_ Zum polnischen Schulstreik. Der päpstliche Kammerherr, Präbendar Joseph Klos, Redakteur des katholischen„Wegweisers", wurde heute wegen Vergehens gegen Z 110 des Strafgesetzbuches in drei Fällen der Aufreizung polniicher Kinder zum Schulstreik durch im„Wegweiser" veröffentlichte Artikel im ersten Falle zu 400 SR. Geldstrafe, im zweiten Falle zu 300 SR Geldstrafe und im dritten Falle zu 400 M. Geldstrafe verurteilt, insgesamt zu 1100 M. Geld- strafe.— HusUnd. Schweden . Die große Wahlrechtsreform. Der schwedische Reichstag ist am 16. Januar eröffnet worden mit einer Thronrede, in der auch der langerwartete Vorschlag zur Wahlrechtsreform erwähnt wurde. Nicht nur das all- gemeine Wahlrecht zur Zweiten Kammer soll eingeführt werden, sondern auch das kommunale Wahlrecht wird reformiert und zwar so,„daß der Schwerpunkt des Einflusses mehr als bisher auf wesentlich breitere Gesellschafts- klaffen gelegt wird."— Die Gemeindevertretungen wählen bekannt- lich die Mitglieder der ersten Kaminer, so daß also die Re- form de? koinmunalen Wahlrechts auch in der Zusammen- setzung dieser Kammer zur Geltung kommen muh. vorausgesetzt, dah die Reform gründlich genug ist. Das weih man allerdings noch nicht, und es ist trotz der hochllingenden Versprechungen der Thronrede noch sehr zweifelhaft, ob die Wahlrechtsreform für das schwedische Volk annehmbar sein wird.— Das Proportionalwahl- system soll für beide Kammern des Reichstags wie für die Gemeinde- Vertretungen eingeführt iverden. Die Legislaturperiode der Ersten Kaminer will man auf sechs Jahre einschränken. Es hat sich gezeigt, dah die Wahlrechtsvorschläge, die die schwedischen Regierungen im Laufe der Jahre dem Reichstage vor- legten, immer demokratischer wurden. Das wird man wohl auch von dem jetzt angekündigten Entwurf sagen können, wenigstens insofern, als'er sich auch auf das kommunale Wahlrecht und die Erste Kammer erstrecken wird. Norwegen . Bom demoralisierenden Einfluß des Königtums hat man in Norwegen , solange der Schwedenkönig, das Land von Stockholm aus zu„regieren" versuchte, wenig gespürt. Anders ist es jetzt, wo die Norweger einen eigenen König ganz für sich allein haben, der in ihrer Hauptstadt sitzt und nolens volens ein Hofschranzentum großzieht, das überall seinen verderblichen Einfluß geltend zu machen sucht. Selbst im Magistrat und unter den Stadtverordneten von Kristiania gibt es Leute, die wichtige Rechte, ja verbrieftes Eigentum der Stadtbeoölkerung preiszugeben bereit sind, um dem König zu gefallen und sich vielleicht einen Orden zu ergattern. Die Stadt erhielt vor einer Reihe von Jahren ein großes Terrain in dem herrlichen Voksenkolwalde von der Voksenkol-Gesellschaft über- tragen. In der Schenkungsurkunde heißt es ausdrücklich:„Die Kommune soll die Anlagen mit dem dazu gehörenden Grund und den Gebäuden als öffentliches Eigentum bewahren und dem Publikum unentgeltlich zugänglich erhalten." Trotz dieser unzwei- deutigen Bestimmung will nun der Magistrat von Kristiania , daß aus diesem Gemeindeeigentum eine Sportsvilla für den König er- st.ut und ein großer Platz zum Schneeschuhlaufen lediglich für die dreiköpfige Königsfamilie reserviert und dem Publikum unzugäng- lich gemacht werde! In und außerhalb der Gemeindeverwaltung gibt esLeute.die eifrig bestrebt sind, denPlan durchzusetzen, und man muß gefpannt sein, ob sich in der Gemeindevertretung wirklich eine fNehrheit bereit findet, diese gewissenlose Vergeudung von Volks- eigentum durchzuführen. Amerika. Die Einwanderung in die Vereinigten Staaten im Fiskal- jähr 1906 war gemäß dem jüngst erschienenen Bericht des Kom- missionärs Sargent vom Einwanderungsbureau in Washington größer als zuvor. ES kamen 1 100 735 Menschen ins Land, die sich dauernd niederlassen wollten; außerdem kamen noch 65 618 Ausländer als R e i f e n d e. Im Jahre 1905 betrug die Zahl der Einwanderer 1026 499, die der Reisenden 33,256. Im Jahre 1906 wurden zurückgewiesen 12 432 gegen 11480 im vorher- gehenden Jahre. Hervorgehoben wird in dem Bericht die Zunahme der Einwanderung aus Süd-Europa , während die Einwanderung aus Nord-Europa wiederum weiter zurückging. Von den 1 100 735 Ein- Wanderern gehörten 764 463 dem männlichen Geschlechte an. 90 Proz. der Einwanderer blieben in den nordatlantischen Staaten und den nördlichen Mittelstaaten: nur 4 Prozent gingen nach dem Süden. Im Staate New Dork blieben 374 708; nach Pennshlvänien gingen 198 631. nach Illinois 86 539. nach Massachusetts 73 363 Ein Wanderer.—__ Huö Induftm und ftandd* Die preußisch- hessische Eisenbahnbetriebsgemcinschast hat im Jahre 1905/06 überaus glänzende Ergebnisse erzielt. Das Anlage kapital, das nunmehr 9173,52 Millionen Mark ausmacht, kann mit 7,52 Proz. verzinst werden. Im Verhältnis zu den übrigen Eisen- bahnen Deutschlands ist dies ein hervorragend guter Abschluß. Auch im Vergleich zu den Vorjahren ist die Steigerung äußerst befriedigend. Der Betriebsüberschuh stellte sich 1905/06 auf 680,95 Millionen Mark gegen 632.74 im Jahre 1904/05 und 611.73 im Jahre 1903/04. Die Gesamteinnahmen beliefen sich aus 1729,25 Mill. Mark, die Gesamt- ausgaben auf 1048,30 Millionen. Von den Ausgaben nennen wir folgende Posten besonders: 1904/05 1905/06 in Millionen Mark Besoldungen....... 200,37 211,81 WohnungSgeldzuschllsse... 25,64 27,35 Löhne......... 143.23 155,37 WohlfahrtSauSgaben.... 32,02 30,41 Es muh auffallen, daß die Lohnsumme nur um S bis 9 Proz. in die Höhe gegangen ist. Da die Zahl der Arbeitskräfte eine Vermehrung erfahren hat, so ist der Verdienst der Arbeiter also noch lange nicht um 8 Proz. gegen 1904/05 gestiegen. In Anbetracht der steigenden Lebensmittelpreise ist die Lohnsumme innerhalb der vreuhisch-hessischen Eisenbahnbetriebsgemeinschast nan, entlich in einen, Jahre mit so glänzenden Einnahmen wie 1905/06 durchaus un- ! genügend. Und derselbe Staat, der seine Arbeiter so schlecht be- oldet, fordert von den Wählern ein Vertrauensvotum. Wie kann man nur solche absurde Forderungen an denkende Menschen stellen? Stahlwerksverband. Der Versand in Produkten A betrug im Dezember 1906: 449025 Tonnen(Rohstahlgewicht), bleibt demnach hinter dem November-Versand(482 793 Tonnen) um 33 768 Tonnen oder 6,99 Proz. zurück, hinter den, des Dezember 1905(477 435 Tonnen) um 28 410 Tonnen oder 5.95 Proz. Der Versand in Pro- dukten A vom 1. Januar bis 31. Dezember 1906 beträgt insgesamt 5733 943 Tonnen und übertrifft den des Vorjahres(5 215 364 Tonnen) um 518 579 Tonnen oder 9,94 Proz. Von dem Gesanitversand cnt- auf Halbzeug 1 861 924 Tonnen(1905: 1910 634 Tonnen), und auf Formeisen 1 936 172 Tonnen(1905: 1 673 266 Tonnen). Der Gesamtversand in Halbzeug Januar— Dezember 1906 ist also gegen das Vorjahr um 48 710 Tonnen oder 2,55 Proz. niedriger, der von Eisenbahnmaterial um 304 383 Tonnen oder 18,66 Proz. höher und der von Formeisen um 262 906 Tonnen oder 15,71 Proz. höher._ ßcncbtö- Zeitung Ein Oberagraricr in den Maschen des preußischen BereinsgesetzeS. Der Vorsitzende der landwirtschaftlichen Kreiskommission des Kreises Demmin hatte zum 18. Mai 1906 eine Landwirte- Versammlung nach Demmin einberufen. Der Zweck war die Stellungnahme zur Gründung von landwirtschaftlichen Genossen- schaften für Milchverwertung. Die Redner behandelten auch die Fleischnot und die Frage, wie dieser abgeholfen werden könne. Das soll angeblich durch derartige Genossenschaften geschehen. Nachdem v. Malzan als Leiter„die Sitzung", geschloffen hatte, trat er»och- mal in Verhandlungen ein, und zwar besprachen er und verschiedene andere Redner die damalige Demminer Maureraussperrung.— Die Strafkammer in Greifswald verurteilte v. Malzan als Einberufer, Leiter und Redner auf Grund der ZK 1 und 12 des Vereinsgesetzes zu einer Strafe von 30 M., weil es sich hier um eine nicht bei der Polizei gemeldete, aber anmeldepflichtige Versammlung zur Erörterung öffentlicher Angelegenheiten handele. Die Gründung einer Genossenschaft interessierter Landwirte mit dem Zwecke besserer Milchverwertung sei allerdings keine öffentliche An- gelegenheit. Dagegen hätten die Frage der Fleischnot und ihrer Abhülfe und jene später erörterte Maurerausiperrung eine hohe soziale Bedeutung und ein immenses öffentliches Interesse.— Das Kammergericht verwarf dieser Tage die hiergegen ein- gelegte Revision des Herrn v. Malzan, weil die ZK 1 und 12 des Vereinsgesetzes ohne Rechtsirrtum angewendet seien. Ist der Schiffseigentümer verpflichtet, gesunkene Wracks auf eigene Kosten entfernen zu lassen� Im Dezember 1904 sanken zwei Schleppkähne der Aktiengesell- schaff Georg Egestorffs Salzwerke zu Linden(Hannover ) im Hafen I des Zollausschlußgebietes in B r e m e n. Da sich das Heben der Schiffe nicht lohnte, lieh die Eigentümerin die Wracke liegen. Der Bremische Staat lieh die Wracks beseitigen und ver- langt nun von der genannten Aktiengesellschaft 10 500 M. Hebungskosten, da die gehobenen Kähne, die ihm nach der Strandungsordnung zum Eigentum fielen, wertlos gewesen. Der Bremische Staat stützte sich hierbei auf§ 16 der Hasenordnung für den Fxeibezirk Bremen , welche Gesetzesvorschrift den Eigentümer von im Hafen umher- treibenden Gegenständen und gesunkenen Fahrzeugen für deren Eni- fernung verantwortlich erklärt. Diesem widerspricht die Beklagte aber gemäß Z25 der reichsgesetzlichen Strandungs- o r d n u n g, nach welcher Schiff und Ladung bei Schiffahrts- Hindernissen für die Wegschaffungskosten haften mit Ausnahme der Habe der Schiffsbesatzung, des Reiseguts der Reisenden und der Post, ohne dah eine persönliche Haftung des beteiligten Eigentümers eintritt. Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts sei es hierbei egal, ob ein Seeschiff oder ein Binnenwasserkahn in Frage kommt. Das Landgericht Bremen und das Oberlandes- gericht Hamburg gingen davon aus, dah der Anspruch des Bremischen Fiskus nach dem Bremischen Gesetz wohl gerecht- fertigt sei. dah aber das Reichsgesetz ihm entgegenstehe, weil es die Behörde lediglich auf den Berkauf der. beseitigten Gegen- stände verweise. Das Oberlandesgericht Hamburg legte die Vor- schrift der Bremer Hafenordnnng als privatrechtliche Vorschrift aus, die nach§ 55 des Einführungsgesetzes zum Bürger- lichen Gesetzbuch mit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs als beseitigt zu gelten habe. Dieser letzteren Ansicht ist das Reichsgericht auf die Revision der Klägerin aber nicht bei- getreten. Es sieht in Uebereinstimmung mit der Entscheidung des Landgerichts die Vorschrift der Bremer Hafenordnung als durchweg öffentlich-rechtlicher Natur an, prüft aber nochmals die Frage, ob dieser landesrechtliche Rechtssatz gegenüber der reichsrechtlichen Vor- schrift Bestand hat, oder ob er nach der Regel des Artikel 2 der Reichsverfassung, wonach die„Reichsgesetze den Landesgesetzen vor- gehen" als beseitigt zu gelten hat. Das Reichsgericht gelangt zu einer Be- jahung der Frage, ob die r ei ch s g e s e tz Ii ch e Strandungsordnung die Strandungsangelegen- heiten namentlich auch gegenüber den Eigen- tümern vollständig und abschließend regeln wollte und ob deshalb Ergänzungen durch Landesgesetze angängig sind. Das Urteil nimmt hierbei Bezug auf die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Abänderung der Strandungsordnung, Drucksachen des Reichstags. 10. Legislaturperiode, II. Session 1900/1901, 2. Band, Nr. 149. Dieser vorgelegte Entwurf wurde am 30. Dezember 1901 als Gesetz publiziert.(Reichsgesetzblatt 1902 Seite 1). Durch dies Gesetz ist die persönliche Haftung des Schiffseigentümers für die Fortschaffungskosten der gesunkenen Gegenstände ausgeschlosien und demgemäß muh, führt das Urteil aus, das Klagebegehren deS bremischen Staates abgewiesen werden. Die Landesgesetze seien nach Z 25 der IStrandungsordnung nicht in der Lage, die durch das Reichsgesetz abgelehnte Ausdehnung der Hastung der beteiligten Eigentümer auf deren gesamtes Vermögen ihrerseits einzuführen, und in den Fällen, wo sie das tun, wie Z 16 der bremischen Hafenordnung zeigt, könnten fie keine Gültigkeit beanspruchen, weil sie mit dem Reichsgesetz in Widerspruch treten. Pfarrer Gaisert vor dem Reichsgericht. lieber die am Donnerstag erfolgte Verwerfung der Revision des Pfarrers Gaisert gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 6. Oktober zu einem Jahre Zuchthaus wegen Verleitung zum Meineid haben wir in dem größten Teile der gestrigen Auflage bereits telegrapbifch berichtet. Im Jahre 1905 hat der Angeklagte dem Wirt Pfaller«ahegelegt, den Zentrumskandidaten W. zu wählen. indem er ihn aufforderte,„gut zu wählen". Die fragliche Unterredung fand in einer Hinterstube statt, die durch eine Holzwand von der Wirts- stnbe getrennt ist. Im WirtSzimmcr sahen der Malermeister K. und seine beiden Gesellen sowie ein Unbekannter. Diese hatten die Unterredung zwischen Pfarrer und Wirt mit anhören können. Später wurde von der Gegenpartei Protest gegen die Wahl des Zentrums- kandidaten W. erhoben, wobei öffentlich behauptet wurde, der Pfarrer Gaisert sei von Haus zu Haus gegangen, um die Wahl zu beein- flussen. Am 15. Dezember 1905 hatte der Angeklagte einen Brief des gewähltenAbgeordneten. Oberamtsrichters W., erhalten, in welchem gesagt wurde, die Fraktion finde nichts Anstößiges in seinem Verhalten, bitte aber um genaue Mitteilungen, da wegen des Protestes eine Untersuchung stattfinden werde. Auf die Antwort des Angeklagten erwiderte W. brieflich und teilte mit, die Wirts- hausgäste werden eidlich vernommen werden, auch gab er dem Angeklagten genaue VerhaltungSmahregeln. Den Brief sollte der Angeklagte verbrennen. Er besuchte Pfaller und dieser sagte unwirsch, er erinnere sich nicht mehr des Vorfalles. Der Angeklagte besuchte nun den Malenneister K.. der ihm erzählte, was er von dem WirtshanSvorfalle noch wußte. Am 7. Januar' 1906 schrieb der Angeklagte an K.. am 10. werde hochnotpeinliche Unter- suchung gegen ihn— Gaisert— sein. Dann hieß es weiter: Sie können ruhig sagen: ich habe auf nichts geachtet, was im Nebenzimmer vorging; ich habe zu Mittag gegessen und nichts ge- hört. K. fahtedieSache sofort so auf, dah er vor dem Wahlkommissar eidlich aussagen solle, er habe nichts gehört. K. sprach mit seinen Gesellen darüber und alle Ivaren der Ansicht, dah K. nichts leugnen dürfe, was er wisse. Am 8. Januar ging der Angeklagte zu Pfaller und sagte ihm, er könne den Eid verweigern. Am nächsten Tage sagte er zu K., er dürfe seinen Eid nicht verweigern und solle aussagen, was er wisse. K. teilte dem Wahlkommiisar seine Wahmehmungeir mit und über- gab ihm den Brief des Angeklagten. Das Gericht hat entgegen der Behauptung des Angeklagten angenommen, dah er denK. nicht zu einer ausweichenden, sondern zu einerun- wahren eidlichen Aussage vor dem Wahlkommissar und dem Gerichte verleiten wollte. Der Wahlkommiffar hatte die Zeugen eidlich zu vernehmen. Die Vernehmung war eine eidliche, da sie vom Ministerium des Innern angeordnet worden war.— Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil be- hauptete im wesentlichen formelle Verstöße. Der Rcichsanwalt wies nach, dah sämtliche Angriffe unberechtigt seien. Das Reichsgericht schloß sich dieser Auffassung an und betonte, dah eS das Urteil auch nach der materiellen Seite hin geprüft und gefunden habe, dah das Unternehmen der Verleitung zum Meineide durch Pfarrer Gaisert ohne Rechtsirrtum bedenkenfrei festgestellt ist. Geständnis unter dem Zwange der Verhältnisse. In eine doppelt unangenehme Situation war der Arbeiter Adolf Schutt geraten, der aus der Haft der neunten Strafkammer deS Landgerichts I vorgeführt wurde. Der Angeklagte ist, nachdem er schon vorher verschiedene Vorstrafen erlitten hatte. als Soldat desertiert und hat sich in aller Herren Länder herumgetrieben. Zuletzt lieh sich S. bei der Fremdenlegion einstellen und hielt sich mehrere Jahre in Tunis auf. Schließlich desertierte er auch hier, zog von Italien aus durch die Schweiz nach Deutschland und kam auch endlich nach Berlin , wo eine Schwester verheiratet ist. die jetzt in Schöneberg wohnt. Diese suchte S. im Jahre 1904 wieder- holt auf. Um die gleiche Zeit wurde das Reichertsche Ehepaar in Schöneberg , mit dem die Schwester des Angeklagten bekannt war, das Opfer eines Raubmordes. Verschiedene Umstände lenkten den Verdacht auf den Angeschuldigten Schütt und dieser wurde schließlich unter dem Verdachte des Doppelmordes verhastet. Während der Untersuchung trat der Angeklagte plötzlich mit der Behauptung hervor, er könne schon aus dem Grunde nicht der Mörder sein, weil er sich um dieselbe Zeit in München auf« gehalten und den dortigen französischen Konsul zum Opfer eines kleinen Gauner st ückchens gemacht habe. Die weiteren Ermittelungen ergaben, dah S. tatsächlich auf der„Walze" nach München gekommen war und an dem Tage, an dem hier der Mord passierte, sich als angeblicher französischer Staatsuntertan und Deserteur der Fremdenlegion in dem dortigen ftanzösischen Konsulat gemeldet hatte. Ihm wurde eine Freikarte nach Frankreich und der Betrag von 9,50 M. ausgehändigt. Denselben Trick wendete der Angeklagte auch in Frank- furt a. M. an. Auch hier erhielt er von dem dortigen französischen Konsulat als hülfebedürftiger„Landsmann" einen Geldbetrag und eine Fahrkarte nach Paris ausgehändigt. In dieser Weise half sich der„arme Reisende" von Ort zu Ort durch, wobei ihm zugute kani, dah er infolge seines mehrjährigen Aufenthalts in Frankreich und in dessen Kolonien die ftanzösische Sprache voll- ständig beherrschte. Nur dadurch, dah S. hier in Berlin unter dem Verdacht des Mordes verhaftet wurde, kamen jene Betrügereien ans Tageslicht. Um sein Alibi nachzuweisen, muhte der AngeUagte sich selbst jener Straftaten bezichtigen.— Vor Gericht wiederholte er sein Geständnis. Die Strafkammer erkannte, da es sich um ziemlich raffinierte Schwindeleien handele, auf eine Gefängnis- strafe von einem Jahre. Eingegangene Dmckfdmften. Das parlamentarische Wahlrecht im Reiche und in Preußen und seine Reform von L. v. Savignh. Preis 3 M. Verlag; C. Heymann, Berlin W. 8. Entweder rechts oder links! Wahwetrachtungen von Georg Wolfs. 22 Seiten. Verlag: R. Hobbing, Berlin SV/., Großbeerenstr. 92. „White Capital and Coloured Labonr"(Weißes Kapital und sarbige Arbeiter) von Sydney Olivker(Bd. IV der„Socialist Library ". herausgegeben von I. Ramsah Mac Donald) London , im Verlag der „Jndepeudant Labour Party". Der»ene Reichstag. Verse von HanS Hyan , Karikaturen von Paul Haasc, Internationaler Verlag, Berlin Sw. 68. Preis 1 M. Das Bäckergewerbe in der Entwickelung von Zwergbetrieben in Großbetrieben. 78 Seiten. Verlag O. Allmann, Hamburg , Befenbwder- Hof 57. Gegen den Zentrumsturm von Fr. Rolf. Preis 30 Pf. Reuer Frankfurter Verlag, Frankfurt , Main . Studien zur Bevölkerungsbewegung in Deutschland von Dr.P. Mombert. Preis 8 M. Verlag G. Braun, Karlsruhe . Die Stadtverordnetenwahlen in Wilmersdorf . Mitten während der intensiven Arbeit zur Reichstagswahl haben die Wilmersdorfer Genossen noch die Wahl zur Stadtverordnetenversammlung zu bewältigen. Bei den gestern stattgehabten Wahlen wurden gewählt die Kandidaten der vereinigten bürgerlichen Parteien Lehrer Pulver und Kanzleisekretär Klettke. In 6 Bezirken muh in einer Stichwahl zwischen vereinigten bürgerlichen Parteien und Sozialdemokratie der Besitz der Mandate entschieden werden. Wir haben seit der Wahl einen Stimmenzuwachs von 450 Stimmen zu verzeichnen. Die Wahlbeiligung war zirla 100 Proz. stärker wie bei der letzten Wahl. Letzte JVacbnchtcn und Depefeben. Die vielgepriesene Arbeiterfreundlichkeit. Krefeld , 18. Januar. (W. T. B.) Die sämtlichen Färbe- reien Krefelds haben in einer heute mittag abgehaltenen Vct- samnilung beschlossen, vom nächsten Montag ab sämtliche in ihren Betrieben beschäftigten Färber auszusperren. Ter Arbeitgeberverband der rheinischen Seidenindustrie hielt heute abend eine Generalversammlung ab, um zu der Aussperrung der Färber Stellung zu nehmen. Die Generalversammlung erklärte sich im Prinzip bereit, der Aussperrungsmaßregel hei- zutreten, setzte aber den endgültigen Beschlutz auf nächsten Dienstag fest.__,. Schntz der Kranken vor Ausbeutung. Tarmstadt, 18. Januar. (B. H. ) In einer Eingabe an die zweite Ständekammer beantragen die Abgg. Ulrich und Genossen (soz.), daß für Apotheken keine weiteren Konzessionen mehr erteilt werden und die jetzt bestehenden Apotheken allmählich käuflich vom Staat übernommen werden. Die Regierung hat es abgelehnt, in dieser Sache zu verhandeln, da ein Reichs-Apothekengesetz in Kürze zu erwarten sei. Der Vierte AuSschuh stellte daher den Antrag, den Antrag Ulrich als erledigt anzusehen, die Regierung aber zu ersuchen, keine weiteren Konzessionen zu erteilen und die anhcim- fallenden Apotheken Gemeinden und Verbänden zu überlassen. Propaganda für den Generalstreik. Budapest , 18. Januar. (B. H. ) Die Sozialdemokraten ver- breiteten heute in Tausenden von Exemplaren Flugblätter, in denen für einen Generalstreik in ganz Ungarn Propaganda gemacht wird. auf Eisenba�nmaterial 1 935 847 Tonneu(1905: 1 631 464 Tonnen)___ �__.__________ Ctositte. Kebakteur: Hans Weber. Perftm Inseratenteil pevist»� rtz.GIscke, Berlin . Druck u. Verlag: BocwgrtsBuMr. u, LerlagSMjtglt WftllSingerS;Eo.,BerlinÄV. Hierzu 3 Beilagen u. Nntertzaltungsblttt Gegen den Militarismus. Brüssel, 18. Januar. (B. H. ) Die Sozialisten organisieren für den 31. d. Mts. eine grohe antimilitaristische Kundgebung, welche in einem Straßenumzugr bestehen soll.
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