Mr. 304.
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Vorwärts
9. Jahrg.
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Redaktion: SW. 19, Benth- Straße 2.
Feiertagsruhe
Mittwoch, den 28. Dezember 1892. Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
geift triumphirte über die Kirche. Berlin durfte seine Zur Militärvorlage. Die offiziöse Presse droht Läden bis 10 Uhr Abends offen halten, andere Städte damit, daß, falls die Militärvorlage nicht bewilligt werde,
folgten nach, Hamburg und Bremen hatten schon vorher die Regierung es bei der dreijährigen Dienstzeit, wie bisher, ein leuchtendes Beispiel gegeben, im gemüthlichen, frommen belassen werde. Nur eine Erhöhung der Präsenzstärke in dent Sachsen ließen die Handelsherren ihre Kommis bis 9 Uhr Umfange, wie die Militärvorlage fie verlange, sei im stande Abends arbeiten, mit wenigen Ausnahmen das war die die Verschlechterung der Tüchtigkeit der Armee, wie fie Bethätigung des christlichen Sozialismus! die Folge der zweijährigen Dienstzeit wäre, aufzuzwiegen.
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im„ christlich- sozialen Staate. Daß die gewerbliche Sonntagsruhe in Preußen- Deutsch fand erst einziehen kann am 1. Januar 1894 oder noch beffer am 1. April jenes Jahres, das haben wir Alle fürzlich ohne jedes Erstaunen gehört. Auf dem Papiere Und nun wuchs der Appetit beim Essen. Nach dem Dieser Grund ist zu fadenscheinig, um zu wirken; es sei steht sie zwar bereits seit 1½ Jahren in der schönen neuen Gesetz sollten wenigstens der erste Weihnachts-, Oster- und denn, wenn man von vorne herein willens ist, der Regierung Gewerbe- Ordnung, die das Ergebniß der schönen kaiserlich- Pfingsttag völlig freie Tage für die Handlungsgehilfen in allen Stücken nachzugeben. Dann freilich ist einem jeder deutschen Reformbewegung vom Jahre 1890 war- aber sein, die drei einzigen im Jahre. Schon die Ausführungs- Grund, und wäre er noch so lächerlich, willkommen. Nicht in Kraft zu setzen vermag sie der christlich- soziale Staat bestimmungen huften jedoch zurück. Sie gestatteten auf die Macht der Gründe verließen sich die offiziösen sobald noch nicht, denn sie muß hübsch ruhig und sorgfältig einige Stunden des süßen Handels sogar am ersten Feier- Bertreter der Militärvorlage, sondern nur auf die Schwäche nach den Wünschen der Unternehmer zugeftugt werden, mit tage nicht blos für Milch- und Blumenläden, nein, auch und Feigheit der Majorität des Reichstages. Hiergegen andenen man allein und ausschließlich darüber verhandelt, für Zigarren- und Kolonialwaarenhandlungen, also die zukämpfen wird Sache der Wähler sein. Sie werden gut ben badischen Fabrikinspektor und Ministerialrath, einen Konfistation der einzigen wirklichen Feiertage für den ab- thun, die Ferienzeit dazu zu benußen, ihre Abgeordneten zur weißen Raben unter seinen Kollegen, vielleicht aus geradkerten Kolonialwaaren- Kommis mit seiner 15-17ftün- offenen Stellungnahme betreffs der Militärvorlage zu genommen. Mit diesem Wechsel auf weitere anderthalb digen Wochentagsarbeit! Gestatten hieß aber in diesem nöthigen. Besonders den Abgeordneten des Zentrums und Jahre erklärt der christlich- soziale Staat in Sachen der Falle soviel wie ermuntern. Die Amtsblätter der Orts, der nationalliberalen Partei gegenüber erscheint dieses induftriellen Sonntagsruhe den Arbeitern seinen sozial- Kreis- und Provinzialbehörden von ganz Deutschland wimmeln Mittel geboten. Nur so kann dem Schacherhandel der reformatorischen Bankrott. Sein„ positives soziales Chriften- in der Woche vor Weihnachten von Bekanntmachungen, die Parteien hinter den Koulissen ein Riegel vorgeschoben thum" ist nicht im stande, die elementarste Feiertagsruhe dem Krämerthum auch das letzte Stückchen christlicher Feier- werden. herzustellen. Aber wir brauchen nicht einmal auf die tagsruhe in derjenigen Zeit opfern, in welcher nach den Bahlungsunfähigkeit des Wechselkünstlers zu warten. Wir Vorschriften des Christenthums sich alles in höchster Das preußische Landtagswahlrecht, das denkbar erleben einen guten Theil des christlich- sozialen Bankrotts Frende abwenden soll vom Irdischen, und mit miserabelste", nach der Bezeichnung Bismarck's, soll torrigirt bereits jetzt, die Fronie des Schicksals will, daß sich der diesem Triumph werden Krämergeist und Profitsucht werden, aber in der Weise, daß es so miserabel bleibt, wie Konkurs schon in den Tagen vor dem christlichen Weih- in das neue Jahr hinübergehen, sicher, dort noch es ist. Das Dreiklassenwahlsystem soll beibehalten werden, nachten so deutlich wie möglich offenbarte: in der Beob- mehr von der kaufmännischen Sonntagsruhe abzubröckeln. nur soll die Dreitheilung erfolgen unter Zusammenrechnung achtung" der seit 1. Juli in Kraft gesetzten" kaufmänni- So sieht die Feiertagsruhe während der höchsten kirchlichen aller, auch der Kommunalabgaben, der Wähler. Dieses Schen Sonntagsruhe. Wahlrecht verstärkt vor allem die Priviligien der GutsWie salbungsvoll haben sie es uns in den Schulen ge- Selbstverständlich ist es nicht unser Beruf, die äußer befizer, denen alle Lasten, welche das Gut zu tragen hat, lehrt, wie inbrünstig verkünden sie es jetzt noch von den liche Frömmelei zur Einkehr zu mahuen; wir stellen nur als persönliche Abgaben in Anrechnung gebracht werden. Rauzeln, daß die heilige Adventszeit gemacht sei zur feft, wie das soziale Christenthum in der Praxis versagt, Die indirekten Steuern, welche auf der großen Masse des inneren Vorbereitung auf die hohe Festfreude des christlichen und wissen, daß die Arbeiter daraus lediglich eine Be- Bolkes lasten, rechnen nicht mit. Dieses Landtagswahlgeseh, Weihnachten. Vier Sonntage vor Weihnachten hat die Kirche, stätigung ihrer Stellungnahme zur Religion als Staats- wie es in Preußen gilt, verliert auch in der neuen Auflage mit der der christlich- soziale Staat allen Wettern der Zeit fache entnehmen werden. Das Schauspiel ist eben zu nichts von seiner bisherigen häßlichen Gestalt. Es hat nur Trotz bieten will, zu jener Vorbereitung bestimmt und klassisch, um nicht festgehalten zu werden: der christlich einen Vorzug, und zwar den, daß es das Gepräge wie hat er diese Sonntage vertheidigt vor dem Ansturm der soziale Staat, der seine höchsten Feiertage mit dem Lärm des Klassenstaates in vollster Deutlichkeit an sich Profitmacher und Krämer, denen nichts heilig ist! Theil der fapitalistischen Jagd nach Erwerb schändet. Er kann trägt.- weise hat er sie schon preisgegeben, im Geseze selber, das stolz auf diese würdig bestandene Probe sein. bestimmt, daß an den vier Sonntagen vor Weihnachten die Etlaven der Handelsherren bis zu zehn Stunden ins Joch gespannt werden dürfen. Nachträglich mag unseren christlichozialen Machthabern dieses Zugeständniß wohl selbst als zu
Festzeiten im christlich- sozialen Staate aus!
Kapitalistisches Weihnachtsgeschenk. Um die Weih nachtszeit, in welcher alle Bourgeoisblätter überlaufen von lauter Liebe und Wohlthun, da überkommt auch die kapitalistische Welt ein rührseliges Gefühl, und der fromme
blamabel erschienen ſein; in der bekannten Ausführungs. Politische Leberlicht. Fabrikant denkt, da die feſtſelige Stimmung die Arbeit doch
verordnung für Preußen bestimmten sie deshalb, daß die etwas verlangsamen könnte, den Arbeitern die WeihnachtsBeschäftigung an den Adventssonntagen wenigstens nicht tage gleich über Neujahr zu verlängern und diese Mußetage über 7 Uhr Abends ausgedehnt werden dürfe. Aber der zur Aufnahme der Inventur, zur Berechnung des Segens, chriftlich- soziale Staat hatte sich zu viel zugetraut. Die 1. Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Abzahlungs- der ihm aus der Ausbeutung der Arbeit entstanden, zu be Profitsucht der Krämer murrte am ersten Adventssonntag geschäfte; nutzen. Freilich, für die Arbeiter bedeutet dieses Festgeschenk über diesen„ frühen" Abendschluß, sie lärmte ain 2. Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Best i mzugleich den Fortfall des Verdienstes. Mitten im Winter, weiten laut gegen die behördliche Bestimmung, und sie mungen über den Wucher; in die Festfreudigkeit des Weihnachtens fällt die Trauertobte schließlich gegen die Fesseln", die man ihr 3. Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Begrün- botschaft, das bischen Freude, dessen der Aermste fähig ist, Gugelegt. Da war die Widerstandskraft des christlich- dung der Revision in bürgerlichen Rechts- mit faltem Reif ertödtend. Das ist ein Weihnachten, fozialen Staates erschöpft, er gab nach, und der Krämer- streitigkeiten. wie ihn kapitalistischer Geist den Arbeitern auferlegt.
Feuilleton.
Macbrua verboten.)
Bel- Ami.
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minnen sollte, tippte sie plötzlich zweimal leise auf den Kopf Sie aber betrachtete seine Weste mit der Aufmerksamkeit und unterbrach so den Redestrom seiner Freundin. Hör eines Polizisten und zog ein zweites Haar hervor, das um mal, Kätzchen. Ich hab einen Auftrag für Deinen Mann. einen Knopf gewickelt war. Nun fand sie ein drittes, Sag ihm, ich ließe ihm sagen, er solle morgen für zehn- wurde bleich, zitterte leise und rief:" Oh! Eine Frau hat tausend Franks marokkanische Rente kaufen, die augen- Dir ihre Haare um die Knöpfe gewickelt." blicklich auf 72 steht. Ich verspreche ihm, daß er vor Ab- Was Du nur denkst. Du bist verrückt... lauf dreier Monate sechszig bis achtzigtausend Franks stotterte er verwirrt. daran verdient. Empfiehl ihm aber gegen jedermann davon Roman von Guy de Maupassant . Blöglich ahnte er den Zusammenhang. zu schweigen. Ich ließe ihm sagen, daß die Expedition Sie suchte noch fort und fort nach Haaren, wickelte sie Sie hob den Kopf hoch, um mit ihm zu plaudern und nach Tanger beschlossene Sache wäre, und daß der fran- rasch ab und warf sie auf den Teppich. fagte mit vollem Munde: zösische Staat die Zinsgarantie für die marokkanische Ihr schlauer Fraueninstinkt traf das Richtige und Stell Dir vor, mein Herz, ich hab von Dir geträumt, Staatsschuld übernehmen würde. Laßt aber andere nichts zornig, wüthend, dem Weinen nahe stammelte fie:„ Sie Ich hab geträumt, wir machten beide eine große Heise auf davon wissen. Ich vertrau Dir ein Staatsgeheimniß liebt Dich die... Du solltest etwas von ihr haben... einem Kameel. Es hatte zwei Höcker, und wir saßen jeder damit au." Oh... Du schlechter Mensch. Du Verräther. auf einem und ritten durch die Wüste. Wir hatten be- Mit ernſtem Gesicht hatte sie zugehört. Ich danke Mit einem Male stieß sie einen Schrei aus, einen legtes Butterbrot in Papier mit und eine Flasche Wein Dir ", flüsterte sie." Noch heut Abend will ich's meinem schneidender Schrei nervöser Freude:„ Oh!... Oh! auch und ließen es uns auf unseren Höckern schmecken. Aber Mann sagen. Du kannst Dich ruhig auf ihn verlassen. Er es ist eine Alte!... hier ist ein weißes Haar!... Was! 3 gefiel mir nicht, weil wir uns nicht sehen konnten. Wir wird schweigen. Er ist ein sehr zuverlässiger Mensch. Es mit alten Frauen läßt Du Dich ein Dann brauchst waren so fern von einander und deshalb wollte ich ab- hat keine Gefahr." Du mich nicht... Behalt nur Deine Alte..." teigen." Doch sie hatte alle Kastanien verzehrt. Sie ballte die Sie war aufgesprungen, zum Kamin gelaufen und griff " Ich auch," fiel er ein. Düte zusammen und warf sie in den Kamin. Dann wandte nach ihrem Hut. Er lachte und amüsirte sich über die Geschichte, über sie sich wieder Georges zu. Dabei fiel ihr Auge zufällig Er wollte sie zurückhalten und stotterte beschämt auf seine Wefte und sie entdeckte ein Haar in einem Knopf loch. Sie zog es hervor und rief lachend:" Sieh doch, Du haft ein Haar von Madeleine mitgebracht. Was für ein trener Gatte Du bist."
bie Art, wie sie sprach, über die Kindereien, die sie vor brachte. Bei ihr fand er sie reizend, während er sie bei Frau Walter nicht auszuhalten vermochte.
Auch Klotilde nannte ihn:" Mein Herz, mein Käßchen, mein Kleiner." Aus ihrem Munde klangen ihm diese Worte üß und zärlich. Sprach aber die andere so, gerieth er sofort außer sich und empfand Etel. Denn die Liebesworte,
Dann aber wurde sie ernst, während sie das beinabe unsichtbare Fädchen in ihren Händen, das sie gefunden hatte, lange prüfte.
die immer dieselben bleiben, nehmen den Geschmack der Es ist nicht von Madeleine, sie hat braunes", Lippen an, die sie aussprechen. flüsterte sie. Aber während er sich über ihr Geschwätz beluftigte, Dann kommt es vermuthlich von der Rammerfrau her," er doch an die siebenzigtausend Frants, die er ge- lächelte er.
bachte
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"
heraus:„ Aber nicht doch... Glo!... nicht boch!... Du bist" dumm... ich weiß nicht, was Du hast hör doch... bleib doch... sieh doch... bleib doch... " Behalte nur Deine Alte!" wiederholte sie. Behalt sie... laß Dir einen Ring von ihren Haaren machen... Genug dazu hast Du
"
Mit raschen Bewegungen hatte sie den Hut aufgesetzt, ihr Haar geordnet und den Schleier umgebunden. Und als er fie zurückhalten wollte, schlug sie ihm mit aller Kraft eine Dhrfeige herunter. Betäubt blieb er stehen, sie aber öffnete die Thür und lief fort.