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Dr. 57. 24. Jahrgang.

2. Beilage des Vorwärts  " Berliner   Volksblatt.

Partei- Angelegenheiten.

Lichtenberg  . Die Vorarbeiten zur Gemeindewahl erfordern die Mithülfe aller Genossen! Am Sonntag findet eine Flugblatt­berbreitung statt. Hülfskräfte mögen sich sofort bei ihren Bezirks führern melden, um das Material in Empfang zu nehmen. Alle Mann an die Arbeit. Sonntag mittag 12 Uhr findet im Schwarzen Adler", Frankfurter Chauffee 5, zum Abschluß der Wahlbewegung eine Volksversammlung statt. Genosse Dr. A. Bernstein hat das Referat übernommen. Genossen, die am Wahltage Montag, den 11. März Beit haben, wollen sich am Sonntag 11 Uhr im Ver­fammlungslokal einfinden.

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Der Vorstand.

Nieder- Schönhausen. Die Parteigenossen werden ersucht, am Sonntag, den 10. März, früh 8 Uhr, in den Bezirkslokalen recht zahlreich zu erscheinen. Neuenhagen  ( Ostbahn). Am Sonntag, den 10. März: Flugblatt­und Handzettelverteilung. Ausgabe derselben am Sonnabendabend von 8-9 Uhr bei Wünsche. Zahlreiche Beteiligung unbedingt not­wendig. Die Bezirksführer.

Nieder- Lehme. Die Parteigenossen werden hierdurch auf den am Sonnabend, den 9. März, abends 8 Uhr, in dem bekannten Lokale ſtattfindenden Zahlabend aufmerksam gemacht. Das Erscheinen aller Genossen ist dringend nötig.

Berliner   Nachrichten.

Ein Straßenbild.

Auf der Leipzigerstraße steht ein schwerer Lastwagen. Das vorgespannte Pferd versagt den Dienst, der Fuhrmann ruft, zieht am Zügel, treibt an: der Gaul gehorcht nicht! Er sieht gerade so reduziert aus, wie der Fuhrmann. Vorbei fahrende Kutscher und Automobilisten sind unwillig über das Hindernis. Eiligen Schrittes kommt ein Schuhmann an­geftürzt.... Der Fuhrmann gerät in Aufregung-- Aber das Pferd setzt allen seinen Bemühungen, fortzukommen, weiter unerschütterliche Passivität entgegen. Vielleicht ist es müde, krank; jedenfalls, es versagt den Dienst. Schließlich wird der Fuhrmann wütend- bei einer Dame würde man sagen: nervös!- mit dem Peitschenstiel versett er dem Gaule ein paar Stöße in die Rippen. Auch damit bringt er nicht das Gefährt von der Stelle. Aber einen elegant gekleideten Herrn sett er in Bewegung. Dieser hat dent Treiben schon einige Zeit zu geschaut, nun springt er zornig, zitternd vor Erregung auf den Fuhrmann zu und schreit ihn an: Roheit, ein Tier zu mißhandeln... das werde ich Ihnen anstreichen... Schämen Sie sich.... Es ist offensichtlich keine künstliche Erregung, es ist wirklicher Zorn über die Mißhandlung, die aus dem Herrn prach. Er ist empört darüber, daß ein Tier, das sich nicht wehren fann, der Behandlung mit dem Peitschenstiel ausgesetzt ist. Der Fuhrmann hat aber für die edelen, zarten Empfindungen des Herrn, der aus dem Kreis des zuschauenden eleganten Publikums mehrfach Zustimmung findet, gar kein Verständnis. Nein, er empfindet die Einmischung sogar als durchaus unangebracht. Sturz, barsch ruft er dem Tierfreunde zu: Bringen Sie ihn doch weg, wenn Sie es fönnen!

Schließlich gelingt es, den Wagen in Bewegung zu setzen. Die Menge verläuft sich. Auch der Herr, der in so edler Weise sich des mißhandelten Tieres angenommen hat, wendet sich zum Gehen. Da tritt ihn halb in den Weg ein kleiner Junge. Er mochte 10 Jahre zahlen. Ein viel zu kurzes Wämschen, ein dünnes Höschen umhüllten einen mageren, un­entwickelten Störper. Und aus dem blassen, schmalen Gesicht, aus den verhärmten Zügen sprach Hunger... Not und Summer aus den traurigen Augen und aus der Stimme. Mit bittender Gebärde streckt er, zitternd vor Kälte, die Arme bor  . Seine Finger umschließen trampfhaft ein Bündchen Schuhriemen.... In weinerlichen Tönen fleht er: Bitte Herr,

drei Baar for'n Groschen...

Unwillig sieht der Herr zur Seite. Er murmelt: Un­erhört von Eltern, Kinder so spät auf die Straße zu schicken!... Dann geht er weiter.

Mit diesen Anträgen ist von neuem die Forderung auf Ein führung einer Wertzuwachssteuer für Berlin   erhoben; ob sie aber bei den Hausbefizerprivilegierten im Roten Hause das nötige Ver­ständnis finden, steht allerdings dahin.

Freitag, 8. März 1907.

Masten sind wie bei seinem Original, aus Stahlblech gearbeitet. Gegenüber steht, ebenfalls in einem Glaskasten, die Renown", die, auch im Innern als Modell gearbeitet, einen Wert von etwa 15 bis 20 000 M. hat. Die in der angrenzenden Galerie aufgestellten Maschinenmodelle, deren größtes die Schiffsmaschine der Deutsch­Die Bewegung zur Erhaltung des Grunewalds macht weitere land" im Maßstab 1: 10 darstellt, repräsentieren die nette Summe Fortschritte. Auch die Bewohner Wilmersdorfs sehen sich jetzt gegen bon 250 000 m., die, nebenbei bemerkt, ein Geschenk find. Im Licht­die Bernichtung der Lunge Groß- Berlins zur Wehr. In einer hof des Museums stehen Modelle, deren Wert zwischen 8 und Versammlung des Wilmersdorfer Bürgervereins Kaiserplak" 16 000 M. schwankt; den großen Glaskasten( fünfmal 6 Meter wurde angeregt, den Magistrat zu ersuchen, daß er sich dem ge- groß), der eine ganze Linienschiffsdivision im Maßstabe 1:50 ent­planten Zweckverband zur Erhaltung des Grunewaldes anschließt. hält, darf man getrost mit 40 bis 50 000 M. in Rechnung stellen. Neben der Gefahr einer weiteren Bebauung des Grunewaldes Auch einzelne der großen seidenen Flaggen, die hier aufgehängt müsse man sich auch gegen den Plan wenden, den Wald durch sind, stellen recht repräsentable Werte dar; sie sind meistens Ge­Stacheldrahtzäune dem Publikum zu verschließen. Nach langer schenke und deshalb versagen wir es uns, Ziffern zu nennen. In dorfs und den Kommunalvereinen der westlichen Vororte in Ver- Hafens auf; wenn wir seinen Wert auf 25 000 m. veranschlagen, Debatte wurde beschlossen, sich mit den übrigen Vereinen Wilmers- den oberen Räumen fällt uns das große Modell des Hamburger bindung zu sehen, um ein gemeinsames Vorgehen in dieser Frage so werden wir uns wohl nicht um viel geirrt haben. Die im selben herbeizuführen. Der Vorstand wurde beauftragt, möglichst schon in Saal aufgehängte große Leuchtfeuerlinse, die aus einzelnen nächster Woche eine große öffentliche Volksversammlung für die Prismen besteht, müßten wir mit etwa 1200 m. bezahlen, wenn Bewohner aller westlichen Vororte Berlins   nach Wilmersdorf   ein- wir sie kaufen wollten. Was in dem angrenzenden riesigen Instru­zuberufen, in der die Grundlagen für ein geschlossenes Vorgehen mentarium für Werte investiert sind, kann sich jeder selbst aus­gegen die Vernichtung des Grunewaldes festgelegt werden sollen. rechnen, wenn er bedenkt, daß z. B. die Kompasse vicle Hundert, die der letzten wiederholten Unglücksfälle im Eisenbahnverkehr dürfte von über 9000 Meter ermittelt worden sind. Wandern wir weiter otmaschinen viele Tausend Mart kosten. Dort steht auch die Tief­Eine Samariterübung auf der Eisenbahn. Als eine Folge seelotmaschine der deutschen Südpolar- Expedition, mit der Tiefen eine große Samariterübung zu betrachten sein, die gestern am nach der biologischen Abteilung, so bewundern wir sicherlich das Bahnhof Spindlersfelde stattfand. In zwei Extrazügen waren die Teilnehmer, unter denen sich auch eine Reihe hoher Beamter der große Korallenriff, das von der Sinaiküste des Roten Meeres  hiesigen Eisenbahndirektion befanden, vom Schlesischen Bahnhof   stammt. Da zur Gewinnung dieses Riffes eine besondere Expedi nach der Uebungsstätte gefahren. Das Ererzitium sollte den tion vom Institut ausgesandt ist, so können wir die Kosten dieser Samaritern Gelegenheit geben, sich in der schleunigen Hülfeleistung Expedition als Wert des Riffes in Rechnung bringen, das sind verwundeter Passagiere zu üben. Es wurde ein großer Zusammen- etiva 10 000 M. Unschäßbar, weil einzig in seiner Art, ist der un­stoß markiert und nun machten sich die Teilnehmer sofort an ihre geheure Korallenblod, der neben dem Riff steht, und den acht Ma­Strantenwagen wurden die angeblich Verunglüdten von der Unfall! Auch die Ozeanologische Abteilung birgt zwar unscheinbare, aber Tätigkeit. Jeder hatte sein bestimmtes Pensum zu erledigen. Auf trosen bei den Bahamainseln aus der Tiefe herausbefördert haben. stätte getragen und in ärztliche Hülfe genommen. Berbände doch recht hohe Werte; kostet doch z. B. jede einzelne Lotung, deren wurden ihnen angelegt und fleinere Operationen an Ort und Ergebnisse in je einem Reagensgläschen untergebracht sind, allein Stelle markiert. Die Uebung dauerte länger als eine Stunde. schon 300 M. Die Samariter bestanden aus Bahnpersonal, das durch derartige Uebungen die notwendige Ausbildung erfahren soll.

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Mehrere Verkehrsstörungen im Unterleitungsbetriebe der Strede Königsplatz- Potsdamer Plak machten sich Mittwoch in fühlbarer Weise bemerkbar. Um 26 Uhr abends ging der Strom­abnehmer eines Wagens der Linie O. in eine falsche Weiche und zerbrach. Hierdurch wurde eine Störung des Straßenbahnbetriebes auf die Dauer von 10 Minuten verursacht. Um 8 Uhr abends fiel an der Ede der Dorotheen- und Sommerstraße die Stromaunge der Weiche herab, so daß der Verkehr bis 9,45 Uhr eingleisig aufrecht erhalten werden mußte. Um 12 Uhr trat ein neuer Defett an der Stromzunge ein, wodurch wieder der eingleisige Betrieb bis gestern morgen um 7 Uhr erforderlich wurde. Gegen 12 Uhr nachts fuhr ein Wagen der Straßenbahnlinie 1 mit herunterge­lassenem Stromabnehmer gegen die Weiche am Potsdamer Platz  , wodurch sich der Pflug festklemmte. Für die Dauer der fast halb stündigen Störung mußten die Wagen der Linien 6 und 9 durch die Prinz Albrecht, Zimmer- und Jerusalemerstraße abgelenkt werden.

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Der Schiffahrtsverkehr nach Berlin   hat, nachdem die Gewässer nun endlich eisfrei geworden sind, in einem so gewaltigen Umfange gangsverkehr zu ermöglichen. Die Regierung hat deshalb die An­eingesetzt, daß die Schleusenanlagen nicht genügen, um den Durch­ordnung getroffen, daß das Vorzugsschleusenrecht, welches bei der Wernsdorfer Schleuse besteht, bis auf weiteres aufgehoben wird. Jm Oder- Spreetanal, sowie im Havelkanal bei Oranienburg   lagern mehr als hundert größere und kleinere Zillen, welche auf Durch­schleufung ivarten. Leider kann sich der Durchgangsverkehr durch Berlin   noch nicht in vollem Umfange entfalten, weil die Reparatur­arbeiten an der Mühlendamm- Schleuse längere Zeit in Anspruch nehmen. Diese dürfte voraussichtlich am Montag wieder für den Verkehr freigegeben werden. Inzwischen müssen die Fahrzeuge durch die Stadtschleuse geführt werden, die jedoch für den Groß­berkehr unzureichend ist, sodaß die Schiffahrt für Zillen von mehr als 400 Tonnen Gehalt unterbrochen ist.

Zur Hebung der Schiffahrt auf der Oberspree wird die Müggelspree bei Rahnsdorf   in soweit reguliert werden, als die Krümmung dortselbst freigelegt wird. Die Regierung hat ferner angeordnet, daß die angeschwemmte Böschung in einem Uferstreifen von zehn Meter Breite nicht bebaut werden darf. Dieses Gelände foll vielmehr zur Aufnahme des Hochwassers frei bleiben, doch bleibt den Eigentümern die Berechtigung der Grasberwertung vor­behalten. Ferner ist den Anliegern das Recht erteilt, den Boden treten der Spree zu verhindern, wodurch endlich ein Hemmnis in außerhalb des erwähnten Uferstreifens zu erhöhen, um das Aus­der Entwickelung der Vororte Rahnsdorf   und Neu- Helgoland be­seitigt ist.

Der frierende Snabe wendet sich anderen Passanten zu. Eilenden Schrittes will ein junges Mädchen vorbeieilen. Es ist augen­feinlich eine Ladnerin, die nach Geschäftsschluß dem Heime Im Beruf das Leben gelaffen. Ein blühendes Menschenleben in der Vorstadt zustrebt. Da trifft die traurig verlorene hat ein verhängnisvoller Unglücksfall gefordert, der sich gestern Stimme ihr Dhr. Vielleicht steigen Bilder der Jugend vor in der Greifswalderstraße zutrug. In kurzen Abständen waren ihrem geistigen Auge auf. Es weiß, warum so viele Eltern zwei Mörtelwagen auf ein Neubaugrundstück gefahren und als das ihre Kinder auf die Straße schicken... Haftig holt es das Borderfuhrwerk plötzlich anhielt, stieß das hintere mit ihm zu­Portemonnaie hervor und leert es vollständig. Siebzig sammen. Durch den heftigen Anprall wurde der Kutscher, der Pfennige sind darin. Sie kauft dem Jungen fast seinen 20jährige Mar Börner, vom Bod heruntergeschleudert und unter ganzen Rest ab. Dann stürmt das Mädchen eilig weiter, die Räder geworfen. Unglüdlicherweise gingen sie ihm über das Genid hinweg und ein Bruch der Wirbelsäule führte den sofortigen als hätte es etwas Unrechtes getan Tod herbei. Ueber das Gesicht des kleinen Burschen Huscht ein flüchtiges Lächeln. Er kann nun bald Feierabend machen.

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Die städtische Schuldeputation hat beschlossen, die Pausen givischen den Unterrichtsstunden zu vermehren und zu ändern. Ea sollen in Zukunft vier Bausen von 10, 20, 10 und 20 Minuten, zusammen 60 Minuten, gemacht werden. Während der 20 Minuten­Pausen müssen die Kinder ins Freie geführt werden, in den 10 Minuten- Pausen soll es den Rektoren und Lehrern überlassen werden, dort, wo die lokalen Verhältnisse es gestatten, die Kinder hinauszuführen. In allen Pausen sollen die Fenster gelüftet werden, und falls die Kinder mit Rücksicht auf das Wetter oder andere Ursachen in den Klassenräumen verbleiben, sollen sie während der Bausen Freiübungen machen. Die Nachmittagspausen sollen unverändert bleiben. Diese neuen Bestimmungen fönnen erst in Kraft treten, wenn das Provinzial- Schulfollegium zustimmt, woran aber wohl taum zu zweifeln ist, sodaß mit der Einführung dieser neuen Pausen gerechnet werden kann.

Zur Wertzuwachssteuer.

Arbeiterturnerbund. Die soeben erschienene statistische Ueber­ficht über den Stand der Arbeiterturnbewegung weist einen großen Fortschritt in den letzten Jahren auf. Der Arbeiterturnerbund zählte vor 10 Jahren nur 285 Vereine mit 18 523 Angehörigen, heute hat sich der Bund auf 1236 Vereine mit 105 056 Angehörige emporgearbeitet. Der Zuwachs im letzten Jahre beläuft sich allein auf 287 Vereine mit 22 617 Angehörigen.

Boltszeitung" hergestellte Arbeiterturnzeitung" hat eine Abon­Die alle 14 Tage erscheinende, in der Offizin der Leipziger  nentenziffer von 65 000 Eremplaren aufzuweisen.

Der Ausbreitung der Arbeiterorganisationen auf dem Gebiete des gesellschaftlichen Vereinslebens fann man nur Sympathie ent­gegenbringen, zumal wenn man bedenkt, daß die bürgerlichen Turn, Radfahrer- und Gesangvereine der Reaktion dienstbar sind.

Der Kampf der Behörden gegen Arbeiterturn- und Radfahrer­vereine ist ein äußerst heftiger und die Gegner der modernen Ar­beiterbewegung suchten auf diesem Gebiete für ihre reaktionären 3wede zu wirken. In einem Flugblatt der Deutschen Turnerschaft, das just zur Wahlzeit tam, heißt es wörtlich:

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Parteigeist, Kastengeist, Klassenherrschaft und tödlicher Haß gegen jeden, der nicht zur Fahne des sogenannten Proletariats schwört, sie sind der Charakter der sozialdemokratischen Partei und ihres Arbeiterturnerbundes. Nur der organisierte, jeden anderen Menschen hassende Arbeiter soll herrschen, mag er auch noch so unerfahren und unreif sein. Es ist eine unwiderlegbare Tatsache, daß zur Deutschen Turnerschaft gehörende Arbeiter in manchen Fabriten von ihren organisierten Arbeitsgenossen em­pörend behandelt und von den Arbeiterorganisationen mit Maß­regelung bedroht werden."

In dieser Tonart geht der blödsinnige Angriff auf die Arbeiter und ihre Organisationen weiter und von einer Turnerschaft wird dieses verübt, die leider noch% Arbeiter in ihren Reihen zählt.

In offizieller Form hat der Deutsche   Turnerschaftsausschuß die Deutsche Turnerschaft als Bollwert gegen die Sozialdemokratie gefeiert, sogar als einen Wall gegen umstürzlerische und zerstörende wede.

Die Bestrebungen der Gewerkschaften werden von dem Turn­ausschuß folgendermaßen verhöhnt:

" Der Turner foll sein im Beruf strebsam und arbeitsfreudig, mehr bedacht auf treues Schaffen, Lernen und Vorwärtskommen durch eigene Kraft, als auf Verkürzung der Arbeits. zeit und all die gebrateneh Tauben, auf die die Faulen mit offenem Munde warten."

Nach solchen Leistungen kann es wahrlich keinem Arbeiter schwer fallen, den Grundsatz zu verfolgen: Keinen Mann und keinen Groschen für bürgerliche Turn-, Radfahrer- und Gesangvereine.

Ein Wechselfallenschwindler ist in der Person des Erdarbeiters Berszuk der Polizei in die Hände gefallen. Seit längerer Zeit wurden zahlreiche Geschäftsleute dadurch geschädigt, daß ein Schwindler irgend eine Kleinigkeit taufte und ein Rubelstück in Bahlung gab. Diese Münzen, die dem deutschen Gelde ziemlich ähnlich sind, haben ungefähr die Größe des preußischen Talers, jedoch nur einen Wert von 2,16 M. B. hatte also bei jedem Geld­ftüd einen Rußen von 80 Bf. Als ihm dec Boden in Berlin   zu heiß wurde, verlegte er das Feld seiner Tätigkeit nach den Vor orten. Nachdem vor dem russischen Schwindler öffentlich gewarnt worden war, ist seine Verhaftung endlich gelungen. Der Fest­genommene behauptet, daß er stets die Geschäftsleute darauf auf­merksam gemacht hätte, daß er nur russische Münzen habe, und ihm immer freiwillig zuviel herausgezahlt worden wäre.

Das Opfer eines Automobilunfalles wurde in der vorber­gangenen Nacht der Generalleutnant von Kobe, Joachimsthaler­straße 12. Herr von K. hatte gegen 1 Uhr an der Ecke der Joachims­Des Bubels Kern. Ferdinand Bonn  , deutscher Jdealist im thalerstraße und des Kurfürstendamms einen Straßenbahnwagen berlassen, und während er im Begriffe war, auf den Bürgersteig Haupt- und Theaterdirektor im Nebenberufe, ist vom Kaiser bei zu gehen, wurde er von dem Droschtenautomobil Nr. 8724 erfaßt ihrem letzten Zusammensein angeblich wegen des Mutes bewundert und umgerissen. Der Berunglückte hatte eine Gehirnerschütterung, worden, mit dem er in seinem Detektivspiel gewisse Wahrheiten aus­sowie Verlegungen an den Händen erlitten und erhielt auf der zusprechen gewagt habe. Worin diese Wahrheiten bestehen sollen, Unfallstation am Zoologischen Garten die ersten Notverbände. war zunächst etwas dunkel. Da Herr Bonn   es neuerdings vorzieht, Interessante Bilder befanden sich in einer Sammlung von seine dramatischen Wechselbälge unangekündigt und unter Ausschluß Delgemälden alter Meister, welche dieser Tage versteigert wurde. Der Kritit herauszubringen, wofür ihm diese sehr dankbar ist, konnte Das Bild aus der altdeutschen Schule des 16. Jahrhunderts" Die man den tieferen Sinn dieser Anspielung nicht sogleich ergründen. Herr Bonn   hat in dem Hunde von Enthauptung eines Apostels durch den Henter in Gegenwart des aber jetzt ist es heraus. Richters, der auf einem goldenen Thron fitzt", ist eine Darstellung, Baskerville", welches Stüd er aus dem Romane Conen Doyles die allerdings nicht jedermann, wenn er nicht aufällig selber gegen dessen ausdrücklich ausgesprochenen Willen zusammenge- dichtet Scharfrichter ist, alle Tage zum Frühstück vor Augen haben möchte, hat, einige Tiraden gegen die Presse eingeschaltet. Warum das ebensowenig wie das Bild des Caldara Caravaggio  . Ein alter besonders bewundernswert ist, bleibt uns unverständlich. Oder Greis träufelt aus einer Phiole Balsam in die Wunde eines auf wollte der Kaiser durch seine Bewunderung seine Sympathie mit einem Tisch liegenden, schwerverletzten jungen Mannes. Der Bonns von der ganzen Presse einhellig verurteilten Attentate auf nadte Körper, die fahle Fleischfarbe, das Halbdunkel im Gemach die Kunst befunden? sind naturgetreu wiedergegeben. Sehr originell war ein Bild von Bieter Brueghel  : In einer Dorfstraße in Niederland  , wo viel Bolt versammelt ist, kommen Joseph und Macia mit dem Jesus­tind auf einem Esel angeritten.

Der zur Sonderberatung der Magistratsvorlage, die Ein­führung einer Wertzuwachssteuer betreffend, von der Stadtverord­netenversammlung eingesetzte Ausschuß, hat bekanntlich mit Stimmenmehrheit die Wertzuwachssteuer abgelehnt. Für die Ver­Intimes aus dem Museum für Meereskunde. handlungen im Plenum der Versammlung hat jetzt die sozialdemo fratische Fraktion folgenden Antrag unterbreitet:" Wir beantragen, Wer durch die freundlichen Räume des Museums wandert und in der Vorlage 191 über die Steuerordnung II, den Abschnitt B, bie reiche Fülle der ausgestellten Gegenstände, die, reizenden Spiel­Wertzuwachs steuer", die§§ 7, 8, 9, 10 und 11 der Magi- zeugen gleichenden, Schiffsmodelle, die vielen Instrumente, Waffen, stratsvorlage mit der Maßgabe wiederherzustellen, daß in§ 8 Ab- Flaggen oder die Schäße der biologischen Abteilung bewundert, weiß fatz 1 statt der Worte: der letzten Eigentumsübertragung" die oht nur in den wenigsten Fällen, daß er hier neben den wiffen­Worte: des letzten entgeltlichen Eigentumsüberganges unter schaftlichen auch recht große reale Werte schaut. Da finden wir 3. B. in der historischen Abteilung gleich vornan das elegante Mo­Lebenden" zu setzen, und daß in§ 8 Abfaz 4( Beile 2) hinter den bell der Stosch". Es ist zwar aus einem massiven Holzklop ge­Worten gemeine Wert" einzufügen ist: für den Zeitpunkt des arbeitet, hat aber doch einen Herstellungswert von etwa 4000. legten entgeltlichen Eigentumsüberganges unter Lebenden", Interessant ist bei diesem Modell übrigens die Takelage; denn die

Jedenfalls sind die Zeiten auch im halb absolutistischen Preußen borbei, da Könige diftierten, welche Richtung die Kunst einzuschlagen habe. Weder Bonn   noch der deutsche   Kaiser können etwas daran

ändern.

Ein irrfinniger Chorfänger soll sich nach dem Bericht eines hiesigen Mittagsblattes auf dem Hofkongerte, das am Mittwoch abend im weißen Saale des Schloffes stattfand, zu schaffen gemacht haben. Es wird darüber folgender Bericht berbreitet:

Nach der ersten Abteilung, die Hofopernsänger Griswold mit dem tiefempfundenen Vortrag von Schuberts Andacht" be­schloß, follte eine Pause von einer halben Stunde eintreten, während welcher Erfrischungen gereicht wurden, und der Kaiser eine Reihe von Meldungen entgegennehmen wollte. Es waren aber noch taum zehn Minuten vergangen, als das Trommelsignal Sammeln" im Saale   ertönte, worauf die Anwesenden dant ihrer größtenteils militärisch geschulten Ohren- sogleich wieder