r. 282.
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Friedrich
BonXX 500
Vorwärts
9. Jahrg.
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Sanfprech- Anschlug At I, Nr. 4186.
Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Bur Reform
Donnerstag, den 1. Dezember 1892. Expedition: SW. 19, Benth- Straße 3.
der Strafrechtspflege wegen geistiger ober förperlicher Gebrechen ungeeignet find, Berfaſſung bem Rechtsbewußtsein des Volkes noch öfter
erhalten wir folgende Zuschrift:
worden sind. Außerdem sind ausgeschlossen Dienstboten und vermögen wir uns der Erfahrung nicht zu verschließen, daß solche Personen, welche Armenunterstützung empfangen, oder die Urtheile der sogenannten Volksgerichte in ihrer heutigen oder welche den Wohnsitz in der Gemeinde nicht zwei volle widerstreben, als die Urtheile der nur mit rechtsgelehrten Jahre inne haben. Eine weitere Einschränkung findet Richtern besetzten Gerichtshöfe. Ziffernmäßig läßt sich Die Mängel der Justiz machen sich überall fühlbar fodann noch statt hinsichtlich gewiffer Beamtenkategorien. dies zwar nicht nachweisen, doch werden gewiß schon vielen geltend, und der Ruf nach Abhilfe läßt sich von seiten aller Nach den Vorschriften des Gesetzes ist sonach den be- Genossen die drakonischen Sentenzen mancher Schöffen Parteien hören. Das Ansehen der richterlichen Unfehlbar fizenden Klaffen kein Monopol an der Rechtsprechung ein- gerichte im Königreich Sachsen aufgefallen sein, die auf teit hat gründlich Schiffbruch gelitten, und mehrere Gesez geräumt. Der Arbeiter müßte zum Schöffen- und Ge- eingelegte Berufung hin von den Straftammern zu Gunsten entwürfe sind bereits in dieser Session eingelaufen, welche schworenenamt in gleicher Weise zugelassen werden, wie der der Angeklagten erheblich gemildert wurden. darauf hinauslaufen, der Rechtsprechung neue Stüßen zu fapitalistische Unternehmer; der Proletarier so gut, wie der Tritt die Reichsregierung demnächst mit einem Gesetzoerleihen. Sowohl vom Zentrum wie von deutschfreifinniger reiche Prob. In Wirklichkeit wird indessen dieses gleiche entwurf über die Wiedereinführung der Berufung in Straf Seite find Anträge auf Einführung der Berufung gegen Recht" geradezu in sein Gegentheil verkehrt. und es zeigt sich fachen an den Reichstag heran, so wird der Entwurf Urtheile der Straffammer eingegangen, von den Deutsch - hier, wie auf anderen Rechtsgebieten, fattsam, daß dieses gleichfalls eine Abänderung des Gerichtsverfaffungs- Gesetzes freifinnigen zugleich ein Antrag, der die Befugnisse der gleiche Recht" mit der thatsächlichen Wirklichkeit geradezu im enthalten müssen, und es dürfte bei dieser Gelegenheit für Bertheidigung erweitern will. Die betreffenden Aenderungen Widerspruch steht. Obgleich gefeßlich ein Unterschied uns angebracht erscheinen, im Heichstage auf die Beseitigung der bestehenden Prozeßordnung mögen zwar hie und da zwischen Reichen und Armen, selbständigen Unternehmern des Klassencharakters hinzuwirken, der ben heutigen SchöffenAbhilfe schaffen, aber die Grundmängel werden wenig be- und Arbeiter nicht gemacht ist, erfolgt dennoch die und Schwurgerichten anhaftet. Es wäre sicherlich ein Fort rührt. Diese Mängel bestehen darin, daß die Recht Wahl nach der bürgerlichen Klaffenstellung, welche die in schritt in der Strafrechtspflege, wenn die Staatsbürger ohne sprechung nicht im Volte ruht, sondern in einer besonderen der Urliste ver, eichneten Personen einneymen. Die Wahl Rücksicht auf die Länge ihres Geldsackes und ihre bürgerBerufstlaffe. gestaltet sich nämlich folgendermaßen. Die Gemeindebehörde liche Stellung zur Mitwirkung an der Rechtsprechung zuDie Schaffung von Volksgerichten war eine alte For ftellt alljährlich eine Urlijte sämmtlicher nach den gesetzlichen gelassen würden; in diesem Falle wäre alsdann die Ausderung der Demokratie; diese Forderung ist in Deutsch Vorschriften zum Schöffen- und Geschworenenamt zugedehnung des Schöffeninstituts auf die Straf- und Berufungsland dem Anscheine nach erfüllt worden. Wir haben laffener Personen auf. Aus dieser Urliste sucht sich der für kammern für die Rechtssicherheit des Bolles von Bedeutung. nach dem achtundvierziger Revolutionsjahr die Schwur- jeden Amtsgerichtsbezirk unter Vorfiz des Amtsrichters zu Tiefgreifende Aenderungen in der Gerichtsverfassung können gerichte und seit dem 1. Oktober 1879 die Schöffengerichte sammentretende Ausschuß von Notabeln nach freiem Be wir allerdings vorderhand weder im Reichstage noch bei der erhalten, und es ist nicht ausgeschlossen, daß noch weitere lieben die ihm am passendsten erscheinenden Persönlichkeiten Regierung durchsetzen. Immerhin ließen sich auf Grund Gerichte eine ähnliche Verfassung erhalten. Welche Er heraus und bestimmt sie für den Schöffen- und Geschworenen der heutigen Rechtsorea niente errichten die fafcupan gabeno Festbyen sellister uni jenen souvient ses yachten Geschäftsjahres. Dabei wird in Preußen den wirklichen Volksgerichten schon näher kämen. Dazu ist gerichten gemacht? Kann man in Anbetracht der Zu- die Pragis befolgt, daß bei der Auswahl von vornherein zweierlei nothwendig: eine Reform des Wahlmodus sammensetzung der Gerichte denselben überhaupt die Be- diejenigen Staatsbürger unberücksichtigt bleiben, welche ent- für di die Wahl der Laienrichter und eine Entzeichnung von Boltsgerichten" beilegen? Die Antwort auf meber nur eit mäßiges Einkommen verfteuern, oder welche schädigung derselben für entgangenen Erwerb während beide Fragen ergiebt sich von selbst, wenn wir die Grund- als Arbeiter gegen Gehalt oder Lohn in Diensten einer der Dauer der Sigungsperiode. Was den ersten Punkt fähe. in Betracht ziehen, nach denen die Auslese der Schöffen Privatperson stehen. In Betracht fallen somit bei dieser anbetrifft, so würde sich eine Vorschrift empfehlen, wonach und Geschworenen stattfindet. Danach ist das Schöffen und willkürlichen Auslese nur die selbständigen Unternehmer, aus der obenerwähnten Urlifte der für den Gerichtsdienst Geschworenenamt im Effekt nicht ein jedem Staatsbürger die Rentiers, sowie die Beamten und Offiziere außer nach heutigem Recht qualifizirten Staatsbürger einfach durch zugängliches Ehrenamt, sondern wenigstens in der Regel ein Dienst. das Loos die benöthigte Anzahl Laienrichter bestimmt wird. Privilegium der besitzenden Bourgeoisie. Ueber den angeklagten Daf, die Schöffen und die Schwurgerichte nach jentem Dann hätten sich weder die besigenden Klassen noch die Proletarier fist also nicht der Klassengenosse mit zu Gericht, Wahlmodus nicht den Charakter von Boltsgerichten erhalten Proletarier über ungerechtfertigte Benachtheiligung zu bes wie neuerdings bei den Gewerbegerichten, sondern ein Bour- können, ist ohne weiteres einleuchtend. Der Durchschnitts- flagen; auch wäre bei der Wahl weder das ökonomische geois, zu deffen Objektivität der angeklagte Proletarier in bourgeois, befangen in dem Gedankengang seiner Klaffe, bietet Uebergewicht der ersteren, noch die große Anzahl der letzteren vielen Fällen nur schwer Vertrauen faßt. durchaus teine Garantie für eine vollständig unparteiische bestimmend. Das Prinzip der Entschädigung für ent
Allerdings wird das thatsächliche Privilegium des vohl- Rechtsprechung. Die ausschließliche Heranziehung des Bürgergangenen Erwerb während der Ausübung richterlicher Funk habenden Bourgeois, den Angehörigen der besiglosen Klassen thw as zum Amt des Laienrichters tann wohl eine Klassen- tionen, obschon der Gerichtsverfassung unbekannt, ist bei Justiz zu administriven, nicht mit dürren Worten im Gefeß just, niemals aber eine wahre Voltsjustiz hervorbringen. den Gewerbegerichten bereits eingeführt, und darum könnten ausgesprochen. Das wäre ein Verstoß gegen den Grundsay: rf die Bezeichnung Volksgerichte" haben demnach die gegen diese Neuerung stichhaltige Einwände kaum erhoben „ Gleiches Recht für Alle", und jedermann weiß, wie hoch heutigen Schöffen- und Schwurgerichte keiner. Anspruch, werden. Selbstverständliche Voraussetzung ist es ferner, und heilig dieser Grundfos von den herrschenden Klassen und wir können uns auch mit der Idee, das Laenelement daß bei den mit Laien Gerichten die Mehrheit der Deutschlands gehalten wird. Nach dem Gerichtsverfassungs- weiterhin zu den Straftammern und den etwa zu brhenden Rer aus Laien bestehen muie dies ja jetzt schon der Gesetz wird denn auch jedem 30 Jahre alten Deutschen dieserufungskammern heranzuziehen, so lange nicht befreusden uu
Qualifikation zum Schöffen- und Geschworenenamt zu 1s für die Wahl der Laienrichter die soziale Ausgang
erkannt. Unfähig dazu find nur Personen, welchen die ber Bourgeoisie maßgebend ist. Wir legen vieser Au- hin würde au der Strafrechtspflege nach dieser Richtung bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt sind, gegen welche in chauung leineswegs eine ganze für das ehrte Juristen- entsprechen; ob unsere Boutgeveu Begriffen der Billigkeit strafrechtliches Hauptverfahren wegen eines ehrenrührigen hum ein. Wir haben die Spitfindiak- en der juristischen Schwert der Themis , womit sie Leib und Egre ist, das Verbrechens oder Bergehens eingeleitet ist oder welche in Logil gar zu oft am eigenen Seite verspürt, um eine be- losen Klasse in ihrer Zucht hat, aus der Hand zu geben- der Verfügung über ihr Vermögen gerichtlich beschränkt( sondere Vorliebe für dieselbe zu hoben. Andererseits aber das ist leider eine andere Frage.
Feuilleton.
Nagbrua verboten.)
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Roman von Guy de Maupassant . Es war ein riesiges Gebäude, in dem sie bis zum sechsten Stock emporttimmen mußten. Eine alte Frau, die einen Scelenwärmer" trug, machte ihnen auf. Was wollen Sie schon wieder hier," rief fie, als sie Saint- Botin erblickte.
B
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Der Herr hier ist Bolizei- Junspektor," erwiderte jener. Ich führe ihn her; er will Ihren Fall genau inter suchen." Nun ließ fie fie ins Zimmer treten und erzählte: Gs maren schon zwei hier von der Zeitung, ih weiß nicht, wie sie heißt."
Dann wandte sie sich an Duroy: Das ist also ter Herr, der die Auskunft haben will?"
meine. Ich konnte ja eme Sappe davon kochen, das ist auch wieder wahr, aber wenn ich Rotelett haben will, will ich nicht anderer Leute Abfall haben. Ich nehm also das Fleisch nicht. Er nennt mich alte Bice", ich nenn ihn alten Spizbuben. Kurz, die Sache war fertig; wir balgten uns so herum, daß über hundert Menschen vor dem Laden standen und immerfort lachten und lachten. Schließlich kam es soweit, daß ein Polizist geholt wurde. Der ersuchte uns, zum Kommissar mitzukommen. Wir gingen mit und er schickte uns, weil wir uns nicht vertragen wollten, wieder weg. Ich nahm mir aber ein Exempel daran und gehe seitdem kauni noch vor die Thür, um jeden Skandal zu vermeiden."
Sie schwieg. Duron fragte: Und das ist Alles?" Das ist die reine Wahrheit, lieber Herr," versicherte die Alte und bot ihm ein Glas Johannisbeerschnaps an. Sie suchte es ihm aufzudrängen, damit das falsche Gewicht ses Schlächters in den„ Rapport" hineintäme, er lehnte es aber ab.
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Auf solche Dinge antwortet man nicht, wenn sie unter dem Schuß der Anonymität ausgesprochen werden.
Georges Du roy.
Herr Walter und Jacques Rival, der eben gekommen war, fanden, daß die Entgegnung genügte; fie sollte am nächsten Tage an der Spize des Lokalen" stehen.
Duroy ging zeitig nach Hause; er war ein wenig aufgeregt, ein wenig unruhig. Was würde sein Gegner er widern? Wer war es? Weshalb griff er ihn so heftig an? Bei den strengen journalistischen Sitten konnte diese Dummheit weitgehende, sehr weitgehende Folgen haben. Er schlief schlecht.
Als er am nächsten Tage feine Erwiderung in der Beitung las, fand er, daß sie sich im Druck schärfer ausnahm als geschrieben. Er hätte doch, dachte er, einige Ausdrücke mildern sollen.
Den ganzen Tag war er fieberhaft aufgeregt und schlief in der Nacht wieder schlecht. Bei Morgengrauen erhob er sich, um sich eine Nummer der Plume" zu kaufen, die die Antwort enthalten mußte.
Als Duroy wieder in der Nedaktion war, verfaßte er folgende Antwort: In der Plume" fucht ein anonymer Skribent einer Das Wetter war wieder talt geworden; es fror heftig. alten Frau wegen Händel mit mir, die, wie er behauptet, In den Rinnsteinen war das Wasser im Fließen gefroren von einem Sittenpolizisten verhaftet worden sein soll, was und sie bildeten zwei Eisbänder längs der Trottoire. ich bestritten hatte. Ja habe Frau Aubert persönlich aufgesucht; sie ist mindestens sechszig Jahre alt und hat mir Ich in aller Ausführlichkeit erzählt, daß sie sich mit ihrem Schlächter, weil er ihr Roteletts schlecht zugewogen, gezankt habe. Das machte eine Auseinandersehung vor dem Polizeitommiffar nothwendig.
Ja. Sind Sie in der That von einem Sittenpoligsten verhaftet worden?" Gott behüte!" rief sie und hob die Händ. hoch. Gott behüte, mein guter Herr! So war hab einen Schlächter, der gut bebient, aber schleft wiegt. Das hatte ich schon oft bemerkt aber noch tein 93ort gefagt. Aber vorgestern will ich wei Pfund Koteletts haben, benn meine Tochter und mein Schwiegersohn selten bei mir effen, und da merk ich, oie er Abfallknochen als Zu lage mitwiegt. Es waren ja Kotelettfnochen, cber nicht
Das ist die ganze Wahrheit.
Was die weiteren Jufinuationen des Redakteurs der Blume" anlangt, so habe ich nur Verachtung für sie.
Zeitungen waren bei den Händlern noch nicht zu haben, und Duroy dachte an den Tag, wo sein erster Artikel Erinnerungen eines afrikanischen Jägers" erschienen war. Hände und Füße wurden ihm starr nub schmerzten ihn; besonders thaten ihm die Fingerspigen weh. Er begaun um den verglasten Kiost herumzulaufen, durch dessen kleines Fenster von der Verkäuferin, die auf ihrem Fußwärmer fauerte, nichts zu sehen: war, als die Nase und die rothen Backen und die wollene Kapitze,