Dr. 187. 24. Jahrgang. 2. Keilte des Joniirts" Kerliner lollislilatt Sonnabend, 15. Juni 1907. Partei-?Znge!egenkeiten. Zur Lokalliste! Am 15., 16. und 17. d. M. findet in Französisch- Vuchholz ein G a u t u r n f e st der„Deutschen Turner" statt, zu welchem seitens der beteiligten Kreise eine lebhafte Propaganda be- trieben wird. Indem wir es als selbstverständlich erachten, daß auf dem Boden der modernen Arbeiterbewegung stehende Arbeiter der- artigen, von Behörden usw. protegierten Veranstaltungen fernbleiben. weisen wir noch darauf hin, daß obiges Turnfest ausschließlich in gesperrten Lokalen gefeiert wird; man weise daher alle von den Beteiligten etwa angebotenen BillettS entschieden zurück. Zur Verfügung steht uns dort nur das Lokal von Kähne, Berliner « stratze 39, alle übrigen Lokale sind streng zu meiden. Von derSpree-Havel-DampfschiffahrtS-Gesell- s ch a f t„Stern" ist an alle größeren Vereine der Fahrplan der Gesellschaft pro 1967 versandt worden. Wir ersuchen, bei Veran- staltungen von Dampferpartien sich genau nach der Lokal- liste zu richten, da in dem betreffenden Fahrplan außer freien Lokalen auch solche in ziemlicher Anzahl aufgeführt werden, welche der Arbeiterschaft nicht zur Verfügung stehen. Speziell sind von diesen seitens der Parteigenossen streng zu meiden: Restaurant. Woltersdorfer Mühle";.Neptunshain"; . G e se llsch a ft s h a uS Grünau";, Z e ut h e n- S e e" lRastaedt);.Schloß Wannsee "(Beelitzhof);.Kaiser- Pavillon" sWannsee);»Schwedischer Pavillon" (Wannsee );.Jagdschloß Schwarzhorn"(Scharmützelsech; .Schloß Pieskow"(Scharmützelsee). Wir ersuchen nochmals, dies beachten zu wollen. In Wilmersdorf (T.-B.) steht uns das LokalVictoria- Garten, Wilhelmsaue 114, zu den bekannten Bedingungen zur Verfügung. Die Lokalkommission. Mariendorf . Zwecks Gründung einer Zweigstelle der Arbeiter« bildungSschule steht auf der Tagesordnung der regelmäßigen Mit- gliederversanimlung am DienStag, den 18. Juni, ein Bortrag des Lehrers der Parteischule Genoffen Heinrich Schulz über.Volks- bildung und Jugenderziehung". Die Wichtigkeit der Tagesordnung erfordert ein vollzähliges Erscheinen. Besonders ersuchen wir die Genossen von Tempelhof und Majenfelde um regen Besuch. Gäste, auch Frauen, haben Zutritt. Friedrichshagea. Montag. den 17. Juni. abends 8»/, Uhr. findet im Restaurant Wilhelmsbad , Seestt. 46, eine Volksversammlung statt, in welcher Genoffe Baege über.Die Entstehung des Menschengeschlechts"(erläutert durch 80 Lichtbilder) referieren wird. Zur Deckung der Unkosten wird ein Eintrittsgeld von 20 Pf. erhoben.— Um zahlreichen Besuch bittet Der Einberufer. Tegel . Sämtliche geliehenen Bibliothekbücher sind wegen dringender Erneuerung deS KatalogeS bis spätestens 25. Juni ab- zuliefern. Die BibUothekkommission des sozialdemokratischen Wahlvereins für Tegel und Umgegend. Neuenhage» a. d. Ostdah». Sonntag, den 16. Juni, nachmittags * Uhr. findet die Mitgliederversammlung des Wahlvereins bei A. Wünsche, Neuenhagen . Bahnhofstraße, statt.— Regen Besuch erwartet Der Borstand. Oranienburg . Die Mitglieder des Wahlvereins werden hierdurch nochmals darauf aufmerksam gemacht, daß am Sonntag, den 16. Juni, nachmittags 3 Uhr. bei Braun die regelmäßige Mitglieder- Versammlung stattfindet. Die Tagesordnung lautet unter anderem: Stellungnahme zur kommenden Stadtverordnetenwaht. Vollzähliges und pünktliches Erscheinen ist erwünscht. Gäste sind willkommen. Der Vorstand. Berliner JVacbrichten* Zwischen Müggel und Dahme . Wir fahren über die Stadtbahn(wer die Ringbahn be- nutzt, steigt in Stralau-Rummelsburg auf dem Bahnsteig 13 um) nach Friedrichshagen und brauchen vorher keinen Fahr- plan zu Rate zu ziehen, denn der Zugverkehr ist sehr rege. Von Friedrichshagen durchschreiten wir in zehn Minuten die große, breite, baumbepflanzte Hauptstraße des Ortes, an deren Ende wir rechts um eine Straßenecke herum plötzlich das Wasser vor uns sehen. Am Ufer liegt eine Fähre, die uns für fünf Pfennig zum Müggelschlößchen übersetzt. Da- mit haben wir das Westufer des Müggelsees erreicht, das wir nun bis zu den Müggelbergen verfolgen. Die land- schaftlichen Reize dieses Ufers sind oft geschildert worden; der Großstädter, der sich aus dem engen Druck der Häuser plötzlich an diese große Wasserfläche versetzt sieht, wird sich ihrem Einfluß, die wie�eine Befreiung wirkt, niemals ent- ziehen können. Bald tritt das Wasser dicht ans sandige Ufer, bald, und das ist die Regel, schneiden tiefe Wiesen, von Schilfbeständen unterbrochen, den See von uns ab, ohne aber jemals die Aussicht auf das Wasser, das lebhafte Treiben darauf und die dunklen Linien der Müggelberge zu hindern. Am Wege zum Teufelssee verlassen wir die Müggel, widmen der Idylle des genannten kleinen Wasserbeckens soviel Zeit, als wir vermögen und steigen dann zum Aussichtsturm hin- auf. Es ist nicht unbedingt notwendig, den Turm selbst zu erklettern, denn schon von seinem Fuße eröffnet sich ein überraschendes Bild auf die Dahme oder Wendische Spree, die wie ein seeartig breites Silberband aus tiefdunklem Walde herausglitzert. Nach rechts wendet die Dahme sich nach Köpenick , wo sie sich mit der Spree vereinigt, nach links verliert sie sich gegen Königswusterhausen. Wir gehen vom Fuße des Aussichtsturmes eine breite Waldschneise direkt hinab zur Dahme, die hier auch Langer See heißt, und folgen ihrem von Ruderern belebten Ufer dann stromabwärts. Der hübsche Weg im Laubholzgebüsch führt uns schließlich, nachdem wir am Ufer genug gerastet haben, in die Gegend von Grünau , das am anderen Ufer liegt und nach dem wir uns mit einem Motorboot übersetzen lassen. Ein Waldspaziergang bringt uns schließlich zum Bahnhof Grünau , den ebenfalls ein reger Zugverkehr mit Berlin verbindet. Es gibt vielleicht keine zweite Tour, die in solcher Nähe von Berlin eine so große Fülle von Natureindrücken ver- einigte, wie die geschilderte. Sie bietet uns Wasser und Wald in reicher Fülle; neben üppigen Wiesen den trockenen Kiefernwald, feuchte Erlenbrüche und frisches Laubgehölz, am steilen Abstieg von: Aussichtsturm zum Langen See eine leidliche Bergpartie, und dazu jagt in fortwährendem Wechsel ein schönes Landschaftsbild das andere. Neu-Kölln am Wasser. Ein anziehendes, interessantes Bild bietet der Anblick der Spree und der Umgebung von Neu-Kölln. Das lebhafte und abwechslungsreiche Treiben der Schiffer auf ihren Kähnen fesselt stets Scharen von Zuschauern. Wenn die Mittagssonne glühend auf den Häuserreihen ruht, und der gutsituierte Bürger sich seinem Schlummer- stündchen hingibt, herrscht auf der fpiegelnden Wasserfläche rege, ununterbrochene Tätigkeit. Da müht sich ein älterer Mann ab, einen mit Sand be- ladenen Riesenkahn vorwärts zu bringen. Zu diesem Zweck stößt er eine lange Stange in den Grund und indem er das obere Ende derselben in die Schulterhöhle stemmt, bringt er das Fahrzeug langsam von der Stelle. Bei dieser Arbeit ist auch die Frau behülflich; sie sitzt am Steuer und achtet darauf, daß die richtige Richtung eingehalten wird. Ein anderer Schiffer reinigt seine Zille und scheuert und hantiert init Besen und Eimer, daß jede Reinlichkeit liebende Hausfrau ihre helle Freude daran hätte. Daneben hält eine Familie Siesta. Oben auf Deck sitzen sie im Kreise, Mann, Frau und Kinder, mit Teller und Schüssel auf den Knien, und verzehren mit gesundem Appetit ihre frugales Mittagsmahl. Das Jüngste umklammert krampfhaft die volle Milchflasche, als wär's das kostbarste Kleinod der Welt. Auf einem kleinen Ofen stehen brodelnde Töpfe und aus dem rußigen Rohr steigen dünne Rauchsäulen, die sich unter der drückenden Glut der Sonnenstrahlen winden und krümmen wie ein Wurm. Ein weißer, niedlicher Spitz läuft hurtig am Rande des Kahns entlang und kläfft wütend die Zuschauer an. Auf einem aus- gespannten Seil trocknet bunte Wäsche. Abseits, am Ufer, heben Arbeiter mittels Krähnen, die an aufgerichteten Segel- mästen befestigt sind, schwere Kisten und Ballen vom Kahn auf bereitstehende Rollwagen. Ein Schwärm kleiner Fische plätschert lustig an der Oberfläche herum und eifrig haschen sie nach einer schwimmenden, aufgeweichten Schrippe. Eine einsame Ente schießt mit flinken Stößen herbei. Die Fische stieben in wilder Flucht auseinander und bald hat die herz- tose Egoistin die Schrippe verschlungen. Ein bunter Schleppdampfer durchschneidet zischend die schäumende Flut, steuert gravitätisch an seinen plebejischen Gefährten vorbei, ab und zu mit dumpfem Gebrüll feinen Kurs bezeichnend. Dazwischen gleitet lautlos, mit raschen, sicheren Stößen ein Ruderboot hindurch, kräftige Gestalten sitzen darin und sehnige Arme führen die Ruder. An die Jnselbrücke stößt eines der ältesten Häuser jenes Viertels, dessen Tage wohl gezählt sein dürften. Unten im Erdgeschoß befindet sich eine der typischen, nach und nach im Aussterben begriffenen Budiken. Mit kleinen Fenstern und niedriger Decke, das Innere verräuchert, zeigt sie die charakteristischen Merkmale der beliebten Stammkneipen des urwüchsigen Berliners. An der Wasserseite hin zieht ein schmaler Streifen Land, der mit allerhand Gerumpel bedeckt ist und den ein windschiefer Bretterzaun abschließt. Ein paar alte Bäume mit mächtigem Blätterdach bieten dem ver- führerischen Lächeln der in der Blüte ihrer Kraft stehenden Frau Sonne heroischen Widerstand und verbreiten angenehme Kühle. Unter ihren Schatten haben sich die Besitzer zweier großer Kähne geflüchtet und fordern den Neid der in der Sonne liegenden Schiffer heraus. Drüben ziehen sich in langer Flucht die Hinterhäuser der Stralauerstraße, deren bloße Erwähnung schon bei unseren flugblattragenden Genossen gelindes Grauen erregt, hin. Alles alte wacklige und winklige Bauten, die zu be- treten bei dem Neuling eine wahre Todesverachtung bedingt, und die doch an arme Familien für schweres Geld vermietet sind. Hinter den alten Baracken, die wohl in einigen Jahren einer Prachtstraße weichen sollen, reckt sich, alles überragend, ernst und würdevoll die Parochialkirche empor. Es ist gerade 3 Uhr und das Glockenspiel setzt ein. Lieblich und stimmungsvoll klingt es herüber: Lobe den Herrn! Die Schiffer aber blicken nicht auf. Sie müssen tüchtig schanzen, um durchzukommen und überlassen das Loben anderen, denen das Glück günstiger war und die des- halb hierzu mehr Zeit übrig haben! AuS der Nachbnrfchaft einer Schule. Nur wenige der Schulhäuser Berlins haben eine so glückliche Lage, daß von außen her keine nennenswerte Störung bis zu ihnen gelangen kann. Die meisten Schulen müssen sich eine Nachbarschaft gefallen lassen, die ihnen manchmal recht lästig wird. Namentlich die Häuser der G e m e i n d e s ch u l e n sind in der Regel umgeben von Grundstücken mit Gewerbebetrieben mancherlei Art, die sich durch weithin hörbaren Lärm oder auch durch widerwärtige Dünste dem Ohr bezw. der Nase unangenehm genug bemerkbar machen. Da bleibt dann dem Lehrer nur übrig, während deS Unterrichts auf die notwendige Lüftung des Klassenzimmers zu verzichten, die am einfachsten und zugleich ausgiebigsten durch Oeffnung der Fenster bewirkt werden könnte. Wenn ein Gewerbebetrieb in der Nähe ist, der durch Verbreitung von Gestank die Außenlusl verschlechtert, dann ist die Lüftung der Klassenzimmer besonders erschwert. UnS wird aus dem Kreise unserer Leser mitgeteilt, daß das z. B. für die 135. Gemeindeschule zutrifft, die sich auf dem Grundstück Fr i e d e n str a ß e 37 befindet. Auf dem Nebengrundstück Friedenstt. 38/39 ist ein L a g e r roher Häute untergebracht, von dem an wärmere» Tagen ein u n e r- träglicher Gestank ausströmt und sogar durch die geschloffencn Fenster bis in die Klassenzimmer hineinbringt. Die Häute werden dort angeliefert, werden dann eingesalzen und später wieder fortgeschafft. Zum Ab- und Aufladen der Häute sowie der abfallenden Klauen, Hörner usw. wird oft gerade die Zeit benutzt, in der der Unterricht erteilt wird. Ein Vater schildert unS, welche Wirkungen dieser Zustand auf das Befinden seiner neunjährigen Tochter ausübt, die diese Schule besucht. Ihm war seit einiger Zeit aufgefallen, daß das Kind am Mittag in der Regel mit Kopfweh nach Hause kam, keinen Appetit hatte und Neigung zum Erbrechen zeigte. Als er der Ursache nachforschte, erfuhr er, daß während des Unterrichts infolge deS ekelerregenden AaSgcrucheS, der von dem Nachbargrundstück herüberzieht, oft die Fenster geschloffen bleiben muffen. Durch einen Besuch im Schulgebäude überzeugte er sich dann, daß an heitzen Tagen die Ausdünstungen dieses Gewerbebetriebes in der Tat unerträglich sind. Uebrigens hat man uns gesagt, daß unter dem hier ge- schilderten Zustand dieLehrpersonen nicht weniger als die Kinder leiden, und das ist ja auch selbstverständlich. Die Atmungsorgane der Lehrer und Lehrerinnen sind ohnedies sehr empfindlich gegen die Schullust, die bei mangelnder Ventilation sich rasch genug verschlechtert. Gegen Gewerbebetriebe dieser Art sollte die Schulder- w a l t u n g alles tun. um sie zu möglichster Abstellung solcher Uebelstände zu nötigen. Sch on die Verschlechterung der Luft in den Klassenzimmern kann das Allgemeinbefinden der. Kinder so erheblich beeinträchtigen, daß der Erfolg des Unterrichts völlig in Frage gestellt wird. Wird aber auch noch die Außenluft mit solchem Gestank erfüllt, wie er von dein Häutelager in der Friedcustraße ausströmt, so können für die Insassen eines in diesem Dunstkreis liegenden Schulhauses, für Kinder und Lchrpersonal, sogar Gesundheitsschädigungen entstehen. Was sagt eigentlich der Schularzt zu den Zuständen, die in der Nachbarschaft der 135. Schule herrschen?_ Nmlcnkuug von 13 Straßenbahnlinien. Umfangreiche Verlegungen von Linien werden bei der Straßenbahn, außer den schon an« gekündigten, wegen Bauarbeiten notwendig. In der Neuen Promenade zwischen dem Hnckeschen Markt und dem Zwirngraben müssen Gleise und Krcuzungsteile ausgewechselt werden. Es müssen deshalb dort im ganzen acht Linien abgelenkt werden. Es sind dies die Linien 33 Pappelallee�Charlottenburg . 39 Gesundbrunnen -- Marheinekcplatz, 46 Slvincmünderstraße— Schönebcrg. 42 Exerzier« straße— Marheinekeplatz, 53 Danzigersttaße— Rixdorf, 54 Schönhauser Allee— Charlottenburg, 55 Danzigerstraße— Rixdorf und III Swine- münderstraße— Schöneberg. Die Wagen dieser Linien fahren vom Hackeschen Markt durch die Große Präsidentenstraße, die Kleine Präsidentenstraße, Burgstraße und umgekehrt. Die Umlenkungen be- innen am nächsten Montag, den 17. Juni. Auch die treuzungsanlage der Leipziger - mit der Charlottenstraße mutz teilweise erneuert werden, was aber zur Haupt« fache nachts geschieht. Hier müssen dann_ die Linien 6 Moabit — Küstriner Platz, 9 Moabit — Schlesischer Bahnhof , 74 Königstor— Schöneberg. 78 Frankfurter Allee— Wilmersdorf und 88 Schlesische Brücke— Friedenau umgelenkt werden. Die Wagen dieser Linien gehen durch die Mauer-, Kanonier-, Französische -, Ober- wallstratze. Hausvogtciplatz, Jerusalemer-, Leipzigerstraße und um- gekehrt. Es gehen so die Wagen der Linie 6 nachts 2.62 und 2.17 ab Spittelmarkl, die Wagen der Linie 9 ftüh 4.51, 5.66, 5.21 ab Gotzkowslystraße, die Wagen der Linie 74 von 1.44 bis 2.29 ab EberSstraße, von 1.46 bis 3.23 ab Königstor und früh 5.12 und 5.27 ab Bclzigerstraße, die Wagen der Linie 78 von 1.57 ab Küstriner Platz und von 1.35 bis 2.25 ab Ludwigskirchplatz, auf Linie 88 der Wagen früh 5.29 ab Krankenhaus. Die Umlenkungen erfolgen in den Nächten vom 17. zum 13. Juni bis einschließlich vom 21. zum 22. Juni während der Zeit von 2—6 Uhr ftüh. Aus der Magistratssitzung. In der gestrigen Magistratssitzung legte Geh. Baurat Dr. Ludwig Hoffmann die SpezialPläne für die Technische Mittelschule, eine neue Realschule und eine Gemeindedoppelschule, die in einem großen Gebäude von der Ausdehnung des Rathauses untergebracht werden sollen, vor. Das monumentale Gebäude soll am Platz D X 1, der dadurch einen Abschluß erhalten wird, mit der Front nach der Lütticher- und Antwerpenerstraße errichtet werden. Die Baukosten sind mit 3'/. Millionen veranschlagt. Die Pläne und Kosten- anschlüge wurden, vorbehaltlich der Zustimmung der Stadtverordneten- Versammlung, genehmigt. Ferner wurden die Kostenanschläge für das Inventar des Neubaues eines großen Hospitals in Buch mit annähernd 936 666 M. angenommen. Genehmigt wurden außerdem noch die speziellen Entwürfe und Kostenanschläge in Höhe von rund 14 666 M. für die Wohn- und Stallgebäude der An- gestellten der Fleischvernichtungsanstalt der Stadt Berlin in Rüdnitz bei Bernau . Die besonderen Entwürfe und Kostenanschläge in Höhe von 1 196 666 bezw. 1 269 666 M. zur geplanten Erweiterung des Kaiser und Kaiserin Friedrich-KinderkrankenhauseS in der Reinicken- dorferstraße 6l wurden einem Ausschuß zur Borberatung überwiesen. Heute findet eine außerordentliche Magistratssitzung statt zur Erledigung dringender Vorlagen._ Aus dem Rathause wird folgende Notiz versandt:„Zum Bau- arbeiterstreik wird in mehreren Blättern berichtet, daß der Arbeitsnachweis des ArbeitgeberbundeS für das Berliner Bau« gcwerbe im.Asyl für Obdachlose" einen Aufruf habe anbringen lassen, in dem arbeitswillige Bauarbeiter gesucht werden. Soweit das von der Stadtgemeinde Berlin unterhaltene Obdach in Betracht kommt, ist der Verwaltung desselben von einem solchen Aufruf nichts bekannt. Ebenso ist die Behauptung des Berichts, daß den Arbeitswilligen im„Asyl" für zehn Tage freies Obdach und Abendbrot gewährt werden solle, völlig auK der Luft gegriffen, soweit das städtische Obdach gemeint ist. Ob die Angaben für das von dem Berliner Asylverein unterhaltene Asyl für Obdachlose zutreffen, entzieht sich unserer Kenntnis." Um Mißdeutungen auszuschließen, möchten wir aus Anlaß der Bemerkung über das vom Asylverein unterhaltene Asyl für Obdach- lose besonders betonen, daß dieses Asyl hierbei nicht in Frage kommen kann. Nach den hier maßgebenden Bestimmungen werden a» Arbeitgeber, die sich mit ihren Arbeitern in Differenzen befinden, Arbeiter nicht vermittelt. Klaffeneinteilung im Bolks-Caft. Eine sehr bemerkenswerte Erweiterung ihres Betriebes beabsichtigt die Volks-Kaffee- und Speisehallen-Gesellschaft. Sie unterhält jetzt große Speiseräume, die zusammen über 666 Personen fassen können, auf eigenen Grund- stücken in der Chausscestratze und Neuen Schönhauserstratze, ferner auf einem Mietsgrundstück in der Scharrenstraße, und will nun durch den Bau neuer Räumlichkeiten im Berliner Osten die Zahl der gleichzeitig abzuspeisenden Gäste auf tausend bringen. Weiter- hin ist die Gesellschaft dem Gedanken einer Trennung nach Klassen nähergetreten. Während die Geschlechter schon jetzt getrennt speisen, sollen besondere Abteilungen für den Mittelstand und die unteren Stände eingerichtet werden. Praktisch ist dieser Grundsatz wohl nicht so leicht durchführbar, höchstens durch Preisabstufungen und entsprechende wohlwollende Umsicht in der Verwaltung zu erreichen. Daß jetzt in den Hallen der Gesellschaft viele anständige Elemente, die mit den Nickeln rechnen müssen, mit gewerbsmäßigen Bettlern in engste Berührung kommen, ist allerdings keine Annehmlichkeit. Der Gesellschaft ist trotzdem von der„Sortierung" nach dem Geld- beute! beziehungsweise nach der Kluft dringend abzuraten. Die so schon bei den Besuchern dieser Lokale von jeher stark vorhandenen Gegensätze würden sonst nur unnötig verschärft werden. Außerdem würde es voraussichtlich sehr leicht und oft zu Krakeelen kommen, wenn beispielsweise ein Hungriger, der zwar nicht„in Schale" ist. aber zufällig„Moneten" hat, den„Herrcnraum" betreten will und nach der„Proleten-Abtcilung" gewiesen wird. Geld stinkt nicht! Das weiß doch vornehmlich diese Gesellschaft, die ihre Taschen von den Nickeln der„Acrmsten der Armen" füllt, am besten. Die Filiale in der Scharrenstraße geht übrigens im Herbst ein, da das Gebäude abgerissen wird. Endlich ist von derselben Gesellschaft die Ein- richtung eines Wohuungshcims für ledige männliche Personen des Handwerker- und Arbeitcrstandes geplant. Sie besitzt schon seit Jahren ein solches„Gcsellenhcim" in der Neuen Schöuhauserstraße, das zwar erheblich über dem Niveau der Herberge steht, aber unter dem Uebelstände leidet, daß immer noch zuviele Personen ein und denselben niöbliertcn Raun, teilen müssen. Das neue Heim soll zur einen Hälfte nur Einzclstübchen, zur anderen Hälfte Räume für höchstens zwei bis drei Mieter enthalten. Damit würde dem Ber» liner Schlafstellenwesen eine Konkurrenz von prinzipieller sozialer Bedeutung erwachsen._ Maßregelungen bei der„Großen Berliner". Mehrere Angestellte der Großen Berliner Straßenbahn haben gestern früh plötzlich ihre Entlassung' erhalten und es besteht der begründete Verdacht, daß in diesem Falle auf Grund einer Deuunziation eine Maßregelung ausgeübt worden ist. Man wollte Opfer haben für die jüngste Protestversammlung der Straßenbahner, die das ärgste Mißfallen der Direktion erregt hat. Als die Gemäß-
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