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Bian, die Soldaten aus der Kaserne zu entfernen und auf die umliegenden Dörfer einzuquartieren ein unfehlbares Mittel, den umliegenden Dörfern die Chalera zu geben. Auf genau dieselbe Weise wurde 1866 Leipzig mit der furchtbaren Cholera versehen, die über 2666 Menschen hinwegraffte. Nicht als ob wir für die Soldaten kein Herz hätten aber wir dächten, für das enorme Geld, welches die Armee kostet, könntemanauchdenSoldatengesundeKasernen errichten." Der Verfasser derVolksstaat"- Notiz hat also nicht die aus Frankreich heimkehrenden Soldaten beschimpft, sondern den Herrschenden des Militärstaates vorgeworfen, daß sie die Menschen einerlei ob im Zivilanzug oder in Uniform als zweibeinige Tiere betrachten, und er hat gegen solche mißachtende Behandlung protestiert. Das Flugblatt des Reichsverbandes hat also unverschämt gelogen und, um die Feststellung dieser Lüge zu erschweren, obendrein das Datum gefälscht. Wir teilten darauf in Nr. 17 desVorwärts"(vom 20. Januar 1907) den genauen Wortlaut derSZolksstaat"» Notiz mit. Selbstverständlich fühlte wieder keines deran- ständigen" Blätter, welche die Behauptung des Reichsverbands- Fluglattes übernommen haften, sich zu einer Berichtigung der- anlaßt. Es wurde weiter gelogen. Das sind nur einige wenige Beispiele aus allerletzter Zeit; doch sie genügen, um die infame Mache zu kennzeichnen. Was kann geschehen, um diesem Ver- leumdungstreiben entgegenzutreten? Das Berichtigen hat wenig Zweck, denn Berichtigungen nimmt die anständige" Presse von der Art derPost" und der Bartling- scheuNational-Zeitung" nicht auf.' Zudem lassen sich viele Notizen, zum Beispiel in denen ohne Angabe des Namens ein- fach behauptet Ivird, in Berlin , Hamburg oder Leipzig wäre ein Schneider- oder Bäckermeister von seinen Gehülfen terrorisiert worden, nicht berichtigen. Hier kann nur helfen, baß den sozialdemokratischen Lesern an einzelnen Beispielen klar gemacht wird, wie ein großer Teil der gegnerischen Presse systematisch fälscht und verleumdet, verleumdet wider eigenes besseres Wissen, und deshalb seinen Verleumdungsnotizen nicht der gering st e Wert beizumessen ist. Vor allem muß der Einfluß der sogenannten unparteiischen Presse mehr und mehr ein- geengt und der Arbeiter dahin gebracht werden, daß er die Zeitungen liest, die fest und konsequent sein Interesse vertreten: die Blätter der Sozialdemokratie. Und da einerseits der ein- fache, noch nicht politisch geschulte Arbeiter diese Blätter oft nicht versteht, und andererseits diese Blätter in manche Arbeiter- kreise, besonders die ländlichen, nicht einzudringen vermögen, so müssen neben den bestehenden populäre Wochen- und'Halbmonatsblätter gegründet werden, die sich selbstverständlich ohne Verletzung unserer Grund- sätze dem Verständnis dieser Kreise anpassen. Die russische Revolution. Die Duma. Petersburg, 22. ssebruar. Meldung der Petersburger Telear.- qenturs Das endgültige Ergebnis der DunnNvahlen lft noch nicht ' estellt, es ist aber schon jetzt ficher, dqtz die Kadetten übe? eine Mehrheit verfügen werden. Petersburg, 21. Februar Meldung der Petersburger Telear.- qtur.j Die tiählung der Wahlzettel in den Petersburger Wahl- ezjxkeii war erst in vorgerückter Nachtstunde beendet. I» allen Bezirken siegten die Kadetten. Von den IM Gewählte» sind: IM Kadetten, 9 Linke und 1 Ottobrist. Petersburg, 22. Februar. (Meldung der Petersburger Telegraphen-Agentur.) Bis nachmittags 43/e Uhr sind 406 Ab­geordnete zur Duma gewählt, darunter 73 den monarchistischen Parteien angehörend(28 Monarchisten und Mitglieder der Rechten), 41 Gemäßigte(21 Oktobristen, 13 Gemäßigte, 1 Mit­glied der Partei der Rechtsordnung, 1 monarchistischer Demo- krat und 5 Mitglieder der Zentrumspartet), 247 Mitglieder der Linken(2 Mitglieder der Friedensernenerung, 1 demo- kratischer Reformer. 24 Progresslsten, 66 Kadetten, 29 Mit- glieder der Arbeitspartei, 39 Sozialdemokraten, 9 Sozial- revolutionäre und 77 Mitglieder der übrigen Linken), 44 Na- tionalisten und 1 Mitglied, dessen Parteiangehärigkett un- bekannt ist. Auf der Geldsache. Mit seder Stunde bringt der Draht neue Meldungen über die Siege der Opposition bei den Dumawahlen. Es unterliegt keinem Zweifel mehr: Die Hoffnungen des Herrn Stolypin , einegefügige" Duma zu bekommen, sind bereits gescheitert. Immer beharrlicher werden daher die Gerüchte von der bevorstehenden Auflösung der Duma, jck sogar von der Möglichkeit, daß fix vorläufig überhaupt nicht einberufen werden sollt Diese Pläne werden zur Tatsache werden, sobald es der russischen Regierung gelingt, im Auslande eine Anleihe abzuschließen. Nur die Weigerung der ausländischen Bankiers, ohne d»e nötigen konstitutionellen Garantien mit dem Gelde herauszurücken, kann die Regierung Nikolaus' II. dazu zwingen, mit der Volksvertretung zu rechnen. In derDa vio finanoUre"(.Das Finanzlcben") teilt der französische Publizist Alexandre Ular inter« essante Einzelheiten über das bekannte Projekt einer maskierten Anleihe in Frankreich mit:Das Projekt einer maskierten Anleihe in Frankreich verdient die ernsteste Beachtung nicht bloß deshalb, weil ihre Verwirklichung fast wahrscheinlich ist, sondern auch deshalb, weil fie eine wahre Revolution im ökonomischen Leben Rußlands im Gefolge hätte. Es handelt sich um die Verpachtung eines Teils des russischen Eisenbahnnetzes an ein französisches Syndikat... DerKern des Projekts diesermaskierten Anleihe" besteht in folgendem: Es wird der russischen Regierung angeboten, sieben Eisenbahn- linien für den Zeitraum von fünfzig Jahren zu verpachte», wobei der LoSkauf auch schon ftüher(nach 25 Jahren) erfolgen kann. Die Linien, die in Betracht kommen, sind die wichtigsten von ganz Rußland ; sie haben eine Ausdehnung von zirka 10 6iO Werst und berühren alle großen Häfen doS Schwarzen und Baltischen MeereS (W z. B. die Linien Petersburg Warschau, Riga Orel , Kursk Selvastopol, die Jekaterincr Bahn und die Südwestbahnen). Dafür soll die russische Regierung eine Milliarde Rubel in barem Gelde erholten. -SÖir lassen die Details des vor Ular mitgeteilten Projekts bei- seite; denn die obigen Angabe» genügen schon, um zu beweisen, daß nur eine Regierung, die am öiande des Untergangs steht, einem Syndikat von Ausländern die wichtigsten Verkehrsadern aus M Jahre übergeben kann, um zur Bekämpfung des eigenen Volkes eine Milliarde Rubel in die Hände zu belommen! Wenn auch die deutschen Bankiers Auge und Ohr verschließen, so werden doch wohl die deutschen Kleinkapitalisten ein wenig nach- denken, ehe sie ihre Ersparnisse einer unsicheren Regierung an- verttauen. Zu dementieren" Petersburg, 22. Februar.(28. T. B.) Die Petersburger Tele- graphen-Agentur ist ermächtigt, die Nachricht eines auswärtigen Blattes auf das bestimmteste zu dementieren, wonach in Zarskoje- Sselo eine Beratung stattgefunden habe, m der beschlossen worden sei, sofort nach dem Zusammentritt der Duma eine programmatische Erklärung vorzulegen, und, falls diese nicht angenommen werde, die Duma Aufzulösen und über ganz Rußland die Diktatur zu ver- hängen. Als Diktator werde der Großfürst Nikolai Nikolajewitsch genannt. Die Nachricht sei absolut falsch. Das Schurkeustück gegen Tscheruiak. London , 22. Februar.(B. H. ) Wie aus Stockholm berichtet wird, ist die dortig« Polizeivcrwaltung überzeugt, daß der russische Revolutionär Tscherniak und die drei anderen Personen, die an Bord desOlaf Wyg" umgekommen sind, Opfer der russischen Geheim- Polizei geworden sind. Zwei Tage vor der Abfahrt des Schiffes nämlich traf in Stockholm ein Mann ein, der sich für einen fraa- zösischen Händler Leroi ausgab, aber, wie nunmehr festgestellt ist, ein Agent der russischen Polizei war. Am Tage der Abfahrt des Schiffes war er plötzlich verschwunden, und die Polizei ist über- zeugt, daß er sich an Bord desselben begeben hatte, um Tscherniak zu töten. Man sollte abnehmen, daß die schwedische Polizei ihre russische Kollegin richtig zu beurteilen versteht. 1 politische dcbcrficbt Berlin , den 23. Februar 1907. Fürsorge. Das preußische Abgeordnetenhaus hat am Freitag die zweite Beratung des Etats des Ministeriums des Innern beendet und die meisten Positionen ohne Debatte genehmigt. Eine recht interessante Erörterung rief die Forderung von 4 700000 M. Zuschüsse an die Kommunalverbände zur Aus- ührung des Fürsorgeerziehungsgesetzes hervor. Während insbesondere dw Herren vom Zentrum für die bis- herigen mangelhaften Erfolge dieses Gesetzes die zu geringe Anzahl von Religionsstunden in den Anstalten verantwort- lich nrachten und die Religion natürlich nach Konfessionen getrennt als Allheilmittel gegen dieVerrohung der Jugend" und dieUnsittlich keit" anpriesen, machte Geheimrat K r o h n e, bekanntlich der beste Kenner unseres Gefängnis- Wesens, bemerkenswerte Aeußerungen, die um so wertvoller sind, weil sie aus dem Munde eines preußischen Regierungs- rats und nicht etwa eines sozialdemokratischen Agitators stammen. Geheimrat Krahne schob der Gesellschaft, die sich von sittlich gefährdeten jungen Leuten abwendet und frühere Für- sorgezöglinge zurückstößt, anstatt sich ihrer gerade besonders liebevoll anzunehmen, die Schuld dafür in die Schuhe, daß jene schließlich völlig auf Abwege geraten. Er betonte, daß sehr viel gewonnen»väre, ivenn die Gesellschaft den entlassenen Fürsorgezöglingen die nötige Freundlichkeit entgegenbrächte und sie nicht alsKorrigenden", als Auswurf der Menschheit behandelte. Beachtenswert war auch sein Appell an die ge­bildeten Frauen, sich der Erziehung sittlich Gefährdeter mehr als bisher zu widmen. Leider scheint Herr Krahne dabei zu übersehen, daß die preußische Gesetzgebung dem Schwierig- ketten in den Weg legt, nicht nur indein sie die Frauen an der öffentlichen Betätigung hindert, sondern indem sie sogar deren Mitwirkung an der kommunalen Armen- und Waisenpflege aufs äußerste einschränkt. Werden doch die Frauen nicht einmal als vollberechtigte Mitglieder in Waisendeputationen zugelassen, wo sie eine segensreiche Tätigkeit entfalten könnten I Die Regierung sollte die Konsequenz aus der Rede ihres Ver- treters ziehen und endlich die Gesetze aus der Welt schaffen, welche die Frauen zu Staatsbürgern zweiter Klasse machen. Nach Erledigung des Etats begann die Besprechung der beiden vom Zentrum und den Freisinnigen eingebrachten Interpellationen über das Unglück auf der Grube Reden. Der vorgerückten Zeit wegen kam nur der Be- gründer der freisinnigen Interpellation. Abg. G o l d s ch m i d t, zu Worte, der in engem Anschluß an die Mitteilungen des Vorwärts" über den entsetzlichen Unfall die Regierung nach den Ursachen desselben fragte, sich gegen die Sparsamkeit der Verwaltung an falscher Stelle wandte und die Anstellung von Grubenkontrolleuren aus der Arbeiterklasse forderte. Am Sonnabend wird zunächst die Interpellation des Zentrums begründet werden. Dann wird Minister Delbrück die Interpellationen beantworten. Man darf gespannt sein zu hören, was dieser Regierungsvertreter über die Für­sorge für Preußens Bergsklaven zu sagen haben wird. Die rein negierende Sozialdemokratie. Die größte Wahllüge, die vom SIcichsverband und den von ihm abhängigen Personen mit Eifer kolportiert wurde, daß die Sozialdemokraten immer nur ablehnen, aber keine positive sozialpolitische Arbeit leisten, wird van den Vertretern der bürgerlichen Parteien selbst so oft widerlegt. als sie Versuche machen, sozialpolitische Anträge zu stellen. Ihr eigenes armseliges Hirn reicht nicht aus, etwas zu entdecken, was zum Wohle der Arbeiter dienen könnte. Da suchen sie sich denn zu helfen, indem sie zu Slnträgen und Vorschlägen greisen, die unsere Genossen im Reichstage gestellt haben, und suchen diese in etwas verschlechterter Form«inzubringen. So machte es 1897 der Führer des Bundes der Landwirte, als er einen Entwurf zum Alters- und Jnvaliditätsversicherungs-Gesetz einbrachte, und ebenso macht es jetzt Gamp mit seinem Antrage. Plötz wollte die Versicherung auf die Kleinbauern ausdehnen und beantragte, in 8 1 des Gesetzes eine Ziffer 4 einzufügen. Er nahm den Wortlaut des Antrages Bebel, Nr, 149 der Drucksachen 1888/80, und ersetzte das WortEinkommen" durch das Wort Arbeitseinkommen". Dadurch wären nun aber nicht nur die Kleinbauern und Handwerker, sondern auch alle Rentiers, die weniger als si000 P- mit Arbeiten perdienen, in die Versicherung hineingekommen Eine ähnliche Ungeschicklichkeit macht Gamp mit seinem An- trage. Die Vereinfachung und Zusammenlegung der drei Versicherungszweige ist eine alte Forderung unserer Partei! Also Ziffer 1 seines Antrages hat er von den Sozialdemokraten entlehnt. Llber die Anträge und Borschläge unserer Genoffen setzten voraus, daß der Kreis der Versicharten ein gleicher ist. Bei Schaffung der Gesetze sowie bei allen Re- formen der Versicherungsgesetze haben unsere Genossen beantragt, diese elementare Borbedingung für die Zusammen- legung der drei Versicherungszweige zu schaffen. Gleichzeitig be- antragten sie die Versicherung auf Kleingewerbetreibende und Privatbeamt» auszudehnen. Soweit folgt also Gamp den Vorschlägen unserer Genossen. Aber unsere Genoffen gingen weiter. Sie verlangten die Ausdehnung der Versicherung auf Arbeiten zur Rettung von Personen und Sachen, ferner auf Personen, die in Anstalten für Kunst, Wiffenschaft, der Körperpflege,, her Spprtunternehmungen usw. beschäftigt find. Diesen Teil der sozialdemokratisch�� Anir� hat Gamp sich wohl für spätere Zeiten aufbewahrt, ode'>';al sie Gesinnungsgenossen überlassen, die auch etwas positiv Arb eil leisten wollen. Aber Gamps Antrag muß an der Undurcht ihrbc.-r- kcit scheitern. Er läßt die Landarbeiter au-�i d« r Krankenversicherung , die Dienstboten aus de r Kranken- und Unfallversicherung heraus! Die Annahme des Gampschen Antrages würde zur Folge haben, da ,'ß es Versicherte gibt, die nur Anspruch auf Alters- und Invalide, i- rente haben, andere, die außer Anspruch auf Alters- und Ii>. validenrente noch Anspruch auf Unfallrente, aber keinen An. s p r u ch auf Krankengeld haben. Die Unfallrente würde teil f nach tatsächlich verdienten Löhnen, teils ortsüblichen Tagelöhner teils nach den von den Verwaltungsbehörden festgesetzten Löhne r., teils nach vom Reichskanzler festgesetzten Heuern festgestellt. E-Z ivüree eine so komplizierte Maschinerie erforderlich sein, dies: bunte Versicherung durchzuführen, daß die Verwaltungskosten noc>i höher werden würden, als sie jetzt schon sind. Gamp will aber diu Landarbeiter und Dienstboten von der Kranken- resp. Kranken und Unfallversicherung ausschließen, um für die Agrarier cinigk Pfennige Beitrag zu sparen! Ziffer 2 seines Antrages, die Herabsetzung de� Altersgrenze füx den Bezug der Altersrente ist wiederun dem sozialdemokratischen Arsenal entlehnt. Er findet sich als An trag Bebel und Genossen in den Drucksachen für 1888/89 und als Antrag Auer und Genossen, Nr. 169 in den Druck- fachen 1896/97. Dort wurde freilich die Herabsetzung der Alters- grenze aus daS 60. Lebensjahr gefordert. Dieser Antrag wurde später nicht wiederholt, weil festgestellt ist, daß sowohl in Staats- betrieben als in der Landwirtschaft den alten Leute» die Rente durch Lohnkürzungen wieder entzogen wird. Unsere Genossen verlangten dafür leichtere Erlangung der Invalidenrente, so daß die Leute, die durch Verfall ihrer Körper- träfte nicht mehr in der Lage sind, die Hälfte von der Summe zu verdienen, die gleichartige Arbeiter haben, ohne Rücksicht auf ihr Alter Rente erhalten sollen! Lllso was brauchbar ist, hat Gamp aus den Anträgen der Sozialdemokraten entnommen, und was er selbst gemacht hat, ist nndurchführbar! Stellen die Sozialdemokraten die Anträge, dann heißen sie nach dem geschmackvollen Ausdruck des Reichskanzlers nörgelnde, unfruchtbare Kritik", wenn aber ein fozialdcmokratifcher Antrag verschlechtert von anderen Parteien oder gar als Rrgicrungsentwurf eingebracht wird, dann ist es eine soziale Großtat!- Liberalismus und Sozialismus. DasB�rl. Tageblatt" druckt aus einem Artikel. den Genosse Jaurbs in der neuesten Nummer der Halbmonatsschrift März" veröffentlicht hat, längere Teile ab, in denen auch folgende Stelle vorkommt: Hier aber tut sich eine andere Frage auf. Wenn Deutsch- lands bürgerlicher Liberalismus eine lebendige Kraft sein will, wenn er kraftvoll danach strebt, ein Programm zu entwickeln, worin politische Freiheit, konstitutionelle Kon- trolle und Friede stehen: darf die deutsche sozia- liste n partel ihn dann unterstützen? Ich stelle die eine heikle Frage, denn ich weiß, die Sozialisten sind noch ganz erhitzt und zornig von der Schlacht, die sie gegen die zu Re- gierungsverbündelen Liberalen durchgefochten haben, und um sich über diesen Groll zu erheben, dazu wäre wohl eine übermenschliche Spannkraft»ölig. Gleichwohl will ich's wagen, alles zu sagen, was ich tv-l Meiner Meinung nach sollte die deutsche So�ialdem kratie zuerst vorgehen und einen kühnen politische Schritt tun: sie sollte dem bürgerlichen Liberalismus geger über so handeln, als ob er eine er n st haste, aufrichtig Kraft wäre, sie sollte zu den Liberalen und Demokrat« sprechen: i Ihr behauptet, ihr wollt ernstlich die politische Freiheit m, die Demokrane? Beweist es und fordert in allen Landtage- wo ihr Einfluß habt, das allgemeine Wahlrecht solo eine gerechtere WahlkreiSeinteilung bei d< Reichstagswahlen! Ihr behauptet, ihr wollt die En> Wickelung der GeisteSfreit? Beweist eS und b lämpfl wirklich alle Parteien des Obskurantismus, sichert d Laienfreiheit der aller Konfessionen ledigen Schule m trennt den Staat von allen Kirche»! Tut ihr nicht, dann schützt ihr den Liberalismus nur bor und hal bloß einen Zwist der Regierung mit dem Zentrum benutz um Euch in den Dienst der Regierung einzuschlcichcr Dagegen: tut ihr'», versucht ihr ernstlich, eine k o n stitutionell« demokratische Regierungsweife in Deutschland einzuführen, und stützt und betängt ihr ein Pro- gramm des Friedens, des allgemeinen Wahlrechts, der politischen Freiheit und der Laisierung: dann wollen wir euch mit der ganzen ungebrochenen Kraft des Proletariats helfen, die Anstürme der Reaktion zu bestehen. Wir werden nach wie vor unser Ideal der sozialen Umwandlung behaupten und ausbreiten: wir werden euch bekämpfen: nie aber um euch der Reaktion aus» zuliesern. und ihr lauft keine Gefahr, zwischen zwei Feuer zu kommen." Der Artikel beweiß, baß Genoffe Janrös die deutsche Partei« Verhältnisse wie das bei einem Ausländer auch keineswegs un- erklärlich ist doch nicht so genau kennt, um die potilische Situation richtig beurteilen zu lvnnen. Der Rat, den uns Genosse JauräS gibt, ist an sich durchaus nicht übel: nur schade, daß er bereitövor mehral« 40 Jahren von einem gewissen Ferdinand L a s s a l l e der damals erst im Entstehen begriffenen sozialistischen Arbeiterbewegung gegeben und seit mehr als vier Jahr- zehnten von derSozialdemokratie befolgt worden ist! Die deutsche Sozialdemokratie ist während dieser 4 Jahrzehnte unabläsfig bemüht gewesen, den deutschen Liberalismus vorwärts zu treiben, um mit ihm gemeinsam erst einmal die demokratischen Grundforderungen in Deutschland durchzusetzen. Leider aber hat sich der deutsche Liberalismus selbst in seiner äußersten Linien immer mehr nach rechts entwickelt. Die Zahl der wenigen freisinnigen Politiker, die gegen den Strom zu schwimmen versuchten, sahen sich politisch immer mehr isoliert und zu immer größerer Einflußlosigkeil verurteilt. So hat der letzte wirkliche Freisinnige, Herr Dr. Theodor Barth , sogar seine Wochen- schrist aufgeben müssen, da das Häuflein seiner Anhänger im Frei« sinn immer mehr zusammenschmolz., lieber die Tal fache dieser reaktionären Eni- Wickelung de« Freisinns gibt eS zurzeit in der deutschen Sozialdemokratie keinerlei M e i n u n g ö d i f fer e n z en. So erklärt beispielsweise in derselben Nummer der Halbnwnatsschrist März" der Genosse Heine, daß bis jetzt dieFrucht des Junq- liberalismuS" nicht der Fortschritt des Liberalismus zu einerlrast- vollen demokratischen und sozialen Reformpolitik", sondern eine Entwickelung der freisinnigen Partei in der Richtung zum National'liberalismuS" den Heine kurz vorher als verschämten Konservatismus gekennzeichnet hat gewesen sei. Heine sagt wörtlich: Einer der wenigen praktischen Differnnzpunkte in der Sozialdemokratie betras daS VerhaltnüS zu d en bürgerlich- freisinnigen Parteien. Zwar dachte kein Revisionist" daran, die Sozialdemokratie mit dein Freisinn zu verschmelzen", und keinRadikaler" bestritt je, da'; eine starke bürgerlich-demokratische Partei ein großer Vorteil für daü deutsche Volk wäre, und daß wir mit ihr in vielen Punkte i zusammen- arbeitea müßten: aber die Hoffnungen, die aus den«nt-