Abg. Dr. Will(Z.): Der Behauptung, datz für den Bergbau nur die Landesverwaltung zuständig ist, mutz ich widersprechen; für Elsatz-Lothringen hat der Statthalter dem Reichstage für alle Matznahmen der Landesverwaltung Rede zu stehen.(Sehr richtig! im Zentrum.) Wenn in den Gruben alles so schön in Ordnung war, warum hat denn dann die Bergbehörde die Staatsanwalt- schaft zur Untersuchung der Unglücksfälle angerufen?(Sehr wahr! im Zentrum.) Redner verbreitet sich über die Kinderarbeit und die Steuer» Gesetzgebung im Elsatz.(Rufe b. d. Soz.: Zur Sache!) Hoffentlich sorgt der Reichskanzler für die Durchführung der gesetzlichen Be- stimmungen.(Bravo ! im Zentrum.) Abg. Hansmann(natl.): Die Angelegenheiten der preutzischen gruben gehören ins preutzische Abgeordnetenhaus, wo sie auch eingehend besprochen worden sind. Indessen empfiehlt es sich, angesichts deS großen und allgemeinen Interesses, welches die Unglücksfälle hervorgerufen haben, auch hier darüber zu sprechen. Ganz vermeiden lassen sich die Unglücksfälle nicht; aber im allge- meinen müssen wir doch sagen, datz die Sichcrheitsvorrichtungen auf den deutschen Gruben weit voran stehen gegenüber denen in anderen Ländern. Aus Sparsamkeit soll man Sichcrheitsvor- richtungen nicht unterlassen. Aber Arbeiterkontrolleure durch Gesetz einzuführen, würde sich nicht empfehlen; darin stimme ich dem preußischen Handelsminister bei. Abg. Henning(k.): Aus den Verhandlungen hat sich ergeben, daß sich bei den Unglücksfällen weder ein Mangel an gesetzlichen Bestimmungen noch an Kontrollvorschriftcn herausgestellt hat; sie müssen nur auch besser befolgt werden. Abg. Behrens(Wirtsch. Vg.): Es scheint, datz die Regierung den Bergwerksbesitzern gegenüber ohnmächtig gewesen ist.(Sehr richtig! bei den Antisemiten.) Was die Ursachen der Unglücksfälle betrifft, so weise ich auf das Drängen hin, datz die Arbeiter mög- lichst viel fördern sollen; dadurch wird bewirkt, datz die Kontroll- Vorschriften vernachlässigt werden. Hinzu konimt die Furcht der Bergleute vor Maßregelungen, wenn sie mitteilen, was sie gesehen haben.(Sehr wahr!) Weiter kommt hinzu, datz in der Südwest- ecke Deutschlands die gewerkschaftlichen Organisationen der Berg- arbeiter verfolgt werden. In England sind die Arbeiterorgnni- sationcn anerkannt, und deshalb sind dort die Verhältnisse besser, die Unglücksfälle seltener. Dazu mutz es auch bei uns kommen. Abg. Gyßling(frs. Vp.): Gewisse Mißstände liegen vor, das hat auch die Verhandlung über die Unglücksfälle im preutzischen Abgeordnetcnhause erwiesen. Ein solcher Mißstand ist das Aus- setzen der Berieselung am Sonntag. Hoffentlich dienen die Ar- beiten der nach den Unfällen eingesetzten Kommissionen zur Ein- schränkung von Unfällen. Für die Einrichtung von Arbeiter- kontrolleuren sind wir stets eingetreten und tun dies auch jetzt, entgegen den Ausführungen des preutzischen Handclsministers im Abgeordnctenhause. Auch wünschen wir eine Regelung des Berg- Wesens durch Reichsgesetz.(Bravo ! bei den Freisinnigen.) Ein von allen Parteien gestellter Antrag auf Vertagung wird angenommen. Nächste Sitzung: Montag 11 Uhr. Handelsabkommen mit Amerika (zweite Beratung); Neichsbcamten-, Beamtcnhinter- bliebenen- und Militärbcamtenhinterbliebenen- Gesetz; dritte Be- ratung des Etats; kleinere Vorlagen, Schluß 945 Uhr. Das französisch- japanische Abkommen. Paris , 9. Mai. (Eig. Bericht). DaS vor dem Abschluß stehende Abkommen Frankreichs mit Japan , das den Vertragsparteien die gegenseitige Wahrung des Besitzstandes auferlegt, gibt der imperialistischen Presse aller Länder Stoff zu Kannegietzereien, die um so wilder ausfallen, als man von den Detailbestiminungen Wirt- schaftlicher Natur, die zweifellos einen Hauptbestandteil der Abmachungen bilden, noch nichts weiß. Sicher ist das Ab- kommen ein großer Erfolg der französischen Regierung, die vor allem ihre Position im Innern in einem kritischen Augenblick durch den diplomatischen Knalleffekt verbessert hat. Namentlich seit dem russisch -japanischen Krieg war die Phan- taste der Patrioten durch den Gedanken an eine japanische Invasion in Jndochina beunruhigt, und trotz der bedeutenden Aufwendungen für die militärische Verteidigung der oft- asiatischen Besitzungen war die Zuversicht auf ihre glückliche Abwehr nicht eben groß, wozu auch das schlechte Gewissen der nach den allgemein herrschenden Sitten der Kolonialpolitik verfahrenden Kulturimporteure beigetragen hat. Doch ist na- türlich dieser internationale Vertrag so wenig wie ein anderer etwas anderes als die formelle Anerkennung eines tat- sächlichen Zustandes: eben der Tatsache, daß Japan teils durch seine aus den Kriegsergebnissen folgenden Aufgaben, teils durch sein Verhältnis zu England für absehbare Zeit daran gehindert ist, an Eroberungen in Südostasien zu denken. Es ist darum ganz einfältig, wenn z. B. der„Temps" bedauert, daß der Vertrag nicht schon zur Zeit des japanisch-russischen Konfliktes bestanden hat. Da Japan wirtschaftlich und Po- litisch den Krieg mit Rußland brauchte, hätte es sich über französische Vermittelungsversuche ebenso hinweggesetzt, wie sich Frankreich schließlich über seine„Freundschaft" für Ruß- land hinweggesetzt hat. Wenn die weltpolitische Presse Deutschlands aber das Abkommen mit der bei ihr nun allerdings schon allzu ge- wöhulichcn Aufregung glossiert, so steckt hinter der Ab- ficht, auch aus dieser Affäre Profit für den Marinismus und das von ihm lebende Großkapital zu ziehen, immerhin auch noch eine richtige Empfindung. Wohl hat das Abkommen für Deutschland s e l b st keine Bedeutung; denn eben so wenig wie Deutschland etwa heute noch an Eroberungen in China denken konnte, hätte es daran denken können, in einem Konflikt mit England und Frankreich die französischen Besitzungen in Ostasien anzugreifen. Wenn aber Frankreich in den nächsten Jahren seine militärischen Aufwendungen für sein asiatisches Kolonialreich einschränken darf, so ist die dadurch vielleicht bewirkte Verstärkung seiner anderweitigen Rüstungen relativ ganz geringfügig. Aber für die deutsche P o l i t i k ist der Abschluß des Vertrages sicher eine Nieder- läge zu den vielen voi angegangenen, indem er wiederum demonstriert, daß die deutsche Diplomatie heute aus dem Vertragsring der Weltmächte ausgeschaltet ist und daß Eng- land den Reigen lenkt. Daß Frankreich das vorteilhafte Abkommen englischer Vermittelung mitzuverdanken hat, ist ja zweifellos, England selbst aber findet darin eine Bürgschaft dagegen, daß die indisch-nationale Bewegung durch eine allgemeine asiatische Rassenbcwegung von Osten her angefacht werde. Wenn das Abkommen einmal in militärischer Richtung wirksam werden sollte, so könnte es ilur in der Richtung des Schutzes der französischen Kolonie gegen das regenerierte China sein. Man sieht daraus, wie weit das von kapitalistisch-nationalistlschen Interessen beherrschte Japan von der einstmals so drohend an die Wand gemalten Rassenaktion der„Gelben" entfernt ist. Japan hat im Vertragsabschluß nicht nur dem alliierten England seine Erkenntlichkeit zeigen können, sondern auch Frankreich , das sich während des russischen Krieges von einer Einmengung ferngehalten hat. Bekanntlich war die Stim- mung der imperialistischen Cliquen der Republik dieser vor- sichtigen Politik Sicht günstig, und zur Zeit, ass Rost- jestweiM) in den Geivassern von Madagaskar eine die Pflichten der Neutralität weit übersteigende Freiheit zur Restauration seines Geschwaders in Anspruch nahm, mußten die Anhänger des Friedens, zumal die Soziali sten, ihre ganze Energie aufbieten, um die Gefahr der Situation abzuwenden. Vor allen hat Genosse V a i l l a u t damals— mit unbestreitbarer Wirksamkeit— auf die Bewahrung der genauen Neutralität gedrungen, so daß es nicht zuletzt die „vaterlandslosen" Sozialisten sind, die der antisozialistischen Kampfregierung von heute die günstigsten Bedingungen für ihren diplomatischen Erfolg gesck)affen haben. Die russische Revolution. Agrarunrnhen. Der„Russ . Korrcsp." wird aus Petersburg geschrieben: Das Ministerium deS Innern hat an die Gouverneure Zirkulare versandt, um der Bevölkerung kundzutun, datz keinerlei Ruhestörungen, weder agrarische Unruhen, noch Pogrome, geduldet werden können. Aus den zentralen und südlichen Gouvernements konimen aber schon Nachrichten über bereits begonnene agrarische Ausschreitungen, Brandstiftungen, gewaltsame Aneignung fremden Grundbesitzes usw. Gegen Agrarunruhen sind solche Schriftstücke völlig machtlos, wie alle Befehle, Versprechungen, Versicherungen und sonstigen platonischen Einwirkungen. Selbst die größte physische Macht zeitigt hier keinen Erfolg. Seit Jahr und Tag treibt die lokale Administration eine förm- lichc Jagd wider die Agitation: sie verfolgt und fängt die„gemein- gefährlichen Agitatoren", steckt sie in die Kerker, verschickt sie nach Sibirien , sie verbietet, zerstört und konfisziert. Es hilft alles nichts. Die Welle des„Aufruhrs" steigt immer höher; denn es handelt sich um einen Existenzkampf für weite Kreise der Bcvöl- kerung, der trotz aller radikalen Maßnahmen weiter dauert. Unsere Bureaukratic schwelgt in Untätigkeit und geistlosem FcrmalismuS, wenn es sich um positive Arbeit handelt. Wenn cS sich aber um Repressalien und Verbote handelt, dann entfaltet sie eine ungeheure Arbeitskraft und eine fast heroische Tätigkeit. Und doch— oder vielmehr gerade deswegen— werden allmählich die verfaulten alten Staatssäulen erschüttert. Man bleibt aber trotzdem der alten Taktik treu. Die alte Bureaukratic ist nicht imstande, den bisherigen Zauberkreis zu verlassen. Sie wiederholt ihre alten Fehler. Jetzt z. B. schickt das Ministerium des Innern nach denjenigen Ortschaften, wo Agrarunruhen entstanden und Brandstiftungen vorgekommen sind, Beamte mit besonderen Aufträgen ab, die erforschen sollen, ob die Unruhen eine natürliche Folge der akuten Not der Bauern ist. Die Beamten müssen außerdem sich genau unterrichten, welche Zeitungen die Bauern lesen und in welcher Richtung Lehrer und Aerzte auf die Bauern einwirken. Was die Beamten jetzt erforschen sollen, mutz der Regierung längst bekannt sein. In der Duma ist leidenschaftlich darüber gesprochen worden, und in wissenschaftlichen und statistischen Werken ist diese Not sachlich begründet und bewiesen worden. Die abkommandierten Petersburger Kanzlisten werden sicherlich nichts Neues berichten. Oder sind sie nur abkommandiert, um die Schuld der„Agitation" nachzuweisen, damit man neue Repressalien und neue Strafexpeditionen rechtfertigen kann?— Jedenfalls ist die Zwccklosigkeit solcher Matznahmen vollständig klar. Ebenso klar ist auch die Tatsache, datz die Dorfbevölkerung unruhig ist. Die furchtbaren Aeutzerungen der Dorfanarchie sind das Ergebnis der Ruinierung der Dorfbevölkerung und der sinn- losen Tätigkeit der lokalen Behörden, sowie der von der Regierung selbst begünstigten Absonderung und Verwilderung des Torfes. Mit Gcwaltmatzregcln richtet man dagegen nichts aus. Die Dnma-Kommissionen. Bis jetzt hat die Duma 15 Kommissionen gebildet, neben den üblichen u. a. auch eine Verpflegungsfürsorgekommission, eine Kommission zur Prüfung der Frage der Arbeitslosigkeit, eine Kommission zur Reform der lokalen Justiz, Kommission zur Prü- fung der Vorlage betreffs Unantastbarkcit der Person und der Gewissensfreiheit, eine Fcldgerichtkommission usw. Mehrere von diesen Kommissionen haben bereits einen großen Teil ihrer Arbeit geleistet, obgleich die Minister ihnen allerlei Hindernisse in den Weg gestellt haben. Man denke nur an die Nichtzulassung von Sachverständigen. Der Staatslontrolleur, Herr Schwanebach, lehnte es ab. der Kommission zur Prüfung des Etats seinen amtlichen Bericht für das Jahr 1S05 zur Verfügung zu stellen. Auch das Finanzministerium weigert sich der Finanzkommission eine Reihe von Dokumenten zu überreichen. Der Verpslegungssürsorge- kominission enthält man viele Verträge und Abrechnungen mit den Lieferanten vor usw. Von den 15 Kommissionen hat die über die Feldgerichte bereits ihre Aufgabe erledigt. Der von ihr ausgearbeitete Gesetzentwurf wurde in der letzten Dumasitzung angenommen. 5Zus Indiiftne und Handel Preissteigerungen. Die Getreidepreis« gehen sprunghaft nach oben, aber auch andere Artikel stehen im Zeichen der PreiShansse. Vom Niederrhein wird berichtet, datz in der letzten Woche die Preise fiir Großvieh um 1 bis 3 M. angezogen haben. Die Preissteigerung für Kälber beträgt sogar 4-10 M„ Schweine find um 1—2 M. teurer geworden. Wie der.Gordian" in Hamburg berichtet. ist der Verbrauch an Kakao in den letzten Monaten stark zurückgegangen. Die Ursache liegt in einer enormen Preissteigerung. Im vorigen Jahre kosteten 100 Kilo- gramm Konsumkakao 100—110 M.. jetzt aber 160 M. Und auch der Zucker steigt im Preise. Vom 1. bis 10. d. M. stieg der Maitermin in Hamburg von 19 M. bi« 20,50 M. und der Oktobertermin von 18.95 M. bis 19,75 M. In Magdeburg zogen die Preise am Freitag wiederum um 40—45 Pf. an. Lankvcrdienst. Man schreibt uns: Eine Dame lieh sich auf ein Sparkassenbuch, also erstklassige Sicherheit, bei der Bergisch-Märkischen Bank am 10. Juli 1906 7500 M. Vom 10. Juli 1906 bis 2. April 1907 mußte die Dame inkl. Portis sage und schreibe 450 M. Zinsen. Provision usw. zahlen. An Zinsen wurden gl/- Proz. gerechnet, dazu kam noch vom Juli bis Dezember 190S sage und schreibe 5K M. 25 Pf. Provision. Vom Januar 1907 bis April 1907 wurde außer k'/, Proz. Zinsen noch V» Prozent Provision gerechnet, wohlgemerkt aber nicht Prozente fürs Jahr, sondern Prozente pr» Monat, was a u tz e r den S'/z Proz. Zinsen nochmals 1'/, Proz. ausmacht, so daß in Wrrllichkeit 8 Proz. herauSlommen. Da kann man verstehen, daß die Bank 1906 über 6'/, Millionen Reingewinn erzielte und ö'/, Prozent Dividende verteilt. Unterschlagung. Der verhaftete Buchhalter Meinhöner von der Castroper Sprengstofffabrik beschuldigte den früheren Direktor Dr. Volpcrt verschiedener Unregelmäßigkerten. Die jetzige Direktion ließ daraufhin durch die Treuhand'Gesellschaft Berlin die Bücher bis 1902 nachprüfen; hierbei wurden große Unrcgelmätzigkeiten fest- gestellt, weshalb Dr. Bolpert verhastet wurde. Nach der„Dortm. Zeitung" beläuft sich der Gesamtbetrag der Unterschlagungen auf 120 000 Mark. Di« neueu BeteiligungZziffcrn im Stahlwerksverbande. Nachdem über die wesentlichsten Veränderungen der Beteiligung»- ziffern im neuen Stahlwerksvcrbande bereits berichtet wurde, bringt letzt die„Rhein.-Westf. Ztg." noch die nachstehende Tabelle der Be- teiligungen in den einzelnen Sorten: Am markantesten ist danach die schon wiederholt als hoch- bedeutsam erörterte Verringerung der Halbzeugbeteiligung, die aller» dings nicht allein durch die beianute Tendenz der Stahlwerke, ihr Halbzeug selbst zu verarbeiten, verursacht wurde, sondern zu einem Teile auch dadurch, daß infolge der Fusionen Phönix-Hörde und Hösch- Hohenlimburg große Halbzeugquoten, aber auch große Halb- zeugverbraucher verschwunden sind. Daneben ist besonders be» merkenswert die Abnahme der Beteiligung in Blechen und die ge» ringe Zunahme der Beteiligung im Eisenbahnmaterial, ein Zeichen dafür, daß die Stahlwerke diese beiden Fabrikate am wenigsten gern herstellen. Die höchste Beteiligung mit 1129631 Tonnen hat Phönix , dann folgen Krupp mit 976 917 Tonnen und Gewerkschaft Deutscher Kaiser und Thyssen u. Co. mit 974 325 Tonnen. Weitaus am stärksten hat die Beteiligungsziffer der Firma Friedr. Krupp zugenommen, nämlich um 114,24 Proz., es ist dieL die Folge der Inbetriebsetzung de» großen Stahlwerks Rheinhausen ; hiernach folgt die Georgsmarienhntte mit einer Zunahme von 93,33 Proz. Auch die schlesischen Werke haben eine ansehnliche Zu- nähme ihrer Gesamtbeteiligung erfahren, doch ist hier zu berück- fichtigen, daß die Oberschlesische Eisenindustriegesellschaft in der Ver- gleichszahl 1904 nicht mit enthalten ist. Die Lothringischen Werke, der Deutsch-Luxemburgischc Bergwerks- und Hiittenverein und Aumetz Friede haben ebenfalls noch eine beträchtliche Steigerung aufziiiveisen._ Die Briefumschläge werden teurer. Der Verband der deutschen Vriefumschlagfabrikanten hat eine Erhöhung seiner Preise und zwar um 10 Proz. eintreten zu lassen, lim sich gegen Umgehungen seitens der eigenen Mitglieder zu schützen, hat der Verband neben den Ksnveiitionalstrafe» eine Umsatzregulierung eingeführt, sodatz jeder Fabrikant von dem erzielten Mehrumsatz über die ihm zustehende Beteiligungsziffer mehr als die Hälfte seines Nutzens(6 Proz.) an diejenigen abgeben muß, welche ohne eigenes Verschulden im Umsatz zurückgeblieben sind. Da» nennt man„Freiheit der Arbeit". .Friede im Klilisyndikat. Wie berichtet wird, ist die Streitaxt zwischen dein Kalisyndikat und dem Besitzer von Sollstedt begraben worden. Es soll eine Verständigung herbeigeführt worden sein. Die Börse reagierte auf den Friedensschluß mit einer ansehnlichen Kurssteigerung._ Prozeß Liman-Mehring. Gestern stand Termin in der Berufungsinstanz in der Prival- klagesache des Redalteurs L i in a n von den„Leipziger Neuesten Nachrichten" gegen die Genossen Dr. Franz Mehring , Kressin und S e g e r an. Am 18. Februar hatte bekanntlich daS Leipziger Schöffengericht die Genossen Mehring zu 2 Wochen, K r e s s i n zu 1 Monat und S e g e r zu 25 Tagen Gefängnis wegen angeb- licher Beleidigung des Liman verurteilt. Auf Widerklage des Ge- noflen Kresfin wurde Liman zu 50 M. Geldstrafe verurteilt, von der von Mehring gegen Liman erhobenen Widerklage wurde Liman freigesprochen. Gegen dieS Urteil war von beiden Seiten Bernfung ein» elegt. In der Berufungsinstanz konnten die Beklagten in eingehenderer Weise als das in erster Instanz zugelassen wurde, darlegen, daß Liman schon seit Jahren die„Leipziger Volkszeitung ", die Partei und den Genossen Mehring fortgesetzt systematisch beschimpft. Freilich wurde auch vom Landgericht eine Reihe von Anträgen aus Verlesung ftüherer Artikel der„Leipziger Neuesten Nachrichten" abgelehnt. Die zum Beweise des Charakters LimanS erhebliche Verlesung der Artikel wurde zugelassen, in denen Liman zu der- selben Zeit über ein und denselben Gegenstand in bezahlten Artikeln in der englischen„Finanz-Chronik" andere Ansichten äutzert als unter feinem Pseudonym„Armer Yorick" in der„Deutschen Tageszeitung". Hinterließ diese Verlesung offensichtlich auch bei den Richtern eine zu- treffende Ansicht, weS Geistes Kind Liman ist, so wurde LimanS peinliche Situation noch verschärst als ihm vorgehalten wurde, daß eS fiir einen Schriftsteller eine unerhörte Handlungsweise ist, neben den Verfassen,, die als Verfasser sich unterzeichnet haben, den veraut- wortlichen Redakteur zu verklagen. Nach 2'/zstündiger Beratung wurde das Urteil des Schöffenge richtS aufgehoben und Dr. Mehring an Stelle der in erster Instanz aus- geworfenen Gefängnisstrafe von 14 Tagen zu 210 M. Geldstraf« verurteilt. Ebenso wurde das Urteil gegen Kressin aufgehoben und an Stelle der Gefängnisstrafe von einen, Monat auf 300 M. Geldstrafe erkannt. Die gegen Genossen Scger in erster Instanz erkannte Strafe von 25 Tagen Gefängnis wurde bestätigt, wiewohl Seger lediglich als Verantwortlicher Redakteur in Betracht kommt. Die Berufung LimanS gegen feine Verurteilung zu ö0M. Geldstrafe wegen Beleidigung de» Genossen Krefstn wurde verworfen. Außerdem erhielt Liman als Zusatzstrafe nochmals 50 M. Geldstrafe wegen Beleidigung.de« Genossen Dr. Mehring durch den Artikel„Roter Sonntag" in de» „Leipziger Neuesten Nachrichten". In erster Instanz hatte das Schöffengericht dem Liman den Schutz deS§ 193 Str.-G-B. zugebilligt und ausgeführt, die Wendung:„erst hätten die Führer „das Maul aufgeriffen", dann seien sie ins Mauseloch gekrochen". als eine lediglich„volkstümliche", nicht beleidigende hingestellt. Dieser Verlennung des Unterschieds zwischen BolkStümlichkeir und Roheit machte da» Landgericht sich nicht schuldig, zumal die Absicht der Beleidigung aus den von Liman gewählten Redewendungen für seine unrichtigen Behauptungen gar zu klar hervorging. Gerichts-Zeitung. Aufreizung zu Gewalttätigkeiten! Wegen Vergehens gegen die Zz 110 und IUI deS Strafgesetz. buchs(öffentliche Aufforderung zur Begehung von Gewalttätig- leiten) mutzte sich gestern der ILjährige Arbeiter Adolf Z u m p e vor der 6. Strafkammer deS Landgerichts I verantworten. Der Angeklagte hat nach seiner Entlassung aus der Schule Bäcker gelernt. Wie er vor Gericht erzählte, hat er dann das Bäckerhand- wer! an den Nagel gehängt und sei Arbeiter geworden, um weniger abhängig zu sein. Dem löjährigcn Jüngling fielen verschiedene anarchistische Prapagandaschriftcn in die Hände. Von nun an fühlte sich der ehemalige Bäckerlehrling zu großem berufen. Etwas „Großes" beabsichtigte der Angeklagte auch, als er sich am 24. Januar d. I. in einer von der sozialdemokratischen Partei, ein- berufenen Wahlversammlung zum Worte meldete. Die Leitung
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