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8le SdSfe jetzt schon an etMS ttenzkich zu toetttn, fWe«in Sfrtifel derRheinisch-Westfälischen Zeitung" beweist. Auch sie fordern nicht mit Unrecht, daß etwas geschehen müsse. Ich bin überzeugt. daß eine große Mehrheit des Hauses gern bereit ist. die erforb lichcn Mittel zu bewilligen. Um so grötzer ist ldi« Aerantivortu_ der Regierung, wenn nichts unternommen wird.( Bravo I bei den Sozialdemokraten.) Hierauf wird ein Schlnstantrag von Novmann(f.). Müller- Mein ingen(frs. Vp.). Bassevmatm(natl.), Graf von Hom. Pesch lg.) angenommen. Abg. Kobelt(wilbl.) bedauert zur Gefchäftsordnuna mit er- hobener Stim-ine, daß es ihm auf diese Wchse unmöglich gemacht werbe, die Behauptung des Abgeordneten Rösicke zurückzuweisen, daß die Fleischpveise nicht mit den Viehp reisen entsprechend herab- gegangen wären. Er werde das bei anderer Gelegenheit nachholen. (Große Heiterkeit.) Es folgt die Abstimmung über die vorliegenden Resolu- tionen. Die Resolution Baumann u. Gen.(Z.), welche möglichst noch in dieser Session eine Revision des Wein- gesetzes verlangt, wird gegen die Stimmen der Freisinnigen angenommen. Eine Resolution Brandys(Pole) u. Gen. auf Bekannt- machung der UnfallverhütungSvorschriften in Bergwerken usw. in der Muttersprache'der betr. Arbeiter wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, des Zentrums, der Polen   und des Abgeord« neten Neumann-Hofsr(frs. Vg.) abgelehnt. Einstimmig angenommen wird die Resolution Dr. Jäger (Z.) auf Borlage eines ReichSwohnungsgesetzeS. Eine Resolution Giesberts u. Gen.  (Z.), wonach der Reichskanzler ersucht werden soll, erstens durch den Beirat für Ar- bciterstatisttk Unicrsuchungen veranstalten zu lassen über die Av- bcitervcrhältnisse in den Walz- und Hüttenwerken, zweitens auf Grund der Ergebnisse dieser Untersuchungen entsprechende Verord- nungen zum Schutze dieser Arbeiter zu erlassen, wird in ihrem ersten Teile einstinimig, im zweiten Teil gegen die Stimmen der Konservativen angenommen. Eine Resolution A l b re cht(Sog.) u. Gen., die Verordnungen zum Schutze der in Walz  -, Hüttenwerken und Metallschleifereien beschäftigten Arbeiter verlangt, und eine dieselbe Materie be- handelnde Resolution Brandys u. Gen.(Pole), welche außerdem ei««» Gesetzentwurf verlangt, wodurch für die Arbeiter der erwähnten Betriebe nach dem Muster der Bergknappschaftskassen Versicherungsvereins gegründet werden, finden gegen die Stimmen der Konservativen und Nationalliberalen Annahme. Beim KapitelBiologische Anstalt für Land- und Fiorstwirtschaft" regen die Abgg. Dr. Arendt(Rp.) und Fuhrmann(natl.) die Errichtung einer Reichsanstalt für Züchtung s- versuche an.... Staatssekretär Graf Posadowsky erklart, das liege noch in weiter Ferne und soll« besser den Cinzelstaaten überlassen blechen. Es folgt das KapitelPatentamt". Abg. Funck(natl.): Wir haben schon vor mehreren Jahren eine Revision des PatentgesetzeS beantragt; sie unterliegt jetzt der Be- ratung einer Kommission, die der Deutsche   Verein zum Schutze des gewerblichen Eigentums eingesetzt hat. Vor allem sollte die bevor- stehende Rovision die übermäßig hohen Patentaebühren herabsetzen. Eine solche Herabsetzung der Gebühren liwe im Interesse deö gewcrb. lichen Mittelstandes, der heute gar keine Patente wegen der zu hohen Gebühren erlangen kann. Eine gewisse Hohe der Gebühren muß allerdings aufrecht erhalten bleiben, damit nicht unnütze Patente aufgeiiommen werden..,.... Abg. Burlagc(Z.) spricht sich unter Bezugnahme auf daS be. kannte Buch von Arved Jürgensohn.Patentgesetzgebung und Er- findcrschicksale" ebenfalls für eine Herabsetzung der Paten-tgebühren aus. In Frankreich   und Amerika   sind die Gebühren viel geringer. In Amerika   nur 147 M. für 17 Jahre, bei unS dagegen S300 M. für IS Jahre. Ganz unhaltbar ist der Zustand, daß die Angestellten ihre Erfindungen unentgeltlich der Firma überlassen müssen. Abg. Dr. Posthoff(frs. Vg.) bittet, die Reform deS Patent. aeletzcs möglichst zu beschleunigen. Wenn in den Vertragen ' ilt öen Xnaestellteu sich direkt Bestimmungen finden, die. mit den Kn Sit�icht vorewbar sind, sollten die Angestellten solche«er- 1C0�tÄtoK& Graf P-sab-wSkY- Das Patentgesetz wie daS Warenzeichengesetz bedürfen der Abänderung. Vorarbeiten sind im Gange; in der nächsten Session wird aber jedenfalls daS neue Gesetz noch nicht vorgelegt werden können. Die Frage der Patent- gebühren soll aus Grund der Anregungen aus dem Hause eben- falls geprüft werden. DaS Kapitel wird bewilligt. ES folgt daS Kapitel Reichsversicherungsamt  . Abg. Becker(Z.): Die.Zahl der Unfälle ist im letzten Jahre zwar nicht gestiegen, aber die unfallhäufigkeit ist noch immer viel zu groß. Die BerufSgenossenschaften geben noch viel zu wenig für die Unfallverhütung aus, insbesondere die landwirtschaftlichen. 48 landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften hatten nur IS Auf- sichtSbeamte. Man klagt so viel über die Lasten der Versicherung für die Unternehmer. Ich gebe zu. daß für manche kleine Unter- nehmer diese Lasten recht drückend sein mögen, aber man sollte doch keineswegs so weit gehen. daS Unfallversicherungsgesetz noch zu ver- schlechtem. Der ostpreußische landwirtschaftliche Zentralverein ist aber in dieser Richtung bereits so weit gegangen, die Nichtauszah- luna der Renten unter 33% Prozent zu verlangen!(Zuruf bei den Sozialdemokraten: DaS Zentrum auch!) DaS ist bereits von dieser Stelle aus so zurückgewiesen, daß man unserer Partei diesen Vorwurf nicht mehr machen sollt«. Das Nentenfeststellungs- verfahren ist immer noch sehr langsam: Ein Arbeiter mutzte drei viertel Jahre auf einen Vorbescheid warten.(Hört! Hort!) In diesem Jahre soll wieder«ne Unfallzählung stattfinden; die letzte wurde im Jahre 1837«KWeiwmmen. Es wäre wünschenswert, daß die Zählungen häufiger stattfinden und aus den Zählkarten auch nach den Ursachen der Unsälle gefragt wird. In der Renten- drückung gecht man doch etwas zu weit; das führt nicht dazu, die Freude an der sozialen Versicherung unter den Arbeitern zu heben. Leider werden die Vorteile der Weiterversicherung bei der Ver- heiratung noch nicht genügend erkannt. Die Standesbeamten sollten veranlaßt werden, auf diese Vorteile hinzuweisen.(Bravo l im Zentrum.) Abg. Dr. Mugban(fr. Vpj: Von der Uebernahme des Heil­verfahrens verspricht man sich meines Erachtens zu viel für die BerufSgenossenschaften. Bezüglich der Vertrauensärzte für die Schiedsgerichte wird häufig insofern gefehlt, als fast gewohnheits- mäßig in manchen Bezirken die Vorschläge der ärztlichen Standes- Vertretungen nicht beachtet werden.- Der Staatssekretär klagte über ungenügende Vorbereitungen der Anträge aus Renten in den unteren Instanzen; das sind Mängel, die im Gesetz selbst begründet sind. Ein großer Mangel ist, daß der Begriff der Erwerbs« Unfähigkeit in der Invaliden» und in der Unfallversicherung ein verschiedener ist. Was den Unterricht der Studierenden der Medizin in der Gewerbehygiene und der Arbeiterverficherung be- trifft, so ist es bezeichnend, daß die deutschen   Regierungen dies nicht für selbstverständlich halten, sondern Umfragen darüber bei den Fakultäten veranstalten. Es ist eben ein sehr großer Mangel, daß beim Reichsversicherungsamt nicht auch Aerzte tätig find.(Sehr richtig I bei den Freifinnigen.) Zur schnelleren Rechtsprechung, die gerade bei der Arbeiterversicheruna sehr notwendig ist, würde es bei- tragen, wenn die Zahl der Mitwirkenden in jedem Senat erheblich eingeschränkt würde.(Bravo  ! bei den Freisinnigen.) Abg. Nenner(natl.) regt an, daß bei kleinen Unfällen häufiger von der KapitalSabfindung Gebrauch gemacht werde. Abg. Dr. Jäger(Z.) auf der Tribüne unverständlich, begründet effie Resolution, die JnvalidenversicherunaSanstalten mehr als bisher für die Befriedigung des Wohnungsbedürfnisses der minderbemsttelten BolkSklassen nutzbar zu machen. Das Kapitel wird bewilligt. Die Resolution des Zentrums wird angenommen. Nach unwesentlicher Debatte werden die Kapitel Physikalisch- Technische Reichsanstalt und Kanalamt bewilligt. Ein Vertagungsantrag findet nicht die geschäftS- ordnungsmäßige Unterstützung von 30 Mitgliedern es find kaum 40 Mitglieder im ganzen anwesend nur die Sozialdemokraten er- heben sich für die Vertagung. Beim KapitelAufsichtSamt für Privat-Ver- f i ch e r u« g" bemerkt Abg. Hue(Soz.) er werde die wichtige Frage, wie weit die Feuerversicherungsanstalten für derartige Katastrophen wie die Rovorit« explosion in St. Annen hasten müssen, bei der dritten Lesung zur Sprache bringen. Das Kapitel wird bewilligt. Nach unwesentlicher Debatte wird der Übrig« Teil des Ordinariums und ein Teil deS ExtraordinariumS bewilligt. Vor der Beratung der Forderung der letzten Rate zum Aus- bau der Hohkönigsburg beantragen die Freisinnigen die Vertagung. Der Antrag wird nicht genügend unterstützt. Frhr. v. Richthofe»(L): Ich bezweifle die Beschlußfähigkeit deS Hauses. Abg. Dr. Spahn<Z.): Ein solcher Zweifel ist nur vor einer Beschlußfassung zulässig.(Sehr richtig I im Zentrum.) Bizepräsident Kaempf: Diese Auffassung ist zutreffend. Wir gehen weiter. Abg. Emmel(Soz.) begründet den ablehnenden Standpunkt der Sozialdemokratie zu der Forderung. Staatssekretär Graf Posadowsky bittet um Bewilligung der Forderung, desgleichen Abg. Hoeffrl(Rp.) Abg. Kulerski(Pole) wendet sich gegen die Bewilligung. Bor der Abstimmung bezweifelt Abg. Dr. Müller« Meiningen  (stf. Vp.) die Beschlußfähigkeit des Hauses. Das Bureau schließt sich dem Zweifel a«.(Rufe aus dem Zentrum: Echt steisinnig l) Bizepräfident Paasche: Di« nächste Sitzung findet Freitag um 1 Uhr statt. Fortsetzung der Etatsberatung. Schluß 9 Uhr._ Mgeoränetenbaus. 46. Sitzung v om D o n n ersta g. den 18. April 1907, vormittags 11 Uhr. Am Mnistertische: Frhr. v. Rheinbaben. Die zweite Beratung de« Etats wird fortgesetzt. Beim Etat der Staatsschuldenverwaltung führt Finanzminister Frhr. v. Rheinbaben aus: Ich halte mich für verpflichtet, sofort Auskunft zu erteilen über das Ergebnis der vor- gestern abgeschlossenen Finanzoperation zwischen dem Reich und Preußen. Jeder von beiden bedarf 200 Millionen. Im Reiche ist daS Bedürfnis hervorgerufen durch die Umwandlung der unverzins» lichen Schatzanweisungen und durch die Anforderungen von Marine, Heer und Postverwaltung. in Preußen durch Eisenbahn- und Kanalbauten. Bei der Deckung dieses Bedarfs dursten die un- günstigen Erfahrungen bei Aufnahme der letzten Anleihen nickt unberücksichtigt bleiben. Wenn ich früher auf die ungenügende Wertung unserer heimischen Staatsanleihen hinwies, hatte ich den Eindruck, als betrachte man dies als ein Spezialvergiiiize» des Finanzministers. Bei unseren Staatsanleihen haben aber Tausende aus mittleren und unteren Kreisen der Bevölkerung ihr Geld ver- loren.(Sehr richtig I) Dadurch ist eine Abneigung gegen die Staats- anleihen hervorgerufen, die im Er»stfalle von einer gar nicht genug zu schätzenden Tragweite sein kann. Darin muß ein Wandel ei»- treten. In England und Frankreich   hat es in den letzten Jahr- zehnten so gut wie gar keine öffentlichen Anleihen gegeben. Wenn dort der Stand der StaatSpapiere unendlich viel günstiger ist als bei uns, so ist das in erster Linie darauf zurückzuführen, daß dort große öffentliche Reservoir» geschaffen sind, die den Be- darf des Staates aufnehmen. In England und Frankreich   geht der ganze Ueberschutz der Sparkassen in den Staatsfond«. Nichts von alledem bei uns. Der Sparlasiengesetzentivurf ist aus Rückstchten gefallen, die ich nicht für maßgebend halte; da» öffentliche Interesse sollte im Bordergnmde stehen. Ich hoffe, die Sparkassen werden nicht erst durch Schaden klug werden. Zu diesen allgemeinen Ursachen des ungünstigen Standes der StaatSpapiere kommt dann noch die Ber- steifung des Geldmarktes durch die Inanspruchnahme unserer Mittel durch die Industrie und die Bautätigkeit, die das Publikum den minder hochverzinslichen Staatspapieren noch mehr abspenstig gemacht hat. Daher mußte eS als ausgeschlossen angesehen werden, gegenwärtig wieder mit einer=Aleihe 0n Öeu Markt heranzutreten; sie hätte dasselbe Schickial erlitten wie die vorjährige. Wären wir zu einer 4 Proz.-Anleihe übergegangen, so hätte das den KurS unserer 3>/z- und 3 Prozent-Papiere sehr ungünstig beeinflußt(Sehr richtig I), und«S würden in die Deroute auch die Kommunalpapiece und landwirtschaftlichen Papiere hereingezogen.(Sehr richtig I) Die Wahl dieses Typus würde auch als ein Zeichen wirtsckjaftlicher Schwäche angesehen werden, was wir vermeiden müssen. Tin Papier von der inneren Qualität der preußischen Staatspapiere muß einen niedrigeren Zinsfuß haben. Deshalb haben wir den richtigen Ausweg gewählt, zu Schatzanweisungen also einer momentanen Geldanlage zu 4 Proz., die fünf Jahre fest verzinslich sind, überzugehen. Ich hoffe, daß wir dadurch die nötigen Mittel beschaffen und andererseits das Publikum vor Ver- lüften bewahren. Abg. v. Hcydcbrand u. d. Losa(kons.) erklärt, daß seine Freunde bei der dritten Lesung deS Etats des Finanzministeriums auf diese Sache zurückkommen werden. Abg. Kreitling(frs. Bp.) macht darauf aufmerksam, daß der auf Grund des Gesetzes vom 3. Mai 1903 geschaffene Ausgleichs- fonds von 200 Millionen sich auf 142 331 883 M. beziffere. Da daS letzte Rechnungsjahr wieder mit einem erheblichen Ueberschuß abschließe, dürfte die Gefahr der Erhöhung der Einkommensteuer beseitigt sein. Der Etat der Münzverwaltung wird bewilligt, ebenso die Etats der Staatsarchive, des Geheimen Zivil- k a b i n c t t S und des K r i e g S m i n i st e r t u m s. Es folgt die Beratung des Ba u e t a t s. Zunächst findet die Besprechung der Frage der S ch i f sah r tsa b g o b e n statt. Abg. v. Pappenheim  (k.): Nach der Erklärung des Minister? in der Kommission ist die Frage der Schiffahrtsabgaoen für Preußen gelöst. Die Schiffahrt soll gar nicht belastet werden, denn die Einnahmen sollen ihr wieder zugute kommen. Minister Breitenbach: Ich freue mich, daß der Herr Vorredner diese so heiß umstrittene Frage in so sachlicher Weise behandelt hat. Ich kann mich im wesentlichen mit seinen Ausführungen einver. standen erklären.<S8 ist eine Legende, daß die Eisenbahnverwal» tung für die Erhebung von Schiffahrtsabgaben eintritt, damit der Verkehr mehr die Eisenbahnen benutzt. Abg. Fischbeck(frs. Vp.): Wir halten nach wie vor die Er- Hebung von Schiffahrtsabgaben für unvereinbar mit dem Artikel 64. Trotz aller spitzfindigen Auslegungen sind wir der Ansicht, daß nur für größere Anlagen die Erhebung besonderer Gebühren nach der Reichsvcrfassung zulässig ist. Daß die anderen Staaten unsere Auffassung teilen zeigt die Rede des Prinzen Ludwig von Bayern und des badischen Verkehrsministers. Abg. Herold(Z.): Es sind viele Millionen für die Verbesserung der natürlichen Wasserstraßen zinslos hingegeben. Wir sind also nicht verkehrsfeindlich. Wer 300 Millionen für die Verbesserung der Wasserstraßen bewilligt, hat keine verlehrsfeindlichen Absichten. (Beifall im Zentrum.) Abg. Dr. Krausc-KönigSberg(natl.): Da die Schiffahrts- abgaben keinen fiskalischen Charakter tragen sollen, werden sie sicher zur Verbesserung der Wasserstraßen führen. Ich bin überzeugt, daß wir ohne Erhebung von Schiffahrtsabgaben in absehbarer Zeit nicht zu großen Verbesserungen unserer natürlichen Wasserstraßen kommen werden.(Beifall bei den Nationalliberalen.) Abg. Broemel(frs. Vg.): Die heutige Erklärung des Minister? steht im Widerspruch zu der bisherigen Haltung der preußischen Regierung. Professor Laband hat mit Recht betont, daß die bis- herige Haltung ein Rückfall in den Partikularismus M> die Selbst- Herrlichkeit der Einzelstaaten sei. Es ist Nicht zweifelhaft, daß die Abschaffung der Schiffahrtsabgaben seinerzeit vor allem erfolgte, um moralische Eroberungen in Süddeutschland   zu machen. Der Satz von 0,04 M. pro Tonnenkilometer wird zu einer ganz erheb, lichen Belastung des Verkehrs führen.(Beifall links.) Abg. Voriger(fk.): Die Zustimmung deS Abgeordneten Broemel wird die Staatsregierung wohl niemals finden.(Sehr richtig! rechts.) In einer in Mannheim   abgehaltenen Protestver- sammlung gegen die Einführung von Schiffahrtsabgaben hat Pro- sessor Gothein gemeint, die Schiffahrt auf dem Rhein   werde durch Abgaben bedroht. Davon kann doch aber nicht gesprochen werden angesichts der kleinen Gebühren, oie geplant sind. Minister Breitenbach: Der§ 19 ist in das Kanalgesetz auf» genommen, und damit ist die Sache für Preußen erledigt.(Zu- stimmung rechts, Unruhe links.) Wie die Sache im Reiche erledigt wird, zu crwägeiu wird meine Sache sein. Der Abgeordnete Fisch- deck hat eine B«nerkung gegen einen meiner Beamten gemacht. Ich erwidere darauf, daß sich in der Frage, die hier zur Beratung steht, die Gelehrten durchaus nicht einig sind und daß ich deshalb die Bestimmungen der Reichsversassung für tnterpretierungs- bedürftig halte. Abg. v. Pappenheim  (k.) verwahrt sich gegen den Vorwurf» antediluvianische Zustände herbeiführen zu wollen. Damit söyließt die Beratung. Die weitere Beratung des Bau- etats wird auf Freitag 11 Uhr vertagt. Schluß: 3� Uhr._ parlamentanfcbeds WahlprüfungSkommisfion. Nach Aufrechnung der nach den Be- schlüssen.der Kommission eventuell dem Abgeordneten Schlüter abzuziehenden Stimmen würde demselben noch eine Mehrheit von 61 verbleiben, weshalb die Majorität der Kommission beschloß, die Wahl für gültig zu erklären. Der Zcntrumsabgeordnete Mayer(Wahlkreis Pfarrkirchen  ) ist mit 16 Stimmen Mehrheit gewählt. Gegen die Wahl ist Protest eingelegt vom Bayerischen   Bauernbund. Eine Anzahl von behaust- teten Verstößen wurde von der Kommission für erheblich befunden und darum beschlossen, die Wahl zu beanstanden und Beweis- crhebungen zu beantragen. Gegen die Wahl des Abgeordneten v. Steinäcker(Wahl- kreis Randow  -Greifenhagen  ) war moniert worden, daß die Er- klärung des Abgeordneten über die Annahme der Wahl bei den Wahlakten fehlte. Gestern wurde in der Kommission die Erklärung präsentiert und verlesen, die rechtzeitig von dem Abgeordneten ab- gegeben, aber von der Behörde aus unbekannten Gründen zurück- behalten worden ist. Die Wahl wurde nunmehr für gültig er- klärt._ Aus ber Budgetkommiffion. (Sitzung vom 18. April.) Die Auseinandersetzung über die Kolonialarmee, die sich aus- wächst zu einer Debatte über Kolonialpolitik überhaupt, nimmt noch die ganze heutige Sitzung in Anspruch. Abg. Spahn ist gegen die militärische Neuorganisation; er hält es nicht für not- wendig, daß so viele Soldaten draußen in den Kolonien sind, und bringt den Begründungen der Regierung in dieser Hinsicht großes Mißtrauen entgegen: sie habe für alle? Gründe bei der Hand, wenn sich diese auch später als durchaus unstichhaltig er- weisen. Südwestafrika sei der dünnstbcvölkccte Teil der Erde   (Storz verweist protestierend auf Grönland  ! Grohe Heiterkeit), wcshalh es auffallend sei, so hohe Summen füt militärischen Schutz aufzuwenden. Er wolle aber den Wert der Kolonien nicht be- streiten und hält sie für entwickelungSfäbig. Zum Schluß nimmt Spahn die Firma Wörmann sehr warm in Schutz! l Kolonialdirektor Dernburg knüpft an die letzten Ausfüh- rungen an und teilt mit, daß die Verträge mit Wörmann einem Schiedsgericht, dem der hanseatische ObcrlandeSgerichtspräsident vorsteht, unterbreitet seien. Er schätze Wörmann auch, aber er mache auch darauf aufmerksam, daß die Firma in dem Bestreben, die erst« Firma der Welt zu sein, sich übernommen habe und sich dann an die Ämerika-Linie um Hülfe wenden muhte. Es sei jedenfalls nicht gut. wenn die Regierung keine Auswahl unter den Gesellschaften habe, mit denen sie Verträge abschließen muß. Wa» den Wert der Kolonien anlange, so werde er die Grundlagen seiner Jnventuraufnahme morgen jsslr Stelle schaffen. Der von Spahn gewünschte Plan der militärischen Entwickelung sei einfach: im selben Maße wie die Bahnverbindungen zunehmen, könne die Schutztruppe aufgelöst werden und an ihre Stelle könnten Polizeitruppen treten. v. Richthofen spricht sich für die ReglernngSvorlage aus, bemerkt aber, daß er zunächst nur für sein« Person spreche; die Stellungnahme seiner Partei bleibe vorbehalten. General Arnim und Oberstleutnant Q u a d e geben noch Äu»kunft über Einzelheiten. Letzterer bemerkt, daß Polizeitruppe und Schutztruppe gar nichts miteinander zu tun haben. Die Polizettruppe stehe völlig unter der Zivilvcrwaltung, die Schutztruppe unter der Militärverwaltung. Bebel wendet sich zunächst gegen Spahn» auffälligen Versuch. Wörmann zu rehabilitieren. Die Ausführungen Spahn» stehen im schroffen Gegensatz zu den Aeuherungcn seiner Parteigenossen im Plenum. Wae se, denn der Grund der Angriffe auf Wörmann? Dastzrr in seinen Verträgen mit dem Reiche Forderungen aufgestellt habe, die eine starke Schädigung de» Reiche? darstellen. Wenn Dernburg sich in etwas verdient gemacht habe, dann durch die Lösung der Verträge mit dieser Firma, und die Sozialdemokraten würden in d e r Frage stets hinter ihm stehen. Es ist zuzugeben, daß ein Krieg höhere Anforderungen stellt und die Kosten auch höhere sind, aber die Wörmannschcn Forderungen gingen denn doch über alles erlaubte Maß hinaus. Mit den Riesenverdiensten habe die Firma ihren Schiffsbestand ungeheuer vermehrt, und wenn sie sich an die Amerika-Linie wenden mußte, dann wahrscheinlich nicht wegen Mangel an Geld, sondern wegen Mangel an Beschäfti- gung für ihre Schiffe. Die Verdienste um die Gewinnung von Westasrika sind nicht weit her; solche Unternehmer arbeiten nur. wenn sie verdienen, und die Firma verzeichnete ja unlängst erst einen Verdienst von 72 Proz. Zur Frage der Regierungsforderung spricht sich Bebel sehr entschieden gegen die geplante Neu. Organisation aus. Die Selbständigkeit des Schutztruppen- kommandoS und der Kolonialverwaltung treiben ganz allein zu einer ständigen Vergrößerung. Die verlangte Organisation sei die Grundlage der kommenden Kolonialarmre» und in der geplanten Militärverwaltung habe man das kommende Kolonial-KriegLministerium. Darauf deuten auch eine Reihe Bemerkungen in der BegründungS. Denkschrift und der Regierungsvertreter hin. Wenn Herr v. Nicht- Hofen, der auch gegen eine Kolonialarmee ist, gleichwohl für die Forderungen stimme, mit der Begründung, daß er jene Be. merkungen nicht sehen wolle, so lege er sich selbst Scheuklappen an. Wir können in den Kolonien Kriege vermeiden; wir brauchen nur die Eingeborenen entsprechend zu behandeln! Es steht doch dokumentarisch fest, daß der letzte Aufstand durch die Schuld der Kolonisten verursacht wurde. Eine Schutztruppe im gewissen Umfange müsse man ja haben, wenn man sich überhaupt auf den Standpunkt der Erhaltung der Kolonien stellt, aber bei weitem nicht in dem Maße, wie hier verlangt werde. DaS zeige, wie alles auf die Kolonialarmee hinausläuft. ES stehe jedenfalls fest. daß wir mit den Kolonien einen Block am Beine hängen haben, der uns sehr teuer zu stehen kommt. Die sozialdemokratische Fraktion werde einstimmig gegen die Forderungen sein. Dernburg   verliest eine Erklärnag de» Auswärtigen Amte», daß in den Kolonien nur so viel Truppen gehalten werden sollen. als zum Schutze gegen die Eingeborenen notwendig seien. Damff soll erwiesen werden, daß eine Kolonialarm«? nicht geplagt i-