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Genosse Haa ck: Selten hat ein Parteitag so befriedigt wie der bkesjährige.... Auf die Rede Bebels trifft zu, was man vom ganzen Parteitag sagen kann: sie wird zu ernstem Nachdenken an- regen. Bebel hat gegen Jena   modifiziert nnd dazu hat der verun- glückte Massenstreik in Rustland bcigcrragcn. Das Fehlschlagen des- selben, obwohl die politische Konstellation in Rufiland günstiger ist als in Deutschland  , ist auf das Fehlen genügender Organisationen zurückzuführen. Wir dürfen eben nicht vergessen, dafi auch bei uns der weitaus größte Teil der Arbeiter noch nicht organisiert ist. Diese müssen wir haben, wollen wir den Generalstreik erfolgreich durch- führen. Unter diesen Umständen kommt man eben zu der Meinung, daß man ihn auch nicht propagieren soll. Fragen der Taktik er- ledigt man am besten unter Ausschluß der Oeffentlichkeit. Vor allen Dingen erst die Massen organisieren, dann ist der Streik in acht Tagen fertig.... Die Ansicht DunckerS, die Partei habe den rechts- stehenden Elementen zu viel Konzessionen gemacht, treffe nicht zu, da diese ihre Anschauungen im Rahmen der Partei vertreten haben, während die Lokalisten sich außerhalb der Beschlüsse der Partei stellen und Zersplitterungsbestrebungen huldigen. Daß sogar ihr Organ, in dem sie Parteigenossen mit Schmutz bewerfen, in der .Vorwärts"-Druckerei hergestellt wird, gebe zu denken.... Genosse Duncker:... Daß ein Massenstreik in Rußland   ver- unglückte, beweist nichts, ein anderer gelang und brachte bedeutende Erfolge.... Beschlüsse wurden nicht gefaßt. Die Genossen von Gotha   erklärten sich nach dem Bericht deS Genossen Reichstags-Abgeordneten Bock in folgender Resolution mit dem Ergebnis des Parteitages einverstanden: Die... Versammlung erklärt sich mit den Beschlüssen des Mannheimer   Parteitages einverstanden. Sie spricht die Erwartung ans, daß auf Grund der Erklärung von Bömelburg und Reichelt die Gewerkschaften in ihren Verbänden und ihrer Presse die idealen Zwecke und Ziele der Arbeiterbewegung im Sinne des Sozialismus mehr pflegen und propagieren als bislang." Zu Gera   erklärten sich die Genossen nach einem Bericht des Genossen K a h n t ebenfalls einstimmig mit den Beschlüssen des Parteitages einverstanden. Dasselbeistaus Weimar, Alten- bürg, Halle, Chemnitz   und Stettin   zu melden. Soziales. Einem Toten die Invalidenrente verweigert, weil-- er gesund ist. Einen blühenderen Unsinn kann es wohl nicht geben. Und doch hat es das Schneckentempo unserer sozialen Versicherung fertig ge- bracht, daß man getrost diese gegensätzlichen Tatsachen in logischem Zusammenhang bringen kann. Und das ging so zu. In Neun- k i r ch e n bei S a a r g e m ü n d beanspruchte ein vor einem halben Jahre pensionierter Arbeiter die Invalidenrente, die ihm aber ver- weigert wurde, da er nicht dem Gesetz gemäß arbeitsunfäg sei. Dabei konnte der Mann, als er in Straßburg   seinen Anspruch Person- lich bei der Landesversicherungsanstalt erbob, nicht gehen, sondern mußte in einer Droschke von Neunkirchen nach Saargcmünd gefahren werden. Mit seinem Anspruch abgewiesen, klagte er nun beim Schiedsgericht für Arbeiterversichernng in Metz  , welches ihm die Rente ebenfalls verweigerte, da er für gesund erklärt sei; er solle arbeiten. Und dabei ist der Mann seit sieben Wochen tot. Ob an dieser Entscheidung dersoziale Geist" der Instanzen der Arbeiterversichernng oder die Bnreaukratie größeren Anteil hat, hat der Tote, dem der Rat erteilt wird, zu arbeiten, uns nicht ver- raten können. Uns würde es nicht wundernehmen, wenn die Unter- nehmerpresse und in erster Reihe antisozial gerichtete Aerzte den vorstehend mitgeteilten Fall für einen eklatanten Beweis der»Sucht nach Rente" erklären würden._ SchulversäumniS. Das Kammergericht billigte eine Entscheidung des Landgerichts Wiesbaden  , durch ivelche Herr Baum aus Idstein   wegen Schul- Versäumnis feines Kindes auf Grund der alten nassauischeu Schulordnung von 1817 zu einer Geldstrafe von 6 Pfennigen ver- urteilt worden war, weil das Kind wiederholt erheblich zuspät kam. Allerdings, so führte der erste Strafsenat aus, sei ein Zuspätkommen an sich noch keine Schulversäumnis. Wenn aber die Verspätung darauf beruhe, daß der Vater das Kind absolut nicht ordnungsmäßig in die Schule schicken wolle, indem er cS im Hause oder Felde so beschäftige, daß es nicht rechtzeitig die Schule besuchen könne, und wenn die Ver- spätungen erhebliche seien, dann könne man sagen, der Vater ver- hindere den Schulbesuch und es läge eine Schul Versäumnis vor. DaS sei in jedem einzelnen Falle Sache der tatsächlichen Feststellung. Das Kammergericht lehnte ferner den von der Staatsanwaltschaft erhobenen Wunsch auf Anwendung der neueren Schulstrasverordnung der Abteilung für Kirchen- und Schulwesen(der jetzigen preußischen Bezirksregierung zu Wiesbaden  ) ab, welche am 2�. Dezember 1805 erlassen ist. Dazu führte es aus: Die allgemeine nassauische Schulordnung von 1317 sei von der damaligen herzoglichen Landesregierung zu Wiesbaden   infolge Delegation des Souveräns von Nassau   erlassen worden und habe an sich Gesetzeskraft. Sie habe auch vom Souverän des ehemaligen Herzogtums Nassau   und von seiner Landesregierung jeder- zeit geändert werden können. Für die hier strittige Frage der Anwendung dieser oder jener Verordnung sei nun entscheidend, ob die preußische Regierung zu Wiesbaden  , Ab- teilung für Kirchen- und Sdsuliveseii, die Rechts Nachfolgerin der herzoglichen Landesregierung sei. Nur dann hätte sie die allgemeine Schulordnung von 1817 abändern können. Man könne aber nicht annehmen, daß die vormals herzoglich nassauische Landesregierung zu Wiesbaden   ersetzt sei durch die königliche Rt- gierung zu Wiesbaden  , die nur eine Provinzialbehörde sei. Der Abteilung für Kirchen- und Schulwesen stehen nicht dieselben Rechte zu, die der herzoglichen Landesregierung in Wiesbaden   zustanden. Diese Abteilung könne deshalb nicht ändern, was die alte Landesregierung in Wiesbaden   in bezug auf Schulstrafen verordnete. Die preußische Regierungsinstruktion von 1817 erlaube zwar den Regierungen, ergänzende Bestimmungen zu erlassen, wenn es sich um solche gegebenen Strafrechtsnormen handele, denen eine ausdrückliche Strafsanktion fehle. So zum Beispiel bezüglich der Bestimmungen des Allgemeinen preußischen Landrechts über die Schulpflicht. Hier aber enthalte ja die allgemeine nassauische Schulordnung von 1817 selber direkte Slrafvorfchriften. Da könne auch die preußische Regierungsinstruktion nicht helfen. Somit könnten im Gebiete des des ehemaligen Herzogtums Nassau   nur die Schulstrafvorschriften der allgemeinen nassauischen Schulordnung von 1817 zur Anwendung kommen und nicht die Verordnung vom 2s. Dezember 1895. Die Rechtsprechung auf dem Gebiete des Schulwesens illustriert den Mangel einheitlicher Normen und das Fehleu eines modernen Schulgesetzes. Ein Gesetz, das die Mittel zum Schulbesuch der All- gemeinh-it, die mit Recht in ihrem und der Kinder Interesse die Schulpflicht verlangt, wäre unendlich niehr wert als die Hunderte von gültigen und ungültigen Strafverordnungen auf diesem Gebiete. Für das Geld, das für die Prozesse wegen SchulversäumniS in Preußen vom Staat ausgegeben ist, könnte eine recht erhebliche Zahl von Kindern unentgeltlich gespeist und bekleidet werden. Bon der Hlllfsbereitschaft eines christlichen Vereins junger Männer. Ein gottesfürchtigcr Schneider war zwei Jahre lang Mitglied des Breslauer christlichen Vereins junger Männer, ohne je Unter. stützung des Vereins in Anspruch genommen zu haben. Auf seiner Wanderschaft kam er nach Hamburg  . Dort wurde er arbeitslos. In seiner Notlage wandte er sich an den chrisllichen Verein junger Männex in Hainburg  . Auf Grund der in Breslau   gehörten Mahnung, seinein Mitmenschen zu helfen, hoffte er, daß dort für ihn uneigennützig eingetreten würde. Er mußte aber für Speis und Trank 25 Pf. zahlen und dem Sekretär für ein Darlehen von 3 M. seine Ihr in Pfand lassen. Dies Vorkommnis überzeugte ihn davon, daß zwischen Taten und Worten barmherziger Liebe eine breite Kluft bestehe. Er entschloß sich, aus der Landeskirche auszutreten und teilte diesen Entschluß und seine Ansicht über Be- tätigung christlicher Nächstenliebe dem Hamburger Verein mit. Darauf erhielt er folgende Antwort von dem dortigen Verbands- sekretär: Hamburg  , 17. September 1006. Ich erhielt Ihr Schreiben und erwidere Ihnen daraufhin fol- gendes: Sie werden sich wohl erinnern, wie dankbar Sie sich äußerten, als ich persönlich nicht unser Verein Ihnen in Ihrer Not das Reisegeld nach Lübeck  , wo Sie nach Ihrer Angabe eine Stelle an- treten konnten, auslegte, obwohl es mir fast nicht möglich war. Ich lasse mich grundsätzlich nicht darauf ein, und tat es bei Ihnen nur auf Ihre Angabe hin. daß Sie Ihre Uhr, das einzige Erbstück Ihres Vaters, nicht gern ins Leihhaus tragen möchten. Daß ich richtig getan, die Hinterlassung einer Sicherheit, die Sie mir übrigens, wenn ich mich recht erinnere, selbst anboten, zu ver- langen, beweist mir Ihr Schreiben. Ich weiß aufs allerbestimmteste, daß ich ohne dies weder eine Silbe mehr von Ihnen gehört, noch einen Pfennig von meinem Gelde zu sehen bekommen hätte. Ich wartete bis heute auf die Zusendung des Geldes um Ihnen Ihr Eigentum zurückgeben zu können. Die Uhr steht auch ferner- hin gegen Einsendung des Ihnen geliehenen Betrags von 3 M. nebst 0,40 M. für Porto  (eingeschriebene Sendung der Uhr) zu- sammcn 3,40 M. zu Ihrer Verfügung, und es wäre mir sehr lieb, mein Geld bald zu bekommen. Auf Ihre anderen törichten Aeußerungen kann ich mich nicht einlassen. Nur möchte ich Ihnen raten, werden Sie ein ehrlicher, fleißiger und frommer Mensch» dann werden Sie nicht mehr in solche Notlagen kommen. Mit gutgemeintein Gruß Immanuel Kiefner, Adresse: Hamburg  , Esplanade 12." Hus Induftne und ftondcl. Einnahmen der deutschen   Eisenbahnen. Die Einnahmen der Eisenbahnen pro September belaufen sich auf 69 200 444 M. aus dem Personenverkehr und auf 130 183 569 M. aus dem Güterverkehr. Gegen September 1906 ist das ein Mehr von 3 630 870 respektive 6 294 193 M. Dividenden. Berliner   A.-G. für Eisengießerei und Maschinen- fabrik(Freund) Charlottenburg  . Der Aufsichtsrat beschloß, die Ver- teilung einer Dividende von 14 Proz. gegen 12 Proz. im Vorjahre zur Verteilung zu bringen. Von 9 aus 12 Proz. stieg die Dividende der Chamottesabrik A.-G. Gleiwitz. Die Warsteiner Gruben- und Hüttenwerke, die im vorigen Jahre 6 Proz. ausschütteten, geben dies- mal 12 Proz. Diskonterhöhung. Die Bank von England   setzte den Diskont von 6 auf 6 Proz. hinauf. Verurteilung des Oel-Trustes. Nach 32stüildiger Beratung fällte in der Klagesachc des Staates Ohio   gegen die Standard Oil Com- pany die Jury ihren Spruch; danach wird die Gesellschaft für schuldig befunden, seit dem 6. Juli 1903 in strafbarer Weise bestrebt gewesen zu sein, die Handelsfreiheit zu beschränken. Nach dem Gesetz von Ohio   stellt die Geschäftstätigkeit eines jeden Tages eine besondere Gesetzesverletzung dar, die einer Geldstrafe bis zu 6000 Dollar unter- warfen ist. Die Klage gegen John D. Rockefeller   persönlich wird so lange zurückgestellt werden, bis das Ergebnis der in dem oben er- wähnten Klagefall bei den höheren Gerichten eingelegten Berufmig vorliegt._ Textilindustrie in Indien  . Im August 1901 erklärte der Vorsteher der Kunstgewerbeschule  in Kalkutta   in einem Bericht, daß die Zahl der Spindeln in Indien  wohl zunehme, denn es gab in Indien   1888 bis 1889 26 Baum- wollenfabriken mit 7819 Webstühlen, 162 667 Spindeln und 69 722 Arbeitern, 1897 bis 1898 aber schon 34 Fabriken mit 13 616 Web- stählen, 274 907 Spindeln und 95 930 Arbeitern, aber die alte indische Kunstweberei sehr im Niedergange begriffen sei. Das liege wohl hauptsächlich daran, daß die englischen Unternehmer ihr Streben und ihre Aufmerksamkeit darauf richteten, nach curopä- ischem Muster zu produzieren und mit den englischen Webereien zu konkurrieren. Aber mit ihren alten indischen Webstühlen könnten die indischen Weber natürlich nicht solche Mengen Ware liefern, wie die englischen Weber mit ihren vervollkommneten mechanischen Webstühlen. Unter diesem Streben gehe natürlich die indische Kunstweberei zurück. Es sei ein großer Fehler gewesen, den geschickten indischen Handweber in einen Fabrikarbeiter um- zuwandeln. Die indischen Weber könnten wohl mit ihren Web- stählen wirkliche Kunstwerke schaffen, aber nicht in Hast solche Mengen produzieren, wie die englischen Weber. Wenn es nur ge- länge, ihre Handwebstühle so weit zu vervollkommnen, daß die Pro- duktivität der Weber um 16 Proz. gehoben werde, so würde dies den indischen Webern ermöglichen, einen großen Teil ihrer früheren Stellung am Weltmarkt wieder zu gewinnen. Mann würde dann statt auf europäischer Fabrikationsbasis auf streng indischer Basis das Wiederaufleben der alten indischen Kunstweberei erzielen und Kapitalist und Arbeiter würden sich dabei besser stehen. Es hat indes den indischen Wcbereibesitzern nicht beliebt, diesen Weg zu gehen. Sic haben vorgezogen, bei ihrer neueuropäischen Produktion und Produktionsweise zu bleiben, um mit den englischen Fabriken zu konkurrieren: sie haben dazu die Arbeitslöhne herabgesetzt und die Arbeitszeit verlängert, und die geduldigen indischen Paria haben ähnlich wie seinerzeit die schlesischen Handwcber lange diesen elenden Zustand ertragen und darunter gelitten; aber schließlich haben sie doch eingesehen, daß, wenn die Hungerlöhne noch weiter sinken und die 14- bis 16stündige Arbeitszeit noch weiter verlängert wird, sie zugrunde gehen müssen. Sie haben daher in Massen- Petitionen an die englische Regierung um gesetzliche Herabsetzung der Arbeitszeit petitioniert. Ueber die Aussichten dieser Petitionen teilt der deutsche Generalkonsul in Kalkutta   in seinem letzten Be- richte mit, daß es den Anschein habe, als ob die Regierung ernstlich entschlossen sei, in bezug auf die Dauer der Arbeit in den indischen Baumwollenfabriken gesetzlich einzugreifen und den unzweifelhaft eingerissenen Mißbräuchen zu steuern. Es gebe Fabrikleiter, denen eine solche Begrenzung der Arbeitsstunden genehm wäre, jedoch nur von dem Gesichtspunkt aus, daß der gegenseitigen Konkurrenz der indischen Fabriken untereinander Schranken auferlegt würden. Auf der anderen Seite bestehe aber die Gefahr, daß Lancafhire durch allzu scharfe Maßregeln vor den indischen Fabrikanten einen Vorsprung gewinnen würde, der den wirtschaftlichen Interessen der letzteren verderblich werden und auch der Agitation gegen die Politik des Mutterlandes neue Nahrung zuführen würde. Der indische Baumwollenspinnereibesitzer führe gegen die Klagen über die übertriebene(l) Dauer der Arbeitszeit unter anderem das Argument ins Feld, daß der indische Arbeiter weit weniger leistungsfähig sei als der englische, und daß dem indischen Fabrik- besitzer dasjenige, was er durch die lange Arbeitszeit und die Niedrigkeit der Löhne gewinne, wieder durch die höheren Ausgaben verloren gehe, die er infolge der Notwendigkeit zu tragen habe, eine größere Zahl von Arbeitern einzustellen. Es werden dann folgende Angaben eines indischen Sachkundigen, wahrscheinlich eine Art indischer Dr. Beumer, mitgeteilt, der berechnet hat, daß in Lancafhire auf 1000 Spindeln durchschnittlich 4.2 Arbeitskräfte kommen, während in Bombay   auf dieselbe Zahl Spindeln man un- gefähr 80 rechnen müsse, auch der indische Spinner eine größere Zahl Arbeiter brauche. Zwischen den indischen und englischen Löhnen bestehe ja ein großer Unterschied. Der Turchschnittsivochen- lohn einer Arbeitskraft in Lancafhire beträgt 26 sk 2 d, was in indischem Gelde ungefähr einen Monatslohn von 80 Rupien (1 Silberrupie ist etwas mehr als I R.) ausmacht. De. indische Arbeiter erhalte jedoch nur 18 Rupien. Bei dieser Berechnung ist das gesamte Personal, höheres und niederes, eingeschlossen. Halte man beide Angaben zusammen, so komme in Indien   eine Ausgabe von 390 Rupien, in England eine solche von 336 Rupien auf 1000 Spindeln, also seien in England die Lohnkosten pro 1000 Spindeln um 64 Rupien niedriger. Daß alle diese Berechnungen sehr trügerisch sind, bedarf Wohl keiner längeren Darlegung, und der englischen   Regierung wird es hoffentlich nicht unbekannt sein, daß bei Verkürzung überlanger Arbeitszeit die Menge der geleisteten Arbeit nicht weniger wird und auch meist von besserer Qualität ist, weil dann der Arbeiter leistungsfähiger ist, ebenso bei besserer Ernährung, daß also die indischen Webereibesitzer sehr im Irrtum sind, wenn sie befürchten, daß eine Verkürzung der überlangen Arbeitszeit sie�weniger kon­kurrenzfähig gegenüber den englischen Fabrikanten machen würde, namentlich wenn sie zugleich ihre Webstühle verbessern, und daß sie sich nur selbst mitschaden, wenn sie das unterlassen. Elektrischer Betrieb der Gotthardbahn  . Der Generaldirektion der Schweizerischen Bundesbahnen   wurde von feiten der Maschinenfabrik Oerlikon und den Siemens-Schnckert-Werken in Berlin   der Vor- schlag gemacht, den elektrischen Betrieb der Gotthardbahn   schon heute zu beschließen und die Studien und die Ausführung nach dem Ein- Phasensystem den genannten vereinigten Konstruktionsfirmen im Verein mit erstklassigen Bankhäusern zu übertragen in der Meinung, daß die Eröffnung des elektrischen Berriebes nicht vor dem Ueber- gang der Gotlhardbahn im Jahre 1909 an die Eidgenossenschaft statt- finden würde. Die Generaldirektion der S. B.-B. Hai die Offerte abgelehnt. Dagegen hat nun dieser Tage im Einverständnis mit dem Schweizerischen Bundesrat die Regierung des Kantons Tessin   der Direktion der Gotthardbahn   die Konzession zur Aus- nützung der Wasserkräfte an der oberen Leventina erteilt zum Zwecke des clcltrischen Betriebes. Nach dem abgeschlossenen Ver- trag hat die Gotthardbahn   das Recht, die in jener Gegend vorhandenen Wafferkräftein möglichst wirtschaftlicher Weise auszunutzen". Die Konzessionsdauer ist vorläufig auf 60 Jahre angesetzt. Jedoch wurde bereits festgestellt, daß nach Ablauf dieser Frist einer Erneuerung der Konzession' keine Schwierigkeilen sollen in den Weg gelegt werden dürfen. Als Gegenleistung für die ihr erteilte Konzession entrichtet die Gotthardbahn an den Kanton Tessin  eine einmalige Gebühr von 300 000 Frank sowie einen jährlichen Wasserzins von 96 000 Frank. Daß nunmehr mit dem elektrischen Betriebe der Gotthardbahn Ernst gemacht werden wird, ist als Folge dessen zu betrachten, daß der elektrische Betrieb der Simplonbahn sich störungsfrei vollzieht. Auch die dritte große schweizerische Alpenbahn Bern Lötschberg Simplon  , mit deren Bau in den letzten Tagen begonnen wurde, wird wie die Simplonbahn gleich von Anfang an für den eleltrischen Betrieb eingerichret. Die Herstellungskosten letzterer Bahn, die bis zum Jahre 1912 fertig ge- baut sein soll, sind auf 83 Millionen Frank veranschlagt. Hus der frauenbewcgunöf» Für die Frauen des Kreises Trltow-Becskow fand am Donnerstag in Tempelhof   eine Versammlung statt, in der Frau B ä u m l e r Bericht über die Mannheimer   Frauenkonferenz erstaitetc. Genossin B ä u m l e r gab eine referierende Darstellung der Verhandlungen und sprach sich dahin aus, daß die Genossinnen mit dem Verlauf der Konferenz zufrieden sein können. Nur eines bedauerte die Redneriii, nämlich, daß nicht die Zeit vorhanden war, um über das Referat der Genossin Z i e tz, die Landarbeiterinnen  - frage betreffend, zu diskutieren. Ein kürzeres Referat amd   eine gründliche Diskusston würde für die Genossinnen, welche auf dem Lande agitteren, nutzbringender gewesen sein wie ein langes Referat ohne Diskussion. Frau Jeetze, die in der Diskussion das Wort nahm, stimmte in dieser Hinsicht der Vorrednerin zu und übte auch sonst noch in manchen Punkten, die weniger die Verhandlungen als vielmehr äußerliche Nebensächlichkeiten betrafen. Kritik an der Konferenz. Zur Erörterung der Dienftbotenfrage auf der Frauenkonferenz meinte die Redner, n unter anderem, von den Parteigenossen, welche in der Lage sind, sich ein Dienstmädchen zu halten, müsse gefordert werden, daß sie dasselbe nicht unter die Gesindcordnung stellen, und in den Kreisen unserer Partei müsse dahin gewirkt werden, daß die Arbeiter ihre Kinder nicht in Dienst geben. Die folgende Diskussionsrednerin, Frau Thiel, widersprach der Kritik, welche die Vorrcdnerin an Aeußerlichkeiten der Frauen- konfevenz übte. Hieraus gab Frau Thiel einen kurzen Bericht von der Part«. konferenz für die Provinz Brandenburg  ... Inzwischen war für das Lokal, in dem die Ver,ammlung tagte. die Polizeistunde herangekommen und nach der in Tcmpelhof Herr- schenden Polizeipraxis müssen zu dieser Zeit auch die Versamm- lungen geschlossen werden. Das nennt man in Preußen Ver- sammlungssreiheit. Vermischtes. Eine schwere Eisenbahnkatastrophe. Bei der Station Oka der Bahn Moskau Kursk ereignet» sich vor kurzem eine Eisenbahnkatastrophe, welche die ersten Meldungen als unbedeutend bezeichneten; heute melden dagegen die Blätter aus Moskau  , daß mindestens 100 Personen bei dem Unglücksfall ihre» Tod gefunden hätten. Gasexplosion. Am Donnerstagabend 10 Uhr erfolgte auf der Gasanstalt in R i p e n(Dänemark  ) eine heftige Explosion, durch die fast sämtliche Gebäude in Trümmer gelegt wurden. Die Erplosion ist vermutlich durch Aiihänfung von Knallgas verursacht worden. Menschen sind nicht zu Schaden gekommen. Alle Fensterscheiben der Umgebung und des Bahnhofs sind zerstört. Heute ist die Stadt ohne GaS und teil- weife auch ohne Waffer, da auch die Wasserwerke beschädigt worden sind. Im Unterseeboot ringcschlosseu. Die Rettnngsarbeiten der Taucher an dem bei Bizerta   unter- gegangenen Unterseeboot wurden gestern bis spät abends fortgesetzt, jedoch ohne Erfolg. Es gelang zwar zwei Tauchern. b,S an das Unterseeboot heranzukoinnien, aber auf ihr Klopsen an die Schiffs- wand erhielten sie kcine Anwort, so daß die Verinutting sich zu be- stätigen scheint, daß niemand von der Besatzimg mehr am Leben ist. Man will imiimehr versuchen, zwei starke Kette» unter das Boot zu legen und es an diesen in die Höhe zu heben. Man hofft, daß die beiden zu diesem Zwecke angelangten Hebevorrichtungen ausreichen. Das Unterseeboot hat während der Zeit, wo es in La Rochelle   in Dienst gestellt war, mehr als 260 Tnuchvetsuche unternommen, die sämtlich einen guten Ausgang genommen hatten. Ein liebevoller Gatte. Wie aus Budapest   gemeldet wird, verhastete auf Antrag des Staatsanwalts die Polizei den 32jShrigen Minifterialbeamten Karl Filipp, der beschuldigt wird, seine Frau zu Tode geprügelt zu haben. Ein schwerer Zyklon. Aus dem Osten von Florida   kommen Meldungen über einen schweren Zyklon. Ein Telegramm auS Atlanta  berichtet, daß die lelegraphischen Verbindungen mit Florida   unter« krochen sind. In dem Augenblicke, wo das letzte Telegramm ab« gesandt wurde, befand sich daS Telegraphenamt bereits zwei Fuß unter Wasser. Im flüssigen Eisen. Auf einem großen Hüttenwerk in Dort- mund kam ein Obermeister, der erst vor kurzent seine Stellung cm- getteten hatte, beim Abstrich stüssigc» Eisens aus dem Hochofen so unglücklich zu Fall, daß er dirett in die glühende Masse fiel und so« fort zur lli'kenntlichkcit verbrannte.