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and Ehre. Wir machen einen Unterschied zwischen einer Kolonialpolitik, die zu den fremden, tiefer stehenden Völkern kommt, um sie in ehrlicher Weise zu erziehen, sie zu

Die

Sozialpolitik

lehren, die Schäze ihres Bodens für ihren und der gesamten Menschheit Vorteil zu heben ist in den Sessionen des Reichstags von 1908-1906 gar jämmerlich gefahren. Die einzige und auszunuzen, und ihnen alle Errungenschaften der Kultur in der ihrem Wesen entsprechenden große Tat", zu der die Regierungen fich aufgerafft haben, war der Gesezentwurf über Weise zuzuführen, und jener Kolonialpolitik, die auf Unterdrückung, Ausbeutung oder gar die Rechtsfähigkeit der Berufsvereine, und dieser Gesezentwurf bietet unseren Arbeitern Ausrottung der Eingeborenen abzielt, in denen wir trok ihres viel tieferen Kulturzustandes Steine statt Brot. Er ist der Ausfluß der denkbar reaktionärsten Arbeiterpolitik. Dafür zu immer noch den Menschen sehen, der menschlich behandelt werden muß. Die Kolonialskandale sorgen, daß dieser oder ein ihm ähnlicher Entwurf in den nächsten Tagungen des Reichstags und die Aufstände zeigen uns seit anderthalb Jahrzehnten, daß unsere angebliche christliche nicht Gesetz wird, ist eine der vornehmsten Aufgaben, die die deutsche Arbeiterklasse bei Zivilisationsarbeit in den Kolonien oft zu allem, was menschlich und christlich ist, im dieser Wahl durch ihre Stimmabgabe zu erfüllen hat. schreiendsten Widerspruch steht.

Ein gesetzlicher Normalarbeitstag, der Heimarbeiterschuh, die Sicherung des Koalitions­

Wir sehen endlich in den deutschen Kolonien teine Stärkung, sondern eine Schwächung rechtes, ein freies, eines Kulturstaates würdiges Vereins- und Versammlungsrecht, das endlich Deutschlands . Hat doch selbst Fürst Bülow am 14. November dieses Jahres im Reichs- auch die Landarbeiter und die Frauen als gleichberechtigt anerkennt, die Erweiterung des tage erklärt: Unsere Situation würde heute eine gesichertere und leichtere sein, als sie in Wahlrechts auf die Frauen, die Erweiterung, Vereinfachung und höhere Leistungsfähigkeit der den 80er Jahren war, wenn wir nicht inzwischen die überseeische Politik inauguriert hätten... Versicherungsgesetzgebung und vieles andere sind Forderungen, für deren Verwirklichung die Was heutzutage unsere Situation kompliziert und erschwert, das sind unsere über- Bertreter der Sozialdemokratie im künftigen Reichstage zu kämpfen haben werden. seeischen Beziehungen und Interessen. Wären wir in dieser Richtung nicht Die engagiert, wenn wir nicht in dieser Beziehung verwundbar wären, würden wir auf dem Kontinent nicht allzu viel zu fürchten haben. Dann wäre es auch leichter, als es heute ist, Reibungen und Friktionen mit England zu vermeiden."

persönliche Freiheit und die politischen Rechte der Staatsbürger, das freie Wort und die freie Ueberzeugung sind in Deutschland durchaus ungenügend geschützt. Aus­schreitungen von Polizeiorganen und ihre nicht ausreichende Sühne erregen immer neue Entrüstung. Wähler! Die Fragen, die wir bisher erörtert haben, sind aber nicht die einzigen, die Immer häufiger werden Aussprüche der Justiz, die das Volt als Klaffenurteile empfindet, weil den künftigen Reichstag beschäftigen werden. es in ihnen die Gedanken und Vorurteile der Bureaukratie und der herrschenden Klassen die Oberhand über das volkstümliche Rechtsgefühl gewinnen sieht.

Die Zoll- und Absperrungspolitik der Regierungen,

gestüßt auf eine agrarische Mehrheit des bisherigen Reichstags, hat eine nie gekannte Tenerung Soweit ungeschminkte Kritik und Anträge für die Gesetzgebung auf dem Gebiete des der Lebensmittel, insbesondere der Fleischnahrung herbeigeführt. Diese Politik wirft unseren Strafrechts, Strafprozesses, der Haftbarkeit der Beamten für ungesetzliche Handlungen diese Agrariern weit über 1000 Millionen Mark im Jahre in den Schoß auf Kosten der nichtagrarischen Verhältnisse bessern können, haben die sozialdemokratischen Vertreter im Reichstage stets ihre Bevölkerung. Diese Politik bedeutet nicht nur die Teuerung in Permanenz. Schuldigkeit getan und werden dies um so kraftvoller tun können, in je größerer Zahl sie in sie bedeutet steigende Tenerung, weil mit dem Wachstum der Bevölkerung Deutsch - den Reichstag gewählt werden. lands um ungefähr jährlich eine Million Köpfe die Lebensmittelerzeugung im Reich

Wähler Deutschlands ! Wir wissen, daß alles, was wir heute erreichen können, nur

nicht gleichen Schritt halten kann. Während so die Großagrarier Riesenprofite einheimsen, für sie der Himmel voller Geigen hängt, kehrt die Not und das Elend in Millionen Stückwerk ist gegenüber dem, was erreicht werden müßte. Wir wissen, daß eine Reform von deutscher Familien ein, werden die Fleischportionen auf den Tischen unserer Arbeiter, Klein- Grund aus eine durchgreifende Umwandlung unserer ökonomischen und politischen Zustände bürger und niederen Beamten immer kleiner, bis sie für Hunderttausende ganz verschwinden. erfordert, daß

volle Freiheit und Gleichheit der Menschen in Staat und Gesellschaft

Die ständige Unterernährung von Millionen Menschen mit allen ihren Folgen, wie Ab­nahme der Körperkräfte und der Leistungsfähigkeit, häufigere Krankheiten und frühzeitigerer die Tod, ist das Resultat. Daneben schnellen die Staats- und Gemeindebudgets durch die volle Anteilnahme an den Errungenschaften der Kultur auch für den letzten unter uns erhöhten Ausgaben für Armen- und Waisenlasten, für Kranken-, Siechen- und Gefangenen­anstalten aller Art, für die Ernährung von Heer und Marine usw. in die Höhe. Und das nur das Wert des festen Wollens und der flaren Einsicht der großen Mehrheit der Nation sein bedingt wiederum Erhöhung der Steuern. fann. Aber wir wissen auch, daß die Zustände, die heute herrschen und sich immer mehr zuspißen Aber nicht nur das Fleisch, sondern auch Brot, Butter, Eier und vor allem die Milch die werden, dank der Einsichtslosigkeit der herrschenden Klassen die Revolutionierung der Köpfe Hauptnahrung unserer Kinder haben schon erhebliche Preiserhöhungen erfahren, und bereits herbeiführen, d. h. die Einsicht und den Willen zur Umgestaltung der Gesellschaft auf finnen die Leiter agrarischer Organisationen wie sie weiter die Gunst der Umstände ausnutzen sozialistischer Grundlage schaffen. Die Not der Zeit lehrt die Menschen denken. können, um den Armen und Aermsten in Stadt und Land das Leben noch schwerer zu machen. Kommt nun gar eine große Krise, so ist das Elend der Massen nicht zu ermessen, das aus der Aufrechterhaltung unserer Agrar- und Zollpolitik ersteht.

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Im Vertrauen auf diese revolutionierenden Wirkungen der Tatsachen ziehen wir guten Mutes in den Wahlkampf. Wir fordern Euch auf, daß, so weit Eure sozialen, Eure wirtschaftlichen und Eure politischen Interessen oder Euer Jdealismus Euch auf die Seite der Sozialdemokratie nötigen- und das muß die große Mehrheit sein- Ihr Euch uns anschließt und am

Wähler! Wollt Ihr die Hungerpeitsche der großen Agrarier nicht fernerweit über Euren Häuptern und den Häuptern Eurer Familien geschwungen sehen, so wählt Vertreter, die dieser 25. Januar 1907 Aushungerungspolitik ein Ende machen, wählt Sozialdemokraten.

Fort mit den Lebensmittelwucherern!

gebt.

Mann für Mann Eure Stimme den Kandidaten der Sozialdemokratie

Unsere und Eure Wahlparole sei: Nieder mit allem, was uns hudelt und büttelt, was sich dem Fortschritt der Menschheit zur vollen Sonnenhöhe der Kultur entgegenstemmt!

Berlin , den 14. Dezember 1906.

Hoch die Sozialdemokratie!

Die fozialdemokratische Fraktion des aufgelöften Reichstags.

Albrecht. Auer. Baudert. Bebel. Bernstein . Berthold. Birk. Blos. Bock. Bömelburg. Brey. Dr. David. Dick. Ehrhart. Eichhorn. v. Elm. Fischer- Berlin, Fischer- Sachsen. Förster. Fräßdorf. Frohme. Geck. Gerisch. Geyer . Goldstein. Dr. Gradnauer. Grenz. Haase. Haberland. Heine. Herbert. Dr. Herzfeld. Hildenbrand. Hoffmann- Berlin . Hofmann- Saalfeld. Horn. Hue, Kaden. Körsten. Kühn. Kunert. Ledebour. Legien. Lesche. Dr. Lindemann. Lipinski. Mahlke. Meist. Meßger. Molfenbuhr. Motteler. Nitschke. Noske. Peus. Pfannkuch. Pinkau. Reißhaus. Sachse. Scheidemann . Schlegel. Schmalfeldt . Schmidt- Berlin . Schmidt- Frankfurt. Schöpflin. Schulze. Schwark, Sindermann. Singer. Sperka. Stadthagen . Stolle. Stücklen. Dr. Südekum, Thiele. Tutauer. v. Vollmar. Wurm. Zubeil.

Parteigenossen!

Im Anschluß an den vorstehenden Aufruf der Fraktion ersuchen]

Eine Ergänzung des vorhandenen Agitationsmaterials wird wir Euch, unverzüglich und mit der äußersten Energie in den Wahl- Euch in Kürze zugehen. tampf einzutreten, zu dessen Führung sich der Parteivorstand als Zentral- Wahlleitung tonstituiert hat.

Sobald die Wählerlisten öffentlich ausliegen, organisiert so­fort die massenhafte Durchsicht derselben. Bei der großen Eile, mit der Bis zum 25. Januar, an dem die Hauptwahl stattfindet, find kaum noch sechs Wochen dieses Mal die Wählerlisten aufgestellt werden, ist anzunehmen, daß sie noch mangelhafter sind Frist, die gründlich von uns ausgenutzt werden muß.

In erster Linie ergänzt und vervollständigt die finanziellen Mittel. Gebt überall Sammellisten aus und zieht insbesondere diejenigen heran, die infolge ihrer abhängigen sozialen Stellung sich keiner Organisation anschließen und sich an der öffentlichen Agitation nicht beteiligen können.

Haltet Euch das Beispiel der Partei bei den Februarwahlen des Jahres 1890, der Letzten Wahl unter dem Sozialistengesetz, vor Augen. Nach Abschluß jenes Wahl­tampfes waren die Parteitassen gefüllter als vor Beginn des selben.

So muß es auch dieses Mal sein. Zeigt der Welt, was Ihr vermögt! Alle Geldsendungen sind an unseren Parteigenossen Albin Gerisch, Berlin SW. 68, Lindenstraße 69, zu richten..

Die bürgerlichen Parteien vom Freifinn bis zu den Konservativen bilden sich ein, ein Sesseltreiben gegen uns veranstalten zu können. Zeigen wir ihnen die Zähne. Arbeiten wir so, daß nach dem 25. Januar nicht sie, sondern wir die Sieger sind. Zeigt, daß die Reichstagsauflösung nicht ihnen, sondern uns nutt.

als sonst und erfahrungsmäßig sind es die Arbeiterwähler, die in diesen Listen am meisten fehlen.

Vor allem raten wir Euch, führt den Wahlkampf sachlich. Unsere prinzipielle und taktische Stellung ist so, daß wir nicht zu persönlicher Verunglimpfung der Gegner zu greifen brauchen. Ueberlaßt diese Kampfesweise den bezahlten Agenten des Reichsverbandes zur Bekämpfung der Sozialdemokratie.

Beginnen aber die Gegner eine solche Kampfweise, dann antwortet ihnen turz, und so, daß ihnen das Wiederkommen vergeht.

Weiter empfehlen wir Euch, daß, wenn die Gegner öffentliche Versammlungen ein­berufen, zu denen wir Zutritt haben, wir ihnen die Leitung der Versammlung überlassen, wenn sie dieses beanspruchen.

Schließt man uns durch die Form der Einladung vom Besuch solcher Versammlungen aus, so ist es für uns Ehrensache, ihnen fernzubleiben. Es genügt alsdann, den Wählern ein solches Verfahren der Gegner als einen Aft der Feigheit zu denunzieren. Das gleiche muß geschehen, wenn man uns zwar in die Versammlungen zuläßt, aber unseren Rednern das Wort verweigert oder es ihnen in ganz ungenügendem Maße gestattet.

Der entbrannte Wahlkampf ist die erste umfassende Probe, die die Neuorganisation der Partei besteht. Wir erwarten, daß dieselbe glänzend ausfallen wird.

Es wird ein kurzer Wahlkampf, aber es soll ein Iuftiger werden. Benutzt ausgiebig die zahlreichen Versammlungen, um eine große Zahl neuer Mitglieder in unsere Organisationen und massenhaft neue Abonnenten für unsere Parteipreffe zu bekommen. Parteigenoffen! Vorwärts! an die Arbeit! Drauf und dran! damit der Wir müssen die Gunst des Wahlkampfes nach allen Seiten für uns ausnuten. 25. Januar ein Siegestag werde, wie wir größer noch keinen gehabt!

Hoch die Partei!

Berlin , den 15. Dezember 1906.

Der Parteivorstand.