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Husland. Ter Empfang In der Heimat. £& England jemals als Streikbrechcr-Exporlland in Hrheblhem Matze in Betracht konimetl könne, das haben wir alle tiä Wohl in der uns anerzogenen glühenden Be- wundcung für die englische Gewerkschaftsbewegung nicht träuwn lassen. Dabei brauchte man gar nicht autzer acht zu losen, datz auch in dem Mutterlande der gewerkschaft- lichenOrganisation noch ein großer Bodensatz unorganisierter Arbecer, ja an organisationsunfähigcm Menschenmaterial zurirbleiben mutzte. Aber das Bild, das die jetzige Aus- sperung im Hainburger Hafen bietet, mit dem düsteren Hinergrund der Tausende von englischen Streikbrechern, das hat: vor Jahren der trübste Pessimist als Erfolg englischer Geserkschaftserziehung nicht zu malen versucht. Datz es sich daki um Unorganisierte handelt,»st ein schwacher Trost. Vile gewerkschaftliche Kämpfe sind in Deutschland geführt wirden, mutzten geführt werden, mit einem großen Trotz Uwrganisierter, der dem Hcereszug der organisierten Ar- biter folgte? aber der Elan der aufgeklärten Klassenkämpfer rtz sie mit und hielt sie zusammen. In Oesterreich , in Italien Leibt wahrlich zu organisieren genug. Aber obgleich die Hamburger Reedereiprotzen auch hier ihre Werbetätigkeit »ersuchten, blieb sie so gut wie erfolglos. Nur in England .ohnte sie. Ehe man nicht Menschenmaterial und die Um- stände der Werbung in allen Einzelheiten kennt, kann man natürlich ein Urteil über die Ursachen dieser Erscheinung nicht mit apodiktischer Sicherheit fällen. Nur das scheint schon sicher, datz es sich bei den Leuten meist um solche handelt, die in dem Elend verwahrlosten, das der Kapitalismus über sie brachte, und datz vielleicht auch die englischen Behörden den Abzug dieser Elemente nicht ungern sahen. Wie man sie bei ihrer Rückkehr empfängt, zeigt folgende Wolfs - Depesche: London , 4. April. Bei der Rückkehr von britischen Hafen- arbeitern aus.Hamburg entstanden heute bei der Dockstation Grimsby tumultuarische Auftritte. Fünfzig der Ankommenden hatten keine Bahnkarten nach London und erhielten nicht die Er- laubnis zur Weiterreise. Sie verursachten Ruhestörungen, worauf die Polizei die Station absperrte. Eine große Anzahl der Leute war betrunken und prügelte sich. Tausende von Menschen sammelten sich an und verursachten wüste Tumulte. Die Menschenmenge versuchte, in die Station einzudringen, wurde aber zurückgedrängt. Die Polizei nahm mehrere Berhaf- tungcn vor. Die Unruhen dauerten mittags noch an. In dem durch Ferndrucker mitgeteilten Original der Depesche spricht Wolfs übrigens von denbesonders nützlichen Elementen" noch verächtlich als britischenStreikbrechern": in der später herausgegebenen gedruckten Tepeschenausgabe verwandelt er sie schämig inHafenarbeiter". Nun waren sie sicher zwar Streikbrecher, so gut und so schlecht wie alle Streikbrecher es sind? aber in» Leben keine Hafenarbeiter. Denn dann hätten sie den Sklavenschiffen der Hamburger Elfenbein"-Händler nicht zu entwischen vermocht. Man hat sie davon ziehen lassen, weil sie für die verlangte Arbeit nicht brauchbar waren. Nun kommen sie in die Heimat. Und die englischen Behörden, die früher Jdgd auf Sklaven- schiffe machten, möchten die der Kette Entronnenen am liebsten ins Wasser zurückjagen! Bei dem großen Dockerstrcik in Londan standen die Polizeibeamtcn seelenruhig daneben, wenn die Menge etwa einen aus den Docks herausfahrenden Wagen umstürzte. Ter Eigentümer hatte ja zu seinem Schutze das gesetzliche Recht auf eine zivilrechtliche Schadenersatzklage: die Polizei schlitzte nur das öffentliche Eigentum. Heute arbeitet der Gummischlauch nach dem Muster des festländischen Säbels im Jntersse des Privatkapitals, und sei es selbst des ausländischen! Wann werden diePolicemen" nach Berliner Vorbild den breiten, gelben Revolvergurt um den dicken Bauch schnallen?,_ Frankreich . Der Hexenkessel. Die Blätter sehen die Veröffentlichung der Montagninipapiere fort: DerFigaro" bringt einen Bericht MontagnimS an Merry bei Val vom 12. Juli 1906 über die Bemühungen einzelner katholischer Politiker, wie DcnhS Cochin, behufs Wiederherstellung diplomatischer Beziehungen zwischen der französischen Regierung und dem Vatikan . Ein Bericht vom 23. August 1906 beschäftigt sich mit der Aufnahme der Päpstlichen EnzyklikaGravissimi", die bei den Katholiken im allgemeinen und insbesondere bei dem Klerus Stolz und Genugtuung hervorgerufen habe. Ferner teilt Montagnini eine Aeutzerung Denys Cochins mit, wonach das Ent- gegenkommen, das Deutschland dem Vatikan bewiesen habe, einen Affront gegen die französische Republik bilden soll, gegen die ver- schiedene Mächte eine Art heiliger Allianz zur Bekämpfung deS Sozialismus gründen»vollen. DieAutorite " veröffentlicht Berichte vom 23. und 2S. Februar 1905 über Mitteilungen Pious: in welcher Weise auf einzelne her- vorragende politische Persönlichkeiten wie Rouvier, Etienne, Constans , Lcygucs und Doumer eingewirkt werden müsse. Von dem ehemaligen Minister Leygues heißt es unter anderem:Ribot wird mit Leygues sprechen, aber Piou verfügt über andere Mittel: Er weiß, daß Leygues 390 099 Frank Schulden hat und daß seine Wiederwahl durch eine Kandidatur derAction liberale " gefährdet ist." Auch bei Doumer werde man manövrieren. Doumer strebe die Präsidentschaft der Republik an und bewerbe sich um die Gunst der Katholiken, zu welchem Zwecke er sogar seinen Sekretär als Mitglied in dieAktion liberale" eintreten ließ. DerMatin" veröffentlicht Berichte MontagniniS, aus denen hervorgehen soll, daß Piou, bevor er in der Kammer seine Rede über das Trennungsgesetz hielt, sich erst der Zustimmung deS Vatikans vergewisserte. In einem Bericht vom 12. November 1904 teilt Montagnini mit, datz unter den Papieren der Freimaurer - lögeGrand Orient ", welche die nationalistischen Deputierten Syveton und Guyot de Villenneuve in die Hände bekommen hatten, sich verschiedene die damaligen Minister Pellctan und Delcasse be- treffertbe Schriftstücke befanden, darunter ein Brief, der zeige, datz Delcasse anfangs ge g e n die Reise des Präsidenten Loubet nach Rom gewesen sei, datz er sich aber später einem vomGrand Orient" gegebenen schmachvollen Befehl gefügt habe! Auch ein Briefwechsel des Botschafters Barräre liege vor als Beweis dafür, datz die Reise Loubets im Einvernehmen mit demGrand Orient" entschieden sei, als ein Mittel, um den Bruch mit dem Heiligen Stuhl herbeizuführen. Dänemark . Allgemeines, gleiches Wahlrecht für Frauen und Männer. Seit dem Fahre 1857 bestehen in Dänemark gesetzlich anerkannte Freie Annenkassen, die in Not befindlichen Personen Unterstützung gewähren, ohne datz damit die üblen Folgen verbunden sind, die sonst der Armenunterftützuna anhaften. Ursprünglich waren diese Freien Armenkassen eine halb kirchliche Einrichtung. Die Geistlichen waren die Vorsitzenden und die Gelder flössen hauptsächlich aus den Sammelbüchsen der Kirchen. Das hat sich inzwischen verändert. Während der grotzen Periode der Arbeitslosigkeit um die Zeit der Jahrhundertwende brachte die Sozialdemokratie einen Vorschlag über Staatsunterstützung der Freien Armenkassen ein neben dem Vorschlage auf Staatsunterstützung zu den Arbeitslosenkassen der Gewerkschaften, der ja, wenn auch in etwas veränderter Form, vor kurzem endgültig angenommen worden ist. StaatSunterstützung zu den Freien Armenkassen wurde im Frühjahre 1904 beschlossen, und zwar in einem Gesetz, das nach Verlauf von 3 Jahren revidiert werden sollte. Dies ist nun geschehen. Das neue Gesetz über die Freien Armenkassen, die in ZutunstHülfskassen" genannt werden, ist am 25. März vom Folkething in dritter Lesung end- gültig angenonnnen worden. Die Kommunen können nach dem neuen Gesetz ohne Genehmigung der höheren Behörden bis zu 30 Oere pro Einwohner für die Hülfskassen aufwenden. Sie erhalten ein Drittel der Ausgaben aus der Staatskasse ersetzt. Im ganzen ist der Staatszuschuh auf 250 000 Kronen jährlich bemessen. Gebraucht eine Kommune nicht ihren vollen Anteil, so kann sie im folgenden Jahre einen nm so viel höheren Zuschuß beziehen. Das Wichtigste am neuen Gesetze ist jedoch eine gründliche Demokratisierung der Verwaltung der Hülfskassen. Sie sind die erste öffentliche Institution in Dänemark , für die das gleiche allgemeine Wahlrecht für Männer und Frauen, verheiratete wie ledige, Dienst- leute nicht ausgeschlossen, eingeführt wird, und zwar das aktive und passive Wahlrecht. Das Gesetz gilt vorläufig noch nicht für Kopenhagen , weil hier eine Freie Armenkasse mcht besteht, sondern nur eine Unterstützungsvereinigung, die allerdings auch in Zukunft noch Staatszuschutz nach dem Gesetz von 1904 genießt. Voraussichtlich werden aber auch für die Hauptstadt bereits im nächsten Jahre Hülfskassen nach dem neuen Gefetz mit der vom Volke gewählten Verwaltung eingeführt. Rnmänien. Die Bauern sollen nun im ganzen Landeendgültig" zur Ruhe gebracht sein. So melden wenigstens überein- stimmend Telegraphen- und Korrespondenz-Bureaus, Ge- saitdtschaft und nicht zu vergessen Rumäniens Minister­präsident Demeter Sturdza, der neue, der starke Mann. Was daran wahr, was unwahr ist, das wird die Zukunft weisen. Einstweilen wütet Kie Reaktion und kühlt ihr Mütchen: Sie untersucht, sie stöbert nach denSchuldigen", sie verhaftet alleVerdächtigen". Die Bauern werden bei der Geschichte wieder die Leidtragenden sein: dafür spricht«schon die Tat- fache, daß Grundbesitzer und Pächter der Regierung für deren energische und umsichtige Verfügungen" ihren Dank aus- zusprechen beginnen. Die Herren Präfekten haben kaum die Aufgabe zugeteilt erhalten: auf die Gutsbesitzer, die Pächter und die Bauern einzuwirken, damit sie sichgütlich verständigen", da läßt Herr Sturdza auch schon in alle Winde telegraphieren, datz jene Präfekten -Einwirkung bestens funktioniert. Wie sie gemacht wird, darüber wird allerdings nichts mitgeteilt, aber man kann sichs wohl denken. Jedenfalls glaubt die Regierung, ihrer Sache sicher zu sein: denn sie hat nach einer Meldung aus Bukarest vom 4. April den Befehl gegeben, datz die Truppen in ihre Gar- nisonen abrücken. Auch König Karl fängt an, sich in seiner Haut wieder etwas wohler zu fühlen. Zugleich mit den ersten Mitteilungen von den Bauernunruhen war die Nachricht ver- breitet worden, der arme alte König fühle sich sehr angegriffen, er sei krank und schwach. Nun aber kommt die frohe Kunde: Das Befinden des Königs ist wieder ein befriedigendes: der- selbe erledigt alle Regierungsgeschäfte mit gewohnter Pünkt- lichkeit."- Arme rumänische Bauern! Arme rumänische Judenj GewerfefebaftUebe� Der Kampf in der Holzindustrie. In Dresden hielt, wie schon telegraphisch gemeldet, am Mittwoch der Arbeitgeber-Schutzverband für das Holzgewerbe eine Hauptversamm- l u n g ab, die sehr stark aus allen Teilen Deutschlands be- sucht war. Der Berliner Obermeister R a h a r d t betonte in seiner Eröffnungsrede, die Arbeitgeber seien durch das terroristische Vorgehen des Deutschen Holzarbeiter-Verbandes zur Aussperrung gezwungen worden. Die Aussperrung sei für die Meister nötig geworden, nicht etwa um geringfügiger Lohndifferenzen wegen, sondern lediglich deshalb, um ihre Macht und ihr Ansehen zu schützen. Dadurch hat der Ber - liner Hauptmacher der Aussperrung s e l b st bekundet, datz es sich für die Unternehmer nur um eine frivol vom Zaune gebrochene Machtprobe handelt. Derselbe Herr teilte alsdann noch mit, daß gegenwärtig in 14 Städten 18 000 Holzarbeiter ausgesperrt seien. Dazu seien noch Aussperrungen in Dresden , Leipzig , Halle, Spandau und Bernau gekommen: am 15. April und 1. Mai würden Guben , Oldenburg , Barmen und Görlitz folgen. Alsdann hielt Stöcke! aus Berlin eine echte Scharf- macherrede, in der er behauptete, die Aussperrung sei von den organisierten Holzarbeitern vom Zaune gebrochen worden. Obwohl die Löhne weit höher gestiegen feien wie die Lebens- mittelpreise, forderte der Holzarbeiter-Verband immer mehr. Für die Arbeitgeber handele es sich tatsächlich bei der Aus- sperrung um einen Kampf um Existenz und Standes- ehre. Der Schutzverband werde alles daran setzen, den be- gonnenen Kampf durchzuführen. Der wahrheitsliebende Vorsitzende R a h a r d t teilte so- dann noch mit, datz in Berlin 750 Betriebe an der Aus- sperrung beteiligt seien, die 13 000 Arbeiter ausgesperrt hätten. Der durchschnittliche Tagelohn habe in Berlin 5,45 M. bei einer täglichen Arbeitszeit von rund 8 Stunden betragen. Nirgends habe eine längere als zehnstündige Ar- beitszeit bestanden. Die GeHülsen wollten aber immer noch mehr haben. Die Arbeitgeber sollten sich auf keinerlei Konzessionen mit den Aus- gesperrten einlassen, vor allem aber die Ar- beitszeit nicht noch weiter verkürzen. Die Arbeiter würden immer übermütiger. In Berlin sei der paritätische Arbeitsnachweis zum Terrorismus gegen die nicht dem Holzarbeiter-Verbande ungehörigen Arbeiter miß- braucht worden. In- seiner zweiten Hetzrede wies der Ber - liner Obermeister ferner auf die angeblich wohlgefüllte Kasse des Holzarbeiter-Verbandes hin. Sollte die Aussperrung siegreich durchgeführt werden, müßten auch die Arbeitgeber Opfer bringen. Zunächst sollten durch freiwillige Samm- lungen Mittel aufgebracht werden. Sammellisten seien schon in allen Bezirken im Umlauf. Es seien auch schon Mittel eingezogen: dennoch werde es nötig sein, den Vorstand des Schutzverbandcs zu ermächtigen, eine Anleihe aufzunehmen. Die weitere Verhandlung ergab aufs neue, datz d i-e Scharf n» acher bei der Aussperrung in Berlin sitzen. In den übrigen Städten herrscht nur bei einem Teile der Holzgewerbetreibenden Aussperrungs- eifer. Es ergab auch die Debatte, die sonst belanglos war, daß außerhalb von Berlin bei den Tischlermeistektt keine gtoße Neigung besteht, die Kastanien für die Berliner Scharf- macher aus dem Feuer zu holen. Bei der Durchführung der Aussperrung sollen den Vor« schlügen des Vorstandes vom Schutzverband gemäß folgende Matznahmen getroffen werden: 1. Wöchentliche Kontrolle jedes Betriebes: 2. wöchentliche Versammlungen: 3. Er- richtung von Auskunftsbureaus in allen Aussperrungsorten: 4. Nichtaussperrung aller Nichtorganisierten und Hirsch- Dunckerschen Holzarbeiter. Leider sei es nicht möglich, die ch r i st l i ch e u Holzarbeiter von der Aussperrung aus- zuschließen, weil diese sich mit dem Holzarbeiter-Verbani' solidarisch erklärt hätten. Sodann verhandelte man über die Aufnahme einer Anleihe für den Aussperrungsfonds. Der Vorstand schlug vor, ihn zu ermächtigen, 100 000 M. aufzunehmen: auf Vorschlag des Reichstagsabgeordneten Pauli- Potsdam wurde aber beschlossen, eine Anleihe bis zum Betrage von einer Million aufzunehmen und vorläufig davon 300 000 M. frei zu verwenden. Ein Berliner Scharf- macher meinte, angesichts dieses Bewilligungseifers sei e S e i n e L u st z u l e b e n. Schließlich wurde eine von Pauli- Potsdam ein- gebrachte Resolution folgenden Wortlauts ange- nommen: Die am 3. April in Dresden tagende außerordentliche Generalversammlung des Arbcitgeber-Schutzverbandes" für das deutsche Holzgewerbe erklärt sich mit der bisherigen Taktik des Zcntralvorstandes in dem augenblicklichen Lohnlampfe mit der Organisation des Deutschen Holzarbeitervcrbandes nach jeder Richtung hin einverstanden und spricht demselben für die bis- herige aufopfernde Tätigkeit den wärmsten Dank aus. Die Forderungen der Arbeiter werden von der Generalversammlung wiederholt als unerfüllbar erklärt und erwartet die Verfamm- lung von den Kollegen in Berlin und den übrigen der in Be- kracht kommenden Städte, datz diese ungerechten Forderungen auch in Zukunft nicht nur im eigenen, sondern auch im Interesse des gesamten deutschen Holzgewerbes mit größter Energie zurück- gewiesen werden. Die Generalversammlung verpflichtet sich einmütig, die in der Bewegung stehenden Kollegen nicht nur nach jeder Richtung hin moralisch, sondern uuch finanziell zu unter- stützen. Die Versammlung ermächtigt den Zentralvorstand, um eine tatkräftige Unterstützung gewähren zu können, ein Darlehen von einer Million Mark aufzunehmen, für welche alle Bezirks- verbände pro Rata der beschäftigten Arbeiter Bürgschaft über- nehmen. Zur Maifeier wurde vorgeschlagen, jeden feiernden Arbeiter drei Tage lang auszusperren. Pauli- Potsdam offenbarte sich aufs neue als Scharfmacher. Er schlug vor, der Arbeiter, der den 1. Mai feiere, dürfe solange nicht wieder eingestellt werden, bis die Tarifverträge in sämtlichen Städten abgeschlossen seien. Ein Redner warnte davor, die Situation aus diese Weise noch zu verschärfen und ersuchte, den Dessaucr Beschlutz, wonach die Aussperrung wegen der Maifeier drei Tage dauern solle, hochzuhalten. Schließlich wurde auf Vorschlag des Vorsitzenden beschlossen: Wenn eine Mehrzahl von Arbeitern in einem Bezirksver- bände feiert, soll dem betreffenden Verbände freigestellt sein, über den Dessauer Beschluß hinaus zu gehen. Geschieht dös, so erkennt die Generalversammlung die Berechtigung des Be- zirks zu seiner Maßnahme an. Damit war die Tagesordnung erledigt und die Schars- macher begaben sich zum Mittagessen. Am Donnerstag fand wieder eine Versammlung der AuS- gesperrten in Kellers Saal statt. Stimmung und Haltung der Taufende, die sich Kopf an Kopf in den Saal drängten, ließ er- kennen, datz sich trotz deS langen und harten Kampfes noch keine Spur von Niedergeschlagenheit und Mutlosigkeit in den Reihen der Ausgesperrten und Streikenden bemerkbar macht.©tusche erstattete den Situationsbericht. Nach den in voriger Woche ge- machten Feststellungen betrug die Zahl der Ausgesperrten und Streikenden am 30. März in Berlin und den Vororten 5600. Zur- zeit tagt in Dresden die Generalversammlung des Arbeitgeber- Schutzverbandes, weldhe Beschluß fassen soll über die weiteren Kampfmittel der Unternehmer. Zunächst geht ihre Taktik dahin, die Aussperrung auf eine Anzahl von größeren Städten auszu- dehnen. Nach den bis jetzt vorliegenden Nachrichten ist es den Bemühungen der Scharfmacher nicht gelungen, den beabsichtigten Erfolg zu erreichen. In Leipzig ist wohl eine größere Zahl von Arbeitern entlassen, jedoch bei weitem nicht so viele, wie es nach dem Willen der führenden Unternehmer sein sollten. In Dresden hat die Aussperrung nur ein ganz geringes Matz erreicht, sie wird dort auch keinen erheblichen Umfang annehmen, weil viele Arbeit- geber Verträge mit den Arbeitern geschlossen haben. Aus anderen Städten, die für die Aussperrung ausersehen sind, ist noch nichts bekannt. In Spandau haben bis jetzt nur zwei Betriebe aus- gesperrt und in der größten Bautischlerci des Ortes haben 49 Ar- beiter die Arbeit niedergelegt. In LandSbcrg hat die Innung den Vertrag am 1. April gekündigt. Datz die Situation eine ernste ist, dessen sind sich die Arbeiter bewußt, aber sie sind deshalb nicht etwa mutlos geworden, sondern haben den Beweis erbracht, datz sie kein Opfer scheuen, um den von den Unternehmern herauf- beschworenen Kampf durchzuführen. Beiträge von 1 M. bis 3 M. werden von den Verbandsmttglicdern im ganzen Reiche gezahlt. Nach der Absicht der Scharfmacher sollen im Reiche noch 6000 7000 Holzarbeiter ausgesperrt werden. Ob und wie weit diese Absicht verwirklicht wird, das werden die nächsten Tage zeigen. Was den Kampf in Berlin betrifft, so tun auch die Behörden ihr möglichstes, um die Absichten der Unternehmer zu unterstützen. In manchen Bezirken geht die Polizei jetzt schärfer als bisher gegen die Streik- Posten vor. Auch die Steuerbehörde nimmt keine Rücksicht auf die Lage der Ausgesperrten. Eingaben um Stundung der Steuer sind abgelehnt worden. Die Unternehmer versuchen jetzt, die Mittel, die sie zur Fortführung des Kampfes brauchen, zusammen zu pumpen. Die Generalversammlung in Dresden hat bekanntlich beschlossen, eine Anleihe von 1 Million aufzunehmen. Eine interne Versammlung, die in Berlin am 27. März in denResidenzsälen" abgehalten wurde, hat die Aufnahme einer Anleihe von 200 000 M. bei der Stralauer Genossenschaftsbank beschlossen, um den aus- sperrenden Unternehmern Darlehen für die am 1. April fällig ge- wesene Miete zu gewähren. ES sollen auch den Unternehmern Unterstützungen von 80 Pf. pro Tag für jeden Arbeiter gewährt werden. Wer diese Unterstützung erhält, der mutz bei Herrn Rahardt einen Wechsel über die Höhe des erhaltenen Betrages hinterlegen. Zieht der Betreffende die Aussperrung zurück, dann wird ihm der Wechsel zur Zahlung präsentiert. Auf diese Weise werden die kleinen Arbeitgeber oft gegen ihren Willen gezwungen, im Kampfe gegen die Arbeiter zu verharren. Hier und da wird versucht, Arbeiter einzustellen unter der Bedingung, datz sie ein Schriftstück unterschreiben, worin sie erklären, nicht Mitglied des .«dolzarbeiterverbandes. des Fachvereins der Tischler oder des christ- lichen Verbandes zu sein. Vereinzelt haben Arbeiter die? Schrift» stück unterschrieben, im allgemeinen wird die Unterschrift abgelehnt. obwohl manche Unternehmer ihren Arbeitern erklärt haben, sie könnten ruhig unterschreiben, öenn was heut unterschrieben werde. brauche ja morgen nicht mehr zu gelten. Ein Unternehmer, der gerade dringende Arbeiten fertig zu stellen hat. sagte zu den Ver- tretern der Arbeiter, Herr Rahardt habe ihm ausnahmsweise erlaubt, auch ohne Unterschrift Arbeiter einzustellen. Aber der Holzarbeiterverband lehnte es ab, unter solchen Umständen seine Mitglieder in Arbeit zu bringen, da sie nach Fertigstellung der dringendsten Arbeiten doch wieder entlassen werden würden. Der Hirsch-Dunckersche Gewerkverein geht in seinen grbeiter,