verursachte Wellen noch gefährdet, so daß fast regelmäßig dieFeuerwehr alarmiert wird, um das Wasser zu beseitigen. Dasncuerbaute Haus in der LaughanSstr. 146 wußte gegen Einsturzgefahr gestützt werden, da das Wasser sämtliche Kellerrämneunterspülte. Die Feuerwehr pumpte die ganze Nacht, umeinigermaßen die Gefahr zu beseitigen. Auch die Charlotten-burgerstraße und der vordere Teil der König- Chausseebilden große Seen, sehr zur Belustigung unserer Jugend. DerBretterbelag der Vorflutaräben gerät ins Schwimmen und dasHereinfallen von Erwachsenen in die Gruben ist nichts seltenes.Auch auf der König-Chaussee respektive Greifswaldcrstraße stocktdann der Straßenverkehr, da die an dieser Stelle befindliche Weicheüberschwemmt wird und von dem Fahrer beim besten Willen nichtgefunden werden kann, so daß man getrost warten muß, bis die Wasser-mengen zum größten Teil verschwunden sind. In der Greifswalder-straße befinden sich noch die alten Chausseegräben, in denen sich dieDurchlässe verstopfen, so daß das Wasser übertritt und so den Fuß-verkehr zwischen Ringbahn und Weißenseer Grenze abschließt. DerOberpräsident hat vor kurzem den Bescheid erteilt, daß die Greifs-walderstraße noch in diesem Jahre reguliert wird, und dann einerKalamität abgeholfen ist. aber ob es in Weißensee bei diesen Hu-ständen bleibt, muß noch abgewartet werden, bis die Neukanalisatrongeregelt ist, die trotz vielen Anstellungen von technischen Beamtengar langsam vor sich geht. Bis dahin wird noch viel Spott ge°trieben werden und viel Unaussprechliches zum Vorschein kommen.Pankow.BerkehrZsorge». Die Berliner Elektrische Straßenbahn- Aktien-Gesellschaft(Siemens u. Halske) hat mit den Gemeinden Pankowund Franz.-Buchholz einen Vertrag abgeschlossen, nach welchem dieLinie Berlin- Mittelstraße— Pankow bis zum Bahnhof Pankow-Heinersdorf und nach Franz.- Buchholz verlängert wird. Aus demVertrag ist hervorzuheben, daß die Gesellschaft den zurzeit ein-geführten S Minutenverkebr bis nach Pankow-Kirche auftecht erhaltenwill, bis zur Dameroivstraße und Franz.- Buchholz 10 Minuten-Verkehr. Der Fahrpreis ist innerhalb Pankows nur auf 10 Pf.festgesetzt, bis Frauz.-Buchholz 20 Pf., auch Teilstrecken. Als Gegen-leistung für die sofortige Durchleguug nach Franz.-Buchholz gewährtdiese Gemeinde der Gemeinde Pankow die Durchlegung einesKanalisationsdruckrohrs durch Franz.-Buchholz gegen eine An-erkennungSgebühr von 100 M. pro Jahr. Desgleichen wird gestattetdie Durchlegung eines Wasserleitungsdruckrohrs ohne Zahlung einerAnerkennungsgebühr, jedoch verpflichtet sich Pankow nach Fertig-stellung seines' neuen Wasserwerkes der Gemeinde Franz.-Buchholz Wasser aus diesem Druckrohr zu dem von den PankowerBürgern erhobenen Einheitspreise abzugeben. Die Legung undUnterhaltung der Wasserverteilungsrohre innerhalb Buchholz über-nimmt die Gemeinde Buchholz. Pankow übernimmt das Eigentumund die Unterhaltung desjenigen zurzeit von Franz.-Buchholz unter-haltenen Teiles der Prenzlauer Chaussee, welcher im GemeindebezirkPankow liegt, gegen Zahlung des entsprechenden Anteils derProvinzialabfindung. Die Anlage durch die Damerow-straße ist nur eine provisorische, da die projektierte Tracedurch den StiftSweg und Straße drei noch nicht angelegtund mit den Eigentümern noch keine endgültigen Abmachungengetroffen sind. Mit der Durchlegung der Bahn nachFranzösisch-Buchholz soll schon in den ersten Tagen desAugust begonnen werden, da der Betrieb schon am 1. Septembereröffnet werden soll. Die schon vorhandenen Schienen von Pankow-Heinersdorf nach Franz.-Buchholz, Welche Eigentum der GemeindeFrgnz.-Buchhplz sind, welche auch den Pferdebahnbetrieb ineigener Regie hatte, gehen gegen eine Pauschal-Abfindung in das Eigen-tum der Berliner Elektrischen Straßenbahn über.Nieder-Schffneweide.Ju der Generalversammlung des Wahlvereins erstattete der Vor-sitzende, Genosse B e n g s ch, den Vorstandsbericht. Danach fandenim letzten Quartal statt vier Vorstandssitzungen, zwei Vereins-Versammlungen und eine Generalversammlung. Den Bezirksführernwurde anheimgegeben, mehr für den Besuch der Versammlungen undZahlabende zu agitieren. Der Kassenbericht weist eine Eiimahmevon 129,04 M. und eine Ausgabe von IIS M. auf. Davon wurden86,63 M. an die Kreiskasse abgeführt. Die Zahl der„Vorwärts"-Leser stieg von 120 auf 134. Den Bericht von der Kreiö-General-Versammlung gab Genosse Elias. Zur nächsten KreiS-General-Versammlung wurden die Genossen Elias, Bengsch undBonnkowsky und zur Generalversammlung Groß-Bcrlins dieGenossen Mertern und EliaS gewählt. Beschlossen wurde, zurBeratung deS neuen Statuts einen Extrazahlabend nicht stattfindenzu lassen.Zehlendorf.Ein bedauerlicher Unglücksfall hat sich am Sonntag, wie nochnachträglich gemeldet wird, auf dem Schlachtensee zugetragen. Einjnnger Mann, der einzige Ernährer seiner Mutter, hatte mit einergrößeren Gesellschaft einen Kremserausflug nach der„Alten Fischer-Hütte" unternommen. Gegen 1 Uhr mietete er sich mit zwei Freundenein Boot und fuhr auf den Schlachtensee hinaus. Es wird nun er-zählt, daß der junge Mann dadurch, daß er das eine Ruder im Wasserhatte, während das andere darüber hinaus ragte, daS Gleichgewichtverlor und über Bord ins Wasser stürzte. Vernrutlich hat er. da ernicht wieder zum Vorschein kam, Herzschlag bekommen. Die Leicheist bis heute noch nicht gefunden.Reinickendorf.Durch eiurii eigenartige» Diebstahl ist die Tätigkeit der Sprengwagen in Reinickendorf behindert worden. Die Spitzbuben warenin der Nacht, zum Sonnabend auf den Depotplatz der Gemeinde inder Kopenhagenerstratze gedrungen und haben von sämtlichen Spreng-wagen die Biessingverschlüsse abgeschraubt.Außerdem stahlen sie von einem Wagen der PostVerwaltungeine Rolle Kupferdraht im Gewicht von 10 Kilogramm. Von dortwandten sich die Diebe nach der Markstraße, wo sie in dem HauseNr. 14 zwei große, dem Zigarrenhändler Axenick gehörige Zink-firmenschilder, die mit Schrauben an der Wand befestigt waren,stahlen.Grofi-Lichterfelde.Kein Anlaß. Der Eisenbahnminister hat in Sachendes Bahnüberganges am Bahnhof Groß-Lichter-f e l d e- O st dem dortigen Grundbesitzerverein nachstehenden Bescheidzukommen lassen:„Auf Ihre Eingaben vom 26. Mai und 10. Julierwidere ich, daß kein Anlaß vorliegt, den Ihnen auf Ihre Eingabevom 16. April von der königlichen Eisenbahndirektion in Berlin inmeinem Auftrage erteilten Beicheid abzuändern. Im übrigen ist diegenannte Behörö- von mir beauftragt, einen Entwurf für die Be-scitigung des Schienenüberganges der Wilhelmftratze auszuarbeiten.Dadurch soll aber der Entscheidung der Frage über eine angemesseneBeteiligung der Interessenten an den Kosten der Beseitigung desUeberganges, die dem Straßenverkehr jedenfalls in erheblichemMaße zugute kommen würde, in keiner Weise vorgegriffen werden.gez. Breitenbach."Hohen- Schönhausen.Die Gemeindevertretung beschloß in ihrer letzten Sitzung dieAusnahme ein Darlehns von 10000 M. Die Gutsverwalmng sollaufgefordert werden, binnen 14 Tagen acht Hydranten herzustellenzu der kontraktlich vorgeschriebenen Bedingung. Des weiteren wurdeeine Aenderung des OrtSstatutS beschlossen dahingehend, daß für dieAufbewahrung auswärtiger Leichen in der Leichenhalle außer dertäglichen Gebühr von 8 M. noch 10 M. für den Gebrauch desObduktionsraumes erhoben werden. Bezüglich der Unterschlagungendes früheren Gemeindeschreibers wurde aus dem Protokoll nachseinen Angaben festgestellt, daß er das Gehalt von 35 M. am Ende desMonats erhielt. Für die im Bureau verbrauchten Utensilien habeer das Geld anSiegen müssen, schließlich sei ihm daS Geld knappgeworden, weshalb er die erforderlichen Beträge der Gemeindekasseentnommen habe. Mit der Zeit habe er die Uebersicht verloren.Der Gemeindevorsteher habe sich um nichts ge-kümmert. Gemeindevertreter Kreutz und Genosse Thiele ver»urteilten scharf die Lässigleit des Gememdeborstehers. DeS weiterenwurde beschlossen, sich der Petition Tegels anzuschließen, Ivorin dieAusdehnung der Droschken-Fahrordnung auf entferntere Vororte ge-fordert wird. Zum Schluß teilte der Gemeindevorsteher mit, daß ervom Landrat gehörig gerüffelt worden sei, weil er sich mit demBeschluß der Gemeindevertretung, daß bei Neupflasterung der Berliner-straße die Bahngesellschast die elektrische Bahn bis zur Endstationzweigleisig ausbauen und nach der Mitte der Straße verlegen soll,einverstanden erklärt habe.Gemeinderat Eisernrann gab seiner Eirtrüstung darüber Ans-druck, daß der Landrat zugunsten einer Privatgesellschaft eingreife.Von der Gesellschaft, meinte Redner, haben wir uns einmal sangenlassen, aber schließlich bleiben wir nicht ewig Bauern.Spandau.Mit dem Lokalbohkott über daS Seibsche Lokal und unserenDarlegungen, in welchen wir die Rolle eines Polizeibeamten alsMittelsmann bei dem beabsichtigten Kaufe von LokalkommissionS-Mitgliedern kennzeichneten, beschäftigt sich auch das„SpandaucrTageblatt"; es schreibt unter anderm:„Jedenfalls ists Herrn Seitz nicht darum zu verdenken, wenner versucht, durch ein größeres pekuniäres Opfer, welches ihmals wohlhabender Mann nicht schwer fallen dürfte, den Boykottvon seinem Lokal los zu werden; das würde jeder andere ver-nünftige Mensch, der nicht als Rentier geboren, sondern ein Ge-schüft betreiben muß, auch tun. Daß als Mittelsmannein Polizeibcamter aufgetreten ist, muß befremden, da ein solcher nicht die hierzu geeignete Persönlichkeitist und es wäre doch wohl noch die Frage gewesen, ob der Kuh-Handel nicht zustande gekommen wäre, wenn die Mittelspersonsich nicht als Polizeibcamter entpuppt hätte. In Velten hat manja mit den boykottierten Bäckermeistern einen ähnlichen Handelabgeschlossen. Wir verstehen übrigens nicht, daß in diesem Falleseitens der zuständigen Behörden absolut nichts getan wird, dieSache müßte schon längst beigelegt sein. Was in Berlin indieser Beziehung zu machen geht, müßte auch hier in Spandaugehen und wir können uns der Ansicht der Königlichen Komman-dantur nicht anschließen. Die Königliche Kommandantur sagtin dem Schreiben an die hiesige Polizeiverwaltung, daß derBoykott zwar bedauerlich sei, daß sie aber von ihrem Prinzipnicht abweichen könne, weil die Verhältnisse hier in Spandauganz andere als in Berlin sind. Auch der Befürchtung, wennHerr Seitz einmal A gesagt, er auch B sagen würde, können wirnicht zustimmen, weil sowohl der alte Herr als wie der Sohnviel zu patriotische Männer sind, um aus ihrem prächtigen Lokaleinen sozialdemokratischen Tummelplatz zu machen. Hier hau-delt es sich lediglich um die Abhaltung größerer Versammlungenwährend der Wahlzeit, weiter wollen die Sozialdemokraten nichtsund das sollte man ruhig zugeben. Den Sozialdemokraten wirdeS nie und nimmer einfallen, ihren alten Widersacher— HerrnSeitz sen.— sonstwie zu unterstützen; außer den Versammlungen,welche die Sozialdemokraten des großen Saales wegen dort ab-halten würden, würde sich kein Genosse dort im Lokale sehenlassen, denn an Parteilokalen schit es den Sozialdemokratenhier nicht. Wie die Sache hier liegt, so haben wir die Befürchtung, daß, wenn die Königl. Kommandantur ihr Prinzip weiterverfolgt, das Seitzsche Lokal über kurz oder lang aufhören wird,ein Vergnügungslokal zu sein. Angenommen, die Sache bleibt,wie sie jetzt ist, dann verzinst sich das Anlagekapital nicht undHerr Seitz wird nicht so töricht sein, sich langsam zu verbluten;gibt Herr Seitz seinen Saal zu Versammlungen den Sozial-Demokraten frei, dann wird das Lokal von der Kommandanturfür das Militär verboten, von den Sozialdemokraten höchstensein oder zwei Mal zu Versammlungen benutzt, sonst wie diePest gemieden. Also auch in diesem Falle ist daS Fortbestehendes Lokals in Frage gestellt. In den„Andreassälen", in der„Neuen Welt" und vielen anderen großen Sälen in Berlin haltendie Sozialdemokraten heute ihre Versammlungen ab und amnächsten Tage feiert irgend eine Kompagnie den Geburtstag Sr.Majestät des Kaisers in demselben Lokal. Von der Versäum:-lung, die am Tage vorher in dem Lokal stattgefunden hat, istnichts mehr zu sehen und zu hören; ganz genau so würde esauch hier ui Spanoau fem.Daß das„Spandauer Tageblatt" heute nichts weiter dabeifindet, wenn das Seitzsche Lokal den Sozialdemokraten zur Ver-fügung gestellt wird, registrieren wir gern. Wir tun dies um solieber, als es noch gar nicht lange her ist, als dasselbe Blatt miteiner wahren Wut über die das Lokal boykottierenden Sozialdemo-kraten herfiel. Noch am 30. Juni sprach es davon, daß der Höhe-Punkt des Boykotts überschritten fei, während es heute zugibt,„daßsich das Anlagekapital nicht verzinst, wenn es so bleibt, wie esjetzt ist". Mit der Hilfeleistung durch den Reichsverband scheint esauch nicht weit her zu sein, wenn das„Tageblatt" zu der obigenFeststellung von dem Nichtvcrzinscn des Anlagekapitals und dergl.gelangen muß.Gern glauben wir es dem„Tageblatt", daß es eine sehr fataleSache ist, daß ein Polizeibcamter als Mittelsmann einen schänd-lichen Handel um die Gesinnung überzeugungstreuer Arbeiter in-szenierte und als solcher festgenagelt wurde.Im übrigen steht es für unsere Parteigenossen nach wie vorso: Wer uns seinen Saal zur Ausübung unserer staatsbürgerlichenRechte— und das Versammlungsrecht ist ein solches— verweigert, muß auch zusehen, daß die Arbeiter auch sonst sein Lokalmeiden. Das ist eine Ehrenpflicht der Arbeiterschaft. Sie wirdihre wirtschaftliche Macht gebrauchen, um mit ihr sich wenigstensdie Gleichberechtigung zu erkämpfen, die man freiwillig nicht zu-gesteht. Der Boykott über das Seitzsche Lokal wird erst dann auf-gehoben werden, wenn uns der Saal zu unseren Versammlungenzur Verfügung gestellt wird.Vermischtes.Der Geisterfpuk in Weichselbaum.Einen Fall graffesten Aberglaubens, den man am Anfang des20. Jahrhunderts kaum für möglich halten sollte, entrollte amSonnabend eine Verhandlung am Landgericht München I, die bis indie tiefe Nacht hinein dauerte und die bei Gericht und im Zuhörer-räum fortgesetzt stürmische Heiterkeit auslöste. Angeklagt eines fort-gesetzten Vergehens des Betrugs bezw. Beihülfe hierzu waren derehemalige Gntspächter Hieronymus Wolf, dessen Bruder, derBergmann Johann Wolf, deren Mutter, die 63jöhrige Schäfers-witwe Franziska Wolf und deren Nichte Franziska Wolf. DerTatbestand ist kurz folgender: Hieronymus Wolf hatte von denPrivatierseheleuten Schiehl in Olching deren Gut in Weichselbaumum den Pachtschilling von 1000 M. abgepachtet. Er blieb mit demPachtschilling im Rückstand, und da er fürchtete exmittiert zuwerden, kam er auf die originelle Idee den Gutshof zu ver-hexen. Zunächst hatten die Angeklagten in der ganzen Um-gebung das Gerücht verbreitet, daß im Gute böse Geister spukenund ein gar tolles Wesen treiben. Betten, Kleidungsstücke, Möbelnwurden herumgeworfen, die Eier verzaubert und das Vieh vomTeufel verhext. Damit sich die Nachbarn von der Wahrheit über-zeugen konnten, wurden sie vom Felde heimgeholt— als die„Geister"— nämlich die versteckt gehaltenen Mitangeklagten— ihr Unwesentrieben. Es wurde sofort Weihwasser angewendet, doch scheintes die bösen Geister nur aufgemuntert zu haben; wieder wurdenBetten, Geschirr und sonstige Gegenstände die Treppe herunter-geworfen, Türen wurden ausgehängt und weiter allerhand Spukgetrieben. Von all dem verständigte Wolf die vermögende Besitzerindes Gutes. Diese wollte den Erzählungen erst keinen Glaubenbeimessen und als eines Tages ihr Wolf mitteilte, daß die bösenGeister jetzt das Gut verlassen haben und sich dafür die„gutenGeister" eingestellt haben, wagte auch die Gutsbesitzerin einen Besuchin Weichselbaum. Die Frau kam und ließ sich überzeugen. DieGutsbesitzerin erfüllte von da ab ihre religiösen Pflichten blelhäufiger und pünktlicher als früher, sie wurde still, verschlossen,trübsinnig und weinte nach jedem Besuch in Weichselbaum; siewurde von religiösen Wahnvorstellungen gequält und geriet außerRand und Band, wenn ihr Erzählungen nicht geglaubt wurden.Einmal vernahm sie die Stimme ihres vor 10 Jahren im Alter von8 Jahren verstorbenen Kindes Edmund. Der Geist verlangteSchokolade und Schnaps und erzählte der horchenden Frauvon den Qualen der Hölle. Die Geister des heiligenFranziskus und Nikodemus predigten auf sie ein, sie möge g u t eWerke tun, wobei der Teufel immer unflätige Zwischenrufemachte. Dann ertönten wieder die Stimmen der Engel und dieGeister der verstorbenen Kinder der Gutsbesitzerin, verlangten vonder Mutter Spielzeug und Süßigkeiten. Die aber-gläubischc Frau gab mit vollen Händen. Insgesamt mag dieFrau an Bargeld und Wert ca. 2 0 0 0 M. gegeben haben. Damitwar dem Gntspächter aber nicht viel gedient, er erklärte, daß ervom Gute wegziehen werde, denn er habe kolossal viel Schadendurch den Spuk, der mindestens 3000 M. betrage. Vorher hatteder„Hausgeist" Edmund der Gutsbesitzerin gesagt, sie möge denGntspächter Wolf nicht wegtun, denn ein anderer Gutspächter würdevon den bösen Geistern verhext. Sie solle lieber von ihremHypothekenkapital von 00 000 M. eine größere Summe dem Wolfzedieren. Die„Geister", nämlich die Angeklagten Johann und diebeiden Franziska Wolf, spielten ihre Rolle so gut, daß sich dieFrau Schiehl tatsächlich bestimmen ließ, für den Gutspächter einnotarielles Schuldbekenntnis über 12 000 M. auszustellen, daS ersofort um 9000 M. verkaufte. Auch seine Eheftau, mit der derGutspächter in Unfrieden lebte, hatte er mit Hülfe der bösenGeister aus dem Hause gejagt.In der Verhandlung gaben die sämtlichen Beschuldigten an,daß der Geistcrspuk von ihnen nicht erfunden, sondern sich tatsächlichereignet habe. Sie erzählten dem Gerichte mit dem Anschein innererUeberzcugung grausige Geschichten. Es hausten 17 Teufel, die inWolfs Anwesenheit die Worte auf eine Marniortasel schrieben:Wir sind unsere 17 Besucher, sauber und nett, und heißen(esfolgen 17 Namen). Der das geschrieben hat, muß aber ein dummerTeufel gewesen sein, denn es ist ihm während des Schreibens derBleistift abgebrochen. Wolf erzählte weiter, daß Hühner zerrissenund die Eier verzaubert wurden(im Kasten der Franziskawurden über 100 Eier gefunden), seiner Frau wurden nachts dieHaare ausgerissen, ihre Kleider zerrissen und zerschnitten; einKind sei ihm im Schweinestall an die Wand genagelt und dannwieder aus die Eisenbahnschiene gesetzt worden. Die Milch seifortgesetzt von den bösen Geistern durch Schreibfedern, Nägeln undKot verunreinigt worden. Beim Ausbuttern habe die Milch nichtButter, sondern einen Haufen stinkenden Unrats ergeben.Einmal sei der Hausgeist Edmund erschienen und habe erzählt, daßer sich im Fegfeuer verheiratet habe, seine Frau aber ver-giftet habe, weshalb er zu 5 Jahren Zuchthaus und 15 JahrenHölle verurteilt worden sei. In der Hölle habe er die Schustereierlernt. Der Hausgeist sei öfter erschienen und habe in der Stubeschuhplattelt. Später ist der Hausgeist Edmund gekommenund hat erzählt, daß ihm 15 Jahre Hölle nachgelassenwurden, weil er den GutShof so treu bewache. Da er nun in denHimmel komme, brauche er neue weiße Hemden, damiter sich nicht zu schämen brauche. Daraufhin habe dieGutsbesitzerin Geld zu Hemdenstoff gebracht. Vors.: Bevor dieguten Geister kamen, sind die bösen Geister auf 6 Wochen fort.Erzählen Sie mal die Geschichte! Angckl.: Ja, sie haben gesagt.sie müssen von der Frau Schiehl Abschied nehmen, weil sie jetzt sehrviel zu tun haben und ans 6 Wochen zum Erdbeben nach SanFrancisco gehen müssen. Die Gutsbesitzerin hat ihnen dann einReisegeld gebracht.(Große Heiterkeit). Vors.: Einmal seidIhr zum Pfarrer nach Oberpfaffenhosen gegangen; erzählen Siediese Geschichte! Angekl.: Ja der Herr Pfarrer ist gekommenund dann haben die Teufel aber auch in seiner Anwesenheit ge-haust. Vors.: Ja, es wurden verschiedene Gegenstände vom erstenStockwerk ins Parterre geworfen und auf den Pfarrer eine Flüssig-keit geschüttet. Der Pfarrer ist dann die Treppe hinauf undhat gesagt: Ich mein allweil, der Geist ist die buckligeFranziska(die Angekl. Franziska W. hat einen Höcker.) DerPfarrer fand dann im ersten Stock einen Nachttopf, der nochnaß war.(Große Heiterkeit.) Auch die übrigen Angeklagten schilderndie vom Angckl. Hieronymus Wolf erzählten Gespenstergeschichten.Der Vorsitzende konstatiert, daß die Gutsbesitzerin inzwischen anGehirnerweichung verstorben ist. Das spät nachts gefällteUrteil lautet für Hieronymus Wolf auf 5 Jahre Zuchthaus,600 M. Geldstrafe oder weitere 40 Tage Zuchthaus und t?»-ifechreEhrverlust, für Johann Wolf und seiner Mutter Franziska Wolfauf 2 Jahre Gefängnis und 5 Jahre Ehrverlust, fürFranziska Wolf auf 1 Jahr 6 Monate Gefängnis.Gegen die letzten drei Angeklagten wurde Haftbefehl erlassen.In der Grube. Durch Stickgase auf Schacht 2 der Gewerkschaft„Deutscher Kaiser" bei Hamborn verunglückten gestern, nach der„Kölnischen Volkszeitung", drei Bergleute. Einer Rettungskolonnegelang eS. nur einen lebend zu bergen; die beiden anderen waren tot.Die schwarze, junge Garde in der Zuckerfabrik.Unser Mainzer Parteiblatt entnimmt der„Pfalz. Pr." folgen-den Bericht:«Die Konviktsgeistlichen machten mit den Zöglingen des-selben einen Ausflug von Speyer nach Waghäusel(Baden) zumBesuch der Wallsahrtskapelle. Später wurde ihnen in entgegen-kommender Weise auch die Besichtigung der ausgedehntenZuckerraffinerie gestattet. Alle Betriebe der Fabrik durften dieGäste in Augenschein nehmen, sowie die großen Lagerräume derFabrik, in denen der Zucker zum Versand kommt. Die hier auf-gestapelten verschiedenen Zuckersorten hatten für die jungen Gästeetwas Anziehendes und reizten die Begehrlichkeit, der sie nicht zuwiderstehen vermochten. Einer von ihnen machte den Anfang undließ mehrere Stücke der Süßigkeit in. den Taschen verschwinden.Dem Beispiel folgten dann noch 10, 20, 30, 40 und mehr Schüler,und eS war kaum ein Dutzend Schüler, die der Versuchung wider-standen. Daß sie sich dabei einen Diebstahl zu schulden kommenließen, ahnte zwar keiner der jungen Studierenden; sie warenvielmehr der Ansicht, bei solchen vor ihnen aufgetürmten Zucker-bergen komme es auf die wenigen Stücke nicht an. Es wäre auchalles gut gegangen, wenn der Ausgang der Fabrik nicht dagewesenwäre, wo Tag und Nacht der Wächter der Zollbehörde mit strengerPflicht seines Amtes waltet. Als die Gäste an dem Zollhause derFabrik vorbeidefilierten, sah der Wächter des Gesetzes über dieZuckersteuer, daß einem Schüler das corpus delicti in Gestalteines Stückes Zucker zu den Taschen herausschaute. Pflichtgemäßmußte er die Herren Geistlichen, die selbstredend keine Ahnungvon der Nascherei ihrer Zöglinge hatten, auf das bestehende Verbot,Zucker in der Fabrik sich anzueignen, aufmerksam machen. DieSchüler wurden nun aufgefordert, den von ihnen allenfalls ge»nommenen Zucker abzuliefern, was auch prompt befolgt wurde.DaS Resultat war ein überraschendes, denn es kamen im ganzen86 Pfund Zucker zur Ablieferung. Die Verlegenheit der HerrenKonvikt-Geistlichcn war kaum zu beschreiben. Sie baten um Ent-fchuldigung bei der Verwaltung, zumal diese erklärte, einen Straf-antrag nicht zu stellen. Tagegen hat die Zollverwaltung den Fallder vorgesetzten Steuerbehörde in Karlsruhe zur Anzeige ge-bracht...."Das hier von den Kindern verübte Vergehen gegen das Eigen-tum ist ja im Grunde genommen nichts anderes als ein Dummer-jungcnstreich, der wiederum einmal zeigt, daß selbst die straffiteJugenderziehung— und die herrscht jedenfalls im Konvikt— vorBubenstreichen nicht feit. Wenn so etwas bei Mitgliedern einersozialdemokratischen Jugendorganisation passiert wäre, dann hättees allerdings etwas anders ausgesehen; dann wäre die ganze kleri-kale Presse über un? hergefallen und hätte Zcter und Mordio ge-schrieen, und als die„Früchte sozialdemokratischer Jugenderziehung"iväre die ganze Affäre in aufgebauschter Form wiedergegebenWörden.