Huf dem fncdbofe. KttosMdeS Leben sprießt aus jedem Reis an Sträu'chern mlo Büschen. Ein duftiger Schleier, aus jungem Grün uiü Sonnengold gewebt, liegt über dem Boden des weiten Toten- Hains ausgebreitet. Ein leiser Lufthauch spielt in den noch kahlen Zweigen der Bäume. Hier, in diesem parkartig ein- Gerichteten Reiche der Gräber erscheint uns der Tod nicht als «in grauenvoll Schreckliches, sondern er mutet uns an als ein natürliches, wenn auch schmerzliches Ereignis im ewigen Wechsel vom Werden und Vergehen.— Wechsel von Werden und Vergehen.— Für diesen Nachmittag steht der Gräberhain nur unserem Großen Toten offen und denen, welche ihm auf seinem letzten Gange das Geleit geben. Für jeden anderen Besuch ist der Friedhof gesperrt. Eine Kette unserer Ordner hält den Zu- gang zum Tore besetzt.— Hunderte von Ordnern stehen in Reihen längst der Wege des Friedhofes. Am Hauptwege, unweit der Leichenhalle, ist ein frisches Grab ausgehoben. Das ist der Fleck, der unserem I g n a z Auer als letzte Ruhestätte nach einem arbeits- und taten- reichen, leider zu früh abgeschlossenen Dasein bestimmt ist.— Eine Gruppe von Männern steht schweigend in der Nähe der Gruft. Es ist der Gesangverein„Typographia", der des Zeit- Punktes harrt, wo er an der Trauerfeier mitwirken wird.— Stunde auf Stunde vergeht.— Die nach Tausenden zählende Menge, die sich draußen, vor dem Tore des Friedhofes, angesammelt hat und den Schluß der vom Trauerhause bis hierher reichenden ununter- brochenen Kette bildet, blickt erwartungsvoll die Straße hinab. Am Ende derselben taucht ein mächtiges, in schwarzen Flor gehülltes Banner auf. „Sie kommen," geht es von Mund zu Mund. — Von ferne tönt Musik. Einzelne Töne nur erreichen das Ohr. Sie fügen sich nach und nach, immer deutlicher ver- nehmbar werdend, zu der uns allen wohlbekannten Melodie: „Ein Sohn des Volkes". Die Spitze des Zuges erreicht das Tor. Unter den Klängen der Musik betreten sie den Friedhof, ein langer Zug von Genossen, die als Mitarbeiter und Mitkämpfer an erster Stelle im Dienste der großen Sache stehen, für die der Ver- storbene gelebt, gelitten und gestritten hat: die Reichstags- fraktion, die auswärtigen Delegierten und dann die große Schar der kranztragenden Deputationen, die als Vertreter politischer und gewerkschaftlicher Organisationen der Trauer- feier beiwohnen. Nun kommt der Leichenwagen mit dem von großen Lorbeerkränzen bedeckten Sarg. Ihm folgen die Angehörigen des Verstorbenen und der Parteivorstand. Das Tor schließt sich. Für das weitere Gefolge bieten die Wege und Steige des Friedhofes auch nicht annähernd Raum. Langsam bewegt sich der Zug nach der Leichenhalle. Sie nimmt den Sarg und nur einen kleinen Teil der Trauer- Versammlung auf. Die Kranzträger stellen sich, soweit der Raum das zu» läßt, zu beiden Seiten des Weges auf, den der Sarg bis zur Gruft passieren muß.— *** Xu der Rallc wird der Sarg auf den Katafalk gesetzt. Unter den Lorbeerkränzen und Blumengewinden verschwindet er ganz. Eine rote Schleife hat sich aus der Florhülle gelöst, und nun leuchtet sie rot auf dem schwarzen Grunde. Das Parteibanner wallt zu Häupten des Sarges herab, und die Träger der Palmen nehmen im Halbkreise Aufstellung. Die Masse der Teilnehmer füllt die viel zu enge Halle. Und nun einen Augenblick tiefes Schweigen. Dann tönt aus einem Nebcnraume hervor:„Es stand seine Wiege im niedrigen Haus". Als der Gesang verklungen, tritt Bebel an den Sarg heran und sagt etwa Folgendes: „Verehrte Trauerversammlung! Liebe Freunde und Genossen! Der Kreis der Alten in der Partei wird lichter und lichter. Einer nach dem anderen geht zu der großen Armee, von der es keine Rückkehr mehr gibt. Denn, was geboren wurde, muß auch sterben. Wenige Monate sind verflossen, seit wir einen dieser Braven, August Drees dach, die letzte Ebre erwiesen haben, und erst wenige Tage, seit die Genossen BarGen-Elbcrfelds ebenfalls einen dieser Alten, Hermann G r i m p e, zur letzten Ruhe geleiteten. Und heute, verehrte Anwesende, stehen wir abermals an der Bahre eines uns» B e st e n, Bravsten und Tapfersten. Als am 10. bitfai Monats der Telegraph die Nachricht durch die ganze Welt jagte: Jgnaz Auer ist nicht mehr! da haben Millionen Proletarierherzen in heißem Schmerze gezuckt. Denn er war Fleisch von ihrem Fleisch und Bein von ihrem Bein. Ein Sohn des Volkes von seiner Geburt, durch seine Geburt» ein Sohn des Volkes von jeher bis zu seinem letzten Atemzuge. Jgnaz Auer war der Sohn einer armen Bauernfamilie aus einem kleinen Dorfe Niederbayerns . Die Familie hatte zahlreiche Kinder. Mochte die Atzung noch ausreichend sein, um so weniger war es die geistige Nahrung. Unser Jgnaz Auer, von Natur aus ein hochintelligenter Knabe, mußte im späteren Leben durch chernsn Fleiß und eiserne Ausdauer, die dem Höchsten nachstrebte, die Lücken, die die Jugenderziehung hinterlassen hatte, ausfüllen, und seinem Fleiße und seiner Ausdauer ist das im höchsten Maße gelungen. Auer wurde ein Mann von größtem Weitblick und eindringendem Verstand, der die Menschen und Dinge zu be- urteilen und zu behandeln wußte. Nahezu 40 Jahre sind es her, seit Jgnaz Auer in die Arbeiterbewegung eintrat und ungefähr ebenso lange, daß er in der Gewerkschaftsbewegung wirkte. Es gab eine Zeit, wo man des Glaubens war, und es auch offen aussprach, daß Auer ein Gegner der Gewerkschaftsbewegung wäre. Niemals ist ein ungerechterer Vorwurf erhoben worden. Denn Auer hat von jeher volles Verständnis für die Größe des Gewerkschaftsgedankens gehabt und die ganze Persönlichkeit für seine Ausbreitung eingesetzt. Nahezu 3Va Jahrzehnte ist es her, daß Auer von feiten der sozialdemokratischen Arbeiterpartei, ' genannt die Eisenacher, auf Grund seiner Parteitätigkeit als Sekretär neben Uork in die Leitung berufen wurde. Er kam gerade zur rechten Zeit. Denn Theodor Dork, unser Unvergeß- licher, starb in der Nacht von 1874 zu 1875, und so fiel denn unserem Auer die Aufgabe zu, im Auftrage der Parteileitung mit der anderen sozialdemokratischen Organisation, dem deutschen Arbeiterverein, die Verhandlungen zu führen, durch die endlich im Mai 1875 die lang ersehnte Einigung der deutschen Sozial- demokratie herbeigeführt wurde. Ganz selbstverständlich wurde er, wie von der anderen Seite D e r o s s i, unsererseits als Sekretär präsentiert, er wurde gewählt, und die Wahl Auers hat sich als eine höchst glückliche erwiesen. Freilich hat er diese Stelle unächst nur drei Jahre lang bekleidet. Dann sah er sich veranlaßt, 'ein Rufe der Berliner Genossen zu folgen, und an der Seite .oZann M o st s in die Redaktion der.Freien Presse" einzutreten. DaS war im Jahre 1877. Dasselbe Jahr brachte ihm auch das Mandat zum Reichstage aus dem 22. sächsischen Wahlkreise. Frei- lich mußte er im nächsten Jahre das Mandat wieder opfern. Denn die Auflösung des Reichstages und die furchtbare Hetze gegen die Sozialdemokratie, der man die Attentate gegen den alten Kaiser an die Rockschöße hing, brachte es dahin, daß auch Auer vom Reichstage ferngehalten wurde. Erst als im Jahre 1880 unser ebenfalls unvergeßlicher Bracke durch schwere Krankheit sich ge- zwangen sah, das Mandat für den 17. sächsischen Wahlkreis nieder- zulegen, wurde Auer sein Vertreter, und diesen Wahlkreis hat Auer mit Ausnahme der Perioden von 1881 bis 1884 und 1887 bis 1830 bis zum letzten Tage seines Lebens vertreten. Aber da- zwischen kam die schwere verhängnisvolle Zeit Ende der 70er Jahre. Es kam das Sozialistengesetz, eS kam auf Grund des Sozialisten- gesetzes der kleine Belagerungszustand, und Bismarck war der letzte, der eine Waffe nicht benutzt hätte, die man ihm in die Hand gab. Auer mußte mit seiner Familie und 66 anderen Genossen Ende November 1878 Berlin verlassen. Er ging nach Hamburg , wo ihm die Möglichkeit gegeben war, zunächst in die Redaktion der„Gerichtszeitung" einzutreten, wie sich damals unser dortiges Parteiorgan nannte. Auch dort tonnte er nicht lange bleiben. Bismarck bot alles auf, um die großen Städte unter die Fuchtel des Belagerungszustandes zu bringen. Und so sehr sich auch die Hamburger Staatsgewalten sträuben mochten, sie mußten dem Drängen Bismarcks zuletzt nachgeben: Auer wurde auch hier mit seiner Familie und vielen braven Genossen auf Grund des Belagerungszustandes ausgewiesen. Jetzt aber war die Situation ungleich böser. Denn das Sozialistengesetz hatte hunderte und aberhunderte existenzloser Genossen geschaffen. Die Partei hatte keine Möglichkeit, ihnen eine Existenz zu bieten. Denn wenn einer Anspruch darauf gehabt hätte, eine Existenz zu bekommen, wäre es unser Jgnaz A u e r gewesen. Nachdem alle Versuche mißglückt waren, sich eine andere Existenz zu gründen, griff Auer zum letzten, er wallfahrtete in die Heimat seiner Frau und wandte im Geschäft seiner Schwiegermutter die Fertigkeiten an, die er sich als Sattler und Tapezierer erworben hatte. Sein Aufenthalt in Schwerin dauerte von 1882 bis 1886. Sie alle werden mir glauben, daß dieser Aufenthalt nicht zu den angenehmsten Er- innerungcn unseres Auer gehörte, obgleich seine Angehörigen alles taten, um ihm diese Existenz so angenehm wie möglich zu machen. Aber er hatte keine Möglichkeit, sich in einer seinen Neigungen, seinen Kenntnissen und seiner hohen Intelligenz ent- sprechenden Weise für die Partei betätigen zu können. So hat er es mit Freuden begrüßt, als endlich im Jahre 1886 die Partei- leitung ihn bat, sich in München anzusiedeln, dort eine Korrespondenz zu übernehmen, und zugleich Redakteur des Organs der Tabak- und Zigarrenarbeiter zu werden. Dort bot sich ihm wenigstens einigermaßen ein Wirkungskreis, der seinen Neigungen, Interessen und Fähigkeiten entsprach. Mittlerweile aber hatten sich andere Dinge ereignet. Selbstverständlich konnte die Partei unter dem Sozialistengesetz nicht darauf verzichten, Parteitage abzuhalten. Die Notwendigkeit dazu war im Jahre 1880 sogar außerordentlich dringend, und da war es wieder selbstverständlich, daß Auer sowohl an dem Kongreß in Wyden als auch an dem Kongreß in Kopenhagen teilnahm. Hier aber ereilte ihn das Mißgeschick, daß er mit einer ganzen Anzahl seiner Freunde, die Kopenhagen besucht hatten, auf der Rückreise polizeilich fest- genommen wurde. All den Verhafteten wurde der Prozeß gemacht, und im Jahre 1886 verurteilte das Landgericht zu Frciberg die Angeklagten wegen Zugehörigkeit zu einer ungesetzlichen Ver- bindung auf Grund des§ 129 teils zu 9 und teils zu 6 Monaten Gefängnis. Zu denen, die am schwersten verurteilt wurden, gehörte auch Auer. Wir verbrachten damals die 9 Monate ge- meinsam hinter den Kerkermauern des Zwickauer Landgefäng- nisses, und da war es zum erstenmal, wo Auer, was man nach einem Aeußeren nicht für möglich gehalten hätte, mir gestand, daß allerlei innere Gebresten seinen Körper zerrütteten. Darum hatte er auch schwerer als alle anderen unter dem Aufenthalt im Gefängnis zu leiden. Endlich erschien der Tag der Freiheit. Auer war 1886 nach München übersiedelt, aber dem Frciberger Gehcimbundsprozeß folgte bald auch ein Geheimbundsprozeß in München , und bei der Stellung Auers war er natürlich neben V o l l m a r der hervorragendste Angeklagte, und natürlich boten Polizei und Staatsanwalt alles auf, um wieder seine Verurteilung zu erzielen. Hier aber gelang es in erster Linie dem außerordent- lichen Geschick Auers, die Anklage des Staatsanwalts zu wider» legen und die Freisprechung der Angeklagten herbeizuführen. Wenige Monate später beauftragte ihn die Partei, nach Zürich zu gehen und dort hat er— wobei ihm unser Freund Richard Fischer tütig zur Seite stand— in einem Aufenthalt von wenigen Monaten das Buch:„Nach 10 Jahren" geschrieben, das in klassischer, drastischer Weise die Geschichte des Sozialisten» gesetzes und die Schandtaten darstellte, die von den herrschenden Klassen unter dem Sozialistengesetz gegen die Sozialdemokratie begangen worden sind. Aber alle diese Vorgänge hatten dahin geführt, daß Auer weit mehr, als es äußerlich schien, innerlich nervös, zerrüttet wurde. Die Erschütterungen seines Nerven- ystems zwangen ihn nunmehr im Laufe des Jahres 1883, sich von allen Geschäften und Arbeiten zurückzuziehen, auf eine Reihe von Monaten in einer Wasserheilanstalt seinen Aufenthalt zu nehmen und dann an den Ufern des Genfer Sees durch einen längeren Aufenthalt seine erschütterte Gesundheit wiederherzustellen. Ich will es dankbar anerkennen, daß es damals die Hamburger Ge- nassen waren, die in der schweren Zeit des Sozialistengesetzes die nötigen Mittel aufbrachten, um ihm die Erholung zu ermöglichen. Sie hatte den Erfolg, daß er nun lange Jahre wieder arbeits. und kampffähig war. Dann kam das Jahr 1890, in dem es fest- band, daß das Sozialistengesetz unmöglich geworden war, indem eS feststand, daß eS im Dezember zu Ende gehen würde. Als dann im Sommer 1830 die Leitung der damaligen Partei zu» ammentrat, um zu beraten, welche Vorlagen dem Parteitage, der in Halle stattfinden sollte, unterbreitet werden müßten, trat sie an Jgnaz Auer mit der Frage heran, ob er bereit sei, seine alte 'riihere Stellung als Sekretär der Partei wieder einzunehmen. Selbstverständlich erklärte Auer sich mit tausend Freuden dazu bereit, und die Partei hat ihn dann durch ihre Vertreter zu diesem Ehrenposten gewählt. Nun, verehrte Parteigenossen, die Partei hat ihn wiedergewählt und immer wieder gewählt. Und was Auer seit 1330 für die Partei geleistet hat. was er als ihr Organisator, ihr parlamentarischer Vertreter und ihr Agitator vollbracht hat, das lebt noch in unser aller Gedächtnis. Leider aber kam die Zeit wieder, wo sich das frühere Uebel in verstärktem Matze wieder einstellte. Seit vollen vier Jahren war er ver» hindert, in der alten liebgewordenen Weise an der Tätigkeit im Amte teilzunehmen. Wohl suchte er sich durch längere Pausen die nötigen Kräfte zu verschaffen, um sich von neuem dem Dienst der Partei widmen zu können. Aber die Natur versagte, das Uebel wurde stärker und stärker; wir sahen alle mit Schrecken, daß seine Kräfte mehr und mehr abnahmen, daß ein schleichende? Uebel an ihm zehrte, das keine Heilung zuließ. Und ich darf es offen aus» 'prechen: Wenn ihn bor ein paar Tagen ein Schlaganfall, der uns allen überraschend kan?, aus dem Leben abberufen hat, so war das bei dem Gesundheitszustand, in dem er sich befand, und der Hm für die Zukunft drohte, eine Wohltat. So ist Jgnaz Auer dahingegangen, sein Name aber wird allezeit auf der Ehrentafel der Parteigeschichte leben. Ein Mann des Volkes ist er im besten Sinne gewesen, vom ersten Gedanken bis zum letzten Atemzuge. Jgnaz Auer ist durch seinen Tod der Gattin entrissen worden, mit der er mehr als 30 Jahre in glücklichster Ehe lebte, ist seinen Kindern und Enkeln entrissen worden, die in schwärmerischer Liebe an ihrem Vater und Groß- Vater hingen; ist der Partei entrissen worden, den Freunden und Kampfgenossen, die Jahre und Jahrzehnte mit ihm in einer Reihe standen. Nach einem selten reichen Leben ist er dahingegangen. Jgnaz Auer, ruhe in Frieden! So lange wir leben, werden wir Deiner in Ehren gedenken! *.- In das ergriffene Schweigen der Versammlung klingen die ersten Worte von Victor Adler hinein: Werte Leidtragende und Genossen! Im Namen der öfter» reichischen Sozialdemokratie bin ich hier, um mit Ihnen von Jgnaz Auer Abschied zu nehmen. Wir waren uns nicht fremd. Wir standen ihm näher, als die Genossen, die ihn heute umstehen» aus Büchern und Zeitungen allein wissen können. Wir Oester» reicher haben ihn gut gekannt,— wir haben ihn sehr geliebt. An diesem Sarge empfinden wir besonders schwer den Verlust, der die gesamte Internationale betroffen hat. Die deutsche Sozial» demokratie hat das Glück, eine Reihe von ganz bedeutenden Männern hervorgebracht zu haben, und in dieser Reihe gehörte Auer mit zu den Allerersten. Er war nach unserem Empfinden der beste Typus des deutschen Proletariers mit all seinen Vorzügen, mit seinen großen Anlagen, seiner großen Begabung und seiner ungeheuren Fähigkeit, die Dinge nicht nur zu über- sehen, sondern auch handelnd in sie einzugreifen und— sich zu opfern. Wir Ocsterreicher insbesondere haben etwas Verwandtes in ihm gefühlt, lassen Sie mich es sagen, etwas Süddeutsches. Jgnaz Auer ist ein Kämpfer gewesen, und, da er ein. prole- tarischer Kämpfer war, so hat er sich zu Tode gekämpft, wie viele Hunderte und Tausende in unseren Reihen. Sie starben, aber unsere Sache ckebt, und ihre Gräber geben Zeugnis für die Unsterblichkeit unserer Ideen. Nun spricht Rosa Luxemburg ! Ich ergreife das Wort im Namen der Russischen Sozialdcmo» kratischen Arbeiterpartei, die mir den Auftrag gegeben hat, ihren Gefühlen an der Bahre unseres Jgnaz Auer Ausdruck zu ver- leihen. Die Russische Sozialdemokratie ist, als das jüngste Glied in der großen Familie des internationalen Proletariats, daraus angewiesen, von den älteren Geschwistern, von der westeuropäischen Arbeiterbewegung und namentlich von ihrer alten Vorhut, der deutschen Sozialdemokratie sowohl in der Theorie wie im prak« tischen Kampfe wegweisende Lehren zu schöpfen. Die russische Arbeiterbewegung ist international nicht nur ihrem Geiste, ihren Idealen, ihren Endzielen und ihren Kampfmcthoden nach, sie steht zu der westeuropäischen und namentlich zu der deutschen Sozial- demokratie in dem warmen persönlichen Verhältnis eines treuen und dankbaren Schülers zum innig geliebten und hoch verehrten Lehrer. Und deshalb sind sowohl unsere großen Lehrnieister auf dem Gebiete der Theorie, wie auch die Bannerträger und Führer im praktischen Kampfe der deutschen Arbeiterklasse für die russische Sozialdemokratie, in der russischen Bewegung wohlbekannte und liebgewordene Namen, nahe und vertraute Gestalten. Und unter ihnen ragt die reckenhafte Gestalt Jgnaz Auers in erster Reihe empor. Man kann ohne Uebertreibung sagen, daß es keinen noch so entlegenen Winkel in dem großen Zarenreiche oder richtiger heutzutage: in dem großen Revolutionsreiche Rußland gibt, wo der Name Jgnaz Auers in den Reihen der Kämpfer um die Sache der Freiheit nicht wohl bekannt wäre, wo man jeder seiner Aeuße- rungen in der Oeffentlichkeit nicht die größte Beachtung geschenkt, jedem seiner Worte, nicht mit gespannter Aufmerksamkeit gelauscht hätte. Unser großer Toter hat es wohl in seiner großen Be- scheidenheit kaum selbst geahnt, aber sicher hat er sich auch in den Herzen Hunderttausender Kämpfer im fernen Rußland ein un. vergängliches Denkmal errichtet. Doch gibt es etwas in der markanten Persönlichkeit unseres verstorbenen Führers, was die Blicke der russischen Sozialdemo, kratie ganz besonders fesseln muß, es war nämlich etwas in unserem Jgnaz Auer, was ihn teuer macht jeder sozialdemo- kratischen Partei, die eine wirkliche Arbeiterpartei sein will« Das ist: er war ein echter Sohn des Volkes, ein einfacher Proletarier, der sich durch eigenen Fleiß, durch eiserne Energie, durch höchsten Idealismus, durch glänzende Begabung zu der Stellung eines Parteiführers großen Stils emporgearbeitet hat. Ein echter VolkSmann, hatte er auch auf den höchsten Zinnen der Partei nicht nur Fühlung mit der proletarischen Masse bewahrt, nein, er war und blieb bis zum letzten Atemzug Fleisch von ihrem Fleisch und Bein von ihrem Bein. Und das ist es gerade, waS der russischen Sozialdemokratie am meisten not tut, das ist auch die wunde Stelle der heutigen revolutionären Kämpfe in Ruß- land, daß die jung- russische Arbeiterbewegung noch nicht Zeit ge- habt hat, aus eigenen Reihen des Proletariats solche Führer her, vorzubringen. Dies ist auch die einmütige Meinung, die tiefe Ueberzeugung aller Kämpfer und Freunde der proletarischen Sache in Rußland : erst wenn das russische Proletariat imstande sein wird, nicht bloß begeisterte und todesmutige Soldaten, sondern auch kluge, weitblickende Feldherren aus eigener Mitte zu stellen. Feldherren, Strategen und Organisatoren von der Größe und von der Begabung Auers, ganz abgesehen von ihren jeweiligen An, sichten und ihrer Geistesrichtung.— dann erst wird die Sache des Sozialismus wie der Revolution in Rußland ein radier de bronce sein, der jedem Sturme trotzig die Stirn bieten kann. Erst wenn die russische Arbeitermasse solche Söhne wie Jgnaz Auer aus ihrem Schöße gebären wird, dann wird das Wort unserer Lehrmeister von der Befreiung der Arbeiterklasse selbst auch in Rußland in Erfüllung gehen. Und deshalb hängen in diesem Augenblick die Blicke der russischen Sozialdemokratie an der Bahre Jgnaz Auers mit innigster Verehrung. In den Petersburger Kasematten, in den Bergwerken Sibiriens , in den Folterkammern der Ostseeprovinzen. in den steinernen Käfigen des polnischen Wcichselgebietes trauert heute alles, was die Nationen Rußlands an Edelsten besitzen und überall sagen sich die Kämpfer der Revolution: heute wird ein Mann zur letzten Ruhe bestattet, dessen Lebenswerk unS als leuchtendes Vorbild vor den Augen schweben mutz, dem nach. zuleben und nachzustreben unser, der Lebenden. Ziel sein und bleiben wird. «» Im Namen der sozialdemokratischen Partei Hollands ruft dann Wiebaut-Amsterdam Jgnaz Auer den Dan! seiner jungen Partei und ein Lebewohl ind Grab nach. Er sagt: Die sozialdemokratische Partei Hollands bringt dem großen wackeren Kämpfer Jgnaz Auer ihren letzten Gruß. Wir kleine, verhältnismäßig junge Partei stehen tiefbewegt an dem Grabe des Vorkämpfers, w dem großen Streite m\txa
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