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Die Bänke der Rechten hatten sich nach dem Zwischenfall Schukgin geleert. Der Protest der Rechten gegen Schulgins Ausschließung wurde ins Protokoll der Sitzung eingetragen. Eine wichtige Vereinbarung. Petersburg. 15. April. Nach einer Vereinbarung des Präsidenten der Duma Golowin mit dem Ministerpräsidenten Stolypin   werden Sachverständige zu den Kommissionen der Duma zugelassen werden. Doch hängt die Zulassung in jedem einzelnen Falle von der Einwilligung des Ministerpräsidenten und des Duma- Präsidenten ab. Die Friedenstaube als Dumafeindin. Petersburg, 16. April. Die Petersburger Telegraphen- Agentur erklärt: Professor v. Martens hat an die Redaktion derTimes" eine Zuschrift über die Reichsduma gerichtet, in der er die Unfähigkeit der Reichsduma zu produktiver Arbeit und die Notwendigkeit, sie aufzulösen, darzutun sucht. Dieser Artikel, der nur die persönlichen Ansichten von Martens wiedergibt, hat in den offiziellen Kreisen Petersburgs um so größeres Erstaunen hervorgerufen, als die Regierung durchaus bemüht ist. den Willen des Kaisers zu vollstrecken und die gesetz- geberische Arbeit in Gemeinschaft mit den Erwählten der Nation auszuführen. Daß Martens so offenherzig ist, auszuplaudern, was die russische   Regierung keusch im Busen verbirgt, hathöheren Orts" wahrscheinlich um deswillen ganz besonders unangenehm berührt, weil der Herr Professor Rußlands   Vertreter auf der ersten HaagerFriedens"konferenz war und es auf der zweiten wiederum werden soll. Konservative Dumaschiitzer. Eine aus Mitgliedern dergemäßigten Parteien" und der Rechten zusammengesetzte Gruppe hal sich als Hauptziel die Erhaltung der Duma", dieFörderung der Produktivität ihrer Arbeit" und denKampf gegen diejenigen, die die Duma zu Revolutionszwecken mißbrauchen wollen", gestellt I Die Gruppe teilt sich in mehrere Unterabteilungen, die 3t Olto- bristen, 48 Gemäßigte und 7 Mitglieder der Extrem- rechten umfassen. Diese Fraktionen verbleiben selbständig, ohne jedoch ihr einheitliches Austrete» als ganze Gruppe in der Duma aufzugeben. In der letzten Sitzung sprach sich die Gruppe gegen die von derRußkoje Snamia" dem gcgenwmtigen Ministerium gegenüber geführte scharfe Sprache aus und mißbilligte gleichfalls die Tätigkeit des Verbandes des russischen   Volkes, der mittels Signale aus Petersburg Massendcpcschcu aus der Provinz hervor- rufe, die keinesfalls die Meinung der Bevölkerung ausdrückten. poUtifebe Gcbcrficbt Berlin, den 16. April 1907. Sozialpolitische Kleinarbeit. Der Generaldebatte über den Etat des Rcichsamtes des Innern wurde heute durch einen Schlußantrag ein Ende ge- macht. Genosse Sachse ließ noch die Forderungen der Bergarbeiter Revue passieren und beklagte das Schnecken- tempo der sozialpolitischen Gesetzgebung des Reiches, unter dem die Arbeitsverhältnisse der Bergarbeiter rückständig bleiben. Die Notwendigkeit einer einheitlichen Regelung dieser Verhältnisse ist längst anerkannt, aber der gewaltige Einfluß der Bergwerks-, speziell der Kohlenbarone verhindert eine grundlegende Reform. Zu benierken bleibt aus der Generaldebatte noch, daß der Abgeordnete v. Staudy den Staatssekretär resp. die Regierung ersuchte, entgegen dem Drängen der Naumann und Genossen bei dem jetzigen Tempo in der Sozialpolitik zu verharren! Diese Befriedigung des konservativen Führers spricht mehr als alles andere für die Unfruchtbarkeit amt- licher Sozialpolitik. Das Resultat der sechstägigen Debatte über den Etat war die Annahme von 15 Resolutionen, in denen die Vor- legung einer Reihe von Gesetzentwürfen sozialpolitischen Charakters verlangt oder sonst der Initiative der Regierung Anregung nach mancher Richtung gegeben wird. Die letzte jener Resolutionen fordert einen Gesetzentwurf über das Vereins- und Versammlungsrecht. Das praktische Ergebnis dieser meistens einstimmig an- genommenen Resolutionen ist, daß die bürgerlichen Parteien vor ihren Wählern paradieren können, zugunsten der Arbeiter diese oder jene Forderung gestellt zu haben. Ob und wann die Regierung den Resolutionen Wert verleiht durch Vor- legung von Gesetzentwürfen, das ist eine andere Frage. Zu konstatieren ist jedenfalls, daß die bürgerlichen Parteien samt und sonders nur durch die sozialpolitische Tätigkeit der sozialdemokratischen Fraktion dazu gedrängt wurden, durch eine Reihe von Anträgen wenigstens die dringende Not- wendigkeit baldigster Verbesserung der Arbeiterverhältnisse anzuerkennen. In der Spezialdiskussion zu den einzelnen Etatstiteln nahm eine bunte Reihe von Rednern Gelegenheit, die see- männische Bevölkerung ihrer Sympathie zu versichern und besonders für die kleine Schiffahrt Subventionen zu fordern. Unser Genosse S ch w a r tz- Lübeck   wies aber aus seiner fach- männischen Erfahrung nach, daß nicht Subventionen der kleinen Schiffahrt nützen noch dem Mangel an deutschen  Seeleuten abhelfen können, sondern nur eine gründliche, den wirklichen Bedürfnissen und Verhältnissen entsprechende Gesetzgebung. Die jetzige Seemannsordnung eMpreche diesen Bedürfnissen nicht, vielmehr müsse eine solche See- mannsordnung speziell für die große Schiffahrt und eine für die kleine Schiffahrt erst geschaffen werden. Bezüglich des' Reichszuschusses zu den Renten der In- validenversicherung monierte Genosse N o s k e die Dürftig- keit der Renten. Die Zuschüsse des Reiches bleiben im Ver- hältnis zur Zunahme der zu entschädigenden Fälle zurück, und die Handhabung des Gesetzes bringt den Rentenbeziehern viele Nachteile. Genosse B r ü h n e rügte die Unzulänglichkeit der Gesetze über das Heimatwesen. An sprechenden Vorkommnissen wies er die verhängnisvolle Wirkung bureaukratischer Maßnahmen nach und wurde darin von den Abgeordneten B r e j s k i, Bebel und Geck unterstützt. Morgen Fortsetzung der Spezialberatung des Etats, ?. Nachtragsetat._ Die Reformschulen. Dar Abgeordnetenhaus setzte heute die Debatte über den Antrag!,es Abg. Dr. Arendt fort, der die Errichtung höherer Lehranstalten mit gemeinsamen Unterbau, sog. Reformgymnasien. fordert. Mehrere Abgeordnete aus verschiedenen Parteien des Hauses, so insbesondere der Nationalliberale Göttinger   und der Konservative Dr. Krüger, sprachen sich für die Ausdehnung des naturwissenschaftlichen Unterrichtes im Lehrplan der höheren Knabenschulen aus. Selbst der Zentrumsabgeordnete Dr. Dittrich war dafür. Allerdings hatte er mancherlei religiöse Bedenken; er bekreuzigt sich vor dem Gedanken, daß im biologischen Unterricht der höheren Klassen etwa der Name Darwins erwähnt werde oder in der Astronomie das Kant-Laplacesche System. Aber seitdem der hochheilige Pater Wasmann   vom Orden Jesu die EntwickeluNgslehre mit der Schöpfungsgeschichte der sechs Tage in schönsten Einklang gebracht hat, will Dr. Dittrich die Knaben in der Schule all' das lieber einigermaßen zurechtgestutzt lernen lassen, weil sie es ja später von den gottlosen Professoren doch einmal erfahren! Nur der freisinnige Abg. Cassel hielt, wie schon öfter, eine seiner pathetischen und erregten Reden zu- gunstcn des humanistischen Gymnasiums. Er hat seinen Lohn dahin; Dr. v. Studt dankte ihm gerührt für die Worte, die sein kultusministerielles Herz erhoben hätten. Das Abgeordnetenhaus aber schloß schleunigst die Debatte, damit nicht Gott behüte noch einmal jemand solche Rede hielte. Dann kam die Spczialdcbatte über den Etat der höheren Lehran st alten, die heute endlich in einer Abend sitzung abgeschlossen werden soll. Tie Bülowgarde in der Wahlprüfungs-Kommission. In der Dienstagssitzung der Wahlprüfungs-Kommission machten die Vertreter der Blockparteien einschließlich der Freisinnigen den Versuch, den am 11. April von der Mehrheit der Kommission gefaßten Beschluß betreffend die Ungültigkeitserklärung der Wahl des Abg. v. Richthofen-Damsdörf umzustoßen resp. abzuändern! Das Gebaren der Freisinnigen darf nicht weiter in Erstaunen setzen; geht ihnen doch die Erhaltung des ehelichen Friedens mit den konservativen Paarungsgenossen über alles. Im übrigen haben liberale" Blätter u. a. dasBerliner Tageblatt" und dieFranks. Zeitung", die zuerst Miene machten, dem freisinnigen Abgeord- neten, der am 11. April in der Kommission für die Ungültigkeits- erklärung stimmte, zu decken, sich nachträglich einesBesseren" besonnen und eine andere Melodie angestimmt, deren Töne dem durch den Beschluß der Kominission als Wah lbeeinflusser gebrandmarkten Herrn V Bülow wieder rauh inS reichskanzlerische Ohr klingen. Bei dieser Sachlage ist es nicht verwunderlich, daß auch die freisinnigen Abgeordneten das Mandat des Herrn v. Richthofen unter ihre schützenden Fittige zu nehmen wünschen, in der allerdings nicht unrichtigen Erwägung, daß ja wenn dieses konser­vative Mandat tatsächlich kassiert würde, mit demselben, ja zum teil mit größerem Rechte eine ganze Reihe freisinniger Mandate(Eickhoff, Hermes u. a. m.) für ungültig erklärt werden müßten. In unserer Nummer vom 13. d. Mts. haben' wir die in Rede stehenden Vorgänge bereits besprochen und der Vermutung Ausdruck verliehen, daß bei der P l e n a r Verhandlung über das Richthofensche Mandat die Freisinnigen sich sicherlich als Freisinnige entpuppen würden. Die Tatsachen haben uns noch schneller recht gegeben, als wir vermuteten: die Freisinnigen warten nicht, bis die Sache ans Plenum kommt, sie beeifern sich schon vorher, zu zeigen, daß sie Bülows Wahlmachevoll und ganz" zu segnen gedenken. Darum hat die freisinnige gleich der übrigen Block-Presse auch schleunigst eine Mitteilung derNorddeutschen Allgemeinen Zeitung" apportiert und fruktifiziert: daß nämlich nur ein Teil des Antwortschreibens des Reichskanzlers an den Redakteur Tippe! derTäglichen Rund- schau für Schlesien" abgedruckt worden sei; in dem ungedruckten Teil des Briefes aber soll der Reichskanzler betont haben, daß er keine Stellung zu der Wahl im Schweidnitzer Kreise nehmen wolle! Diese Zeitungsnotiz gab nun den Blockvertretern Anlaß, in der Dienstagssitzung der WahlprüsungSkommission von U n- Vollständigkeit(I) des Materials" zu reden, daS der Kam- Mission bei Beratung dieser Wahl vorgelegen habe. Im Besitze des neuenvervoll st ändigten" Materials fühlte der Block ge- nügend Kraft in seinen Adern, um gar den kühnen Versuch zu wagen; eine n e u e Besprechung deS Falles herbeizuführen! Nicht mehr und nicht weniger wollte man durchdrücken, als daß der Kommifsions- befchlutz vom 11. d. M. umgestoßen und von neuem in die materielle Besprechung deS durch die offiziöse Presse bekannt gegebenenvollständigen" Inhalts des reichskanzlerischen Antwort- schreibens eingetreten würde. Gegen dieses Vorgehen wurden verschiedene Bedenken wegen der Konsequenzen geäußert, die dieser Präzedenzfall nach sich ziehen könnte. Ein paar ganz schlaue Redner glaubten aber der Sache die präjudizielle Spitze abzubrechen mit dem findigen Vor- schlage, die Besprechung eintreten zu lassen, wenn kein Mitglied der Kommission widerspreche. Unser Vertreter erhob jedoch selbstverständlich Widerspruch gegen dieses Verfahren und damit war die Sache erledigt. Die Absicht der diesmal geschlossen austretenden Block- Vertreter, die Kommission als Vorspann für die Umstoßung des Ungültigkeitsbeschlusses zu benutzen, war somit vereitelt. Die Frei- sinnigen werden also, wollen sie schon ihren Bundes- und Paarungs"-Genossen vom Block des Herrn Reichskanzlers Wahl- Machenschaften decken helfen, wenigstens aus der Halbdunlel-Kammer der Kommission heraustreten und vor dem Plenum offen Farbe bekennen müssen. Und das ist sehr erfreulich. Deutfcbeö Reich. Der Seniorenkonvent hat sich gestern unter dem Vorfitz des Präsidenten mit dem Beratungsstoff des Reichstags beschäftigt. Dem Wunsche der Regierung entspricht es, daß die laufende Session vor Pfingsten zu Ende geführt wird. Der Seniorenkonvcnt verständigte sich dahin, den Versuch zu machen, bis Pfingsten den Etat und die Ergänzungsetats, das Gesetz betreffend die Majestätsbeleidigung sowie einige Regierungsvorlagen(Abkommen mit Amerika  , den Nieder- landen usw.) zu erledigen. Sollte sich dies nicht ermöglichen lassen, so wird der Reichstag   nach der Pfingstwoche seine Arbeiten noch für eine kurze Zeit toieder aufnehmen. Bei der Fortsetzung der Etatsberatung sollen, unter der Voraussetzung, daß jede Fraktion zu Worte kommt, die Verhandlungen möglichst zusammengefaßt und eine Art Kontingentierung der Beratungszeit für die einzelnen Etats vorgenommen werden. Von verschiedenen Seiten wurde der Wunsch ausgesprochen, daß die in voriger Session unerledigt gebliebenen Gesetze wieder vor- gelegt werden und wenn möglich wenigstens teilweise noch zur ersten Beratung gelangen. Auf Unterbrechung der Sitzungen sowie auf Schwerins- tage wird vor Pfingsten verzichtet. Die Frage, ob Schluß der Session oder Vertagung des Reichstages geplant wird, konnte nicht beantwortet werden, da eine Entschließung der Regierung noch nicht vorliegt. Im Seniorenkonvent wurden mehrere Vorlagen in Rücksicht auf die Notwendigkeit mit der gesetzgeberischen Erledigung der zu erwartenden Regierungsvorlagen noch in dieser Session zu beginnen, die Vertagung befürwortet. Freisinn und Maifeier. Der Aufruf des Parteivorstandes zur Maifeier hat die freisinnige Presse zu allerhand törichten Glossen provoziert. DasBerliner Tageblatt" erblickt in dem Aufruf einenRückzug". Die V o l k s- Z t g." preist diesen Rückzug" als einen Sieg desRevisionismus", der stärker sei,als die Revisionisten selber glauben wollen". Diese drollige Konstatierung würzt das freisinnig-demokratische Organ mit der Bemerkung, daß sich der Revisionismus, wenn nur an seiner Spitze einwirtschaftlich unabhängiger(I) energischer Charakter stände", sich nicht sojämmerlich an die Wand drücken" lasse,wie es seit Dresden   und Jena   ge- schehen ist". Eine Aufmunterung an den Revisionismus, die allem eher als einem Kompliment ähnlich sieht. DieVoss. Ztg." erblickt in dem Aufruf des Parteivorstandes eine Waffenstrcckung der Partei vor den stärkeren Gewerk» schaften:Vor der Macht aber beugt sich der Parteivorstand. und froh ist er darum, wenn er die Grundsätze wenigstens für die Theorie retten kann." Aber die Gewerkschaften haben ihren Sieg über die Partei nach derVoss. Ztg." bereits auf den Mannheimer Parteitag errungen. Dort habensie es denn auch dahin gebracht, daß beschlossen wurde, nur da die Arbeitsruhe ein- treten zu lassen, w o d i e M ö g Ii ch ke it der Arbeitsruhe vorhanden ist". Man sieht, die liebe Freisinnspresse ist erstaunlich gut unterrichtet! Die Gewerkschaften haben es in Mannheim  dahin gebracht", eine Resolution durchzudrücken. die auf dem Jenaer   Parteitag 1905 bereits in genau demselben Wortlaut angenommen wurde! Welcher Rückzug der Partei I Aber mehr noch: bereits auf dem Münchener Partei- tag im Jahre 1902 lautete der Schlußpassus der Maifeier- resolution wörtlich genau so, wie in Jena   und Mannheim  , nämlich: Der Parteitag macht es dabei den Arbeitern und Arbeiter- organisationen zur Pflicht, neben den anderen Kundgebungen für die allgemeine Arbeitsruhe am 1. Mai einzutreten und überall da, wo die Möglichkeit der Arbeitsruhe vor- h a n d e n i st, die Arbeit ruhen zu lassen." Welch eine Preisgabe des früher angenomnienen Stand- Punktes! Aber damit nicht genug l In seinem Schlußworte auf dem Münchener Partei- tage im Jahre 1902 erklärte der Referent über den Punkt Maifeier, Genosse Fischer, daß die Partei von jeher den Standpunkt vertreten habe, daß für die Durchführung der Arbeitsruhe am 1. Mai zwar Opfer gebracht werden müßten, daß die Partei die Maifeier aber zueiner Kraft- probe zwischen wirtschaftlicher Macht der Unternehmer und der Arbeiterklasse" nicht werden lassen wolle! Die Partei hat also seit jeher genau auf dem Standpunkt gestanden, den der Parteivorstand in seiner Erklärung ein- genommen hat. Es bedurfte wahrhaftig nicht erst der Be- lehrung derVolks-Ztg.",daß das Bürgertum eine Macht ist, mit der auch die radikalsten Heißsporne bis auf weiteres noch rechnen müssen." Mit Radikalismus oder Revisionismus hat gerade die Maifeier nicht das geringste zu tun. Ebensowenig mit Partei oder Gewerk- schaften. Die Maifeier ist seinerzeit sowohl von Partei wie Gewerkschaften beschlossen und durchgeführt worden. Die Durchführung der Arbeitsruhe hängt selbstverständlich zum guten Teile auch von der jeweiligen wirtschaftlichen und ge- werkschaftlichcn Konjunktur ab. Das ist von den radikalsten Parteigenossen jeder Zeit als etwas Selb st ver st änd- l i ch e s anerkannt worden. Daß gleichwohl die bürgerliche, sogar diefreisinnige" Presse das Charakteristikum des Radikalismus in blindem, stupidem Draufgängertum erblickt, ist nicht die Schuld des Radikalismus, sondern der traurigen Borniertheit der guten bürgerlichen Politiker selbst! Die UntersuchuugSkomödie. Dem Reichstag ist soeben ein Bericht Dernburgs über die Ergebnisse der Untersuchung der im Parlament erhobenen An- schuldigungen gegen Kolonialbeamte zugegangen. Der Bericht ist sosummarisch daß sich für den Reichstag nicht die geringste Möglichkeit ergibt, die als festgestellt angegebenen Tatsachen irgendwie nachzuprüfen. Entweder wird auf be- reits gefällte frühere Urteile zurückgegriffen, deren Nach- Prüfung doch gerade Aufgabe der Untersuchungskommission ge- Wesen wäre, oder aber der Reichstag   wird damit abgespeist, daß die Untersuchungen noch schwebten! Wir sind gespannt darauf, ob die freisinnigen und ultra- montanen Ankläger sich durch einen solchenBericht" abspeisen lassen werden!_ Adickes  . DaS reizvolle Intrigenspiel um einen vakant werdenden Minister- Posten wird fortgesetzt. DerFrank. Courier" behauptet, daß der Frankfurter   Nachfolger Miguels, Herr A d i ck e S, tatsächlich nach Berlin   gerufen und dort wegen der etwaigen Nachfolgerschaft des Grafen Posadowsky sondiert worden sei. Und zwar von Herrn L u c a n u S I Was dazu nun wohl das Oertelsche Agrarier- organ sage? Das Oertel-Blatt gibt zu, daß solch' eine Zusammenkunft statt- gefunden habe. Das habe es auch gar nicht bestritten. Es habe ja nur erklärt, daß der Frankfurter   Oberbürgermeister weder vom Kaiser noch vom Kanzler empfangen worden sei und daß es sich nicht um die Uebernahme des Kultusministeriums gehandelt habe. Die Sache mit Posa möge ihre Richtigkeit gehabt haben. Immerhin werde Posadowslyin nach st er Zeit keinesfalls aus seinem Amte scheiden". Er befinde sich zurzeit in voller Uebereinstimmung mit dem Reichskanzler. Vor einiger Zeit möge die Sache etwas anders gelegen haben. Jetzt aber sei die Frage der Nachfolgerschaft Posas nicht aktuell. Es scheint also, als ob tatsächlich die Frage der Heranziehung desliberalen" Frankfurter   Oberbürgermeisters erwogen worden sei. Offenbar handelte es sich um eine formale Konzession an die liberale Blockbrüderschaft. Nur daß man dem System durch Opferung S t u d t s mich nicht einmal eine Schein konzession ab- ringen lassen ivollte. Dagegen war man eventuell bereit, Posa- dowSky gegen AdickcS einzutauschen. Nun hat sich ja Posa in Nach- ahmung des agrarisch ersterben wollenden Bülow einen k o n s e r- v a t i v e n Politiker genannt aber daß von A d i ck e s eine stucht- barere Sozialpolitik zu erwarten wäre, ist nach den Leistungen dieses Mannes ausgeschlossen. Zudem scheint die Regierun!} momentan sogar auf den P e r s o n e n a u s t a u s ch verzichten zu wollen. Sie wird erst den Appetit des Liberalismus noch eine Weile reizen, be- vor sie ihn durch ein Schaubrot stillt. Die Reichstags-Nachwahl im Wahlkreis Glauchau  -Meerane  . M e e r a n e, IS. April. (Privattelegramm.) Die Ersatzwahl zum Reichstag ist auf den LS. April fest- gesetzt worden. m