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Nr. 236. 23. Jahrgang.

3. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt.

Aus der Frauenbewegung.

Vom Kampf um das Frauenwahlrecht.

Die schottischen Liberalen erklärten sich( wie die Londoner Tribune" berichtet) auf ihrem Barteitage, an dem über 200 Dele­gierte teilnahmen, einstimmig für die Ausdehnung des Wahl­rechts auf die Frauen. Die Liberalen sind damit einverstanden, daß die Frauen sich an den Barlamentswahlen beteiligen und daß fie zu Mitgliedern in lokalen Körperschaften gewählt werden können. Warum nicht auch ins Parlament?

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Die englischen Frauen verlangen, daß sie zu den Stadt- und Gemeinderäten als Mitglieder zugelassen werden. Sie flopfen überall an und begehren Einlaß, wenn sie auch oftmals zurüd­gewiesen werden und viel Hohn und Spott erdulden müssen. Im Westminster City Rat machte legten Donnerstag ein Mitglied den Vorschlag, dahin zu wirken, daß die Londoner Regierungsatte so amendiert werde, daß auch Frauen zu Gemeinderäten gewählt werden könnten. Nur sechs der Räte unterstützten den Vorschlag, der 2 Stunden lang diskutiert wurde. Bezugnehmend auf die lange Diskussion, meinte ein Gegner:" Wir haben jezi schon genug alte Weiber unter uns fißen. Die Götter mögen wissen, was daraus werden soll, wenn drei oder vier vom weiblichen Geschlecht noch dazu kommen." Mit solchen Wizen wird gewöhnlich ein vernünftiger Borschlag erfolgreich abgetan, aber nur für den Augenblick, denn die Frauen kommen wieder.

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Wie die Einführung des allgemeinen Wahlrechts für Männer in Schweden seit etwa 20 Jahren von den verschiedenen Regierungen immer wieder von neuem erwogen wird, so geschieht es neuerdings auch mit dem Frauenwahlrecht, und, sobald eine neue Regierung sich mit der Wahlrechtsfrage befaßt, treten denn auch die Frauen hervor, um zu erfahren, was sie von den Erwägungen der Minister erzellenzen zu erwarten haben.

Am Sonnabend war eine Deputation der schwedischen Frauen­wahlrechtsvereinigung beim Staatsminister Lindman. Sie erhielt die hoffnungsreiche, aber leider schon etwas veraltete Antwort, daß die Frage des politischen Wahlrechts für Frauen erwogen werde. Der tommende Vorschlag über Verhältniswahlen zu beiden Kammern des Reichstags dürfe jedoch durch diese Frage nicht verzögert werden, fagte der Staatsminister weiter. Wie weit es möglich und zweck­mäßig sei, zwei so sehr umfassende Fragen im Zusammenhang zu be= handeln, darüber könne er sich nicht äußern. Nach den im vorigen Jahre bei dem Wahlrechtsvorschlage Staafs unter den Konservativen plöglich hervorgetretenen Sympathien für das Frauenwahlrecht hätte man annehmen können, daß das neue, konservative Mini­sterium die Frauenwahlrechtssache vielleicht zu weiterer Verzögerung der allgemeinen Wahlrechtsfrage ausnuten werde. Die Absicht scheint nach den Aeußerungen Lindmans nicht zu bestehen. Wahr­scheinlich wird der neue Wahlrechtsvorschlag genugend Sicherheit gegen die Wirkungen des allgemeinen Wahlrechts enthalten, so daß es der Frauenwahlrechtsfrage nicht bedarf, die Festlegung des all gemeinen Wahlrechts für die Männer auch ohnehin im nächsten Jahre wieder hintertrieben wird.

Zur Dienstbotenbewegung.

Genoffin Braun ersucht um Aufnahme folgender Erklärung: Genossin Baar fragt am Schlusse ihrer gestrigen Aus­führungen: Warum hat sich Genoffin Braun nicht vor acht Jahren der Dienstbotenbewegung angenommen?" Ich bin gern bereit,

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Mittwoch, 10. Oktober 1906.

ihr, die wohl damals noch nicht in der Parteiagitation gestanden Widerstand gegen sich selbst stärken, daß sie den Samen der Un­hat, mein reichhaltiges Material aus jener Zeit( es ist übrigens zufriedenheit selbst in die Herzen der Dienstboten legen sollten; 7, nicht 8 Jahre her, womit ich meine Angabe gleich berichtigen fie strebten nur nach der Harmonie, in der sie selbst die erste Geige will) zur Verfügung zu stellen, aus dem sie ersehen wird, daß spielten. In diese Harmonie brachten unsere Genofsinnen einen ich, wie die bürgerliche Presse empört bemerkte, mit meinen sozial- Mißton und nun sind die Gnädigen fuchswild geworden. Sie ver demokratischen Anschauungen die Dienstbotenversammlungen un- ließen den Verein, und das ist gut so; die Dienstmädchen sind froh sicher" machte Von seiten der Berliner Genossinnen war am darüber. Und wenn Frau Deutsch zu denen gehört, die dessen sich 17. August 1899 eine besondere Dienstbotenbersammlung einberufen ebenfalls freuen, dann hätte sie nicht Ursache gehabt, mit Berufung worden, in der ich referierte und eine Resolution vorlegte, die mit auf§ 11 des Preßgefeßes ihrer Entrüstung Ausdruck zu geben. der in Mannheim angenommenen fast identisch ist. Ich war später fast anderthalb Jahr von Berlin abwesend, glaube aber, daß in dieser Zeit weitere Dienstbotenversammlungen nicht abgehalten Veranstaltungen. worden sind. Es fehlte jedenfalls an derjenigen Unterstüßung von Wilmersdorf . Donnerstag, 11. Oftober, 8% Uhr, im Quifenpark" seiten der Partei, die in Nürnberg , nach dem Bericht der Genossin Vortrag. Grünberg, in so reichem Maße vorhanden war, und ohne die Köpenick . Writtwoch, 10. Oktober, Vortrag. es unmöglich ist, eine so schwierige Organisation, wie die der Dienstmädchen, zu bewerkstelligen. Lily Braun .

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Wir erhalten weiter folgende Zuschrift: Unter Berufung auf§ 11 des Preßgesezes ersuche ich Sie um Aufnahme folgender Berichtigung:

" In der Nr. 230 vom 2. Oftober dieses Jahres schreiben Sie unter der Spigmarke:" Die Bewegung unter den Dienstboten in Berlin " von dem Eintritt der Sozialdemokraten in den Verein für die Interessen der Hausangestellten", der bis Ende Mai von mir, einer bürgerlichen Frau, geleitet wurde. Sie fahren dann fort: Die Abschaffung der Gesindeordnung, die durch einen freien Dienst- oder Arbeitsvertrag ersetzt werden soll, wurde gefordert. Das alles gefiel den bürgerlichen Damen gar nicht mehr; an eine Abschaffung der Gesindeordnung hatten sie nie gedacht." Diese Behauptung ist unrichtig; genau das Entgegengesette ist der Fail. Seit Jahren habe ich und der von mir geleitete Verein diese Forderung in Wort und Schrift vertreten; in zahlreichen Versammlungen habe ich und haben andere unter meinem Vorsiz diesen Punkt als Anfang aller Reformen auf diesem Gebiet be­zeichnet. Die von mir herausgegebene Zeitschrift hat in vielen Nummern die Gesindeordnung bekämpft. Das hätte Ihnen nicht entgehen können, wenn Sie sich die Mühe genommen hätten, die Blätter, die Sie als Beweis gegen die bürgerlichen Frauen an­führen, einmal anzusehen. Ich verzichte, auf weitere unrichtig­feiten Ihres Artikels einzugehen. Regine Deutsch .

Zu der geharnischten Erklärung der Frau Regine Deutsch haben wir folgendes zu bemerken: Die Dame ist in der Notiz weder persönlich genannt noch angegriffen worden. Sie fühlt sich getroffen durch den Vorwurf, die bürgerlichen Frauen im Verein der Hausangestellten" seien nicht für die Abschaffung der Gesinde­ordnung eingetreten.

Wenn es mit schönen Worten und wehmutsvollen Seufzern über die Schlechtigkeit der Welt" getan wäre, dann dürften die gnädigen Frauen ihr Teil an der Agitation gegen die Gesinde ordnung beanspruchen. Wann, wo und wie wurde eir: ernstlicher Widerstand der Dienstmädchen gegen die Gesindeordnung organi­fiert? Wurde je ein freier Arbeitsvertrag vorgeschlagen, aus­gearbeitet und zur Beratung gestellt? Ging eine bürgerliche Frau mit einem Musterbeispiel voran und schloß einen solchen Bertrag mit ihrem Dienstmädchen ab? Nichts von aledem; nur Worte, schöne Worte gab es und stille Seufzer der Gi ädigen! Der Stolz auf solche Tätigkeit kann nur komisch wirken. Freilich man durfte von den Herrschaften nicht erwarten, daß sie den

Versammlungen

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Gerichts- Zeitung.

Reizen Soldatenbilder zur Gewalttat auf?

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Anton Musielat in Wanne zu einer Geldstrafe von 100 m. Bom Landgericht Essen( St.) ist am 26. April der Händler wegen Vergehens gegen§ 130 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden. In Katernberg fand eine Versammlung der polnischen Sokol( Turn-) Vereine statt, auf welcher Preise verteilt wurden. Diese bestanden in Bildern, von denen das eine nach Ansicht des Gerichts den Tats bestand des§ 130 erfüllt. Es ist das Bild in der Reichstagsverhandlung über den Antrag der polnischen Fraktion auf Aenderung des§ 180 des Strafgesetzbuchs vorgelegt. Es zeigt einen Turner, der eine Lanze und eine brennende Fackel trägt. Das Bild in Verbindung mit einer darunter befindlichen Unterschrift, die nationalpolnischen Hoffnungen Ausdruck gibt, soll nach Ansicht des Gerichts geeignet sein, die polnische Bevölkerungsklasse zu Gewalttätigkeiten gegen die deutsche anzureizen. Die Revision des Angeklagten wurde am Montag vom Reichsgericht verworfen.

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Soll gleiches Recht gelten, so müßten nach dieser Entscheidung auch Soldatenbilder oder gar Kriegsgemälde strafbar sein. Werden die Direktoren der Nationalgalerie und der königlichen Museen und Händler von Soldatenbildern auch wegen Anreizung zu Gewalt­tätigkeiten" unter Anflage gestellt werden? Oder ist ein polnischer Turner gefährlicher als ein Regiment preußischer Soldaten?

Roheiten gegen einen Chinesen.

der in Schwerin geborene Gastwirt Ernst Melzer zu einer Vom Konsulargerichte Tientsin ist am 2. Dezember v. J. Woche Gefängnis und einer Buße von 20 Dollar verurteilt worden. Der Angeflagte, welcher Inhaber der China- Denkmünze ist und in China wegen Anhaltens eines Eisenbahnzuges und Widerstandes verurteilt ist, hat seinen Boy Sun- Yu- Schan gemißhandelt. Der Boh hatte das Abendessen Melzers verzehrt und dieser hat ihm dafür im Zorn den leeren Teller an den Kopf geworfen. Der Teller zer­brach und der Boh erhielt etwa 20 Hautwunden im Gesicht. Das Urteil betont, daß der Angeklagte als gewalttätiger Mensch be­tannt sei, aber es sind ihm doch mildernde Umstände bewilligt worden, da er schwer gereizt worden sei. Die trotz der niederen Strafe vom Angeklagten eingelegte Berufung wurde am Montag vom ersten Straffenat des Reichsgerichts verworfen.

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