Nr. 28. 21 Zahrglms.2. Mm des Jiimirts" letlinn MsblMSsimbend. 2. Febrvn 1907.Livländische Barone gegen de»„Vorwärts".Einen Sturm mit Privatwagen haben verschiedene livländischeJunker gegen uns eröffnet, weil wir seinerzeit, als das Schreckens-regiment in den Ostsecprovinzen schauerliche Orgien feierte. Tat-fachen anführten, um das lonterrcvolutionäre Wüten zu kenn-,zeichnen. Die Kläger befinden sich ja in einer ziemlich sicheremPosition, denn es ist natürlich leicht, durch einen Berliner AnwaAbei einem Berliner Gericht Klage gegen den»Vorwärts" zu ex-heben. Nicht so einfach ist die Erbringung des Wahrheitsbewei.sesfür Vorgänge, die sich zur Zeit wilden Kampfgewühls in Rußlandabgespielt haben. Begreiflicherweise ist die Berufung auf A>->gen-zeugen jener Schrcckentaten livländischer Junker nicht in allen Fällenunbedenklich. Muß man doch damit rechnen, daß sich Leute durchBekundung der Wahrheit den russischen Henkersknechten ausliefernkönnten. Gelingt es aber nicht, die Wahrheit der behauptetem Tat-fachen bis in die kleinsten Einzelheiten zu beweisen, so ist«ine Per-urteilu.ig des Angeklagten wegen Beleidigung nicht vöKig ausgeschlossen und der klagende Junker kann sich dann auf eiu Gerichtsurteil berufen, welches ihn anscheinend rechtfertigt, mög�n auch dieüber ihn behaupteten Tatsachen an sich durchaus wahr. sein.Die Leser werden sich erinnern, daß unser verantwortlicherRedakteur, Genosse Weber, bereits zweimal vor Gericht stand,weil ihn ein livländischer Baron v. Sivers verklagt hat, und daßdiese Klage, deren Verhandlung vertagt worden ißc. noch schwebt.Gestern sollte wieder ein Prozeß ähnlicher Art ge�en Weber ver.handelt werden. Diesmal war ein Baron A�-el v. Kolkenin Mosikatz in Livland der Kläger. Am 17. Februar v. I. Rattenwir in einer Schilderung des SchreckenSregime, zts in den Ostsee-Provinzen unter anderem gesagt, der Polizeio/fizier Jvanof undder Gutsbesitzer Baron Nolken seien völlig betrunken gewesen, alssie den Soldaten den Befehl gaben, auf das friedliche Volk zuschießen, der Baron habe auch befohlen, seine Viehställe anzuzünden,um das als Brandstiftung der Revolutionäre zu stempeln.— DieseAngabe soll nach der Behauptung des Klägcws nicht wahr sein.Nach Eröffnung der gestrigen Verhandlung vor dem Schöffen-gericht erbot sich Rechtsanwalt Dr. Karl Liebknecht als Ver-leidiger des Angeklagten, den Beweis der Wahrheit zu führen. Erbeantragte zu diesem Zweck die Vernehmung zweier Zeugen, vondenen der eine in Helsingfors, der andere, in Mosikatz(Livland) lebt.Diese sollen als Augenzeugen bekunden» daß das, was der»Vor-wärts" über die Handlungsweise des Barons Nolken sagte, derWahrheit entspricht.— Der Vertrete? des Klägers, RechtsanwaltDr. Etzel, bemangelte diesen Bew-sisantrag. Er meinte, manwisse ja nicht, ob diese Zeugen wirLlich existieren und, wenn sieexistieren, so frage er: Wie komme«in Techniker aus Helsingforsnach dem Gute Mosikatz. Das könne doch nur ein Revolutionärsein, der die Leute in Mosikatz aufgewiegelt habe. Die Glaub»Ivürdigkeit eines solchen Zeugen sei zu bezweifeln.Rechtsanwalt Liebknecht entgegnete auf diese verwunder-lichen Ausführungen: Unter leidlich geordneten Zuständen, wie sievor der Konterrevolution in Livland herrschten, könne ein Technikerdoch wohl aus anderen Gründen als der revolutionären Propagandawegen nach Livland gekommen sein. Und wenn der Zeuge einRevolutionär wäre, so sei er doch deswegen nicht weniger glaub-würdig, wie die Junker, die ewe Konterrevolution mit so vielGreueltaten gegen das Volk geführt haben, daß sich selbst dierussische Regierung genötigt sah, dem Treiben der Junker Einhaltzu gebieten.Auch der vorfitzende Richter machte zunächst einige Ein-wände gegen den Beweisantrag des Rechtsanwalts Liebknecht. DerRichter wünschte eine genawe Angabe der Wohnung der Zeugensowie des für ihre Vernehmung zuständigen Gerichts, da man vondem hiesigen Gericht nicht verlangen könne, daß es die Zeugen ineiner Privatklage ermittelt. Diesem Einwand begegnete der An-walt mit der Bemerkung: Wenn das Gericht Privatklagen an-nimmt, die sich auf Vorgänge im Auslande stützen, dann müsse dochden: Angeklagten gestattet sein. Zeugen im Auslande zu benennen.Welche Stelle für deren Vernehmung zuständig ist, das werde dasGericht mit Hülfe des Auswärtigen Amts ermitteln können. DieVerteidigung könne doch nun einmal nicht über Vorgänge im Aus-lande Zeugen benennen, die in Rixdorf wohnen.Das Gericht mußte schließlich dem Antrage des Verteidigersstattgeben und beschloß, die kommissarische Vernehmung der an-gegebenen Zeugen zu veranlassen. Die Verhandlung wurde infolge-dessen vertagt._Partei- Angelegenheiten.Erster Wahlkreis. Am Sonntag, den 3. Februar, findetFlugblattverbreitung statt. Die Genossen des ersten Kreisessowie die HSlfSkrSfte aus dem sechsten Kreise werden ersucht,vollzählig und zeitig an den bekannten Stellen sich einzufinden.Der Vorstand.Anläßlich der zu Sonntag von den Freisinnigen nach demFeenpalast einberufenen Versammlung werden die Partei-genossen ersucht, dieser Versammlung fern-zubleiben. Redefteiheit ist nicht gewährleistet und sichnur die Anpöbelungen unserer Partei anzuhören, dazu solltedie Zeit der Genossen zu schade sein.Ober-Barni«. Die Genossen, die am Hauptwahltage in Ober»Barnim geholfen haben, und am Stichwahltage. Dienstag, den6. d. Mts., wieder helfen wollen, kommen Sonnabendabend 9 Uhrbei Tempel, RummelSburg, Bahnhosstraße, zusammen.Charlottenbnrg. Am Dienstag, den S. Februar, abends 8 Uhr.findet im Volkshaus, Rosinenstr. 3, eine Volksversammlung statt.Die Tagesordnung lautet:„Was lehren uns die letzten Reichstags-wählen?" Außerdem wird in dieser Versammlung das Resultatder Stichwahlen verkündet. Zahlreiches Erscheinen erwartetDer Einberufer.Reinickendorf. Alle Parteigenossen, besonders die arbeitslosenVau- und die ausgesperrten Holzarbeiter, die sich an den Arbeitenam Tage der Stichwahlen, am Dienstag, den b. Februar, beteiligenwollen, treffen sich heute abend 8 Uhr bei T e m p e l in Rummels-burg-Alt-Boxhagen._Berliner JVaebriebten.Die Stichwahl im erste» Kreiseist auf Dienstag, den ö. Februar, festgesetzt. Die Hoffnung derFreisinnigen, daß ihnen in der Stichwahl die Stimmen der Christlich-sozialen und Konservativen, die nicht schon im ersten Wahlgange fürKaempf stimmen wollten, zufallen werden, wird erfüllt, denn eS wirdgemeldet, daß diese, soweit sie im ersten Wahlgange für Damaschkestimmten, entschlossen sind, in der Stichwahl für Kaempf einzutretm.Der Neubau des Operuhauses in Berlin beschäftigte amDonnerstag die Budgetkommission des preußischen Abgeordneten-Hauses. Der Finanznnnister machte auf eine Anfrage, wie es miteinem Neubau des Berliner Opernhauses stände, die Mitteilung,daß die Absicht bestehe, den allgemeinen Wunsch der Oeffentlichkeitauf Erhaltung des alten historischen Opernhauses zu berücksichtigen.Tagegen fei ein Entwurf erörtert worden, ein neues Opernhausauf dem Terrain des Krollfchen Etablissements zu errichten. DieserVorschlag habe aber noch keine greifbare Gestalt angenommen. Ausder Rommission wurde angeregt, bei der Projektierung dieses Neu-bau es die freie Konkurrenz der Künstler durch Preisausschreibenhereinzuziehen und nicht gewisse Künstler von vornherein einseitigzu bevorzugen.Eine längere Debatte hatte zuvor die Vergütung hervor-gerufen, die an die Krone für bauliche Herstellungen und In-standsetzungen des königlichen Opernhauses und des alten Magazin-gebäudes in Berlin etatisiert sind, und die seinerzeit im Ab-geordnetenhause zu lebhaften Angriffen geführt hatte. Es wurdebemängelt, daß diese Ausgabe ohne Genehmigung desLandtags gemacht worden ist, während doch erst im Vorjahrebeim Umbau des Schauspielhauses derartige Etatsverletzungen ge-rügt worden sind. Der Finanzminister wies den Vorwurf einerVerletzung des EtatSrechtcs zurück. Die Sache liege so, daß dasHausministerium diese Arbeiten ohne Genehmigung undVorwissen des Finanzministeriums habe ausführenlassen und erst nachträglich die Erstattung der durch die Arbeitenbewirkten Erhöhung des Substanzwertes der Gebäude beantragthabe. Es stehe mithin keine Bewilligung dieser baulichen Ver-änderungen, sondern eine Erstattung von dem Hausministeriumliquidierter Ersatzbeträge in Frage, zu der die Zustimmung desAbgeordnetenhauses gefordert werde. Diese Zustimmung wurdemit Mehrheit erteilt.Am Virchow-Krankenhanse sind die Abteilungen für GeburtS-hülfe und die gynäkologische Abteilung Ende Januar eröffnet worden,So sorgt der Berliner Freisinn für die Volksschule! Unter derUeberschrift„Ungenügende Schulräume" bringt die„Freisinnige Zeitung" die Nachricht, daß die von der städtischenSchulverwaltung gemieteten Räume in den WohnhäusernPank st ratze 3o und Schering st raße 9, die bishervon zwei Gemeindeschulen benutzt worden sind, in absehbarerZeit aufgegeben werden sollen. Diese Mitteilung, der wirauch in anderen Blättern begegnet sind, ist richtig. Siefindet sich in einer Vorlage des Magistrats, durch die die Stadt«verordneten ersucht werden, ihre Zustimmung dazu zu geben, daßein an der Pank- und Wiesenstratze gelegenes städtisches Grundstückzur Erbauung eines eigenen Gemeindeschulhauses verwendet werde.Das neue Schulhaus soll dann die Klaffen der beiden Mietsschulenaufnehmen.Die.Freifinnige Zeitung' gibt leider nicht an, warum die bisherbenutzten Räume plötzlich„ungenügend" sein sollten. In einigenanderen Blättern enthält aber die betreffende Notiz noch die Angabe, daßdie Räume jetzt als weder in baulicher noch in gesund-Zeitlicher Beziehung den Anforderungen ent-p rechend angesehen werden; und eS wird hinzugefügt, daß dasProvinzialschulkollegium den Wunsch ausgesprochen habe,der Benutzung dieser Wohnhäuser zu Schulzweckcn möchte ein Endegemacht werden. Auch das ist im wesentlichen richtig. Die näherenAngaben hierüber finden sich gleichfalls in der Magistratsvorlageund zwar in folgendem Wortlaut:„Seit längerer Zeit sindauf oen Grundstücken Pankstratze So und Scheringstraße 9Mietsschulen untergebracht(75. und 260. Gemeindeschule).Diese Mietsräume entsprechen in baulicher wie in gesundheitlicherBeziehung nicht mehr vollständig den Anforderungen, die jetzt anein Schulgebäude gestellt werden, besonders im Hause Scheringstr. 9haben sich im Laufe der Zeit solche Unzuträglichkeiten herausgestellt,daß das königliche Provinzialschulkollegium den Wunsch aus-gesprochen hat,„eS möchte nach Ablauf des Mietsvertrageseine Erneuerung des letzteren nicht vorgenommen werden".Man sieht, daß der Magisttat selber für beide MietSschulen dieUnzulänglichkeit zugeben muß, und daß er mindestens für Scherina«straße 9 sich auf eine Mahnung des ProvinzialschulkollegiumS beruft.Indes, die„Freisinnige Zeitung" hat die Vorsicht geübt, die ganzeSelbstkritik des Magistrats bis aus die letzte Silbe weg-zustreichen.aus der.Geschichte' der beidenAngaben zu machen, die nichtScheringstraße 9 dient seitIm„Vorwärts' wurde damalssofort festgestellt, daß gerade dieses Haus sehr wenig geeignet war.eine Schule aufzunehmen. Pankstr. 3o tvurde unseres Wissens zuerstim Jahre 1864 als Schulhaus in Benutzung genommen. Auch fürdiese Mietskaserne wurde im„Vorwärts" schon in der ersten Hälfteder 90er Jahre festgestellt, wie wenig sie sich zu einemSchulhaus eignet. Doch die Sparsamkeit, die derBerliner Stadtfreifinn immer dann für nöttg hält, wenneS sich um Aschenbrödel Volksschule handelt. gestattetenicht, solche„Schulhäuser" schleunigst wieder aufzugeben unddurch ein eigenes Schulhaus zu ersetzen. Auf die Unzulänglichkeitde« HauseS in der Scheringstraße mußte der Magistrat sich erst durchdas Provinzialschulkollegium ausinorksam machen lassen. Und dieseLeute, die durch ihre Lässigkeit der Aufsichtsbehörde immer undimmer tvieder Gelegenheit schaffen, sich in die Regelung der BerlinerSchulzustände korrigierend hineinzudrängen behaupten in edlerDreistigkeit, s i e seien die„Hüter der kommunalen Selb st-Verwaltung!"Kann ein Blinder an der Reichstagswahl teilnehmen? InBerlin wurde diese Frage stets bejaht; auch am letzten Reichstags-Wahltage ließen sich mehrfach erblindete Wähler zur Urne geleitenund gaben vor dem Wahlvorstande die Erklärung ab, daß ihnen zuHause schon der Zettel des Kandidaten, dem sie ihre Stimme gebenwollten, ausgesucht und mitgegeben worden sei. Sie erhieltendarauf das Wahlkuvert, wurden in den abgeschlossenen Wahlraumgeführt und wählten wie alle anderen. Im Vorort Johannis-t h a l dagegen wurde ein erblindeter Wähler, der von seinem Sohnegeführt, an die Urne herantrat, um seinen Stimmzettel abzugeben,auf den Einspruch eines Mitgliedes des Wahlvorstandes, nicht zurWahl zugelassen, mit der Begründung, man könne nicht wissen, obnicht einem Blinden böswillig ein anderer Stimmzettel unterschobenwürde, als der auf den Kandidaten, den er zu wählen beabsichtigt.Der Einwand der Mitglieder des Wahlvorstandes steht mit demWahlreglement nicht im Einklang. Im Z 15 Absatz 2 heißt eS vielmehr: Wähler, welche durch körperliche Gebrechen verhindert sind,ihren Stimmzettel eigenhändig in den Umschlag zu legen und demWahlvorsteher zu übergeben, dürfen sich zu diesem Zwecke der Bei-hülfe einer Vertrauensperson bedienen.Der Grunewald im Schnee.Wieder lagert die weiße Last über dem Walde. Schwer drücktsie auf den Kronen und mancher der braunen Stämme hat sich weitgegen den tief beschneiten Boden gesenkt. Wie Schneetessel er-scheinen die Seen von den Anhöhen und die Schlittschuhläufer habeneinstweilen den Kampf mit den Massen aufgeben müssen, die ihnendie gefährlichen, dünner beeisten Stellen in tückischer Weise ver-bergen. In die starre Eintönigkeit des Winterwaldes ist ein neuerZug gekommen: die zahlreichen, weißen Kreuze an den braunenStämmen verstärken den friedhofartigen Eindruck in hohem Matze.Alle nach derselben(östlichen Seite) gerichtet, drängen sie sich demWanderer durch ihre Massenhaftigkeit stellenweise in beängstigenderWeise ouf. Denn daß diese Kreuze keine lebenverheihenden Zeichensind, empfindet jeder augenblicklich. In den Zeitungen las manAbschwächungsversuche. ES sollte sich um Bäume handeln, die vorden Raupen der gefährlichen Nonne geschützt und mit einem Klebe-ring versehen werden sollten. Allein wir sehen wirtlich einenLeichenhof vor unS. Die gezeichneten Bäume sind sämtlich demTode versallen. Nicht die Nonnenraupe, sondern ein Pilz hat sieverwüstet; nicht einmal einer der giftigen Arten, sondern der unterdem Namen Hallimasch oder Honigpilz bekannte braune, süßlichriechende und vielfach als Nahrungsmittel eingesammelte Hutpilz(■Agsricus rnclleos). Bekanntlich sind diese Hutpilze nur dieWir sind in der Lage,.Schulhäuser" noch einigein der Vorlage stehen.Oktober 1900 als SchulbauS.Fruchtkörper des eigentlichen Pilzes, der in Form von verworrenen,meist weißlichen Pilzfäden die Walderde durchzieht. Der Hallimaschist ein Parasit, der cs vornehmlich auf Nadelhölzer abgesehen hat.Gelingt cs seinen Pilzfädcn, auf junge Kiefernwurzeln zu stoße»und eine geschwächte Stelle zu treffen, die ihm das Eindringen er«möglicht, so ist der Baum verloren. Die Pilzfäden schließen sichzu braunen Strängen zusammen, durchkriechen zwischen Rinde undSolz die Wurzeln und den Stamm und töten ihn langsam abersicher ab. Der Fachmann erkennt die Krankheit, den„Erdkrebs",mit sicherem Auge an äußeren Zeichen. Auf den großen Wurzelnund am Stamme bricht unter der Wirkung der Pilzwucherungenhier und da die Rinde beulenförmig und rissig auf. Wir könnendas bei einiger Aufmerksamkeit bei allen gezeichneten Bäumen fest-stellen. Sie müssen gefällt werden, teil» weil sie nicht zu rettensind, teils weil sie durch längeres Stehenlassen nur noch mehr ent-wertet würden. Denn zuletzt fällt von dem toten Stamm die Rindeab und der bleiche entrindete Stamm, den wir in weniger gepflegtenWäldern oft bemerken können, wird morsch und unbrauchbar.Durch das Fällen der Stämme wird auch dem betreffenden Pilzein den meisten Fällen cm Ziel gesetzt. Er hat die schwächerenExemplare befallen. Die stärkeren pflegen unversehrt übrig zubleiben und an diesen wird zuletzt die Angriffskraft de? Pilzes er»lahmen. Wäre dem anders, so würden wir längst keine Wäldermehr haben._Berlin im Schnee.Nicht ganz so trostlos als am Donnerstag sah es gestern mitdem Verkehrswesen in Berlin und in den Vororten aus. Die ver-gangene Nacht diente dazu, die Sttaßen wenigstens einigermaßenwieder in Stand zu setzen und die Straßenbahngleise so weit alsmöglich von den festgetretenen Schneemaffen zu befreien. Mit demSchneeflug wurde tüchtig gearbeitet und auch die Schneeschippermachten Nachtschicht. Die Pflüge und Salzstreuwagen der GroßenBerliner Sttaßenbahn blieben ununterbrochen in Tätigkeit.Der Straßenbahnverkehr war gestern auch nur ein teilweiser.Die Große Berliner Straßenbahn hatte ihr Hauptaugenmerk amDonnerstag darauf gerichtet, die Verbindungen zwischen den Bor-orten und der Stadt Berlin wieder herzustellen. Dagegen stieß dieWiederaufnahme des Jnnenverkehrs aus erhebliche Schwierigkeiten.Der Omnibilsbetrieb wurde zwar am gestrigen Morgen aufgenommen,jedoch konnte er auch hier nicht im vollen Umfange durchgeführtwerden. Die Wagen kamen, obwohl sie mit Vorspannpferden ver-sehen waren, nur langsam vorwärts, blieben mehrfach stecken undkonnten nur mit Hülfe der Passagiere, die auSsttcgen und schiebenhalfen, wieder flott gemacht werden. Der Hochbahn- und Stadtbahn-betrieb wurde dagegen gestern früh wieder in normaler Weise auf«genommen und vollzog sich ohne Stockungen.Der Verkehr der Lastfuhrlverke und Droschken stockte auch gesternnoch fast vollständig. Vielfach konnte man beobachten, wie aufoffener Straße den Pferden, die sich vergeblich bemühten, dieschweren Lasten von der Stelle zu bewegen, Stollen an die Hufegelegt wurden. Auf den Gleisen lagen überall Lastfuhrwerkefest und erneute Störungen wurden dadurch hervorgerufen.Leider haben sich auch am gestrigen Nachmittag und Abend zahlreicheUnglücksfälle zugetragen. In der Potsdamer- und Leipzigerstratzehatte sich auf den Biirgerstcigen infolge des Streuens von Salz eineschlüpfrige Masse gebildet, auf der mehrere Passanten ausglitten undsich erhebliche Verletzungen zuzogen. Auf den RettungS-, SanitätS-wachen und Unfallstattonen wurden mehr als 40 Personen ein-geliefert, die teils durch Niederstürzen aus den Straßen, teils auchdurch Schneebälle Verletzungen davongetragen hatten.Im Schnee versunken sind auch gestern mehrere Kinder. Sowurden in der Kirchsttatze in Friedenau die Anwohner plötzlich durchgellende Hülferufe und jämmerliches Klagen aufgeschreckt. Das4jährige Söhnchen des Bäckermeisters Weigel hatte sich allein aufdie Straße hinausgewagt und war in den ttcfen Schnee hinein-geraten und bis über die Ohren darin versunken. Durch hinzu-eilende Bäckergesellen wurde der Knabe befreit.Ein Rattenkönig von Prozessen gegen HauS-b e s i tz e r wird die Folge des letzten außergewöhnlichen Schnee-falles sein. Im Zentrum der Stadt werden die meisten Treppennoch auSschließlick durch Oberlicht erhellt. Die dicke Schneedecke,die auf den Oberlichtfenstern lagerte, verwehrte dem Tageslichtden Durchgang, die Treppen waren in Dunkel gehüllt, dieHausbesitzer unterließen es aber vielfach, durch künstliche Be-leuchtung Abhülfe zu schaffen, weil sie sich auf denStandpunkt stellten, daß hier eine„höhere elementare Gewalt"vorliege, für deren Folgen sie nicht haftbar gemacht werden könnten.Jetzt liegen nun eine Reihe von Meldungen über Unfälle vor, dieauf die Dunkelheit der durch den Schnee schlüpfrig gewordenenTreppenaufgänge zurückzuführen sind. Die Verunglückten wollen invielen Fällen den Hausnnrt für dm erlittenen Schaden haftbarmachen, und das Gericht wird nun zu entscheiden haben, ob starkerSchneefall von der Beleuchtungspflicht entbindet.Eine Reihe schwerer Unglücksfälle sind leider aucham gestrigen Nachmittag vorgekommen. Vor dem Hause Eichen-dorffstraße 17 glitt die Ehefrau Margarete Feuerstein aus derChauffeestr. 103 aus und zog sich einen rechten Oberschenkelbruchzu. Sie fand im Lazarus-KrankenhauS Aufnahme.— In derJnvalidenstraße kam die 23 jährige Ella Stoack, TreSckowstr. 5 wohn-Haft, so unglücklich auf dem Bürgersteig zu Fall, daß sie einen Arm-bruch erlitt.— Sehr schwere Verletzungen zog sich auch der Handels-mann Martin Karowski, Tieckstr. 17, bei einem Sturz auf demStratzendamm zu.— Allgemeines Mitleid erregte in der Kolonie-straße das Schicksal einer Greisin. Die 73 jährige Luise Bauer,Prinzen-Allee 89 wohnhaft, rutschte auf dem glatten Schnee ausund erlitt komplizierte Brüche an beiden Oberschenkeln. Frau B.wurde ins Lazarus-Krankenhaus eingeliefert.— An der Kreuzungder Berg- und Ringbahnstraße trug der Hausdiener Karl Döringaus der Walterstr. 55 bei einem unglücklichen Sturz einen schwerenUnterschenlelbruch davon.Wird e» helfen? Aus Anlaß der Betriebsstörung auf derNnterleitungsstrecke Potsdamer Platz Ecke Königgrätzerstraße bisDorotheenstraße bezw. bis Moltkebrücke Iverden folgende Ab-lenkungen bezw. Linienveränderungen durchgeführt: 1. Linie 6und 9 nehmen ihren Weg von Alt-Moabit über Friedrich Karl-Ufer,Karlsplatz, Louisenstratze, Dorotheenstraße, Opernplatz, Haus-voigteiplatz, Jerusalemerstraße.— Einsatzlinien verkehren zwischenLeipziger Platz und Schlesischen Bahnhof bezw. Wilhelmshavener-straße und Dorotheenstraße. 2. Linie 7 und 15 Verkehren zwischenRixdorf und Potsdamer Platz, Ecke Köthenerstratze bezw. Dorotheen-straße und Alt-Moabit. 3. Linie 13 verkehrt wie Linie 6 und 9.4. Linie 14 verkehrt zwischen Marheineckeplatz und Potsdamer Platz.Ecke Köthenerstraße bezw. zwischen Moabit und Dorotheenstraße.5. Linie 52 und 56 werden durch die Leipziger-, Kanonier-,Französischestraße, Opernplatz, Bahnhof Börse, abgelenkt. 6. Linie51 und 57 laufen über Leipziger-, Kanonier-, Französischestraße,Opernplatz, Weidendammerbrücke, Friedrichstraße, Jnvalidenstraße.— Einsatzlinien verkehren zwischen Dorotheenstraße und Pankow.7. Ring 1 verkehrt einerseits bis zur Kronprinzenbrücke, anderer-seitS bis zur Köthenerstratze.— Die Strecke von der Kronprinzen-brücke bi» zum Potsdamer Platz fällt aus. 8. Linie dl, O, T, derBerlin-Eharlottenburger Straßenbahn können nur bis zur Sieges-Allee geführt werden.— Die Strecke von der Sieges-Allee bis zumKupfergraben fällt aus.Die größte Kalamität wird durch die Unterbrechung de? Ring-bahnverkehrS heraufbeschworen. Die Große Berliner verfolgtnatürlich damit ganz offensichtlich nur den Zweck, nunmehr auchendlich den schon lange sehnlichst erhofften OberleitungSbetrieb vordem Brandenburger Tor zu erhalten. Dazu ist jedes Mittel recht!