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Nr. 16. 24. Jahrgang. 2. ökilage Ks.Amärts" Knlim AslksdN Sonnabend. 19. Januar 1967. Der Wahlkampf in Grotz-Berlm. Flugblattverbreitung. Zweiter Wahlkreis. Sonntag, den 20. Januar, früh 8 Uhr, findet eine Fing blattverbreitung von den bekannten Stellen aus statt. Es ist Pflicht aller Parteigenossen daran teilzunehmen. Der Vorstand. Dritter Wahlkreis. Am Sonntag früh 8 Uhr findet von den bekannten Bezirkslokalen aus eine Flugblattverbreitung statt. Die Ge Nossen des Kreises werden ersucht, sich zahlreich und pünktlich in ihren Bezirken einzufinden. Die Hülfskräfte vom vierten Wahlkreis(Südosten) werden ersucht, sich in den Lokalen einzufinden, wo sie bei der ersten Flugblatt- Verbreitung tätig waren. Das Wahlbureou des dritten Kreises befindet sich in Dietrichs Festsälcn(Jnh. O. Pusch), Dresdenerstraße 116(Telephon Amt IV, 4174) und ist geöffnet wochentags von nachmittags 4 bis 8 Uhr und Sonntags von 8 bis 10 Uhr vormittags. Der Vorstand. Achtung, vierter Wahlkreis. Bezirke, die für Niederbarnini wählen: Am Sonntag früh in den Bezirkslokalen Treffpunkt zur Flugblattverbreitung. Die Genossen werden ersucht, pünktlich und vollzählig zur Stelle zu fein. Das Wahlkomitee. Achtung, fünfter Wahlkreis. Die Genossen des Kreises werden ersucht, sich am Sonnabendabend 8 Uhr in den bekannten Lokalen zur Kuvertierung der Flugblätter einzufinden. Am Sonntag früh 8 Uhr: Flugblattverbreitung. Niemand darf fehlen. Die Genossen des vierten Kreises(Osten) bitten wir, sich direkt an den Stellen einzufinden, wo sie schon vorher geholfen haben. Wer noch nicht im fünften Kreise tätig war, möge sich im Wahlbureau, Sophien straße 6 bei Münzer, melden. Wir erwarten, daß jeder seine Schuldigkeit tut. Der Vorstand. Sechster Wahlkreis. Sonntag früh 8 Uhr: Flugblatt Verbreitung von den bekannten Stellen aus. Der Vorstand. Hilfe für den Schutzpatron der Terrainspekulante«. Der erste Kreis von Berlin ist das Versuchsfeld für allerlei noch unklare, noch nicht fertig gewordene Köpfe, für Leute, die auf halbem Wege stehen geblieben sind. Hier hat einst Egidy die Wahler für seine Träume zu gewinnen gesucht, hier haben die Nationalsozialen mit Tischendörfer erprobt, wie gering die Werbekraft ihrer Ideen war, hier wird jetzt die Bodenreform von ihrem Apostel Damaschke als das Allheilmittel angepriesen, das alle sozialen Schäden'zu beseitigen vermöge. Die sympathischste Persönlichkeit war noch Egidy, die am wenigsten sympathische ist Herr Damaschke . Doch darauf käme es am Ende wenig an, wenn nur die Durchführung des Programms der Bodenreformer unS bringen könnte, was sie versprechen. Am Donnerstag hat Damaschke dieses Programm vor- getragen in einer von ihm veranstalteten Versammlung, die von Wählern aller Parteien besucht war. Was will er? Er sagte nicht alles, was er will, aber er sprach wenigstens über feine Hauptforderung. Die Bodenreform, die er predigt, wolle der ehr- lichen Arbeit in Stadt und Land dienen. Sie wolle verhindern, daß das, was unsere Arbeit uns schafft, uns genommen wird von denen, die nichts schaffen Wer aber nimmt uns das? Nimmt's unS das kapitalmächtige Unternehmertum, das im Besitz der Pra duktionsmittel ist und die Arbeit zur Sklavin machen darf? Herr Damaschke versicherte: Nein, das Unternehmertum nicht! Von Angriffen auf den Profit der Unternehmer wollte er überhaupt nichts hören. Nur der Privatbesitz an Grund und Boden sei daran schuld, daß wir nicht voll genießen dürfen, was wir erarbeiten. Vor allem müsse die Terrainspekulation beseitigt werden. Der Terrainspekulant sei es, der das Fett abschöpfe, indem er beim Steigen des Grundstückswertes mühelos an sich bringt, was durch gemeinsame Arbeit der Gesamtheit erzeugt worden sei. Nicht dem Spckulantentum, nicht den Terraingesell- schaften, sondern der Gesamtheit gebühre der Wertzuwachs. Ihr müsse möglichst auch der Grund und Boden gehören. Den Wählern will Herr Damaschke sich empfehlen nicht durch dieses sein Zukunftsziel, das bei Lichte besehen einen Teil des sozialdemokratischen Programms aber eben nur einen Teil! bildet, sondern vor allem auch durch eine Gegenwartsforderung, durch die Wertzuwachs st euer auf Grundbesitz. In ihr habe man ein Mittel, dem Ziel schrittweise näher zu kommen, und speziell diese Forderung sei für die Bodenreformer ein Anlaß geworden, im ersten Kreis sich an dem Wahlkampf mit einer Sonderkandidatur Damaschke zu beteiligen. Der Plan einer Wert- zuwachssteuer beschäftigt seit längerer Zeit die Berliner Gemeinde- behörden und just der Freisinnskandidat für den ersten Kreis, der Stadtverordnete Kämpf, hat sie bisher am eifrigsten b e k ä m p t und sich als Schutzpatron der Terrainspekulanten er- wiesen. Das hob Damaschke hervor. Doch schwieg er still über die Tatsache, daß die Sozialdemokraten in unserer Stadt- verordnetenversammlung mit aller Entschiedenheit für die Wert- zuwachtssteuer eintreten. Damaschke erklärte, die Wertzuwachs- steuer sei insofern auch für die ReichstagSwahlen von Bedeutung, als er auch für die Kolonien die Wertzuwachssteuer wünsche, um den dort wirtschaftenden Terraingesellschaften den Profit zu be- schränken. Dieser an sich vernünftige Gedanke leitete ihn dann glücklich hinüber zur deutschen Kolonialpolitik, zu einem Hymnus auf dasnationale Gefühl" usw. Das sicherte dem Redner einen »guten Abgang". Die Diskussion, die dem Vortrag folgte, war sehr ausgedehnt und nahm einen stürmischen Verlauf. Aus den Reihen der an- wesenden Sozialdemokraten sprachen mehrere Redner, die den Wählern den Kandidten der Sozialdemokratie, unseren Genossen Dr Leo Arons , empfahlen. Sie zeigten die Halbheit des Bodenreformprogramms und legten Herrn Damaschke die un- bequeme Frage vor, warum er nicht für wirksame Besteuerung auch der großen Vermögen eintrete, warum er kein Wort gegen die Zollpolitik gesagt habe, sich nicht über die Notwendigkeit besseren Arbeiterschutzes geäußert, und auch über die Gewährung einer gerechteren Justiz�sich völlig ausgeschwiegen habe. Damaschke blieb selbst in seinem Schlußwort die Antwort schuldig. Ueber das Ver- hältnis der Bodenreform zur Zoll- und Steuerpolitik wurde die Versammlung wenigstens von einem der Jünger Damaschkes, einem Arzt, belehrt. Er meinte, führe man die eine einzige Wertzuwachssteucr ein, so werde jede andere Steuer weg- fallen können, und auch über die Schutzzölle werde man�sich dann nicht mehr den Kopf zu zerbrechen brauchen. Daß die Schutzzölle nicht nur den Staatssäckel, sondern mit ihrer Erschwerung der Einfuhr vor allem auch die Junkerportemonnaies füllen sollen, das scheint dieser Bodenreformer noch nicht kapiert zu haben. Auch die Haltung, die von Damaschke und seinen Leuten bei Stich- �Wahlen eingenommen wird, wurde von den sozialdemokratischen »Rednern beleuchtet. Sogar ein Bodenreformer äußerte die Ver- I mutung, daß Damaschke bei einer etwaigen Stichwahl zwischen Idem Freisinnigen Kämpf und dem Sozialdemokraten Arons wahr- scheinlich seine Wähler doch dem Kämpf zuführen werde, dem Schutzpatron der Terrainspekulanten. Ja, so wird's kommen!" rief man ihm zu. Dieser Bodenreformer sprach sich übrigens gleichfalls dahin aus, daß die Bodenreform nur ein Teil des sozialdemokratischen Programms sei. Herrn Kämpf nahmen mehrere freisinnige Redner in Schutz. Angriffe auf ihn wurden von der erschienenen Freisinnstruppe durch so lärmende Zwischenrufe beantwortet, wie sie in freisinnigen Ver- sammlungen kein Gegner wagen darf, wenn er sich nicht von Cassel, Rosenow und Konsorten anpöbeln lassen will. Die Bodenreformer drückten schließlich eine Resolution für Damaschke durch. Vorgelegt wurde sie von dem christlich-sozialen Herrn Kluge, einem Gehülfen des braven Stöcker. Wo die Freunde Damaschkes hauptsächlich zu suchen sind, das weiß man ja. Zum Schluß wurde denn auch dasDeutschland , Deutschland über alles!" angestimmt. Herr Damaschke wird sich hoffentlich trotz Annahme der Resolution nicht darüber täuschen, daß er durch diese Ver- sammlung nicht Anhänger gewonnen, wahrscheinlich aber nianchen seiner bisherigen Anhänger verloren hat. Jeder einsichtige Wähler wird begreifen, daßdemKampfgegenden Bodenwucher und gegen jegliche Ausbeutung am besten genutzt wird, wenn er dem Kandidaten der Sozialdemokratie Dr. Leo Arons seine Stimme gibt. Indem Damaschke für sich selber Wähler zu werben sucht, die er in einer Stichwahl dem Freisinn zuführen würde, leistet er, der bodenreformerische Feind aller Terrainspekulanten, nur Arbeit für den Freisinns- kandidaten Kämpf, den Schutzpatron der Terrainspekulanten. Unsere Genossen im ersten Kreis werden alle Kräfte daransetzen müssen, dem Kandidaten der Sozialdemokratie Dr. Leo Arons schon am 25. Januar die Mehrheit zu sichern. Wählerbersammlungen. Achtung! Erster und fünfter Wahlkreis. Sonntag, den 20. Januar, 12 Uhr mittags, zwei Massen- Versammlungen im Feei»palast, Aurgstraße und Grand Hotel, Alexander- Platz. Referenten: August Bebel , Paul Singer . Erscheint in Massen! Die Wahlkomitees., Die Kirche im Dienste der herrschenden Klassen. Daß sich die Kirche in dem Emanzipationskampfe der Arbeiter klaffe auf die Seite der herrschenden Klaffe stellt, haben wir des öfteren nachzuweisen Gelegenheit gehabt. Recht augenfällig tritt das in dem gegenwärtigen Wahlkampfe in Erscheinung. Zu Donnerstagabend hatte der evangelische Bund eine große evange- lische Volksversammlung einberufen, in der über die Pflichten des evangelischen Bürgers bei den Reichstagswahlen gesprochen wurde. Zwar will der Bund nach seinen Satzungen keine Politik treiben, aber der Referent des Abends, ein Herr Professor Dr. Scholz, wetterte eifrig gegen Zentrum und Sozialdemokratie. Man redete sich damit aus, daß eS sich in tiefem Wahlkampfe gar nicht um die Partei, sondern um das Vaterland handele. In diesem Kampfe wollen auch gewisse Pastoren nicht zurück� bleiben. Einer dieser Herren, ein Pastor der böhmisch-reformierten Gemeinde, Hapke, Gneisenaustr. 2, mißbraucht sein Amt, indem er den Mitgliedern seiner Gemeinde Flugblätter gegen die Sozial- deniokratie zusendet. Diese Flugblätter enthalten die landläufigen Anwürfe gegen unsere Partei und sind im Verlage desReiche boten" hergestellt. Diese Schmutzblätter legte Herr Hapke! gleiche zeitig der Kirchenzeitung bei, die an seine Gläubigen verschickt wird, um auf diese Weise auch billig im Dienste der Reaktion arbeiten zu können. Hoffentlich wird sein Streben in der richtigen Weise gewürdigt! Die Jungliberalcn rufen ihre Anhänger zur Unterstützung der freisinnigen Kandidaten in Berlin auf. Wird bloß nicht viel helfen! » Jedes Wort eine Lüge I Unter diesem Titel ist ein in der Buchdruckerei der»Deutschen Tageszeitung" hergestelltes Flugblatt erschienen, in dem der Brot Wucher verherrlicht und zur Abwechslung die Person des Genossen Zubeil besudelt wird. Auf alles, was in dem Blatte gesagt wird, paßt die Ueberschrist des Flugblattes ausgezeichnet. Damit aber auch der Humor im Wahltampfe nicht fehle, wollen wir folgende Leistung des Flugblattes wiedergeben. Es heißt unter anderen: Die Zahl der sozialdemokratischen Wahlstimmen beweist leider, daß die Eselzucht der Bebel, Singer und Konsorten großen Umfang an- genommen hat." Welche Weisheit! Der Ausfall der Wahl wird be weisen, daßdiese Eselzucht" einen weit größeren Umfang an- genommen hat, als die agrarischen Schafsköpfe sich träumen lassen. » Wieder noch einFreund des Reichstagswahlrechtes'! Im vierten Kreise haben die Konservativen einen Berliner Magistratöbeamten Wege aufgestellt. Der Mann ist nun in einer Wählerversammlung gefiagt worden, wie er denn über daS bestehende ReichstagSwahlrecht denke, und ob auch er wünsche, daß es erhalten bleibe. Er hat darauf erwidert:Aber natürlich!" Diese Antwort war zu erwarten. Wer wird denn auch, wenn er vor eine Versammlung von Reichstagswählern hin­tritt und um ihre Stimmen wirbt, ihnen ins Gesicht sagen, daß er ihnen ihr wertvollstes Recht nehmen wolle! Herr Wege hat aller dings eine kleine Einschränkung hinzugefügt. Falls etwa die Sozial- demokratie noch weitere Fortschritte machen sollte, wünscht er persönlich sich eine Aenderung des Reichstagswahlrechtes, eine Umgestaltung zu einem ProPortio naltvahlsy st em, das auch den Minder- heiten eine Vertretung sichert. Ist es nicht merkwürdig, daß die Schwärmerei für daS Proportionalwahlsystem sich bei den bürger- lichen Parteien allemal dann einfindet, wenn sie in die Minderheit geraten sind? Wenn übrigens Herrn Weges Wunsch schon jetzt erfüllt würde, dann wäre die Sozialdemokratie die stärkste Partei nicht nur an Stinimenzahl, sondern auch an Abgeordneten. Da will Herr Wege begreiflicherweise die Einführung des Proportional- Wahlsystems bis zu dem Zeitpimkt ausgeschoben sehen, wo die Sozialdemokrasie so groß geworden ist, daß sie keinen Vorteil mehr davon haben kann. Das ist bürgerlicheWahlrechts- Verbesserung" I » Zur Kampfcswrffr derPost". DiePost' geht mit ihren albernen persönlichen Verdächtigungen gegen unsere Genossen weiter hausieren. Besonders hat's ihr Stadt- Hägen angetan. DiePost'leute gehören nicht nur zu den Leuten, die Goethe dahin charakterisierte: erst tischen sie eine Unwahrheit auf. dann wiederholen sie diese und behaupten, durch die Wieder- holung den Beweis für die vorgetragene Unwahrheit geführt zu haben. Die Verfertiger derPost"-Schivindeleien gehören zu denen, die nicht aus Dummheit sondern bewußt die Unwahrheit vorbringen. So fabuliert die.Post' statt den ihr bekannten, von uns vor wenigen Tagen wiedergegebcnen Sachverhalt ihren Lesern mitzu« teilen, von neuem.Stadthagen sei wegen wiederholter Gebühren- erhebung vom iukamia aus dem Anwaltsstand ausgeschlossen". Ebenso wiederholt diePost" die Getreidespekulationsbehauptungen. Auch hier hofft sie, ihre Leser seien albern genug, die Unrichtigkeit ihrer Behauptungen nicht herauszufinden. Sie unterschlägt z. B.« daß dieStaatsbürger" und dergleichxn zunächst behaupteten, ihre Terminsspckulationserzählung enthalte ja nichts Beleidigendes und dann ebenso wie diePost" gezwungen wurden StadthagenS Berichtigung aufzunehmen. Nun meint diePost" Stadthagen hätte die StettinerHochwacht" verklagen müssen. Sie weiß, sdaß die anti- semitischeHochwacht" eins der Preßorgane ist, deren Angriffe den Angegriffenen so ehren, daß er sie nicht einmal einerBerichtigung' für wert hält. DiePost" weiß, daß sozialdemokratische Abgeord- nete der von ihr gelobten Sorte Blätter die Ehre einer Be- leidigungsklage nicht erweisen. Sie weiß, daß insbesondere in dem von ihr erwähnten Fall eine Beleidigungsklage unmöglich ist, weil ja nach der Behauptung derPost",Staatsbürger" usw. in einer Getreidespekulation nichts Ehrenrühriges liege. Aber sie käut ihre Verdächtigungen immer wieder. Mag sie niemand kann gegen seine Natur. » Scharfmacher als Förderer von Frcisinnskandidaturen. In einem vor etlichen Tagen im dritten Kreise verbreiteten Flugblatte heißt es unter anderem, daß die Freisinnigen auch für Tarifverträge und für das KoalitionSrccht eintreten. Unterzeichnet ist das Flugblatt auch von dem Fabrikanten Dr. Fürstenheim, Inhaber der Firma Hirschhorn in der Köpenickerstraße. Der Mann ist Mitglied der Vertrauenskommission des Kühne- männerverbandes und hat seinerzeit den Abschluß eines Tarif« Vertrages abgelehnt. Später, bei einem anderen Streik, hat der Mann am Streik unbeteiligte Arbeiter und Arbeiterinnen ausgesperrt. Später sind die Arbeiter und Arbeiterinnen, von denen der Herr Dr. Fürstenheim erfuhr, daß sie organisiert waren, gemaßregelt worden. Das nennt der Herr jedenfalls Wahrnehmung des Koalitionsrechts. Der Metallarbeiterverband hat etwa 10 bis 12 Arbeiter und Arbeiterinnen, die wegen Zugehörigkeit zum Metallarbeiterverband im Betriebe des Herrn Dr. Fürstenheim entlassen sind, als Gemäß- regelte unterstützen müssen. » Am Tage der Wahl, am 25. Januar wird von vormittags 10 Uhr bis abends 7 Uhr gewählt. Wer eS ermöglichen kann, stelle sich den Wahlkomitees zur Verfügung. Kräfte werden zahlreich gebraucht. Wer es irgend ausführen kann, richte sich ein, daß er so zeitig wie möglich seine Stimme abgeben kann, damit diejenigen, die unabkömmlich sind und später kommen, noch ihr Wahlrecht ausüben können. » Städtische Arbeiter und ReichStagSwahl. Der Berliner Magistrat bat sich gestern mit der Frage der Beurlaubung der städtischen Angestellten und Arbeiter am Wahltage (26. Januar d. J.) beschäftigt und beschlossen, allen städtischen An- gestellten und Arbeitern durch Gewährung eines Urlaubs die Aus- Übung ihres Stimmrechts zu ermöglichen. Den Wählern soll an den betreffenden Verwaltungsstellen empfohlen werden, im Anschluß an die Mittagspause von 10 bis 12 Uhr oder von 2 bis 4 Uhr zur Wahl zu gehen, d. h. zu einer Zeit, wo das Wahlgeschäft in der Regel sich am schnellsten bewirken läßt. Wahlversammlungen. Im ersten Berliner Reichstagswahlkreise hatte die Einladung unserer Genossen zu einer Wähler- Versammlung in den Johannis-Festsälen in der Johannis- straße am Donnerstag die Wähler des Bezirks so zahlreich und rechtzeitig zusammengeführt, daß bereits um 8 Uhr mit den Ver- Handlungen begonnen werden konnte. Die Polizei mußte absperren. Der sozialdemokratische Kandidat Leo Arons hielt eine General- abrechnung mit den Freisinnigen, bei d'enen dieHerablassung" der Regierung, einen Bankdircktor als Kolonialdirektor zu engagieren, schon genügt habe, um sie als getreue Bernhardiner um Bülow und Dernburg herumschwänzeln zu sehen.(Lebhafter Beifall.) Uebrigens stamme die neulich aus seinem Vortrage in der Presse wieder- gegebene Acutzerung, der freisinnige Bürgermeister Kirschner be- nähme sich bei Fürstencmpfängen als L a k e i. nicht von ihm selber» da er ja derartigen Veranstaltungen nicht beiwohne, sondern aus derNationalzeitun g", was Herrn Kirschner sicherlich freuen werde. Dem jetzigen Reden und Treiben der Freisinnigen hielt Redner durch wörtliche Wiedergabe wirklich kraftvoll gehaltene fiampfausrufe Eugen Richters aus der Wahlzeit von 1893 entgegen, um zu beweisen, daß jetzt sozialdemokratisch wählen müsse, wer noch etwas demokratisches Gefühl Haie und damals freisinnig wählte! (Stürmischer, anhaltender Beifall.) Gegner meldeten sich nicht. Nach einer kurzen, aber eindringlichen Mahnung O p p e l s, die kurze Zeit bis zur Wahl zu regster Agitation zu benutzen, trennte man sich in froher Kampfesstimmung. Dritter Wahlkreis. Unablässig sind unsere Genossen bemüht, die gesamte Wähler- schaft des Kreises über die Wichtigkeit des WahlkampfeS wie über die Haltung und die Grundsätze der Sozialdemokratie aufzuklären, und nach dem starken Besuch zu urteilen, der wiederum die beiden Wählerversammlungen am Donnerstag auszeichnete, wird ihre Arbeit auch keineswegs vergeblich sein. Viele, die bisher unserer Partei gleichgültig oder feindlich gegenüberstanden, kommen in die Versammlungen, und wenn sich Gegner nicht zum Wort melden. so ist das jedenfalls darauf zurückzuführen, daß sie den über- zeugenden Worten unserer Redner nichts Vernünftiges entgegen- zusetzen vermögen. Voigts Ritter-Säle waren zu ejnem großen Saal ge- macht, der nun gerade ausreichte, die Menge zu fassen, die sehr aufmerksam der Rede des Genossen Dr. Wehl folgte. Er schilderte unter anderem den Verfall der freisinnigen Partei, sprach auch treffend von der Kahcnjammerstimmung, von der die Freisinnigen nach der Reichstagsauflösung, und mehr noch nach dem Bülowschen Wahlmanifest, das sie mit bitterem Hohn überschüttete, ergriffen wurden. Lebhaften Beifall fand namentlich auch die Aeußerung des Redners, die Sozialdemokratie werde dafür sorgen, daß den Freisinnigen auf ihren Katzenjammer der nötige Heringsschmaus nicht fehle. Gedrängt voll war auch der Saal imDresdener Garte n". wo Genosse Paul John sprach. Das Wahlmanifcst des Reichskanzlers bildete die Grundlage seiner Ausführungen. Sehr wirkungsvoll war es, wie der Redner das amtliche Telegramm über die Unterwerfung der Hottentotten vom 25. Dezember dem dieselbe Tatsache in fast gleichen Worten meldenden Brief vom 30. Oktober gegenüberstellte und in kräftigen Worten. die schmachvolle Täuschung des Reichstags durch die Regierung geißelnd, seine Genugtuung darüber aussprach, daß die Postdampfer diesen und andere Briefe ähnlichen Inhaltes gerade noch recht- zeitig nach Deutschland brachten, um die Wählerschaft über die Schleichwege der Regierung aufzuklären. In beiden Versammlungen hielt vor oder nach dem Referat der Kandidat Genosse Heine eine Ansprache an die Wähler, die ebenfalls viel Aufklorung bot und mächtig anfeuernd Eirlte,..