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Dcutfcbes Reich. Das Mossesche Glashaus. DieP o st" und das gleichartige Scharfmachergcschmeih ignorieren selbstverständlich unsere tatsächlichen Feststellungen über die Verhältnisse in sozialdemokratischen Zeitungsbetrieben. Fest- genagelt zu werden verdient aber, daß auch das freisinnige Berliner Tageblatt" unsere Feststellungen unterschlägt und lediglich zu der Erklärung der Geschäftsinhaber und der Neunerkommission einige schnoddrige Bemerkungen macht. Daß es aber auch dabei die gröblich st cn Unterschlagungen begeht, sei im folgenden nachgewiesen.. Das Tageblatt schreibt unter anderem in seiner Polemik gegen die Erklärung der Firmeninhaber:Es existieren nämlich in allen Berliner Buchdruckereien die Institutionen der Vertrauens- leute in den einzelnen Abteilungen und der Arbeiterausschüsse." Wir geben demTageblatt" darin recht, daß in allen Berliner Druckereien die Institution der Vertrauensleute existiert. Dabei sei aber bemerkt, daß die Buchdruckerorganisation, um den Maß- regelungen der Vertrauensleute in den bürgerlichen Betrieben zu begegnen, einen besonderen Schutz derselben da- durch herbeiführen mußte, daß die Geschäfte verpflichtet wurden, den Vertrauensleuten der Buchdrucker Kündigungszeit zu- zugestehen. Aber da wir gerade bei den Vertrauensleuten sind, möchten wir dem Mosscblatt ein Vorkommnis verraten. In dem Betriebe des Herrn Rudolf Masse, der nach außen hin so sehr in Wohltätigkeit macht, streikte eines schönen Tages das ge- samtc Buchdruckpersonal, weil die Gcschäftslcitung einen Ver- trauensmann der Stercotypeurc aus dem Geschäft hinaus- bugsieren wollte. In den Kreisen der Kollegen war man der An- sicht, daß dieser Vertrauensmannfliegen" sollte, weil er gegen das Geschäft eine Klage auf Grund der Verpflichtungen aus§ 616 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angestrengt hatte. DasTageblatt" schreibt weiter:Selbstverständlich wenden sich überall die Arbeiter an die Firmeninhaber, wenn die Ge- schäftsleitung Wünsche unbefriedigt läßt." Nur hätte das Masse- blatt hinzufügen können, daß es leichter ist, zum Zaren von Ruß- land zu kommen, als daß Arbeiter des Mosscschen Betriebes zur Abstellung von Beschwerden bei Herrn Rudolf Moste eine Audienz erhalten! Einen Beweis für dasEntgegenkommen" gegenüber den Arbeitern'des M o s s e s ch e n Betriebes bietet die Tatsache, daß es in dieser Druckerei, in der die Arbeitersich an den Firmen- inhaber wenden, wenn die Gcschästsleitung Wünsche unbefriedigt läßt." es in einem Jahre, 1904, dreimal zu einem Ausstände des Personals kam, wahrscheinlich, weil man den Wünschen des Per- sonals zu weit entgegenkam! Nun behauptet dasTageblatt" aber noch:Im übrigen sind die Lohnverhältnisse imVorwärts" nicht günstiger, sie richten sich vielmehr nach dem Tarif, über den einzelne Arbeiter in anderen ebenso oft und ebenso hoch hinauskommen wie beimVor- lvärts". Verehrte Herren vomTageblatt": ImVorwärts" wird bei achtstündiger Arbeitszeit nicht wie bei Masse bei neunstündiger jeder Setzer bei seiner E i n st el l u n g mit zirka 2 Mark über den Tarif bezahlt, nicht wie bei Moste zum Tarifminimum. ImVorwärts" macht die Geschästsleitung sich nicht wie bei Masse den Staffeltarif zu nutze, der eine mindere Bezahlung jüngerer Buchdrucker zuläßt. ImVorwärts" werden die besonderen Sparten der Buchdrucker, z. B. die Korrek- toren, nicht wie bei Masse für Zeitungsnachtarbeit mit 150 rcsp. 160 M. pro Monat bezahlt, sondern erhalten bei erheblich g e- r i n g e r e r Arbeitszeit 212,50 bis 225 Mark pro Monat. Ist den Herren vomTageblatt" denn so unbekannt, daß den Schreibern im Reichsadreßbuch des Herrn Rudolf M o s s e der horrende Lohn von 2,25 Mark pro Tag gezahlt wurde? Gelüstet eS demTage- blatt" nach mehr Beweismaterial für dieschlechten" Zustände im Vorwärts"-Betriebe? Wir sind gern bereit, die Liste derWohl- taten" der Druckerei Rudolf Moste zu erweitern! Opfer des Wahlrechtskampfes. DaS nach Leipziger Muster vom Landgericht Erfurt gegen den Genostcn v. Lojewski von derTribüne" gefällte Urteil. daS auf acht Monate Gefängnis wegen angeblicher Aufreizung zu Gewalttätigkeiten lautete. ist am Montag vom Reichsgericht durch Verwerfung der Revision bestätigt worden._ Bolksbuhtag. DaS Bündler-Organ hat sich zum Bußtag vom seligen Ham- merstein eine stemerweichcnde BußtagSepistel telefunken lassen. Es heißt darin: Mahnend, dröhnend, Schauer weckend klmgen die Bußtagsglocken über das Herbstüde, nebelfahle Land, in die bangen, bebenden Herzen, in den lauten Lärm, die Hätz und Hast des Tages hinein. Ernste Ernkehr, Selbstbesinnung und Selbstprüfung, heimliche Zwiesprache init sich selbst tut der Menschcnseele not, sonderlich in unserer zerrisse- ncn und zerfahrenen, rastarmen und friede- baren, unruhvollen und mürbcmachenden Zeit. Zu solcher Gesinnungsrast gemahnt der von der Kirche geordnete Bußtag den einzelnen, die Gemeinde, das Volk. Das an der Oberfläche haftende, wurzellos gewordene Geschlecht unserer Tage mag der Buße nicht zu bedürfen wähnen: je schwächer das Bußbedürfnis wird, um so stärker wird seine Not- Ivcndigkcit für den einzelnen und für das Voll. Ein Volk, das nur hetzt und hastet, nur jagt und treibt, das sich nicht in sich selbst zu versenken und zu vertiefen vermag, das nicht über sich felbst klar werden und hinauskommen kann, ist dem Fluche der scelentötenden Unrast verfallen. Soll es gesund, stark und stete, zukunstssicher-bleiben, so braucht es einen Volksbuß- tag; und es braucht ihn um so nötiger, je mehr es zur Kritik neigt. Daß den Junkern ein Bußtag not tut, wagen wir nicht zu de- streiten. Nur sollte dieDeutsche Tages-Zeitung", um ihre Leser Ivenigstens für einen Tag vom Fluche der seelentötenden Unrast zu befreien, nicht gleich ihrer Bußtagsepistel fulminante Schärf- machcr-Notizen folgen lasten, in denen der Regierung schärfste Fehde augesagt wird, sofern sich der neue Landwirtschaftsministcr unter- stehen sollte, eineAbsckwächung des Schubes" der Landwirtschaft eintreten zu lassen! Dieheimliche Zwiesprache" mit sich selbst wird durch derartige Beute-Aengste schwerlich gefördert. Und die Deutsche Tages-Zeitung" sollte ihre Auftraggeber, die Junker, doch den einen Bußtag um so mehr auskosten lassen, als die büße- bedürftigen Brot- und Fleischwucherer doch dem Volke ein ganzes B u ß j a h r auferlegt haben._ WaS der Brot- und Fleifchwuchrr einbringt! Ein konservatives Blatt in Pommern meldet nach der -Bolks-Zeitung": Lauenburg , 16. November. Rittergutsbesitzer v. Sydow verkaufte sein an der nordöstlichen Kreisgrenze gelegenes Rittergut Bychow für den Preis von 700 000 M. an Rittergutsbesitzer Ewest- Sckönehr v. Sudow, der jetzt eine Reife nach Aegypten unternimmt. hatte Bychow vor zirka zehn Jahren für den Preis von 360 000 M. übernommen. Der etwa doppelte Wertzuwachs in zehn Jahren. der hier zum Ausdruck kom�t, konnte bei all den zahl- reichen Gutsverkäufen in der letzten Zeit festgestellt werden. Meist ivar der ideelle Wertzuwachs sogar noch ein weit größerer. Solch ein Ertraprofit von 34 000 M. pro Jahr lohnt sich doch I Freilich würde der neue Käufer furchtbar über dieRot der Land- Wirtschaft" zu zetern beginnen, falls die Auswucherung des Volkes durch die Agrarzöllnerei und den Fleischwucher angetastet würde l ..Uneigennützige" Gemeindevertreter. Das Kölner Zentrum ist durch den Ausgang des Prozesses Jilkens in arge Bedrängnis geraten und es bemüht sich gegen- wärtig, nachzuweisen, daß erstens Zilkens nicht der Ucbeltätcr ist. als den man ihn verschrien hat, daß er zweitens keine führende Rolle in der Fraktion und der Partei des Kölner Zentrums gespielt hat. daß drittens das Zentrum trotz Zilkens rein und untadelhaft dasteht. Das wenigstens war der Gedankengang des Zentrums- advokaten, dem die Aufgabe zuerteilt war. in einer Kölner Ver- sammlung seine Partei vor den unangenehmen Schlußfolgerungen zu verteidigen, denen die ultramontane Rathausmajorität im deutschen Rom" ausgesetzt ist. Man weiß es ja, und es gehört zu den unveräußerlichen Grundsätzen der auf den Vorrechten des Drei- klassenwahlsystems aufgebauten bürgerlichenSelbstverwaltung": daß hier nur uneigennützige Männer zu Amt und Würden berufen werden, die unter Hintansetzung ihres eigenen Vorteils nur auf das allgemeine Beste bedacht sind. Welche andere Rechtfertigung könnte sonst für das Dreiklassensystem mit der Ausschaltung der breiten Masse noch angeführt werden? Während sich nun das Kölner Zentrum dagegen auf das äußerste verwahrt, daß in seinen Reihen irgendwelcher Amts- mißbrauch, irgendwelcher Klüngel getrieben oder geduldet werden könnte, bringt gerade ein Zentrumsblatt den Nachweis, daß in den Selbstverwaltungskörpern der scheußlichste und gemeingefährlichste Klüngel getrieben wird von denen, die zur Wahrnehmung des all- gemeinen Interesses berufen sind. DieTrierische Landeszeitung", das Blatt des Herrn Dasbach, brachte vor kurzem einen Artikel mit dem Titel: Ihr habt es ja in Eurer Gewalt", worin die Landleute ermahnt wurden, sie möchten, statt über ihnen verkehrt erscheinende Maß- nahmen der Verwaltung zu jammern, sich tüchtige Vertreter in die Selbstverwaltungskörpcr hineinwählen. Auf diesen Artikel erhält nun dieTrierische Landeszeitung" eine Zuschrift von einem Freunde des Volkes" an der unteren Mosel, der erklärt, daß jener Artikelden Kern der Sache getroffen und den Finger auf eine Wunde in unserem Volksleben gelegt hat, deren Heilung schon früher hätte versucht werden sollen." Tann heißt es: Insbesondere entspricht der Hinweis, daß in den einzelnen Dörfern und Bürgermeistereien vielfach kleine und klein- lichste, ja selb st armselig st e Interessen-, Fa- milien- und Kirchturmspolitik getrieben werde, voll- ständig den Tatsachen, die ich durch vieljährige Beobachtungen bei dem Landvolke festgestellt habe." Der Verfasser der Zuschrift gibt nun Ratschläge, wie dem ab- zuhelfen sei: man solle selbständige Männer in den Selbst- Verwaltungskörper hineinwählen, nicht Leute, die finanziell oder verwandtschaftlich abhängig seien von einer Gemeindeclique; sodann verständige Männer mit einer Schulbildung, daß sie wenigstens eine Gemeinderechnung oder einen Gemeindchaushaltsplan ver- stehen; endlich uneigennützige Männer. Bezüglich der U n e i g e n- nützi gleit meint der Verfasser der Zuschrift: Wie viel unsauberes Ma t e r i a l könnte ich selbst aus meinen Erfahrungen zur Verfügung stellen. Es gibt unter denen, die in diesen Selbstverwaltungskörpern sitzen, solche, die keine Ahnung zu haben scheinen vom all- gemeinen Gemeindewohle, die nur sich, ihre Ehre, ihren Nutzen, ibre Familie, ihr Interesse im Auge haben; der christliche Gemeinsinn fehlt ihnen, und sie wirtschaften in der Gemeinde herum in einer Weise, die oft baarsträubend ist. Sie haben die Macht, und sie tyrannisieren die Gemeinde viel schlimmer als üe selbst einem Bürgermeister oder einem Landrat vielleicht nicht müde werden es vorzuwerfen... Die Uneigennützig- keit fehlt ihnen vollständig. Der Wabrheit die Ehre." So das Trierer Zentrumsblatt über das Wirken der durch das Dreiklassenwahlsystem zur Gemeindevertretung Berufenen. Es ist hier die Rede von den Verhältnissen auf dem Lande und den kleinen Orten. Aber wer wollte behaupten, daß es in den größeren Orten mit der Uneigennützigkeit der Gemeindevertretcr besser bc- stellt sei! Herrscht doch, wie speziell das Zentrum zu versichern nicht müde wird, auf dem Lande noch die gute alte Sitte, Treue und Biederkeit zum Unterschied von den Städten, wo die Gewinn- und Erwerbssucht den Menschen befallen und verdorben hat. Wie mag's also mit derUneigennützigkeit" der Gemeindevertretcr in den Städten und Großstädten aussehen? Liignerpack.Staatsbürger- Zeitung" undReich" fügen ihrem bisherigen Schwindel die neue Lüge hinzu, daß der Leiter der Vor- wärtsdruckerei, Genosse Fischer, nicht gewerkschaftlich organisiert gewesen sei, als er noch Gehülse war. Auf dem Jenaer Parteitag bat Fischer vergl. Seite 273 des Jenaer Protokolls diese Legende bereits zerstört. Tut nichts es wird weiter ge- logen!_ Ein rechtskundiger Oberlanbesgerichtspräsident. Genosse Kuhn, ein eifriger tätiger Anhänger unserer Partei, lvar längere Zeit bei einem Gerichtsvollzieher in ivi ü l b a u s e n i. E. zu dessen Zufriedenheit beschäftigt. Eines Tages erhielt der Ar- beigeber Kuhns eine Verfügung des Oberlandesgerichtspräsidenten von Colmar als vorgesetzte Behörde, unserem Genossen zu eröffnen, daß er sich jeder agitatorischen Tätigkeit zu enthalten habe, widrigenfalls die Lösung des Dien st Verhältnisses erfolgen müsse. Kuhn ver- mochte ein solches Recht des Oberlandesgerichtspräsidenten nicht cm- zuerkennen und sprach ihm in einem offenen Briefe dies Recht ab. Drei Tage daraus wurde er auf Befehl der vorgesetzten Behörde so- fort, ohne Kündigung entlassen. Da ihm auch sein Gehalt nicht aus- bezahlt wurde, klagte er gegen den Gerichtsvollzieher auf einen Monatsgehalt als Entschädigung. Das Gerickt erkannte die For- derung als berechtigt an und verurteilte den Verklagten, die For- derung zu bezahlen. In der Urteilsbegründung wurde ausgeführt, daß die Betätigung als Sozialdemokrat gesetzlich nicht verboten und dies auch kein Mangel an� Rücksicht dem Arbeitgeber gegenüber sei. Die Erledigung der Dienstvilichten und die Führung Kuhns habe nicht den voni Gesetz verlangten wichtigen Grund gegeben, um ihn plötzlich zu entlassen. Der Beklagte hätte das Reckü gehabt, seinen Ange st eilten wegen seiner politischen An- sichten zu entlassen, aber es mußte geschehen mit Bc- achtung der gesetzlichen Kündigungsfrist. Ehristlich-sozial-nationale Idiotie. Weder beim körperlichen noch im politischen Kampfe macht cS einem Freude, wenn die physische oder die. geistige Minderwertigkeit des Gegners dermaßen in die Augen springt, daß man es sich nicht zum Ruhme anrechnen kann, den verächtlichen Widersacher nieder- gezwungen zu haben. MitGegnern" solchen Schlages hatten und haben unsere Parteigenossen nur zu häufig zu tun. Aber mit einer so idiotischen Gesellschaft sind sie doch wohl kaum jemals zusammengeraten wie unsere Berliner Genossen, gegen die ein christlich-sozial-nationales Bäckerhalbdutzend" jetzt bei den Wahlmännerwahlen zum preußischen Landtage denKampf" aufnehmen zu müssen wähnte. Den Wählern zweiter Klasse, die am 7. d. M. einem unserer Wahlmänner ihre Stimme gaben, wurde folgender Schreibcbrief ins Haus geschickt.(DieUnstimmigkeiten" sachlicher, grammati- kalischer und anderer Natur fallen dem christlich-sozial-nationalen Stilkünstler zur Last.) -Berlin dl. 28, den 15. November 1906. Graunstraße 35. Sehr geehrter Herr.......! Bei der Landtagswahl am 7. d. M. haben Sie Ihre Stimme für die sozialdemokratischen Wahlmänner abgegeben. Dieser er- hielt 18, der christlichsoziale Arbeiterkandidat(nationaler Kandi- dat) 12 und für den Freisinn wurden g Stimmen abgegeben. Als Arbeitcrfreund bedauere ich sehr, daß Sic, geehrter Herr, wie so viele unserer lieben Freunde sich dem Zwange und Terrorismus fügen und für eine Partei stimmen, von deren Führer nimmer eine Besserung der Lage der Arbeiter zu er- boffen ist, solange Juden und vom jüdischen Geist angefressene Deutsche sogenannte Mammonsvertreter als Führer von der Partei förmlich angebetet werden. Einige Führer derselben nur meinen es ehrlich mit der Partei der Arbeiter! Das sehen Sie daran, wie die Führer nur allein gegen Fleischwucher, nicht aber gegen Kohlen- und Börsen Wucher ihre Stimme erheben!! Jeder mutz sich fügen!! wer sich nicht fügt, der fliegt!? wie die wirklichen Arbeiter-Vertreter und früheren Vorwärts- Redakteure geflogen sind! Was Wersen sich die Führer gegenseitig vor?? Was lehrt Ihnen der Streit zwischen Vorwärts und Möhring?? Solche Herren sind keine Arbeiterführer, die den Grundsatz huldigen: Und willst Du nicht mein Bruder sein, so schlag ich Dir den Schädel ein."!! Nur allein die christl. soziale Arbeiterpartei ist imstande, die Arbeiter-Jnteressen zu vertreten und vertritt sie auch energisch mit Erfolg. Hochachtungsvoll Das christl. soziale nationale Walkomite, Im Auftrage: A. Lönnig. Etwas Trottelhafteres ist uns noch nie in irgend einem Wahl- kämpfe begegnet. Ein wahres Glück, daß Vorkommendenfalls Dalldorf von der Graunstraße aus ziemlich schnell zu erreichen ist! Zum südwestafrikanischc» Nachtragsetat macht dieGermania " allerhand interessante Glossen. Die Etatüberschreitung von rund 30 Millionen, so führt sie aus, entspreche wahrscheinlich nicht einmal der wirklichen Höhe der Unterbilanz. Weitere 20 Millionen Defizit habe man wahrscheinlich in das Etatsjahr 1905/1906zurück- d a t i e rt",um dem Reichstag nicht gleich mit einer Nach- tragsforderung von 50 Millionen zu kommen"! Das dickste Ende kommt freilich noch nach in Gestalt der An- forderungen für das Etatsjahr 1907. Unter 100 Millionen wird es auch da nicht abgehen! Das wären dann zusammen weitere 150 Millionen für die herrliche Sandwüste I Wo unsere Kolouialpolitik spart! Aus Hamburg wird der Voss. Ztg." gemeldet: Infolge drahtlichen Ersuchens des Kolonial- direktors Dernburg begab sich Rechtsanwalt Dr. Levi- Altona, der im Auftrage von Akwa, dem Sohne, die Sache der Akwalcutc ver- tritt, nach Berlin , um mit Dernburg über Maßnahmen, betreffend Rechtsmittel gegen die über die Akwakeute' gefällten Urteile, zu be- raten. Dernburg teilte dabei mit, daß bei der Kolonialverwaltung nur das Urteil eingegangen ist, die Urteilsbegründung aber noch ausstehe. Unsere Kolonialverwaltung wirft skrupellos das Geld hundert- millionenweise zum Fenster hinaus nur da, wo es sich um den Schutz der Eingeborenen handelt, knausert sie in der unver- antwortlichsten Weise. Wenn die Kameruner Verwaltung es nicht für nötig erachtete, die Regierung über einen Prozeß, der so viel Staub aufwirbelte und im Reichstag noch ein Nachspiel erleben wird, rechtzeitig zu informieren, warum forderte Herr Dernburg nicht umgehenden telegraphischen Bericht ein?! Husland. Frankreich . Die Kircheninvcnturen lverden jetzt in ganz Frankreich vor- genommen. Hier und da rüstet sich die von den Pfaffen verhetzte Bevölkerung zum Widerstand. So haben sich z. B. die Katholiken in Villelongue bei Pcrpignan in der Kirche verbarrikadiert und halten Säcke mit Schwefel bereit, die in dem Augenblicke angezündet werden sollen, wo der Finanzbeamte und der Polizeikommissar in die Kirche treten, um das Inventar aufzunehmen. In den Departements Lozöre und Puy-de-Dome hat die Regie- rung umfassende militärischeMaßnahinen getroffen. Die Soldaten werden, wieEclair" meldet, mit Melinitkapseln und Werkzeugen ausgerüstet, um die Kirchentüren, falls sie verranimelt sein sollten, sprengen zu können. Nach dem Bezirke Rochefort, wo man auf besonders leb« haften Widerstand gefaßt ist, sind drei Sonderzüge mit starken Ab« teilungen Gendarmerie, Reiterei und Fußtruppen abgegangen. Der Kriegsministcr verständigte die Korpskommandeure bezüglich der Inventaraufnahme, daß das Recht der Zivilbehörden, Truppen zu requirieren, sobald das Verlangen gestellt werde, unver- züglich anerkannt werden müsse; ferner, daß bei den zur Ver- Wendung kommenden Truppenabteilungen sich keine Offiziere und Mannschaften befinden sollen, welche Familienbeziehungen in den Ortschaften haben, in denen die Jnventuraufncchme unter militäri- schem Beistande vorgenommen wird; schließlich, daß die Truppen nur ihre regelmäßigen Waffen tragen und besonders die Dragoner niemals nur Lanzen ausgerüstet werden sollen. Paris, 20. November. In Paris wurde gestern nachmittags das Inventar in der Kirche St. Augustin ohne Zwischenfall auf- genommen. Der Geistliche weigerte sich, die Sakristei zu öffnen. Die Polizei erbrach darauf die Türe. Das Publikum, das sehr spärlich war, verhielt sich gleichgültig. Paris , 20. November. Im Departement Haute Loire werden im Laufe des heutigen TageS 153 Kirchen-Jnventarifierungen in 106 Ortschaften vorgenommen werden. Ein frommer Katholik) Paris , 20. November. (Senat.) Gaudin de Villaine inter- pelliert die Regierung über die allgemeine Politik. Er spricht sein Bedauern darüber aus, daß die Regierung es sich besonders ange- legen sein lasse, gegen die Religion zu kämpfen und wendet sich dann gegen die sozialistischen Teildenzen der Regierung. Redner wirft der Regierung vor, sie mache im Aeußern englische und im Innern crnti- katholische Politik. Es sei zu bedauern, das- die Katholiken nicht den Mut hätten, auf die gegen sie gerichtete» Verfolgungen mit den Mittel» der rufst chen Terroristen zu erwidern. Redner möchte die Bestimmungen der französisckp-englischen Entente kennen lernen und sagt, diese Entente sei der Prolog zu ernsten Abenteuern- Die verbrecherische Gesetzlichkeit. .. Paris , 18. November.(Eig. Ber.) Es gibt jetzt in Paris ein merkwürdiges Vergehen. Es besieht darin, daß man das Gesetz hochleben läßt! Ein Bürger braucht nurVivo la loi!"(Es lebe das Gesetz I") zu rufen, und schon stürzen die Mannen des Polizeipräsidenten dieselben, die sich nächt- licherweile beim Nahen vonApachen" vorsichtig verziehen auf den Uebeltäter los und nehmen ihn beim Kragen.ES lebe das Gesetz!" ist ein genau so verpönter Ruf wie:Es lebe die Anarchie!" Das Gesetz aber, daS leben zu lassen ein solches Verbrechen ist, ist das Gesetz über die S o n n t a g S r u h e. Die Regierung verspricht zwar hoch und teuer, daß sie es nachdrücklich, voll, nmiachsichtig usw. anwenden wolle, vorläufig aber lassen noch Hundertc Pariser Laden- inhaber ihre Geschäfte am Sonntag offen und zwingen ihre An- gestellten, am gesetzlichen Ruhetage zu fronden. Die arbeitsfreien Angestellten aber dürfen es beileibe nicht wagen, in der Nähe der geöffneten Geschäfte zu erscheinen. Sonst werden sie als Demonstranten abgefaßt und aufs Kommissariat geschleppt. Ja sogar die freie Kolportage ist zum Nutzen der Ausbeuter konfisziert! Heute wurden die Führer der Angestellteiiorganisation verhaftet, weil sie ein Flugblatt verteilten. worin sie den Nachweis für den Gesetzesbruch der Unternehmer an- bieten. Die Verhaftung erfolgte, weil sie der überall beliebten Auf- forderung zumAuseinandergehen" nicht schnell genug Folge geleistet haben sollten. Die Verhafteten wurden übrigens bald wieder auf