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Mr. 268.

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9. Jahrg.

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Berliner   Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Willkommen

sum Parteitag.

Zum dritten Male seit der Aufhebung des Sozialisten­gefeges treten die Genossen zum Parteitag zusammen. Der legte Parteitag gab den Zielen der Partei ein der prak tischen und wissenschaftlichen Entwickelung unserer Ideen angemessenes Programm. In diesen Zielen herrscht kein miespalt und fein Kampf unter den Genossen. Aber der Wege zu dem gemeinsamen Biele giebt es gar viele, und über die Fragen der Taktik entscheiden mannigfaltige Um­ftände und Erwägungen.

Dienstag, den 15. November 1892.

entgegen. Möge nur nie auf demselben vergessen werden, was das Gemeinsame für alle Parteigenossen sein muß, der Geift der Brüderlichkeit, der seinen Ausdruck in den Worten des Arbeiterliedes findet:

Uns bindet die Liebe, uns bindet die Noth, Bu fämpfen für Freiheit und Brot. Und somit Glückauf zum Parteitage!

Die Denkschrift"

zur Miquel'schen Stenerreform.

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Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

gleichmäßigen und regelmäßigen Ausnutzung der Güter­quellen, welche die Annahme annähernd gleicher Durchschnitts erträge ermöglicht, ist gegenwärtig eine... verschiedenartige, von der Intelligenz, der Kapitalkraft, den Verkehrs- und Absazverhältnissen u. s. w. abhängige produttive Verwerthung der Güterquellen getreten..." So die Miquel'sche Dent­schrift. Aus diesen Sägen zieht sie mit den Schluß, daß sich die persönliche Leistungsfähigkeit" des Bürgers als Steuerzahlers im Einkommen ausdrückt, daß also in erster Linie die bereits reformirte Einkommensteuer, welche den Haupttheil der Steuern von der breiten Maffe des Volkes einzieht, das Geld für den Staat zu schaffen habe, und daß erst in zweiter Linie eine mäßige" Vermögens. steuer  

das Fehlende für den Staat, sowie Grund- und

Gebäudest euern das Nöthige für die Gemeinden zu Damit aber Grund- und Gebäude beschaffen hätten.

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bisher verfolgten Weg und auf die Fortschritte, welche die Bewegung gemacht hat. Er wird entscheiden, ob dieser Weg In diesen Tagen müßte man sich jedes Mitglied des beizubehalten, er wird prüfen, ob und welche Fehler die Preußischen Abgeordnetenhauses eigentlich folgendermaßen besiger auch in den Gemeinden beileibe nicht zu schwer Partei oder deren Organe zu vermeiden haben, ob vorstellen: eingeschlossen in die Studirstube, nicht zu haben belastet" werden, trotzdem ihnen eingestandenermaßen fast die Organisation und die Kampfesweise einer Aen- für Familie und Freunde, bis spät in die Nacht bei der alle Vortheile der Gemeindeverwaltung allein als baarer derung bedürfen. Je stärker unsere Partei ist, stillen Lampe Schein" lesend und arbeitend an einem Riesen- Profit in den Schooß fallen, bleiben selbst in den Ge­Defto mannigfaltiger werden auch die aufeinander plagenden werk, das in mächtigen Bänden auf dem Studirtische liegt meinden die Zuschläge zur Einkommensteuer, sowie indirekte Gedanken, Anschauungen, Empfindungen und Stimmungen den neuen Miquel'schen Steuervorlagen, die in Großfolio Abgaben auf Nahrungs- und Genußmittel in breitem Aus­fein. Wir sind eine Rampfespartei, eine revolutionäre, wir zusammen ungefähr 700, schreibe fiebenhundert Seiten um- maße erhalten. Das ist die Riesen- Steuerreform, zu deren find grundsägliche Gegner der bestehenden Gesellschaft. Ener- fassen. So mußte man sich die hochwohlweisen Bourgeois allgemeiner Aupreisung Herr Miquel eine Dentfchrift" als gische Kraft und furchtloser Wille müssen sich vereinen mit des Preußischen Abgeordnetenhauses   eigentlich vorstellen Vorrede zu den speziellen Gesetzentwürfen allein braucht! flarer ungetrübter Ueberlegung. Eins geht nicht ohne das und daneben befürchten, daß beim Beginn der Steuer- Die sozialpolitische Weisheit dieses Schröpfsystems wird andere. Wo ist aber das richtige Maß zu finden, daß der debatten am 18. November das halbe Haus blaue denn auch in der Denkschrift" so gepriesen, daß man ruhig entschlossene Wille ohne Ueberlegung sich nicht dem Ver- Brillen trüge vor seinen angegriffenen Augen wenn sagen kann der begabteste Byzantiner vermag nichts derben preisgiebt, oder daß die vorsichtige, weitblickende die Mitglieder des Preußischen Abgeordnetenhauses nicht mehr hinzuzufügen. Heberlegung nicht die Thatkraft und den Kampfesmuth lähmt? so kluge Männer wären und die Geschichte mit den 700 Folio- Und was ist des Pudels Kern? Ja, mit einigen Miß­Beides find gleich große Gefahren, und je nach Temperament feiten nicht sofort richtig begriffen hätten. Mit der Ver- bräuchen des elendeſten aller Steuersysteme, wie wir es find die einzelnen Genossen der einen mehr als der anderen theilung dieses Riesenwerkes an die Abgeordneten hat Herr früher in Preußen hatten, räumte Herr Miquel auf und ausgesetzt. Auch die Stimmung der Genossen wird Miquel gewartet bis zum 9. November; das bringt so die wird noch aufräumen. Die Einschäzung zur Einkommen­ur Geltung kommen, Wir sind nicht nur eine um die bureaukratische Geheimnißkrämerei mit sich. Und nun steuer hat er, freilich nicht der Gerechtigkeit, sondern dem höchsten Ziele kämpfende Partei, wir sind auch die warten die Herren Abgeordneten verständnißinnig ebenfalls, bis Fistus zu Liebe, weniger unvollkommen gestaltet, und Nehn­Bartei der Nothleidenden. Wir sind die Verkörperung der die Sache an sie herankommt. Es fällt der Mehrzahl von liches wird er auch bei den anderen Steuerarten durch­Millionen Proletarier, die Tag für Tag, und Stunde für ihnen gar nicht ein, sich die Augen zu verderben, und Herr führen. Nach der 1. Aulage zur vorliegenden Denkschrift Stunde allen Entbehrungen, allem Glend, aller Aus- Miquel erwartet es gar nicht von ihnen. Beide wissen: rühren 31,1 Millionen Steuermehr von der besseren" Ein­beutung, aller Verfolgung, aller Berachtung ausgesetzt sind. im Hauptpunkte, in der Wahrung des bürgerlichen Geld- schäßung der preußischen Steuerzahler durch das schon Rann es da Wunder nehmen, wenn in der Brust so manches interesses verstehen wir uns ja doch". Die 700 Folio- reformirte Einkommensteuer- Gesetz hier. Aber die sozialpoli Genossen ein Grimm sich ansammelt, der sich sofort Luft seiten sind Sand in die Augen der Welt Welt und tische Weisheit seiner Steuerreform sollte doch Herr Miquel zu arg in eigenen Denkschriften", wie machen und blindlings seine Dränger von sich abwälzen Futter für ein paar Quertreiber, wie Eugen Richter  ; nicht gar zu arg in möchte? das übrige macht sich im parlamentarischen Tausch- die vorliegende eine ist, herausstreichen. Die wenigen Worte, " Bu viel des Hohns, zu viel der Schmach wird täglich handel. Uebrigens versäumen die Herren auch wirklich nicht die oben zitirt wurden, geben einen rührenden Begriff von uns geboten." viel. Der Text ftrott von einer trostlosen Gedankenöde, der anscheinenden Kindlichkeit dieser Sozialpolitik, die in Auch dieser angesammelte Grimm hat seine Berech und die Gemeinpläße sind in ihm bis zur Unendlichkeit Wahrheit schlaue Berechnung ist. Da marschiren Intelligenz" tigung, auch ihn hat die ruhige Ueberlegung in seine Bes breit getreten. Es gehört ein gutes Stück Ueberwindung und Kapitalkraft" als gleichwerthige Faktoren im heutigen technung zu ziehen, wenn sie sich auch nicht von ihm fort bazu, dem endlosen Gehaspel zu folgen. Das soll heute an dem Juhalt des ersten Bandes, der Denkschrift" über Nicht der Haß gegen die Gegner allein darf das die gesammte Steuerreform Miquel'scher Mache nachge das hohe Biel, das wir anstreben, die Befreiung der Bindemittel fein, sondern vor allem die Begeisterung für wiesen werden. ,, Ein den Anforderungen der Gerechtigkeit und Billig Menschheit. feit entsprechendes System der direkten Staatssteuern läßt Welchen Gang auch die Berathungen des Parteitages sich nur auf der Grundlage der persönlichen Leistungs­nehmen mögen, wir sehen ihnen mit Hoffnung und Vertrauen fähigkeit aufbauen... An die Stelle der früheren einfachen,

reißen läßt.

Feuilleton.

Rachorua verboten.)

Bel- Ami. Roman  

von Guy de Maupassant  .

V.

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ob man in den Alleen des Bois als Kutscher oder als Herr die Zügel in der Hand hat.

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Wirthschaftsverkehr auf, da wird das augenblickliche Ein­fommen als Maßstab der steuerlichen Leistungsfähigkeit" genommen und mit diesen, der sozialen Wirklichkeit Hohn sprechenden Begriffen wird dann so operirt, daß die schöne, für die Besitzenden so schöne Steuervertheilung heraus­fommt, die oben erwähnt wurde. Seit wann bestimmt das augen­blickliche Einkommen, ob der Einzelne leistungsfähig" inner­halb der kapitalistischen   Geldwirthschaft ist oder nicht? Seit

Duron trat ein. Das Zimmer war recht groß, aber es befanden sich nur wenig Möbel darin, und es sah unordentlich Besonders demüthigte es ihn, daß ihm die Thüren der in ihm aus. An den Wänden ftanden alte, abgenutzte vornehmen Welt verschlossen blieben, daß es ihm an Be- Sessel, so wie sie das Dienstmädchen nach seinem Geschmack ziehungen fehlte, um als Gbenbürtiger behandelt zu werden, hingestellt hatte. Die sorgliche Hand der Hausfrau fehlte. und daß er mit Damen nicht vertraut wurde. Nur einige bekannte An den Wänden hingen an ungleichen Schnüren vier Schauspielerinnen hatten ihn schon ein paar Mal mit theil- armselige Gemälde; sie stellten ein Boot auf einem Fluß, nehmender Vertraulichkeit aufgenommen. ein Schiff auf dem Meere, eine Mühle in der Ebene und

Uebrigens wußte er aus Erfahrung, daß sich die Weiber, einen Holzhauer im Walde vor; und alle vier hingen schief. mochten es nun Damen oder Komödiantinnen sein, auffällig Man ahnte, daß nachlässige oder gleichgiltige Angen sie schon zu ihm hingezogen fühlten und ihm augenblicklich ihre lange so hängen ließen. Sympathie schenkten. Weil er aber die Frauen noch nicht tennen gelernt hatte, voit denen sein Schicksal hätte beein­flußt werden können, so empfand er die Ungeduld eines ge­

Zwei Monate waren verflossen, der September nahte, und das Glück, das Duroy so rasch erhofft hatte, schien ihm feine in jeder Hinsicht mittelmäßige Stellung unbequem, fesselten Renners. techt langsam zu kommen. Vor allen Dingen war ihm aber er sah feinen Weg, um jene Höhen zu erklimmen, wo Ansehen, Macht und Geld zu finden ist.

Duroy fezte sich und wartete.

Er wartete lange.

Endlich ging eine Thür auf, und Frau von Marelle trat rasch ein. Sie trug ein Morgenkleid aus japanischer. Rosa­

Seide, worauf goldene Landschaften, blaue Blumen und

Er hatte sehr oft daran gedacht, Frau Forestier einmal Silber- Vögel gestickt waren. aufzusuchen, aber der Gedanke an ihre letzte Begegnung Denken Sie nur", rief sie, ich war noch nicht auf­Er fühlte sich in den unbedeutenden Beruf eines Re- fchreckte ihn immer wieder ab und erniedrigte ihn. gestanden. Das ist aber hübsch von Ihnen, einmal zu mir porters eingeschlossen, wie eingemanert war er darin und So wollte, er wollte er denn lieber, und sei es noch so zu kommen. Ich war schon überzeugt, Sie hätten mich ganz lonnte nicht heraus. Man schäßte ihn ja, aber man lange, warten, bis ihr Gatte ihn einlud. Aber dabei war vergessen." schätzte ihn nach seiner Stellung. Selbst Forestier, dem er ihm Frau von Marelle in den Sinn gekommen, und Bergnügt reichte sie ihm beide Hände hin und Duroy, Besuch der sich in diesem Zimmer nicht erdrückt fühlte und ergriff ihn wie einen Freund duzte. ein und behandelte ihn ganz als Untergebenen, obwohl er gebeten hatte. Als er an einem Nachmittag nichts zu thun sie und füißte die eine, so, wie er es Norbert von Varenne hatte, ging er zu ihr. finden und brachte einen furzen Artikel von sich unter. Er gesagt. Buweilen wußte Duroy freilich eine Gelegenheit zu hatte sich durch seine Notizen eine gewisse Federgewandtheit

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und einen Taft angeeignet, der ihm damals, als er seinen

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weiten Artikel über Algier   geschrieben, noch gefehlt hatte

erinnerte sich, daß sie ihn um

" Ich bin immer bis drei Uhr zu Hause", hatte sie ihm Um zweieinhalb klingelte er an ihrer Thür. Sie wohnte in der Rue de Verneuil im vierten Stock. Auf das Klingeln machte ein kleines, ungekämmtes

hatte machen sehen.

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Sie bat ihn, Platz zu nehmen; dann musterte sie ihn von oben bis unten. Wie Sie sich verändert haben!" sagte fie. Sie " Sie sehen nach etwas aus. Paris   scheint Ihnen doch gut zu bekommen. Nun, was giebt es denn Neues?" Und sofort begannen sie mit einander zu plaudern, als lich von einander sympathisch berührt und merkten, wie fie das Band des Vertrauens, der Freundschaft und der Zus  

So lief er jetzt nicht mehr Gefahr, feine neuesten Nach- Dienstmädchen auf, das sich die Haube zuband, während es richten zurückgewiesen zu sehen. Aber zwischen diesen Ar- erwiderte, Ja, die Frau ist zu Haus, aber ich weiß nicht, wenn fie alte Bekannte wären. Sie fühlten sich augenblick beiten und selbständigen Plaudereien oder politischen Leit- ob sie schon aufgestanden ist." artiteln bestand ein so großer Unterschied, wie der etwa,

Sie stieß die Thür des unverschlossenen Salons auf.