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lotlmung ernstlich zu verbessern bestrebt töar, hat seitdem im Abgeordnetenhause keinen Finger zur Beseitigung der der- alteten Städteordnungen gerührt. Ja, es hat sogar allen Versuchen, von außen her mittels Petittonen von Ktadtver- waltungen das Parlament zu Reformen zu drängen, den entschiedensten Widerstand geleistet. Aus leicht erklärlichen Gründen. Die heutigen Städteordnungen, bor allem die für die östlichen Provinzen, sichern der Bourgeoisie auf alle Falle die Mehrheit in den Stadtparlamenten, und genau so wie die Junker des preußischen Landtages sich aus Furcht, ihre Herrschaft einzubüßen, dem Ersatz des Dreiklassenwahl- systems durch das allgemeine, gleich?, direkte und gebeime Wahlrecht widersetzten, genau so wlll die liberale Bour- geoisie aus Furcht, ihre maßgebende Stellung in den Ge- meindeverwaltungen zu verlieren, nichts von einer Beseiti- gung der alten Bestimmungen der Städteordnungen wissen. Beide, Junkertum und liberale Bourgeoisie, lassen sich im Grunde genommen von den gleichen Motiven leiten. So bietet uns die Geschichte der Städteordnungep nicht uur ein Bild der preußischen Reaktion, sondern zugleich auch ein Bild des Zerfalles des Bürcrertums. Wir pflichten Preuß barin bei, wenn er bei seinem Ruckblick auf die Verhandlungen von 1876 zu dem Resultat kommt, daß der tiefe geistige Ver- fall, die ungeheuerliche Verödung unseres öffentlichen Lebens während dieses Menschenalters hier beißend grell in die Augen springt. Wenn aber Preuß weiter meint, daß das .feit 1875 verflossene Menschenalter sich zur Wiederaufnahme der Reform der Städteordnung unfähig gezeigt hat und daß inzwischen sogar das Verstänonis für die Wichtigkeit und Dringlichkeit jener Probleme fast völlig verloren gegangen zu sein scheint, so möchten wir demgegenüber betonen, daß eS an Fähigkeit und an Verständnis für die Wichtigkeit der Aufgaben auch der heutigen Generation nicht fehlt. Woran es aber fehlt, das ist der entschlossene Wille, die u n- berechtigten und durch nichts begründeten Privilegien dem Wohl der Gesamtheit zu opfern. Der Prozeß lijaywood. New Jork  , den 17. Juni 1907. lNg. 0er.) Schon die ersten Verhandlungstage des Prozesses gegen den Genossen William Haywood  , den Sekretär der Western Federation of Miners(Bergarbeiter-Berband des Westens), der der Anstiftung zur Ermordung des Ex-Gouverneurs Steunenberg   von Idaho   an- geklagt ist, haben das Interesse der sonst so gleichgültigen amerika  - nischen Arbeiter in hohem Grade erweckt. Es wird ihnen klar, daß in Boise  (Idaho  ), wo die Verhandlungen vor sich gehen, nicht nur die Geschicke des Angeklagten Haywood   auf dem Spiele stehen, sondern daß es sich um«inen teuflischen Anschlag gegen die Arbeiter- bewegung überhaupt handelt. Unter den bisher vernommenen Zeugen(in die eigentliche Beweisaufnahme wurde am 4. Juni eingetreten) befindet sich der Hauptzeuge der Anklage, Harry Orchard, der das Verbrechen, wegen dessen Anstiftung Haywood   beschuldigt wird, aus- geführt hat. Acht volle Tage war Orchard auf dem Zeugen- stand, das Kreuzverhör, dem er seitens der Verteidiger Haywoods unterworfen wurde, nahm allein über sechs volle Tage in Anspru! Kurz nach dem am 30. Dezember 1905 in Caldwell, llolorado. verübten Attentat auf Steunenberg   war Orchard verhaftet worden. Wenige Wochen später legte er sein bekanntesGeständnis" ab, aus Grund dessen Haywood   sowie die beiden Genossen Charles Moyer und John Pettibone, die gleichfalls in der Western Federation os Miners eine Führerrolle spielen, verhaftet und bei Nacht und Nebel und entgegen dem ihnen durch die Verfassung gewährleisteten Rechte vom Staate Colorado   nach dem Staate Idaho   geschleppt und dort ein- gekerkert worden sind. Mit einer Gleichgültigkeit, als ob er am Biertisch rede, erzählte Orchard genau in der in seinen.Memoiren" niedergelegten Reihen- folge, wie viele Mordtaten er ausgeführt und wie viele er geplant hat. Orchard sein tmsächlicher Name ist äisred Horsleh, und außerdem führte er je nach Bedarf ein halbe- Dutzend andere Namen ist jetzt 41 Jahre alt und in Kanada   geboren.-Ehrliche Arbeit hat er nie getan. Im März 1899 ließ er sich seine» Be- kundungcn zufolge in die Western Federation of Miners als Mit- glied aufnehmen. Schon einen Monat später hat ein Zweigverein der Federation beschlossen, die Sullivan und Bunker Hill-Gruben in Wardner in die Lust zu sprengen, und Orchard war einer von denen, Welche die Tat ausführten. Zwei Leute wurden habet getötet. Auch bei der Zerstörung der Binoicator-Grube, die wiederum zwei Menschen­leben forderte, ist er behülflich gewesen. Ferner hat er seinen eigenen An- gaben zufolge die Eisenbahnstation in Jndepcdence, Colorado  , in die Lust gesprengt, wobei vierzehn Menschen den Tod fanden. Den Gruben« betriebsleiter Frederick Lradley, der der leitende Geist der Gruben- pesitzerveremigung war und in San Francisco   lebte, suchte e'- !»nächst zu vergiften, indem er Strychuin in die vor der Haustür tehende Milch fla! che tat; als er amit seinen Zweck nicht erreichte. legte er eine Bombe und tötete Bradley I Ferner hat er den Spitzel Lyte Gregory umgebracht und zum Schluß den Exgouverr.our Steunenberg von Idaho  . Dazwischen plante er Attentate aus den früheren Gouverneur Poabody von Idaho, den Richter Gabbert (aus den Weg, den der Richter täglich nahm, legte er eine Börse, die. falls sie i't Richter ausgehoben hätte, eine Bombe zur Explosion bringen mußte; der Richter achtete aber nicht auf die Börse, und als sie eilt a n o e r e r Passnut nahm, wurde dieser in Stücke gerissen), den Richter Goddard und den Generaladjutante» Shennan Bell. Zu den meisten dieser Taten will er von Haywood aufgestachelt worden sein. Soweit das Geständnis Orchards, das so sehr den Stempel der Verlogenheit trug, daß selbst die bürgerlichen Blätter mit wenigen Ausnahmen es als durchaus unglaubwürdig zurückwiese», und zwar bevor noch die Verteidiger Haywoods den Kronzeugen einem Kreuz- verhör unterworfen, die Bekundungen Orchards erschüttert und ihn in seiner ganzen Charakterlosigkeit entlarvt hatten. Als Resultat dieses Kreuzverhörs muß zur weiteren Beurteilung des Falles fest- gehalten werden: Orchard kann sich an keine Daten erinnern; auf alle Fragen danach gibt er ausweichende Antworte». Anderer- seits weiß er die Gespräche, die er mit Haywood ober mit Pettibone oder Moyer geführt haben will und in oenen die Attentate besprochen wurden, wörtlich zu wiederholen I Des öfteren korrigierte er seine am vorhergegangenen Tage gemachten Aussagen. So hatte er von einem gewissen W. B. Easterly be« hauptet. er sei ihm beim Sprengen der Bindicator-Grube behülflich gewesen; am folgenden Tage erklärte Orchard, nicht Easterly. sondern ein gewisser Aickman oder Ackerman habe ihn begleitet. Die Verteidigung hatte nämlich Easterly zur Stelle geschafft. Orchard hat(ebenfalls im Kreuzverhör) zugestanden, daß er in Kanada  , wo er eine Käsesabrik betrieb, seinen Kunden Mindergewicht gab, daß er seine Fabrik in Brand steckte, daß er Frau und Kind in Kanada   ließ, sich nach Amerika   wandte, sich hier zum zweiten Male verheiratete und wieder die Frau im Stiche ließ. Weiler mußte tx zugeben, daß er, während er Attentate im Aus« trage der Western Federation of MinerS und im Auftrage Haywoods, Moyers und Pettibones ausgeführt haben will, im Solde der Eisenbahn gestanden und diese von den gegen sie an- gebltch geplanten Anschlägen in Kenntnis gesetzt hat l Des ferneren steckte er in Jndependenee eine Wirtschaft m Brand, so daß der Be» fitzer die Versicherungssumme in Höhe von 600 Dollar erheben konnte i von diesem Betrage erhielt Orcha-d selbst 100 Dollar I Zahl- lose Bauern beschwindelte er um größere Beträge, indem er siegegen Hagel versicherte"; die BerficherungSscheine, die er ihnen ausstellte, waren absolut wertlos, denn dieBerficherungsgesellschafi" war O. selbst usw. usw. Die Liste seiner Heldentaten, die er eingestanden hat, ließe sich ins Unermeßliche fortsetzen, zur Kennzeichnung dieses Zeugen dürste aber das Vorstehende vollauf genügen. Nur einzelne Gesichts- punkte, die im Kreuzverhör festgestellt worden sind, seien noch an- geführt. So z. B., daß Orchard, während das Streikgebiet in Kolorado   in ein wahres Kriegslager umgewandelt war, ungehindert durch die Postenketten passieren durste! Daß ihm für den Fall eines Geständnisses völlige Straflosigkeit zugesichert worden ist, gab Orchard zwar nicht direkt zu, er mußte aber bekennen, daß er be­reits feine Pläne für den Fall feiner Freilassung entworfen hat. Bemerkenswert ist ferner die liebevolle Behandlung, deren sich Orchard nicht nur seitens der Gefängnisbehörden erfreut er macht Kutschenfahrten I, sondern auch seitens des höchsten Staatsbeamten Idahos  , de» Gouverneurs Gooding, der mit dem neuerdings»fromm" gewordenen dutzendfachen Mörder auf dem Duzfuße steht. Seitdem Orchard in Untersuchungshaft fitzt, erhält er die Be« suche eines Detekttvs namens Mc Pattland, der in Diensten der Grubenbesitzer steht und Orchard zumGeständnis" veranlaßt hat. Mc Partland hat auch die»Memoiren" Orchards gelesen(vermutlich sogar selbst geschrieben, wie er ja auch das inzwischen als Fälschung erkannte Geständnis des ebenfalls in die Mord- Verschwörung verwickelten Steve Adams angefertigt hat), mit denen die Aussagen des Zeugen übereinstimmen. Jeden Morgen und jeden Nachmittag besuchen Detektiv Mc Pattland und der Staats- anwalt Hawley den Orchard in seiner Zelle, und Anwalt Richardson, der Verteidiger Haywoods, erklärte ganz offen, daß Orchard bei diesen Versuchen gedrillt wird, was er zu sagen hat oder welche Korrekturen er an seinen tagS vorher gemachten Angaben vornehmen soll, um fich nicht in Widersprüche zu verwickeln. Die Verhandlungen werden fortgesetzt, es sind noch etwa 140 Be« lastungszeugen zu vernehmen. Die Polizei als ultramontane Schutztruppe. Aus Recklinghausen   wird uns geschrieben: Die Verhandlung über das Treiben der Recklinghauser Polizei hat überaus wertvolle Beiträge zur Allgewalt der Polizei in Preußen und zur Rechtlosigkeit der Arbeiterklasse gegenüber be« hördlicher Willkür geliefert. Aber abgesehen von dieser allgemeinen Bedeutung gewinnt der Prozeß ein besonderes Inte sie dadmch, daß seine Borgänge fich in einer Stadt mit gesprochener Zentrumsherrschaft zutrugen. Für die Po'»ei in Reckling- Hausen galt e» denn auch weniger den Staat zu r.t.en, denn der ist dort ebenso wenig gefährdet wie anderswo, sondern das Bemühen der Polizei galt der Ehre und Erhaltung der Zentrums- Herrschaft. Das beweist deutlich die Haltung der Recklinghauser Polizei zu den christlichen Gewerkschaften, diesen poUti- scheu Handlangern der Zentrumspartei  . Es ist nachgewiesen, daß 1. die Polizei christliche Gewerlvereinsversammlungen in einem Lokale duldete, während fie eine Versammlung des alten Verbandes dort auflöste, weil das Lokal nicht den baupolizeilichen Bestimmungen genügte. 2. die Polizei Ausweisungsverfügungen gegen fremde Arbeiter zurücknahm, wenn diese sich dazu verstanden, in den christlichen Ge- werlverein überzutreten, 3. Polizeibeamte auf Arbeiter eingewirkt haben, auS dem alten Verbände auszutreten uird fich dem christliche» Gewerkvereine anzu- schließen. 4. ein Polizeikommissar den christlichen Gewerkvcreinlern unter« sagt hat. in ihren Versammlungen Altverbändkern das Wort zu erteile». Und die Christenbrüder haben sich die Gunst der Recklingh-.us�r Polizei nicht nur gefallen lassen, sie find auch den behördlichen Rat- schlügen, Anweisungen und Drohungen willig gefolgt und haben dadurch an der Mundtotmachung und Vergewaltigung der sozial« demokratischen und fceig-werks.chastlichen Arbeiterschust mitgewirkt. Herr Schiffer, der ZentrumSmann, ist mit Hülfe dieses System», auf Krücken der Polizei also, als Vettrerer des Wahlkreises Borten  « Recklinghausen   tu den Keioptag eingezogen. Herr Schiffer, der die Gerichte in Bewegung setzt, went. ihm jemand nachsagt, daß er nicht regelmäßig zur Kirche gehe, hatte mitsamt scin-n in Recklinghauseu herrschenden Zentrumsbrüdern gegen das Treiben der Polizei nicht» einzuwenden. Bei der Reichstagswahl am 25. Januar fielen ihm 35 000 Stimmen zu, die Sozialdemokratie brachte c° auf 11400. Nach dem Recklinghauser Prozeß weiß man, wie viel an diesem Er- gebuiS die Polizei mit ihr:»! gesetzwidrigen Vorgehen gegen die eine und ihrer Begünstigung der anderen Seite beteiligt ist. Und noch eins: Gegenwärtig stehen die gelben Gewerkschaften und vaterländischen Arbeitervereine in dein bedenklichen Ruf, die Gunst aller.Gulgefinnten", aller Scharsmacher. Polizeibehörden und Staatsanwälte zu genießen. Die Christlich  -m weisen jede Gemein. schaft mit der Gesellschaft dieser bevo-zugten Staatsstützen weit von sich. Wir zweifeln aber nach den Begebenheiten im Wahlkreise des Herrn Schiffer, daß die Behörden den Gelben gewogener sein können, alZ   es die Polizei in Recklinghauscn dem christlichen Gewerkvercin ist. In dieser Beziehung müssen die Gelben vor den Schwarzen un- bedingt die Segel streichen. Wenn es übrigens noch elnc-Z Beweise» für die Mitschuld des Zentrums an de» Gesetzwidrigkeiten der Reckling- häufet Polizei bedurfte, dann wäre er geliefert durch den Umstand, daß die ultramontane Presse sich in völliges Schweigen gegenüber den Ungeheuerlichkeiten im Reiche des Zentrumsabge. ebneten Schiffer hüllr. Nichts von den skandalösen Begebenheiten polizeilicher Willkür, die der Prozeß in so reicher Fülle aufgedeckt he.t, kein Wort der Lerutteilung über die Art, tpie die Behörden in Recklinghapsen die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz achten. Nur die»Westdeutsche Volkszeitung". Johannes Fusangels Blatt, findet in einem halben Hundert Zeilen den Mut, der Polizei einige derbe Worte zu sagen. Auf die Einzel- heften geht indes auch dieses Blatt nicht ein, eS greift einen vor- hältnismäßiz harmlosen Vorfall aus dem polizeilichen Treiben heraus und bemerkt dazu: Die Polizei als Erzieherin zu politischer Gesinnungstüchtigkeit in dieser Rolle muß sie unter allen Umständen einen widerwärtigen Anblick ge- währen und es wäre wahrlich Zeit, daß fie fich endlich allent- halben über ihre fundamentalste Aufgabe, nämlich die Anstecht- erhaktung der Ordnung ohne Ansehen der Person, klar würde. In dem oben erivähnle» Prozeß hat leider der Staatoauwalt Ausführungen gemacht, die einfach daraus hinauslaufen: Jawohl, die Polizei soll und ivird ihre Befugnisse benutzen, um die Sozial« demokraten schlechter als andere Siam-bürger zu behandeln, und fie selbstverständlich im Rahmen der Gesetze zu schikanieren, wo immer»s geht I Da haben wir den P o l i z e i st a a t in seiner schlimm st en Gestalt; man kann die der Polizei eingeräumte Machtstellung nicht schwerer diskreditieren, als indem man sie so auslegt. Und dann redet man noch mit hoher Eni- rüstung darüber, daß die bösen Sozialdemokraten die gute Staats- ordnung nicht anerkennen wollten!" FnSangel und sein Platt gelten se't der letzten Reich-tagZwahl in ZentrumSkceisen nicht mehr für voll. Es ist bezeichnend, daß dieser halb verfemte Mann über den Recklinghauser Polizeiskandal noch ein Wort der Verurteilung findet, das auf politisches Rückgrat schließen läßt, während die gesiniwngstüchtige Zentrumspresse' in allen Tonarten schweigt._ poUti febe Qebcrficbt Berlin, den 27. Juni 1907. Faule Gründe. Nachdem die Kommission für Arbeiterstatistik die elenden Ver« Hältnisse in Bäckereien bloßgelegt hatte, entschloß sich bekanntlich endlich am 4. März 1393 der Bundesrat aus Grund des§ 120 e der Gewerbeordnung eine Verordnung für die Bäckereibetnebe zu erlassen, durch die abgesehen von den Ausnahmebestimmungen für Festzeiten die tägliche Arbeit, schicht der Echülfen ms 12 Stunden festgesetzt und zugleich bestimmt wurde, daß die Anzahl der Schichten für jeden Gehülfen in der Woche nicht mehr als sieben betragen dürfe. Die Verordnung war tu jeder Richtung unzulänglich; dennoch stieß sie bei den Bäckermeistern auf schärfste Opposition, die fich noch steigerte. als im Sommer 1900 die preußischen Ministeriell des Innern und des Handels einen Verordmmgsentwr s'.fstellten, der zur Ver­hütung der häufigen Schweinereien in den BäckereibeiriebOn getvisje Minimalanforderungen an die Einrichtung solcher Betriebe stellte. Seitdem hat es an Protesten gegen die Beschränkung»der Freiheit des Bäckerei betriebes  " nicht gefehlt. Auch der dieser Tage in Aachen   abgehaltene Verbandstag des Zweigverbandes Rheinland des Zentralverbandes deutsibsr BäckerinnungcnGermania  " hat sich wiedermal gegen die Bundesratsverordnung vom 4. März 1896 ausgesprochen und gleichzeittg gegen die geplante neu» Bäckereiverordnung folgenden lächerlichen Protest gefaßt: »Der Berbandstag erhebt ganz entschieden Protest gegen den Entwurf der in Aussicht stehenden neuen Bäckereiverordnung, ganz besonders aber gegen den 8 1, weil derselbe durch die in Aussicht genommene rückwirkende Kraft ans die bereits bestehende Bäckerei- betriebe eine schwere Schädigung des Eigentums bedeutet, wodurch acht Zehntel der Bückermeister, besonders in den Großstädten, nicht nur geschädigt, sondern zum größten Teil vollständig tu muri würden, weil in den meisten Häusern kein Raum vorhanden ish um zu ebener Erde eine Bäaerei anlegen zu können. Im weiteren würden die dann« och bestehenden Bäckereien so im Preise steigen, daß es wohl den Mietern und ganz be- sonders den nach Selbständigkeit strebenden Ge- seilen unmöglich sein dürfte,, die Mieten und Kosten aufzubringen. Soweit der Entwurf auf Reinlichkeit hinzielt, könnte fich die Versammlung wohl damit einverstanden erkläre«; weil diese« auch bis jetzt in jeder ordnungsmäßig geleiteten Bäckerei als selbstverständlich gilt, muß es aber als eine Schmach für das ganze Bäckergewerbe betrachten, daß ihnen dies noch in Gestalt einer Potizeiverordnung vorgeschrieben werden soll. Die Versammlung spricht der königlichen Regierung gegenüber die Hoffnung aus, daß, falls die Verordnung erlassen werden sollte, der§ 1 auf die bestehenden Bäckereibetriebe keine Anwendung finde. Sollte es trotzdem geschehen, so nlüsjen wir uns zur i-chützung unserer Existenz mW uusereS Eigentums   olle Rechte vorbehalten." Es ist in Anbettacht der wiederholt festgestellten llnfanberkeiten in vielen Bäckereibetrieben durchaus verständlich, daß die Herren von polizeilichen Reinlichkeitsvorschristen nicht? wissen wollen, wenn. eS auch nicht gerade taktisch klug genannt werden kann, daß sie offen eingestehen, die Sauberkeitsvorschriften seien nach ihren Begriffen eine größere Schmach als der Schmutz. Geradezu komisch wirst aber die im Protest enthaltene zarte Rücksichtnahme auf die»nach Selbständigkeit st rebenden Gesellen*. In dem jetzigen Berliner   Bäckerstteik wehren fich die Herren Bäckermeister krampfhast dagegen, dem Berlangen der Gehülfen nach etwas mehr Selbständig« keit, nach Abschaffung des heutigen WohnenS des Gesellen beim Meister, die geringsten Zugeständnisse zu machen; in dem Protest geben sie fich dagegen als ängstlich besorgt, daß ihren GehkUsen er­schwert werden könne, sich selbständig zu machen und Konlurrenz- betriebe zu eröffnen l Wenn die Herren nach Gründen suchen, ihre egmsttschen Motive zu bemänteln, dann sollten sie wenigstens nicht Gründe wählen, deren Einfältigkeit fofott auch dem Dümmsten ausstößt. DiePost" und der Peters-Prozeh. Die bekannte Sumpfblüte der deutschen   Presse, die von einel Anzahl Großindustrieller und Finanziers ausgehaltene KronSbemsche .Pyft" scheint anzunehmen, daß die Dreistigleit und Ab« leugnungStaktsk der Petert», Arendt und anderer gleich schöner Seelen im Münchener   GenchiSsaal sicheren Erfolg verbürgt, denn sie leistet sich bereits>» ihrer heuttgen Abendausgabe einen langen . D er Reinigungsprozeß in München  " übcrschriebenen Artikel, in welchem sie ihren.NattonalheroS" schon als den gerechtfertigten, unbefleckten Vertreter der höchsten moralischen und ftaatsmännischen Qualitäten des Deutsch­tums feiert. Das Blatt zapft natürlich zuerst den »Vorwärts" an. uns zwar diesmal, weil er fich bisher nicht, gleich anderen Blättern, voreilig übe- den Münchener   Prozeß geäußert hat. »Sonst pflegt er"(der..Vorwärts"), schreibt das ehrsame Organ mit der ihm eigenen Verlogenheit,»seinen Berichten über derar-.ge Gerichtsverhandlungen triumphierende Leitartikel vorauszuschicken, diesmal ist er wie auf den Mund geschlagen. Er beschränkt sich aus die Wiedergabe der Eerichisverhandlmigen. Gewiß. eS ist lobenswert, wenn derVorwärts" erst das Urteil des Gerichts abwarten will, aber sonst hat er eine solche Zurückhaltung nicht geübt." Danach sollte man annehmen, daß fich das Blatt mm selbst aller Beutteilung der Vorgänge int Münchener   Gerichiosaal ent- halten würde; denn, wenn es als die Pflicht des. Vorwärts" an« sieht, erst nach den: Urteil seine Meinung zu äußern, dann müßte es für sich selbst ebenfalls diese Pflicht auerkennen. Doch das ist keineswegs der Fall. In dem instinktiven Gefühl seiner geistigen und moralischen Minderwertigkeit stellt eS an den.Vor­wärts" einen weit höheren Maßstab als an sich selbst. Es fährt nämlich fott: »Noch schweben die Verhandlungen, noch ist das Utteil nicht gesprochen, und doch echebc» sich schon jetzt überall in der Presse Stimmen, toe'ijt die glänzende Rechtfertigung des Reichskommissars Dx. Peters ats feststehend an- sehen. Wenn wir uns auch in unserer Meinung», äußerung die Rerjerve auserleaen, welche der Umstand, daß von einer res juäisaiu in diesem Augenblicke noch nicht die Rede sein kann, bedingt, so hat der Verlauf deS Prozesses doch bereits soviele merkwürdige Erscheinungen gezeitigt, daß einige Worte darüber wohl angebracht find. Wir haben all den schweren Anklagen, die gegen den um unser Kolonialwesen so Hochverdieuten, von etnerMeiue