einer Messe präsidiert I Allerdings bleibt das Mittel derprivaten, auf geladene Gäste beschränkten Versammlung, diesich ja auch in dem von einem Privaten gemieteten Kirchen-gebäude vollziehen kann. Die Kirche käme da aber offenbarum den besten Teil ihrer propagandistischen Kraft, die in derMassensuggestion liegvMan sieht, frei ist die Kirche in jedem Fall, ob siedas Trennungsgesetz annimmt oder besser gesagt: ausnütztoder nicht. Im ersten Falle erhält sie die Vorteile einer öffent-lichen Organisation mit geregelter und kontrollierter Ver-waltung. Lehnt sie die Gründung der Kultusassoziationen ab,so bleibt ihr immer noch das Recht auf ungestörte Abhaltungvon Gottesdiensten. Das neue Gesetz hat sogar die Be-stimmung des Strafgesetzes, wonach Privaten die Ueber-lassung ihres Hauses zur Kultausübung untersagt war,formell aufgehoben. Und das Verbot des neuen Gesetzes,gottesdienstliche Handlungen zu stören, bezieht sich nicht nurauf die Veranstaltungen der Kultusassoziationen. Der aller-dings bedeutungsvolle Unterschied der beiden möglichenSituationen ist, daß die Kirche im zweiten Falle ausdogmatischen oder politischen Bedenken die ihr angebotenenVergünstigungen ablehnt und auf die allgemeinen bürger-lichen Freiheiten, die das Versammlungsrecht bietet, an-gewiesen bleibt.Für diese zweite, ungünstigere Situation wird nun dieBischofsversaminlnng ihre Vorkehrnngen zu treffen haben.Leicht ist ihre Aufgabe keineswegs; denn sie ist berufen, dasSchicksal der Kirche mitzulenken im Augenblick der tiefstenpolitischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Erschütterung,die ihr seit der Reformation in christlichen Landen wider-fährt.—_Ein ungeschicktes Rundschreiben.Paris, 2. September.(Eig. Ber.)B r i a n d, der als Berichterstatter über das TrenmnigSgesetziaS freiheitliche Prinzip so geschickt verfochten hat, ist in dem Rand-schreiben, das er als Kultusminister soeben an die Präfekten heraus«gegeben hat,.von seinen Grundsätzen bedauerlich abgewichen. DerWortlaut deS Gesetzes liefe, wie wir dargelegt haben, die Auf«fassung zu, dafe die Katholiken auch im Falle der Verwerfungber � vom Gesetz vorgesehenen Kultusassoziationen religiöseVereinigungen zur Kultausübung ins Leben rufen könnten,nur eben ohne die besondere», im Gesetz bestimmten Vergünstigungenund lediglich nach dem allgemeinen Vereinsgesetze. DaS ZirkularBriands gibt nun eine dieser liberalen Ausfassung widersprechendeInterpretation. Es soll nämlich jede zur öffentlichen Ausübung oderzum Unterhalb des Kults ins Leben gerufene Vereinigung als.Kultusassoziation" im Sinne des Trennungsgesetzes angesehenwerden. Die Vereinigungen, die die Bestimmungen des TrennungS«aefetzes nicht erfüllen, sind von den Präfekten der Staatsanwalt«schait anzuzeigen. Sie sollen aufgelöst und ihre Leiterstrafgerichtlich verfolgt werden. Der Minister macht ausdrücklichauf die auf Grund des Vereinsgesetzes konstituierten Ver-einigungen aufmerksam, die eine Kultusassoziation zu.maskieren"versuchen würden.Die Interpretation Briands schafft ganz unnützerweise ein AuS-nahmegesetz gegen die Konfessionen, die das Trennungsgesetz nichtannehmen wollen, das heifet tatsächlich gege., die Katholiken. Esist wirklich nicht einzusehen, warum jegliche, den Strafgesetzennicht zuwiderlaufende Betätigung im Vereinskreise geduldetwird. nur nicht die religiöse Verehrung. In treffenderWeise kritisierte I a n r ö s gestern in der„Hmnanite" den Erlafe.Er fragt:„Wie kann man Leute verfolgen, die vom Staate nicht«,absolut nichts verlangen, weder bewegliche noch unbewegliche Güter,noch einen besonderen Schutz für ihre Zeremonien und die einfachdie Vercinsfreiheit zu einem religiösen Zweck ausnützen wollen?Das heifet— nach meinem Urteil— einen beklagenswerten Kampfbeginnen und den freiheitlichen Boden verlassen, auf dem wir un-angreifbar waren."In der Tat, Briand hätte es dem Vatikan überlassenkönnen, Fehler zu machen— eine Freiheit, die dieser ja übrigensnach Krästen ausnutzt. Briands Erlafe ist schwer zu verstehen, wennman ihn nicht als Trotzkundgebung gegen Elemenceau auffafet,der ja allerdings in der ihm gar nicht unterstehenden religiös-politischen Frage aufsehenerregende Erklärungen abgegeben hat, diedas Werk des Kultusministers geradezu zu durchkreuzen schienen.BriandZ mag den Beifall einiger Freidenker einheimsen, aber derist mit einem politischen Fehler und mit einer handgreiflichen In-konsequenz teuer genug bezahlt.China.Sankt Nimmcrleins-Berfassung.Peking, 2. September. sW. T. B.) Auanschikai hat sichmehrere Tage hindurch hier aufgehalten und an den Sitzungender Konferenz zur Beratung des Verfassungsprojektes teil-genommen. Der Kaiser hat ein Edikt erlassen, in welchemdie Einführung eines konstitutionellen Regierungssystems zu-gesagt wird für den Zeitpunkt, an dem daS Boll reif da-für fein wird. Das Edikt fährt fort:»Seit Beginn unsererDynastie haben weise Kaiser regiert und haben Gesetzeerlassen, die für ihre Zeit geeignet waren. Jetzt, da China inVerkehr mit allen Nationen steht, sind unsere Gesetze und unserpolitisches System veraltet und unser Land ist fortwährend in Unruhe.Es ist darum für uns nötig, mehr Kenntnisse zu sammeln und einneues Gesetzbuch zu verfassen; tun wir das nicht, so würdenwir deS uns von den Borfahren und dem Volke Anvertrauten nichtwürdig sein." Der Kaiser führt aus dem Bericht der nachEuropa entsandten Kommission an, dafe der Grund vonChinas Schwäche der Gegensatz zwischen Herrscher und Beherrschtensei; der Kaiser verspricht administrative und finanzielle Reformen;sobald diese beendigt sein würden und das Volk erzogen sei, umsein Verhältnis zur Negierung zu verstehen, werde eine Verfassunggegeben werden. Die Zeit der Ausführung werde davon abhängen,wie rasch die Nation zu höherem Verständnisse fortschreiten werbe.-»GeweHtfcdaMickes.Nach der Schlacht.Im Zeichen des verstärkten Schutzes steht zurzeit dieAusstellungsstadt Nürnberg. Obwohl schon am Dienstag inder Magistratssitzung verkündet wurde, daß Dank dem„ge-sunden Sinn" unserer Bevölkerung die Ruhe vollständigzurückgekehrt sei, scheint man noch den Ausbruch der„Revolution" zu befürchten. Während der erste Bürgermeisternoch nicht von der Schiffstaufe zurück und der zweite nachBerlin zur Hoftafel gereist ist. werden die auffällig.sten polizeilichen und militärischen Maß-nahmen getroffen.In der Nähe des Schauplatzes der polizeilichen Helden-taten ist ein modernes Schulhaus, dessen große Turnhallejetzt den Anblick einer Kaserne bietet. Eine AbteilungSchutzleute aus München, sowie ein großes Aufgebot vonGendarmen aus Unterfranken und den benachbarten mittel-fränkischen Bezirken haben dort ihr Lager aufgeschlagen.Bei dem in Nürnberg liegenden 14. Infanterieregimentwurde eine Abteilung in der Stärke eines Bataillons gc-bildet, die nicht mit ins Manöver ausrückt, sondernin Nürnberg zurückbleiben soll, um eventuell die Revolutionbekämpfen. Tie Schutzmännschaft fühlt sich auf Grundihres„Sieges" als die Herrin der Lage.Man beabsichtigt anscheinend, alle bei den KrawallenVerletzten in Anklagezustand zu versetzen. Um sie aus-findig zu machen, werden die bedenklichsten Mittel an-gewendet. Leute, die sich als verletzt bei der Gemeinde-krankenkasse anmeldeten, wurden der Polizei an-gezeigt; wer sich mit verbundenem Arm oder dergleichenauf der Straße sehen läßt, wird angehalten und notiert odergar verhaftet. Sogar im freisinnigen„Fränkischen Kurier"beklagt sich ein Arzt, daß ein Schutzmann zu ihmgekommen ist und ihm zugemutet hat, eineVerletzung des Berufsgeheimnisses zu be-gehen, indem der Polizist von ihm zu erfahren wünschte, o ber Verletzte in Behandlung habe.Unerhört ist es, daß die Polizei, die bei den KrawallenPartei war, mit Vernehmungen betraut ist. Leute werdenin ihren Wohnungen belästigt, man geht in die Fabriken undvernimmt dort in den Werkstätten oder im Zimmer desHausmeisters Arbeiter, die man im Verdachte hat, bei denKrawallen beteiligt gewesen zu sein. Daß durch dies allesdie Erbitterung nicht vermindert wird, ist leicht begreiflich,und nicht die Polizei und ihre Kommandeure sind Schulddaran, wenn es nicht zu neuen Zusammenstößen kommt.Berlin und Umgegend.Die streikenden Kohlenarbeitertraten gestern vollzählig an zum Generalappell. Nach dem Berichtder Vertrauensmänner arbeiten heute auf den Kohlenplätzenweniger Leute als v'or acht Tagen. VerschiedeneGrofehändler haben Leute als Statisten in Dienst ge-stellt, um den Schein des Betriebes aufrecht zu erhalten;aber die Streikenden lassen sich dadurch nicht schreckennoch täuschen. Bei der Firma Dorf kamen drei Arbeitswillige ausSchlesien an. die aber bald die Arbeit niederlegten, als sie hörten,dafe sie Streikbrecherdienste leisten sollten. Jetzt verlangen sie Schaden-ersatz von der� Firma. Die Firma A. B. K o ch verlor mehrereArbeitswillige, als von ihnen verlangt wurde, dafe sie<3000 Preßkohlennach einer BajMnkammer schleppen sollten..Bei die Hitze, nee;»ichzu machen I" stöhnten sie und drückten sich.— Die Kohlengrofehändlermachten lange Gesichter, als auch am Montagmorgen die sehnlichsterwarteten Arbeiter ansblieben. Im Laufe des Tages hielten siewieder eine Beratung ab.In der Versammlung der Streikenden war die Genugtuungdarüber eine allgemeine, dafe die Zahl der Anwesenden so stark war.ES wurde bekannt gemacht, dafe der Kollege Schmidt, der in dervorigen Woche von einem Streikbrecher niedergestochen war, sichglücklicherweise aufeer Lebensgefahr befinde. Auf den VorstandStischwurde ein fufelangeSEndeGummischlauch niedergelegt,das ein Kutscher der Firma K a r st e d t zu seiner Bewaffnung erhalten hatte,alS er mit dem Geschäftsführer der Firma selbst einen Wagen fuhr.Dieser Geschäftsführer hatte sich sogar mit einem Revolver bewaffnet.Als er in der Köpenickerstrafee von Streikposten angesprochen wurde,feuerte er Schreckschüsse ab, wurde aber dafür von der Polizei fest-genommen.Nach zahlreichen Berichten ist die Loge für die Streikenden einegünstige.Die Attentate van Arbeitswilligen auf Streikpostenmehren sich in geradezu erschreckender Weiset Kaum ein Tay ver-geht, an dem nicht über einen Angriff solcher„für den Staat nütz-lichen Elemente" auf ihr Koalitionsrecht ausübende Arbeiter be-richtet werden muh. So wird unS über den oben schon kurz er-wähnten Vorfall von anderer Seite folgendes gemeldet: Vormittagsgegen 10 Uhr passierte ein Kohlenwagen der Firma K a r st e d t,Dresdener Auhenbahnhof Platz IIS Wagen Nr. 8 die Köpenicker-ftrahe. An der Ecke der Mchaelkirchstrahe wandten sich zweiStreikposten der streikenden Kohlenarbeiter an den Kutscher, ihndarauf aufmerksam machend, daß die Kohlenarbeiter sich im Lohn»kämpf mit den Unternehmern befinden und ihn ersuchend, dochSolidarität zu üben. Da kamen sie aber an die richtige Adresse.Diese Solidarität bekundete der Aufgeforderte damit, daß er denRevolver zog und auf die Leute zwei Schüsse abfeuerte. Nur einemGlückSzufalle ist eS zu danken, dafe die Schüsse fehl gingen unddie zum Ziel AuSersehenen sich nicht in chrem Blute am Bodenwälzten. Tann ergriff der Held die Peitsche und hieb auf diePferde ein, um sich so schnell wie möglich aus dem Staube zu machen.Aber das sich inzwischen angesammelte Publikum nahm die Ver-folgung aus und an der Adalbertstraße wurde der Held gestellt.Polizei hatte sich inzwischen Eingefunden und nahm den Mann mitseinem Fuhrwerk zur Wache, um den Tatbestand festzustellen. Wiewird er im Polizeideutsch verkündet werden?ES ist dieS der zweite Fall, daß in dem gegenwärtigen Kohlen-arbeiterstreik der Revolver gegen Streikende eine Rolle spielt.Wenn die Polizei ihre Aufgabe unparteiisch auffafet. hätte sie alleUrsache, bei diesem Streit zum Schutz der Streikpostenin Aktion zu treten!Oeutkehes Reich.Pom Streik der Stettiner Hafenarbeiter.Die erste Streikunterstützung für die ausständigen Hafen-arbeiter gelangte am Montag zur Auszahlung.Die Reeder trauen augenscheinlich der Beharrlichkeit ihrerarbeitswilligen Schützlinge nicht, denn sie gehen jetzt dazu über,die Leute durch Kontrakte zu festen Arbeitsverhältnissen zu ver-pflichten. Sie selbst bleiben dabei allerdings im Hintergrund, sieschieben vielmehr die Stauer vor, die die Kontrakte abschließenmüssen. Ein solche» Dokument hat folgenden Wortlaut:«Hiermit verpflichte ich mich, den Arbeiter£ fest zu bebeschäftigen zur Stauarbest usw. aus dem Dampfer 3E, solange ichselbst die Stauarbeit in Händen habe. Für den Arbeitstagwerden ö M. bezahlt. Die Arbeitszeit ist von 7—7 mit Mittagspause von 2 Slunden und je eine halbe Stunde Frühstück undVesper. Der Arbeitslohn wird wöchentlich ausgezahlt. Ueber-stunden werden mit 60 Pf. vergütet. Die Kündigung diesesVertrages kann beiderseits monatlich erfolgen. Dieser Vertragist ungültig, sobald nicht ein Stamm von mindesten? 18 Mann be-steht, die treu zusammenhalten. Gehorsamsverweigerung. Un-Pünktlichkeit und Trunkenheit rechtfertigen die sofortige Eni-lassung."Ein Angestellter der Wach- und Schliehgesellschaft, der zumSchutze der Arbeitswilligen auf der zu Wohnzwecken hergerichtetenBark„Weser" Dienst tat, erkannte daS Schimpfliche feines Auftragesund machte die Arbeitswilligen auf das Verwerfliche ihrer Hand-lungsweise aufmerksam. Ein Polizist, der hiervon Wind bekam,verhaftete den Mann und führte ihn ab. Ohnehin sind aber dieArbeitswilligen mit ihrem Lose wenig zufrieden. Sie behaupten,daß ihnen bei ihrer Anwerbung volle Beköstigung zugesichert wordensei. In Wirklichkeit erhielten sie aber nur Kaffee und Schiffs-Zwieback.— Das Streikkomitee ist bemüht, den ArbeitswilligenHandzettel folgenden Inhalts zukommen zu lassen:Werte Arbeitsbrüder I.- Wir, die Stettiner Hafenarbeiter, befinden uns seit dem24. August im Streik. Wenn man Euch nun unter falschen Vor-spiegelungen hierher geholt hat, so zeigt nun den Schwindlern,daß Ihr nicht tzewillt seid. Euren um Ihre Existenz ringendenArbeitÄrüdern in den Rücken zu fallen. Gebt ihnen die gehörigeAntwort, verweigert jede Arbeit, laßt Euch sofort Eure Papiere,sowie daS Reisegeld nach Hause geben; hierzu sind sie verpflichtet,wenn Euch falsche Tatsachen vorgespiegelt worden sind.Der Stcinarbeitcrstreit in Miihlhauscn i. Th. ist nach sieben-wöchigem Kampfe soeben beendigt worden. 50 Arbeiter in dem demHofsteinmetzmeister S ch illi n g- Berlin gehörigen Kalk-steinbruch in Oberdorla bei Miihlhausen waren zur Erringung derLohnarbeit an Stelle eines bestehenden gesundheitszerftörenden undkräfteaufreibenden Akkordlohnsystems in den Streik getreten. AuSSolidarität legten daraufhin auch die 60 Stemmetzgehülfenauf dem Schillingschen Werkplatz in Mühlhausen einmütig dieArbeit nieder. Der Unternehmer lehnte jede Verhandlung auf derGrundlage der Beseitigung der Akkordarbeit rundweg ab, erklärtesich aber zu Unterhandlungen über die Erhöhung der Akkordlöhnebereit. An diesem prinzipiellen Standpunkt hat auch der geschlosseneund unter sonst günstigen Umständen durchgeführte Ausstandnichts zu ändern vermocht. Die Arbeiter sahen sich einemebenso hartnäckigen wie kapitalkräftigen Gegner gegenübergestellt,der Ersatz an Steinm�sial sich aus seinen verschiedenen anderen inDeutschland verstreä��liegenden Steinbruchbesitznngen beschaffenkonnte. Unter diesen Umständen mußte die Forderung auf Einführungder Lohnarbeit fallenlassen werden. In den nun abgeschlossenenVerhandlungen wuroW�ine Erhöhung der Akkordpreiseerzielt. Dadurch, dafe die Arbeiter auf die Wiedereinstellung vonvier ihrer besten Kollegen verzichten mußten, hat der Unternehmerdafür gesorgt, dafe nicht nur der Solidaritätsgedanke unter denArbeitern wach bleibt, sondern auch die Ueberzeugung von der Be-rechtigung ihrer Forderung. Ein neuer Angriff wird künftig aufbreiterer Basis und vielleicht erfolgreicher ausgekämpft werden!In Sachen des Streiks der Bauarbeiter in Nürnberg, derseit nunmehr über drei Monaten mit grofeer Hartnäckigkeit aufbeiden Seiten geführt wird, hat nach den letzten blutigen Bor-kommnissen ein Vertreter der mittelfränkischen Kreisregierung denVersuch gemacht, einen Vergleich herbeizuführen. Die Einigungs-Verhandlungen fanden am Sonnabend im Beisein des genanntenVertreters, des Fabrikinspektors, Gewerkschaftssekretärs, der Ver-treter der beiden Parteien und deS Zentralvorstandes der Maurervor dem Nürnberger Gswerbegericht statt. Die Vertreter derArbeiter zeigten den guten Willen, den langen Streit gütlich zuschlichten, indem sie die ursprünglichen Forderungen auf die Hälftereduzierten, während die Unternehmervertreter auf ihrem Protzen-standpunkt beharrten und höchstens 2 Pf. Erhöhung des Stunden-lohnes zugestehen wollten, jede tarifliche Abmachung aber ab-lehnten. Eine Verkürzung der Arbeitszeit wollte man.vielleicht"später zugestehen. Auf solche Bedingungen konnte man sichnatürlich nicht einlassen. Die Unternehmervertreter erklärten, zuvorihre Mitgliederversammlung über die Vorschläge der Arbeiter be-fragen zu müssen, worauf die Unterhandlungen abgebrochen wurden,um heute wieder aufgenommen zu werden.Hustand.Polizei und Militär gegen Streikende.Der Aufmarsch von Militär gegen streikende Arbeiter ist eineinternationale Erscheinung. Solveit der Kapitalismus seine Herr-schaft ausgedehnt hat, bedient er sich zur Aufrechterhaltung der-selben derjenigen Organisationen, die angeblich„zum Schutze desVaterlandes" geschaffen worden sind, der Polizei- und Militär-gewalt. Das ist in der demokratischen Schweiz so wie imabsolutistischen Rußland und in den halb absoluten Staaten Deutsch-land und Oesterreich nicht minder.Vom Sonntag wird abermals ein solcher Fall auS demungarischen Komitat Hunyad gemeldet. Dort sind die Arbeiter derPetrosenfeer Kohlenbergwerke ausständig. Sie beabsichtigten amSonntag, eine Versammlung abzuhalten. Die Polizei wollte dieSnicht dulden und als die Bergleute trotz der Aufforderung der Be-Hörde nicht auseinandergingen, wurde Militär requiriert. Diesestrieb die Menge mit gefälltem Bajonett auseinander, wobei mehrerePersonen verwundet wurden, zwei davon lebensgefährlich. Außer-dem wurden 175 Personen leicht verwundet. Der Anführer derStreikenden. Mihaly Gulassy, wurde in der Nacht zum Montag mit15 Genossen verhaftet. Gegen sie ist Anklage wegen Aufreizung(1)«hoben worden. In dem Petrosenyer Krankenhause werden eineAnzahl Schwerverletzte gepflegt., doch ist leiner derselben lebenS-gefährlich verletzt. Heute sollen noch weitere Verhaftungen vor-genommen werden. Gestern nacht wurde das Militär um zweiKompagnien Infanterie verstärkt. Die Zahl der Streikendenbeträgt 7000.'_Die Bergarieiter im böhmischen Braunkohlengrbiet bereiten sichauf eine allgemeine Lohnbewegung vor. Sie fordern 26 ProzentLohnerhöhung für alle Arbeiter; Minimallohn von 4 Kronen, acht-stündige Arbeitszeit, Errichtung von Badeanstalten. Durch dieQuertreibereien der sogenannten„Unabhängigen", welche den Ver-bandsmitgliedern zuvorkommen wollten, ist die Bewegung anmehreren Orten zu früh ausgebrochen. Es streiken bereits etwa2000 Mann.Letzte ISacbncbtcn und Dcpefcben.Deutsche Gastfreundschaft.Homburg v. d. H., 3. September. Hier ging daS Gerücht, dafesich in Bad Soden ein junger verdächtiger Russe aufhalte. DiePolizei stellte darauf Recherchen an und es lenkte sich der Verdachtauf einen Studenten aus Rufeland, namens Katznelson, der sich seitMitte des Sommers in Bad Soden aufhielt. Der Russe wurdeeinem längeren Verhör unterzogen und in Haft genommen. Dieweitere Untersuchung ergab jedoch nicht« Berdächtigcs, worauf derVerhaftete wieder auf freien Fufe gesetzt wurde.Folgenschwere Explosion.Köln, 8. September. sW. T. B.) Heute abend explodierte vorder Essigsabrik von KonertS in Krefeld ein Spirituskessel. Sieben inder Nähe spielende Kinder wurden schwer verletzt, fünf davon liegenim Sterben.Streik in Wien.Wien, 3. September. lB. H.) Hier sind sämtliche Tapezierer-gehülfen sowie die Kutscher der Internationale» Transportgesellschaftwegen wirtschaftlicher Forderungen in den Streit getreten.Todesurteile.Riga, 3. September.(B. H.) Drei Revolutionäre wurden vomhiesigen Kriegsgericht wegen Raubes von Gemeindegut zum Todeverurteilt.Ueberfall auf einen Kassierer.Riga, 3. September.(B. H.) Der Kassierer einer hiesigenSägemühle. welcher mittels BooteS Gelder einkassierte, wurde vonRäubern, die sich ebenfalls auf einem Boote befanden, überfallenund feiuer Barschaft in Höhe von 3000 Rubeln beraubt.Wahnsinnige Regierungsmethoden.Tislis, 3. September.(SB. T. B.) Für die Bezirke Telaw,Signach und Tionetz der Provinz Tiflis ist der Kriegszustand ver-hängt worden.Vexantw. Redakteur: HanS Weber, Berlin. Inseratenteil verantw.: Th. Glocke, Berkin. Druck u. Verlag: BorwärtSBuchdr.u. Verlagsanftalt Maul Singer L-Co., Berlin SlV. HierzuZBeilagenu. Unterhaltungsblatt