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Vogel erklZri ml! großer Smphase� DaS ist eine Lüge. «vor Gott dem Allmächtigen kann ich sagen, daß das nicht wahr ist. Nie habe ich Geld für die Stellenvermittelung genommen. Zeuge Steinkopf: Dies war nicht das einzige Mal. wo ich an Vogel Geld gegeben habe. Schon 1897 hat er von mir 19 M. für die Zuweisung einer Stelle be- kommen. Vogel: Das ist nicht wahr. Es ist eine Schande, so was zu behaupten. Der Vorsitzende fragt den Zügen S t e i n köpf, ob er dem Verband der Bäcker nicht schon früher Mit teilung gemacht habe von dem, was er jetzt aussagte. Darauf antwortet der Zeuge: Es war allgemein die Ansicht verbreitet, daß man von Vogel nur dann Arbeit bekomme, wenn man sich gut mit ihm stellt. So mancher, der es mit Vogel verdorben hatte. bekam keine Arbeit mehr und ist dadurch ruiniert worden. Um mich solchen Unannehmlichkeiten nicht auszusetzen, habe ich über diese Vorgänge lange Zeit geschwiegen. Erst 1905, als der Bäckerverband eine Erhebung vornahm, teilte ich den Fall von 1S<X> mit. Vogel stellt die Frage: Warum hat denn der Bäckerverband diese Angelegenheit, die ihm seit 1995 bekannt war, nicht gegen mich ausgenutzt. Kleinliche Sachen sind in der Schlichtungskommission gegen mich vorgebracht worden, aber von diesem Fall war keine 9!ede. Angeklagter Schneider: Wir haben auf die Bekanntgabe dieses Falles verzichtet, weil wir annehmen mutzten, datz das Zeugnis Steinkopss, auf das allein wir uns stützen konnten, nicht als ausreichend angesehen würde, um die Wahrheit zu beweisen. So kam es, datz wir erst in diesem Prozeß die Angelegenheit zur Sprache bringen konnten. Ein Zeuge, dem Steinkopf die Bestechungsgeschichte seinerzeit erzählt haben will, kann sich nicht mehr daran erinnern Bäcker­meister Keubler kann sich auf die Einzelheiten bei der Einstellung Steinkopfs nicht mehr erinnern, meint aber, er werde beim Sprechmeister Vogel wohl einen tüchtigen Arbeiter bestellt und darauf den Stcinkopf zugewiesen erhalten haben. Zeuge Stein- köpf bleibt auch trotz verschiedener Fragen und Einwände Vogels dabei, datz seine Angabe der Wahrheit entspreche, er habe die Arbeit nicht im Bureau des Nachweises, sondern in der Wohnung Vogels erhalten. Ruhig, aber mit großer Bestimmtheit sagt der Zeuge Steinkopf dem Nebenkläger Bogel ins Gesicht: Sie haben das Geld von mir genommen. Das können Sie nicht ab st reiten.Na, schreien Sie nur nicht so," sagt der Vorsitzende, der den wirklich kräftigen Ton, mit dem Vogel fortgesetzt in die Verhandlungen eingriff, nicht gerügt hatte. Ein Zeuge Heitner gibt an, er habe erst kürzlich, obgleich er nicht im Besitz von Papieren war, viermal hintereinander Arbeit von Vogel erhalten, und zwar nicht im Bureau, sondern in der W o h n u n g Vogels. An­geklagter und Verteidiger machen darauf aufmerksam, datz nach der Arbeitsnachwcis-Ordnung niemand Arbeit erhalten dürfe, der sich nicht durch ein Arbeitsbuch der Innung ausweisen kann. Nebenkläger Vogel bemerkt zu der Aussage des Zeugen, der Zeuge Heitner habe mit dem Dienstmädchen Vogels auf gutem Futze ge- standen, das Mädchen werde wohl durch Verschiebung der Zettel bewirkt haben, datz Heitner außer der Reihe Arbeit erhielt. Da die Angaben des Zeugen Steinkopf über die Bestechung Vogels bezweifelt wurden, beantragte die Ver heidi« g u ng die Vernehmung eines Zeugen, der sich seit kurzem in Amerika befindet und bekunden kann, daß er von Vogel außer der Reihe Arbeit bekam, wofür Bogel ö M. gefordert und erhalten habe. Das Gericht gab diesem Antrage statt und stellte der Verteidigung eine Frist von zwei Monaten, um die Adresse des von ihr benannten Zeugen anzugeben, der dann durch den ersuchten Richter vernommen werden soll. Die weitere Ver Handlung wurde hierauf vertagt. Die zugunsten des Sprcchmcisters Vogel eingeleitete Be. Icidigungsklage hat bereits ein gut Teil der Art der Handhabung des Arbeitsnachweises enthüllt. Möge die neue Verhandlung das Werk so vollenden, daß selbst die Innungen für die Einrichtung eines paritätischen Arbeitsnachweises eintreten� den schon heute recht viele Bäckermeister herbeiwünschen. SparkafteD und Sparknebel. Die Sparkassen sind die Depositenbanken der kleinen Leute, die ihnen Gelegenheit bieten, auch kleine Ersparnisse gegen Verzinsung sicher anzulegen. Freilich werden sie heut zeitweise nicht nur von kleinen Leuten zu Spareinlagen benutzt, sondern von Bemittelteren auch zur Einzahlung gröberer Beträge bis zu 19 999 Mark und mehr. Dies geschieht besonders dann, wenn der Bankdiskont niedriger als der Zinssatz der Sparkasse ist. Steigt dann der Bankdiskont, während der Zinssatz der Sparkasie stabil bleibt, so heben diese Art Sparer ihre Einzahlungen bald wieder ab, um sie jetzt wieder auf die Bank zu tragen. Bei der Charlottenburger Sparkasse übertrafen in den Jahren 1995 und 1996 in den Monaten März, April und Mai die Einzahlungen die Rückzahlungen, nämlich 1995 um je 177 999 M.. 272 909 M.. 414999 M. und 1996 um je 147 990 M.. 392 909 M. und 151 990 M. Aver im Jahre 1997, als der vorher niedrige Bankdiskont wieder bedeutend gestiegen war, übertrafen im März und Mai die Rückforderungen die Einzahlungen um je 215 990 M. und 14 990 M. und im April waren die Einzahlungen noch um 64 900 M. größer als die Rück- forderungen. Allerdmgs mögen in dieser Zeit der allgemeinen Lebensmittelverteuerung auch kleine Sparer vielfach genötigt gewesen sein, Spareinlagen zurückzuziehen, aber hauptsächlich waren eS doch größere Beträge, die aus dem oben angegebenen Grunde in diesem Frühjahr zurückgezogen wurden. Die Veranlassung des SparenS bei kleinen Leuten ist Haupt- sächlich das Ansammeln und Anlegen eines kleinen Kapitals für spätere Zwecke, sei es für die Militärzeit, für die Gründung eines eigenen Haushalts oder eines eigenen Geschäfts und für un- vorhergesehene Unfälle und Verluste. Die öffentlichen Sparkassen sind hierzu die sichersten und geeignetsten Einrichtungen. Volkswirte, Staats- und Gemeindebehörden und Arbeitgeber haben daran gedacht, den Sparsinn zu heben. Manche haben sich das bequem gemacht durch Einführung eines SparzwangeS, indem man einen gewissen Prozentsatz oder Bruchteil des Wochenlohnes namentlich der Lehrlinge als Sparbetrag zurückbehielt, den man dann entweder selbst verzinst oder in der städtischen Sparkasse unter Sperrung des Betrages für eine bestimmte Zeit anlegt. So be- halten die städtischen Behörden von Düsseldorf und Köln laut Nach- trag zur Arbeitsordnung allen städtischen Arbeitern unter 25 resp. 30 Jahren, die noch kerne Familie haben, jede Woche je nach der Lohnklasse 49 Pf. bis 1 M. ein, die in der Sparkasse verzinslich an- gelegt und nur bei Verheiratung oder Vollendung des 35. Lebens- jahrcS oder bei Austritt aus dem Arbeitsverhältnisse ausgezahlt werden. Für private Arbeitgeber ist dieses Verfahren zugleich ein bequemes Mittel, die Arbeiter in dem Betrieb festzuhalten. Manche legen zu diesem Zwecke zu den von der Sparkasse gezahlten Zinsen noch 2 Proz. zu, wie die bekannte Zigarrenfabrik von Löser u. Wolff. Andere Unternehmer legen zu der Spareinlage noch einen größeren Betrag zu oder übergeben dem Arbeiter nach einer ununter- brochenen Tätigkeit von 5 oder 19 Jahren in dem Betriebe ein Sparkassenbuch über eine bestimmte Summe, zu der sie nach weiteren 19 Jahren noch weitere Einzahlungen zufügen. Der In- Haber der Zigarrcnfirma Engelhardt u. Biermann in Bremen zahlt z. B. für jeden Arbeiter, der ununterbrochen 25 Jahre bei der Firma beschäftigt ist, 199 M. in die Sparkasse und läßt dem in den folgenden Jahren noch weitere Einzahlungen bei der Sparkasie folgen, so daß, wenn der betreffende Arbeiter von seinem 14. bis zu seinem 59. Lebensjahr ununterbrochen bei der Firma tätig ge- wesen ist, tx dann ein Guthaben von 1W6M M. von der.Sparkasie ausgezahlt erhält, wie in einer Tabelle auf der Rückseite der Statuten' nachgewiesen ist. Wer aber vor vollendetem 25. Jahr seiner Beschäftigung bei der Firma austritt, erhält nur seine Ein- läge nebst 4 Prozent Zinsen. Auch können früher Voll- und Teil- Zahlungen nur mit Genehmigung der Verwaltungskommission bei besonderen Veranlassungen wie Sterbefälle, Geburten oder Haus- kauf erfolgen: Solche Bestimmungen werden von manchen Gewerbe- aufsichtsbeamten in ihren Berichten alsWohlfahrtseinrichtungen" bezeichnet. In Wahrheit sind sie nur Mittel zur Fesselung der Arbeiter an einen Betrieb auch unter sonst sür sie ungünstigen Be- dingungen. Vier Zweigstellen der Biermannschen Fabrik an Orten, wo nach der Behauptung des Herrn Bicrmann meist Sozial- demokratcn wohnen, sind durch ihn von den Wohltaten dieses Spar- systems ausgeschlossen. Die Sozialdemokraten mögen es wohl ent- sprechend beleuchtet haben. Denn alle diese Zwangsmittel, den Sparrsinn zu heben, haben nur zu deutlich den Neben- oder Haupt- zweck, dadurch die Arbeiter an einen Betrieb zu fesseln. Nament- lich Lehrlingen gegenüber wird von vielen Arbeitgebern die Spar- kasse benutzt, um einem vorzeitigen Verlassen der Lehrstelle vor- zubeugen. Vielfach wird den Lehrlingen etwa der fünfte Teil ihres Wochenlohnes auf Grund des Lehrvertragcs einbehalten, der in die Sparkasse für sie einbezahlt, aber bis zur Vollendung der Lehr- zeit gesperrt wird. Dazu kommen oft noch andere drückende Be- stimmungen. Als ein Beispiel, was manche dieser schriftlichen Lehrverträge enthalten, führen wir hier einige der Wächtcrbacher- schen Steingutfabrik in Schlierbach bei Kassel an, obwohl sie nicht nur die Benutzung der Sparkasse betreffen:Die Lehrzeit beträgt 6(1) Jahre, von welchen jedoch bei guter Führung, Fleiß und Ge- schicklichkeit nach Ermessen des Direktors ein Teil erlassen werden kann. Der Lehrling wird nur in einer Abteilung des Betriebes (Former, Maler usw.), für welche er die beste Veranlagung zeigt, ausgebildet. Der Vater oder Vormund überträgt, soweit dies ge- setzlich zulässig ist, dem Fabrikdirektor oder dessen Stellvertreter, sowie dem Meister oder Vorsteher, welchem der Lehrling zur Aus- bildung übergeben wurde, alle in der väterlichen Gewalt be- gründeten Rechte und Befugnisse über den Lehrling. Der�Lehrling erhält außer Anteilen an Gruppenakkorden oder Prozentsätzen von Meisterstücklöhnen welche beiden er jedoch gezwungen ist, in die Sparkasse einzulegen im ersten, zweiten und den folgenden Jahren seiner Lehrzeit 59. 69, 75 bczw. 99 Pf. für den Arbeitstag. Der Lehrling ist verpflichtet, dem Turnverein der Fabritarbeiter solange als Zögling beizutreten, als er nicht weiter als eine halbe Wegstunde von der Fabrik entfernt wohnt. Dem Lehrling ist bei Strafe der Entlassung vor dem vollendeten 17. Lebensjahr das Rauchen, jeder Besuch von Spinnstuben, Wirtshäusern, Tanzmusiken und dergleichen, sowie die Mitgliedschaft an irgendwelchen Vereinen ohne ausdrückliche Genehmigung des Fabrikdirektors untersagt. Der Lehrling hat jederzeit auch außerhalb der Fabrik nicht nur den An- ordnungen seines Meisters in der Fabrik, soweit sie nicht etwa den ausdrücklichen Bestimmungen des Lehrvertrages oder der Reichs- gewerbeordnung widersprechen, Gehorsam zu leisten." Bemerkt sei noch, datz diese Fabrik jugendliche Arbeiter(sie beschäftigt deren etwa 69) nur gegen diesen schriftlichen Lchrvertrag annimmt. Der Gewerbeinspektor in Arnsberg , in dessen Bezirk manche schriftlichen Lchrverträge ähnliche Bestimmungen enthielten, sah sich daher veranlaßt, gegen solche Abmachungen einzuschreiten, die die zulässige Grenze eines gegen Vertragsbruch eingehaltenen Lohn- abzugs weit überschreiten. Huö der parteu Der Bau eines BolkshanscS, das allen Parteien und Ver- einigungen zur Benutzung freigestellt werden soll, ist in Weimar in Angriff genommen. Es hat sich zu diesem Zwecke vor einem Jahre die V o l k S h a u s- G e s e l l s ch a f t(E. G. m. b. H.) gegründet. Kontraktlich rst vereinbart, daß der Bau am 1. Mar 1998 fertig- gestellt sein muß. Dann steht der Partei und den Gewerkschaften, die seit Jahren hier keinen größeren Saal zu ihren Versaminlungen erhielten, der größte Saal in Weimar zur Verfügung. Da die Volks- Haus-Gesellschaft zum weitaus größten Teile aus Sozialdemokraten besteht, blieben natürlich Schwierigkeiten seitens der Behörden nicht aus._ Burschenschaft und Sozialdemokratie. Seit Jahren bemüht sich eine Richtung in der Burschenschaftsvereinigung der technischen Hoch- schulen, die rm Kielwasser des Alldeutschen Verbandes mitgeschleppt werden, einen roten Fleck zu beseitigen. ES war vor zwei Jahren eine Berliner Burschenschaft , die auf dem Verbandstag zu RüdeSheim forderte, datz Anhänger der Sozialdemokratie nicht in den Reihen der alten Herren geduldet werden. In diesem Jahre verdichtete sich die Inquisition beim Rüdesheimer Wein zu folgendem, in den.Burschenschaftlichen Blätrern" veröffentlichten UlaS: Der Rüdesheimer Verband deutscher Burschenschaften hält die Angehörigkeit eines Sozialdemokraten zum Verbände für unver- einbar mit der vaterländischen Gesinnung, die er von seinen Mitgliedern verlangt. Wie man uns aus Karlsruhe mitteilt, richtet der Beschluß seine Spitze einzig gegen die Burschenschaft Teutonia" der dortigen technischen Hochschule, zu deren alten Herren unser Partei' genosio Ad. Geck, der Reichstagsabgeordnete für Karlsruhe , zählt. Da diese Burschenschast am kommenden Sonntag ihr 59jährigcS Dasein festlich begeht, wird den Teilnehmern die Frage vorgelegt werden, ob sie gemäß dem Beschluß von RüdeSheim den BizepräseS der badischen Volkskammer für einen vaterlandSloscn Gesellen er- klären und ächten wollen. Da in der Karlsruher . T e u t o n i a' biß- her immer noch das Prinzip der UeberzeugungSfteiheit hochgehalten wurde, wird die Rüdesheimer Jnquisitorenschast des ReichSverbandeS auf großen Widerstand stoßen. Die Sache kann interessant werden, da der Abgeordnete Geck entschlossen sein soll, keinesfalls durch ein Präveniere den Enkeln der teutschen Wartburg -Revoluzzer die Ent- scheidung leicht zu machen. Die Mitteilung der Zioaistisch-sozialistischen Arbeiterpartei, Westeuropäische Liga, die wir in der DonnerStagnummer brachten, ist uns nicht aus Gießen, wie es in der Notiz infolge eines Druckfehlers heißt, sondern aus G n e s e n zugegangen. Folge» von Kompromisse». Rom , den 11. Juni. (Eig. Der.) Der Beitritt der römischen Sozialisten in denliberalen Block" nötigt sie zur Waffenbrüderschaft mit Elementen, die ihnen genau ebenso fremd sein sollten, wie die Klerikalen, die die buntgewürfelte Gesellschaft des Blocks aus der Stadtverwaltung verdrängen möchten.» Dem Block ist nämlich jetzt auch die»I'ratoUoru:» MiliUre" beigetreten, ein Militärvcrein, dessen Ehrenpräsident der König von Italien ist! In solche Situationen gelangt eine Partei nur, wenn sie sich durch die Aussicht auf Augenblickserfolge verleiten läßt, ihre Grundsätze zu verschleiern. Natürlich spielt die sozialistische Partei überhaupt eine klägliche Rolle im Block: so werden z. B. Geldsammlungen für den Wahl- kämpf veranstaltet und während dieUnione Liberale' 3599 Lire gibt, prangt derAvanti" daneben mit 289 1 Die Rolle des Aschen- brödels konnte sich die Partei ersparen. Der Syndikaliflcnkongreß vertagt. Da die Unterhandlungen zur Erlangung der Fahrplanermäßigung viel Zeit erfordern, hat sich das Ordnungskomitee des Kongresses von Ferrara genötigt gesehen, den Kongreß zu vertagen. Der syndikalistische Parteitag wird somit statt am 14., 15. und 16. Juni, vom 29. Juni bis zum 1. Juli tagen. pollreUlcbeo» Qerlcbtkiches uftv* Straftont» der Presse. Von der Straflammer in Dessau wurde der Genosse Pauli ck vomVollsblatt für An- half wegen Beleidigung des früheren anhaltischen Staats- Ministers v. Köstritz zu 1000 Mark Geldstrafe verurteilt. E» handelte sich um den Rechtsstreit der Westfälisch- Anhaltftchen Sprengstoffgesellschast, der seinerzeit die Erlaubnis zur Jnbetrieb» nähme erbauter Anlagen zur Sprengstofffabrikation bei Koswig ver­weigert wurde. Die Gesellschaft hatte daraufhin gegen den ehe- maligen Staatsminister v. Koseritz eine EntschädigungSklage an- gestrengt und u. a. behauptet, v. Koseritz habe bei der von ihm veranlaßten Verweigerung der Inbetriebsetzung deS Werkes nicht im öffentlichen oder Staatsinteresse, sondern im. pri- vaten Vermögensinteresse dritter Personen, insbesondere seiner Frau gehandelt, welche direkt oder indirekt kapita- lislisäj an Konkurrenzunternehmungen beteiligt sei. Bei der Verhandlung dieser Klage wurde bis in die höchste Instanz entschieden, daß der Rechtsweg unzulässig sei. Von dem Vertreter des beklagten Staatsministers wurde auf die Beschuldigungen der Sprengstoffgesellschast erklärt, daß die Verdächtigungen jeder tatsächlichen Grundlage entbehrten und daß weder der Minister v. Koseritz noch dessen Frau weder direkt noch indirekt jemals bei der Konkurrenz der klagenden Westfälischen Sprengstoffgesellschast beteiligt gewesen ist. Eine Korrespondenz hatte über die Verhandlung der Sache vor dem Reichsgericht einen Bericht gebracht, der wohl die Beschuldigungen der Sprengstoffgesellschast, nicht aber die Gegen- erklärung dcö Ministers erwähnte. Durch den Abdruck dieses Berichts sollte die Beleidigung verübt sein. Neben dem Genoffen Paulick saß der Redakteur Zweck vomAnhalter Kurier' wegen derselben Tat auf der Anklagebank; er erhielt dieselbe Strafe zudiktiert. Der Staatsanwalt hatte gegen ihn sieben, gegen den Genossen Paulick acht Monate Gefängnis beantragt. £Jiis Industrie und Kandel . Der Aufschwung des Welthandels. Auf Grund einer amerikanischen Zusammenstellung für 28 Länder ergibt sich, daß die Umsätze im Welthandel von rund 60,96 Milliarden Mark im Jahre 1895 auf 97,36 Milliarden Mark im Jahre 1995 gestiegen sind. Die Einfuhr der 28 Länder ist in der elfjährigen Periode nicht ganz so stark gestiegen wie die Ausfuhr. Erstere stieg von rund 7,78 Milliarden Dollar im Jahre 1895 auf 12,18 Milliarden im Jahre 1995, d. h. um zirka 5657 Proz. Die Ausfuhr ging dagegen von 6,54 auf 11,14 Milliarden Dollar, also um elivas über 79 Proz. hinauf. Die Bewegung des auswärtigen Handels weicht bei den einzelnen Ländern mehr oder weniger stark von diesem Durch- schnitt ab. WaS zunächst Deutschland angeht, so ist sowohl die Steigerung seiner Einfuhr als auch die der Ausfuhr höher als der Durchschnitt für sämtliche Länder. Kein zweites Land zeigt aber in der Ausfuhr wie in der Einfuhr eine so gleichmäßige Steigerung wie Deutschland . Nachstehend folgen die Ziffern der Ein- und Aus- fuhr für einige zum mitteleuropäischen Wirtschaftsgebiete gehörige Länder, unter denen Deutschland die führende Stellung einmmmt Deutschland Belgien .. Bulgarien . Dänemark , Frankreich . Griechenland Niederlande .. Norwegen ... Oesterreich-Ungam Portugal ... Schweden ... Schweiz .... Spanien ... Insgesamt sind die Umsätze im Außenhandel der aufgeführten Länder von 29,96 Milliarden Mark im Jahre 1895 auf 47,63 im Jahre 1995 gestiegen, also um 63,8 Proz. Dieser Steigerungs- koöffizient ist größer als der des gesamten Welthandels mit nur 6162 Proz. Die Aussuhr allein ist sogar um 68,1 Proz. gestiegen, während die Einfuhr um 69.4 Proz. zugenommen hat. Deutschland zeigt in der Einfuhr eine Steigerung von 73,99, in der Ausfuhr eine solche von 72,75 Proz., ragt also in der Höhe über den Durchschnitt gewaltig hinaus. Frankreich bleibt stark hinter ihm zurück. Die Einfuhr unseres westlichen Nachbarn nahm nur um 28.47, die Aus- fuhr um 44,25 Proz. zii. Auch Großbritannien » Auslandshandel zeigt in den letzten 11 Jahren relativ lange keinen so starken Auf- schwung mehr wie der des Deutschen Reiches, wenn auch die absolute Zunahme noch größer ist als die im deutschen Handel. Die Länder des britischen Wirtschaftsgebietes zeigen folgende Bewegung der Ein- und Ausfuhr in 1999 Dollar: Einfuhr 1895 1905 2 927 820 2 749 669 186 614 251 617 313 683 96167 Die Einsilhr Großbritanniens ist um 35,60, die Ausfuhr um 45,85 Proz. gestiegen. Beträchtliche Zunahmen der Ausfuhr zeigen Indien um 89,31 und Kopland um gar 199,92 Proz. Ungemein kräftig ist die wirtschaftliche EntWickelung in Amerika : namentlich steigerte sich hier die Ausfuhr oft in ganz gewaltigen Dimensionen. Wir führen den AuSlandShandel von fünf amerikanischen Ländern an, der in 1990 Dollar betrug: '''. Einfuhr 1895 1995 801 660 1 179 185 197 974 71868 82 865 21938 Großbritannien Australien .. Kanada ... Indien ... Kapland... 112 879 109 676 184 963 66 245 1895 1 199 453 163 730 98 264 273 507 89673 Ausfuhr 1905 1605 953 276 617 173 548 590 045 162 099 Ber. Staaten Argentinien . Chile ... Mexiko .. 91 768 51995 84 909 24 699 1895 897 742 115 895 54 699 45 609 84 613 Ausfuhr 1905 1 599 421 311544 193 223 96 962 39 764 Ausfuhr 1895 1905 68 033 158 598 112 341 167 726 350 427 518 283 Die Einfuhr der Vereinigten Staaten nahm um 47,99, die Aus- fuhr um 98,91 Proz. zu. Noch stärker ging die Ausfuhr Argentiniens (163,89) und Mexikos (112,59) hinauf. Auch die osiasiatischen Länder. vor allem Japan , zeigen einen kräftigen wirtschaftlichen Aufstieg. Nahm doch die Einfuhr Japans um nicht weniger als 274,91. die Ausfuhr um 132,98 Proz. zu. Verhältnismäßig schwach gestaltete sich dagegen die Eniwickelung deS russischen Außenhandels. Für Japan . China und Rußland folgen hier ncch die absoluten Ziffern in 1900 Dollar: Einfuhr 1395 1905 Japan .. 65 049 243 292 China .. 184 619 329 966 Rußland. 293 216 335 472 Rußlands Einfuhr stieg nur um 14,41, die Ausfuhr um 47,99 Prozent. In diesem internationalen Bilde präsentiert sich die Position Deutschlands überaus günstig. Seine zunehmende Beteiligung an den Welthandelsumsätzen entfällt auf Ein- und Ausfuhr in relativ fast genau gleicher Progression: eS schneidet bei einem Vergleich mit seinen Rivalen auf dem Weltmarkt, mit den Vereinigten Staaten sowohl als auch mit Großbritannien , recht günstig und be» friedigend ab. Da keine einheitlichen Grundsätze für die Feststellung der Außen- Handelsziffern bestehen, in den einzelnen Staaten nach verschiedenen Systemen verfahren wird, so haben die giffern nur emen bedingten Vergleichöwert. Höchsten» die Ziffern für ein Land können als sicherer Maßstab seiner EntWickelung bewertet werden. Die Periode 1895 bi» 1995 kann man für Deutschland als die der Caprivischen Handelsverträge bezeichnen. Die für diese Zeit sich ergebende günstige SntwlckellNig wird mindestens in ihrem Tempo durch die neuen Handelsverträge gestört werden.