordern als bisher. Da die Konsumenten in sieben großen Versammlungen beschlossen hatten, daß kein Bier zu erhöhten Preisen getrunken werden dürfe, war damit faktisch der Boykott herbeigeführt. Die Vertrauensmänner der Partei und der Gewerkschaften waren aber in ihrer Mehrheit der Ansicht, daß der Kampf möglichst schnell auf die Spitze getrieben werden müsse. Daher wurde nunmehr beschlossen, nicht nur das Ringbier, sondern jeglichen Biergenuß offiziell zu boykottieren und alle Lokale und Geschäfte zu meiden, in denen noch Bier verschenkt oder in Flaschen verkauft wird. Dieser Beschluß wurde am Freitag in fünfzehn über« füllten Volksversammlungen den Konsumenten zur Annahme empfohlen und er wurde in dreizehn Versammlimgen an- genommen; nur in zwei Versammlungen gelang es den von den Brauereien hindirigierten Brauereiarbeitern, denen die Aussperrung angedroht worden war. die Annahme des Beschlusses zu verhindern. Das kurzsichtige Verhalten der Brauereiarbeiter ist höchst bedauerlich, wenn es auch bis zu einem gewissen Grade verständlich erscheint. Ueber 499 Wirte haben sich bereits unterschriftlich verpflichtet, daS Plakat der Boykottkommission auszuhängen, durch welches an- gezeigt wird, daß jeglicher Bierausschank und Verkauf eingestellt ist. Die weitere Wirkung des Beschlusses muß abgewartet werden. Machen die Brauereien ihre Drohung wahr, daß sie einen großen Teil ihrer Arbeiter entlassen, so gießen sie damit nur Oel inS Feuer. Möglicherweise werden die bisher so unentschlossen und zweideutig aufgetretenen Wirte jetzt Veranlassung nehmen, die von ihnen zurück- gewiesene Verständigung mit den Brauereien zu suchen. Daß die Brauereien den ganzen Aufschlag zurückziehen, ist kaum anzunehmen, zu einem Nachlaß um ein Drittel ihrer Mehrforderung haben sie sich aber schon früher bereit erklärt. Aus der besten aller Welten. Ans dem Reichsland tvird uns geschrieben: Ein Bild aus der herrlichen göttlichen Weltordnung gibt folgende Notiz derNeuen Mülhauser Zeitung":Hülflos. verlassen, seiner Sinne nicht niächtig, irrt ein 79jähriger Greis in Nordfeld in den Anlagen und nächtlich vor den Haustüren. als einzige Nahrung mit einem Kessclchen voll Wasser umher. Arbeiten kann der Mann nicht mehr, seine Frau hat sich von ihm scheiden lassen, und so geht der Unglückliche über kurz oder lang zugrunde. Nachdem dieses schreckliche Dasein nunmehr schon über ein Jahr andauert, möchten wir doch fragen: GM es in Mülhausen   niemand, der sich eines solchen armen Mannes annimmt? Das ist die Darstellung eines bürgerlichen Blattes. Und es ist nicht das arme Land der unglücklichen jchlcsischen Weber. nicht der verjunkerte Osten der ausgehungerten Arbeiter, nein, es ist derbeau jardin", das reich gesegnete, glückliche Elsaß, das den Boden für ein solches trauriges Schauspiel abgibt. Und was tut die Gesellschaft für solche Unglückliche? Vielleicht ist sie so mit« leidig, dem einzelnen das Weiterleben zu ermöglichen. Eine Pflicht dazu erkennt sie jedoch nicht cmt We WM ist doch dieje schöne Weltgrdnung. Hustand. Frankreich  . Die künftige Kultusorganisation. Paris  , 2. September.  (Eig. Ber.) Am 4. September tritt die Bischofsversammlunfl zu» sammen, deren Beschlüsse diesmal wirklich entscheidend für die Zukunft des französischen   Katholizismus sein werden. Das Gebot des Papstes an jdie Bischöfe lautet: deu katholischen Kultus zu organisieren. Wie werden sie es erfüllen, da die Enzyklika ihnen doch fast alle Wege abschneidet? Der Papst hat die Kultusassoziationen, mit denen sich die Bischöfe gern abfinden möchten, für unannehmbar erklärt, auch in ihrer Anpassung an die kanonischen Regeln und trotz ihrer Umtaufe inFabriks- Assoziationen". Kann man glauben, daß der Vatikan   dennoch mit einer, wenn auch maskierten Unterwerfung unter das Trennungsgesetz einverstanden sein würde, die jetzt als seine Schwäche, wenn nicht gar als Trotz der nationalen französischen   Kirche gegen Rom   ausgelegt würde?Sie haben gegen mich, haben als Franzosen ge- stimmt," so hat Pius ausgerufen, als er die Entscheidung der Bischöfe zugunsten der Annahme des Gesetzes vernahm. Kein Zweifel Rom will den Krieg. Die Bischöfe sind berufen. um die Organisation des katholischen Kultus außerhalb des Trennungsgesetzes vorzubereiten. Die gewaltsame Revolte hat Pius abgelehnt; es gilt also, eine gesetzliche Grund- läge für die Fortführung des Kultus zu finden. Juristtsch ist die Frage nicht schwer zu lösen. Von über- eifrigen Freidenkern ist hier und da behauptet worden, die Ablehnung des Trennungsgesetzes habe die Aufhebung des öffentlichen Gottesdienstes der ablehnenden Konfession zur Folge. Dem ist nun keineswegs so. Daß die Bischöfe keine Kultusassoziationen zur Uebernahme der Kirchengüter legiti- mieren, bedeutet nur, daß die Staatsbehörden offiziell keine katholische Kirche   mehr kennen. Die Katholiken können gleich- wohl Gottesdienst abhalten gleich den Anhängern irgend eines Glaubens, aber sie sind der besonderen Privilegien verlustig gegangen, die das Trennungsgesctz den großen Religionsgemeinschaften zubilligt. Sie erhalten weder die Fabrikskassen noch die Benutzung der Kirchengebäude von Gesetzes wegen. Die Kirchengütcr fallen ohne weiteres gemeinnützigen Anstalten zu. Was die Gebäude anlangt, so steht es den Gemeinden und Departements wohl zu, sie katholischen Vereinen oder einzelnen Katholiken zu Kultus- zwecken zu vermieten genau so, wie sie sie anderen Ver- einen oder Privaten zu irgend welchem Zwecke überlassen dürfen. Die Katholiken können also auch weiter noch öffentliche Gottesdienste abhalten, aber das sind dann öffentliche Versammlungen im Sinne des Versammlungsgesetzes von 1881. Sie unterliegen der Anmeldepflicht und müssen(wie in Preußen die öffentlichen Versammlungen) mit der Wahl eines Bureaus von drei für den gesetzmäßigen Ver- lauf der Versammlung verantwortlichen Personen eingeleitet werden. Daß es besonders bei der Wahl des Präsidiums zu Vorgängen kommen kann, die den Organisatoren des Gottes- dienstes unliebsam sind, liegt auf der Hand. Es kann in der Tat yicht verhindert werden, daß etwa ein erklärter Atheist