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c8, die Sozialdemokratie käme nach Essen, um das Hau? des Unter- nehmertmns zu besetzen, das Dach in Brand zu stecken, in ihrem eigenen Hause arge Verwüstungen anzurichten.(Heiter- teit.) Das ist eine durchaus falsche Auffassung, es fällt uns gar nicht ein, daL Dach dieses Industrie. Hauses in Brand zu stecken, eines Hauses, in das »vir ja einziehen wollen(Sehr gut!), eines Hauses, das wir uns erobern und das wir benutzen wollen, um für die Arbeiterklasse, für diejenigen, die es erbaut haben, bessere Verhältnisse zu schaffen.(Sehr gut!) Also nicht darum handelt es sich, dieses Haus in Brand zu steckcm nein, wir werden die Mittel, die uns zur Verfügung stehen, benutzen, um an Stelle dieser Zwingburg der Industrie Wohnstätten zu schaffen, in denen der Arbeiter als freier, gleichberechtigter und gleichgeach teter Mensch wohnt.(Lebhafter Beifall.) Die Aufgabe des Parteitages besteht auch darin, dem Industrie- feudaliSmus nach allen Richtungen hin entgegenzutreten, die Wir- kungcn dieses Jndustriefeudalismus au beleuchten, und vor allem dafür zu sorgen, daß für die Partei Vorteile geschaffen werden. Gerade aus den Kenntnissen, die sich die Genossen gelegentlich des Parteitages erwerben, soll die Agitation und Organisation um so stärker gefördert werden. Ich zweifle nicht daran, daß auch dieser Parteitag wie alle seine Vorgänger befruchtend für die Partei wirken wird; ich habe die Ueberzeugung, daß auch die Essener Woche ein Quell neuer Anregungen fem wird, um Nützliches für die Partei zu schaffen.«Beifall.) Wir haben auf diesem Parteitag eine Reihe wichtiger Aufgaben zu lösen, die neue Anregungen geben und neue Richtlinien ab- stecken werden für die Tätigkeit der Partei. Wir werden auch auf diesem Parteitag bemüht sein, unsere Verhandlungen in geistiger Brüderlichkeit zu führen, wir werden Beschlüsse fassen, die die Partei aufs neue stärken werden. Unsere Tagesordnung ist reich- haltig, sie wird aber davon bin ich überzeugt mit dem Ernst und mit der Gründlichkeit erledigt werden, wie die einzelnen Punkte es verdienen. Wir werden uns auch über die politische Situation im Reiche auszusprechen haben, und neben den Fragen, die auf der Tagesordnung stehen, wird auch noch eine allgemeine Frage erörtert werden, wenigstens wird aus unseren Verhandlungen sich die Notwendigkeit dazu ergeben eine für die Partei äußerst wichtige Frage, die preußische WahlrcchtSfrage. Das ist eine Frage, die nicht nur die Genossen in Preußen angeht, es ist eine Frage der gesamten deutschen Arbeiterklasse.(Sehr richtig!) Preußen bildet heute den Hort der Reaktion in Deutschland . Die preußischen Staatsbürger durch ein anderes Wahlrecht in die La�e zu bringen, daß auch die, die heute entrechtet sind, ein gewichtiges Wort im Landtage mitzusprechen haben, das ist eine Angelegenheit, die weit über die preußischen Grenzpfähle hinausgeht, eine Angelegenheit der gesamten deutschen Arbeiter, ja sogar der der Arbeiter der gesamten Welt.(Lebhafte Zustimmung.) Deshalb werden wir hier neben den Vorarbeiten, die der Parteivorstand in dieser Be- ziehung schon verrichtet hat, auch wieder die Mittel bestimmen, um eine machtvolle Demonstration und Agitation für das Wahl- recht in Preußen in die Wege zu leiten. Die Arbeiten hierfür werden die preußischen Genossen zu verrichten haben, aber sie können und dürfen hierbei die warme Unterstützung der Gesamt- Partei beanspruchen.(Sehr gut!) So wird denn dieser Parteitag ein reiches Arbeitsfeld bor- finden, und wir wollen hoffen, daß wir am Ende der Arbeit freudig zurückblicken können auf das, was wir geleistet haben. In der sicheren Ueberzeugung, daß auch dieser Parteitag die Organisation neu kräftigt und die Agitation vertieft und belebt, daß er die Propaganda für da? sozialdemokratische Endziel und für unser Programm weiter ausdehnt, möchte ich nunmehr namens der Parteileitung den Parteitag für eröffnet erklären. Ich bin fest davon überzeugt, daß jeder von uns sein Bestes für die Partei leisten wird.(Lebhafter Beifall.) Der Parteitag konstituiert sich. Zu Vorsitzenden werden gewählt: Singer und Gemoll- Essen. Singer dankt für das Vertrauen und verspricht gleichzeitig im Namen von Gemoll, die Geschäfte deS Parteitages sachlich zu führen.(Beifall.) Zu Schriftführern werden gewählt: Grunwald - Berlin , Blume- Hamburg, D o n a t i s- Königsberg, Stüh- m e i c r» Dortmund , S e e m a n n» Stuttgart , Klee fort-Lud- wigshafen, Zielowski- Frankfurt a. M., Klara Zetkin - Stuttgart , Riem- Dresden. In die Mandatsprüfungskommission werden ent- sandt: Wels-Berlin , S t u b b e- Hamburg. Hüttmann- Frankfurt a. M., K n i e r i e m- München, Vetterlein- Gera, Keil- Stuttgart. König- Dortmund. B e i m s- Magdeburg, Frau Baumann- Altona, E v c r s- Hildesheim. Die Mandatsprüfungskommission fungiert gleich- zeitig als B e s ch w e r d e k o m m i s s i o n. Ihr werden zunächst die Wiederaufnahmegesuche in die Partei zur Vorberatung über- geben. Di« vorgeschlagene Geschäftsordnung wird unverändert ge> nehmigt. Die vorgeschlagene Tagesordnung lautet: 1. Geschäftsbericht des Borstandes. a) Allgemeines. Berichterstatter: F. E b e r t. d) Kasse und Presse. Berichterstatter: A. Gerisch. c) Parteischule und Bildungsausschuß. Berichterstatter: H. Schulz. 2. Bericht der Kontrollkommission, Berichterstatter: A. Kaden. 8. Parlamentarischer Bericht. Berichterstatter: A. Südekum. 4. Bericht vom Internationalen Kongreß, Berichterstatter: P. Singer. S. Maifeier, Berichterstatter: R. Fischer. ö. Die letzten ReichStagSwahlen und die politische Lage, Bericht- erstatter: A. Bebel. 7. Die Alkoholfrage, Berichterstatter: E.Wurm. 8. Sonstige Anträge. g. Wahl des Parteivorstandes, der Kontrollkommission und des Ortes, an dem der nächste Parteitag stattfinden soll. Hierzu liegt auS einigen Wahlkreisen der Antrag(Nr. 2) vor, zu Punkt 7 einen zweiten Berichterstatter aus den Ver­tretern der A b st i n e n z b e w c g u n g zu ernennen. Giinther-KottbuS begründet diesen Antrag damit, daß es ge­boten sei, bei der für die Diskussionsredner beschränkten Redezeit auch die Anschauungen der Abstinenzler ausführlicher zu Worte kommen zu lassen. Singer: Wir sind der Meinung gewesen, daß eS eines Kor­referenten nicht bedarf, weil besondere Gegensätze in dieser Frage innerhalb der Partei nicht existieren dürften und die Ausfüh- rungen des Referenten, sowie die Resolution, welche vorgelegt werden wird, die Auffassung der Partei richtig wiedergeben werden.(Zustimmung.) Hortrr-Aachen bittet ebenfalls, den Antrag abzulehnen. ?>:r Antrag wird hierauf abgelehnt. Ferner wird von Nürnberg , Kiel und Breslau be- antragt(Antrag Nr. 1) auf die Tagesordnung das Wahlrecht in den Einzel st aaten zu setzen. Eisner: Unser Antrag entspricht der Stimmung der ganzen Partei, und die Begründung des Antrages ist bereits gegeben durch den beredten Mund unseres Vorsitzenden Singer, der mit Recht gejagt hat, daß die preußische Wahlrechtsfrage die politische Frage unserer Zeit überhaupt ist. Es wäre eine schwere Unterlassungs- sünde, wenn dieser Parteitag sich mit der WahlrcchtSfrage nicht be- schäftigen würde. Die Preußenkonferenz tritt erst Ende November zusammen. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß schon anfangs November der preußische Landtag eröffnet wird, und lvenn das geschieht, so geschieht es nur zu dem Zwecke, um einen Versuch zu machen, die Existenzberechtigung der Blockpolitik dadurch zu be- weisen, daß eine WahlrechtLresorin vom Fürsten Bülow angekündigt wird. Der preußische Parteitag käme dann zu spät. Ein anderer äußerer Grund ist noch wichtiger. Wenn nicht alle Zeichen trügen, finden die nächsten preußischen Landtagswahlen im nächsten Früh- iobr oder im Sommer statt. Es ist also dieser Parteitag der letzte, auf dem wir die ganze Frage der Wahltaktik zum preußischen Land- tage erörtern und wo wir feststellen können, ob der frühere Mainzer Beschluß geändert oder aufrechterhalten werden soll. Was aber das innere Moment der Berechtigung unseres Antrages betrifft, so würde man es zweifellos nicht verstehen, wenn an dieser Frage, die die ganze gegenwärtige politische Situation und die Blockpolitik betrifft, bei der die gesamte EntWickelung der deutschen Sozial- demokratie auf dem Spiele steht, der deutsche Parteitag vorüber- gehen würde. Bebel: Ich gebe zu, daß der Vorredner aus den Worten des Vorsitzenden schließen konnte, daß die Parteileitung Neigung be- säße, diesen Antrag zu akzeptieren. Ich mutz aber meinerseits er- klären, daß Ich Sie dringend bitte, den Antrag abzulehnen. Wenn der Vorredner gemeint hat, dieser Antrag sei aus der Stimmung der gesamten deutschen Partei geflossen, so hätte ihn die geringe Unterstützung, die der Antrag fand(Zuruf: 22 Stinimcn!) eines Besseren belehren sollen. Die Sachsen haben ihren Parteitag be- reitS gehabt, für Süddeutschland ist die Frage im großen und ganzen gelöst; das wirkliche Interesse konzentriert sich also allein auf Preußen. Man kann streiten, ob der Termin für den preußischen Parteitag zu spät festgesetzt ist, jedenfalls ist er fcstgc- setzt, und ich bitte Sie um alles in der Welt: weshalb sollen wir nun jetzt eine Debatte führen, die sich dort notwendigerweise wiederholen müßte.(Sehr wahr!) Dazu kommt, daß doch selbst- verständlich bei dem Referat und der Diskussion über die letzten Reichstagswahlen und die politische Lage die Frage der Block- Politik und die Frage deS preußischen Wahlrechts mit erörtert werden wird.(Sehr richtig!) Daß die Absicht bestehen soll, den Landtag im November einzuberufen, ist mir neu. Aber sollte die Frage auch wirklich akut werden, sie ist für uns spruchreif; wir können dann sofort in die Agitation eintreten. Daß der Mainzer Beschluß nicht in Frage gestellt ist, ist ganz selbstverständlich. Dar- über brauchen wir nicht zu debattieren. Ich bitte Sie also, den Antrag abzulehnen.(Bravo !) Damit schließt die Debatte; der Antrag wird mit großer Mehrheit abgelehnt. Die vorgeschlagene Tagesordnung wird unverändert angenommen. Die Zeit der Tagung des Parteitages wird wie üblich von S 1 und 37 Uhr festgesetzt. Damit sind die Arbeiten der Vorversammlung erledigt. Schluß Uhr. v» # Erster Verhandlungstag. Bormittagssitzung. Essen. 16. September. Den Vorsitz fuhrt Singer. Singer: Wir haben auch in diesem Jahr die Freude, einige Delegierte von Bruderparteien bei uns begrüßen zu können. Es sind aus Oesterreich die Genossen Ellenbogen und Kern, aus Böhmen der Genosse N e m e c delegiert. Ich heiße die Genossen im Namen des Parteitags herzlich willkommen. Wir haben in diefem Jahre besonderen Grund, uns über die Anwesenheit unserer österreichischen Genossen zu freuen, weil sie aus hartem Kampfe kommen, aus dem sie zu unserer großen Freude und Befriedigung als Sieger hervor- gegangen sind.(Bravo I) Wir alle wissen, daß das allgemeine. gleiche, direkte und geheime Wahlrecht in Oesterreich wesentlich der Tapferkeit und der Energie unserer österreichischen Genossen zu danken ist. Wir haben ihre Arbeit mit Stolz und Bewunderung verfolgt, und wir sind ihnen aufrichtig Dank schuldig, daß es ihnen nach der Eroberung des Wahlrechts gelungen ist. einen so glor- reichen Sieg zu erfechten, daß die sozialdemokratische Fraktion im österreichischen Reichstage heute die stärkste sozialdemokratische Fraktion aller Parlamente ist.(Beifall.) Das befriedigt uns außerordentlich, und dazu wünschen wir den österreichischen Ge> nassen von Herzen Glück. Wir wissen, daß sie wie bisher, so auch in Zukunft alles tun werden, nicht nur zur Befreiung der öfter- reichischen Proletarier, sondern daß von ihrer Arbeit das inter - nationale Proletariat aller Länder Vorteil haben wird. Zu dieser Arbeit den österreichischen Genossen Glück zu wünschen, macht mir namens des Parteitages aufrichtige Freude.(Lebhafter Beifall.) Nemcc- Prag überbringt die Grütze der tschechischen Sozialdemokratie. Bisher konnten wir auf Ihren Parteitagen nur Klagen und Ihnen trost. lose Berichte geben. Heute sind wir in der glücklichen Lage, Ihnen mitteilen zu können, daß wir von der Kampfesweise der größten sozialdemokratischen Partei gelernt haben, wir sind stark und kräftig geworden und haben einen großen Sieg errungen. 40 Jahre haben wir um das gleiche Recht gekämpft. 40 Jahre hat man uns verfolgt, niedergeschlagen, Arbeiterblut hat die Straßen gefärbt und nach 40 Jahren hat man endlich erkannt, daß das allgemeine Wahlrecht eine Staatsnotwendigkeit sei, und daß es vorteilhafter sei, den Arbeitern den Eintritt in den ReichSrat zu gewähren. Jetzt will die Regierung durch Sozialreform, durch ein Entgegen. kommen an die Arbeiter den Sozialdemokraten den Wind aus den Segeln nehmen. Wir haben die Herren gezwungen, sofort Farbe zu bekennen, ob eS ihnen mit ihrer Demokratie und Reform. freundlichkcit ernst sei. Und wir werden an diesen Kampf um das allgemeine Wahlrecht sofort einen neuen Kampf anschließen, den Kamps um das allgemeine Wahlrecht für die Landtage und die Kommunen. Wir hoffen, daß wir über kurz oder lang Ihnen auch über einen Sieg auf diesem Felde werden berichten können. (Bravo !) Ellenbogen-Wien : Die Parteivertretung der österreichischen Sozialdemokratie hat mir auch diesmal wieder den ehrenvollen Auftrag erteilt, sie bei dem deutschen Parteitage zu vertreten. Zunächst danke ich für die freundliche Begrüßung, die den österreichischen Genossen h,er zu- teil geworden ist. Sie erinnern sich vielleicht, daß ich Ihnen vor zwei Jahren in Jena mitgeteilt habe, daß unser Ministerpräsideift von dazumal wir haben seitdem 4 gehabt das allgemeine Wahlrecht für Oesterreich für unmöglich erklärt hat. Ich habe dem Ministerpräsidenten damals einige Drohworte zugerufen und ihm den Kampf unserer Partei angekündigt. Vielleicht haben einige von Ihnen meine damaligen Worte als eine eitle Prahlerei angesehen. Heute aber kehren wir hierher zurück, nicht nur mit dem allgemeinen Wahlrecht in Händen, sondern auch mit 87 Man- baten.(Bravo !) Wir haben innerhalb der 2 Jahre zwei gewaltige Siege erfochten, die oberste Forderung der österreichischen Prole- tarier ist erfüllt, und außerdem haben wir einen ungeheuren Wahlsieg errungen. Wenn wir auf den Kampf zurückblicken, dann dürfen wir das eine von uns sagen, daß, wenn auch die Verhält- nisse sehr günstig für uns lagen, wenn auch der österreichische Staat in einer verzweifelten Situation war, wenn die öfter- reichische Regierung auch schwach gewesen ist und daS österreichische Parlament verfahren war, wenn wir die stärkste Unterstützung durch die russische Revolution erfahren haben, eS doch unsere vorsichtige und kluge Taktik gewesen ist, die uns in letzter Linie das Wahlrecht erobert hat. Man kann vom Glück auch erdrückt werden und eS ungenützt an sich vorübergehen lassen, auch eine Partei kann den Hans im Glück" spielen und im Glück ungeschickt sein. Wir haben uns von dieser Ungeschicklichkeit frei zu halten gewußt. Wir haben unS im richtigen Äugenblick an die Oberfläche gebracht, wir haben aber auch, wenn eS notwendig war, unsere politische und ökonomische Macht zu verbergen verstanden und sie zu Uer- schlciern gesucht. Erst neulich begegnete mir einer der Führer des Großgrundbesitzes, der unglücklicherweise durch das allgemeine Wahlrecht seine politische Karriere beenden mußte, sie hat im Herrenhause ein Begräbnis erster Klasse gefunden.(Heiterkeit.) Dieser Herr sagte zu mir im Tone des schmerzlichsten Vorwurfs: Als wir im Sommer daS allgemeine Wahlrecht machen sollten und wir Sie fragten, wie viel Mandate Sie zu bekommen glaubten, da haben Sie uns gesagt: höchstens 25 bis 80. Ich antwortete ihm: Ja, Exzellenz, wenn Sie uns das geglaubt liaben, dann sind Sie halt ein schlechter Politiker.(Heiterkeit.) Wir haben vor- sichtig und zurückhaltend mit unserer Kraft operiert und haben nach dem Lassalleschen Grundsatz in dem entscheidenden Moment alles auf eine Karte gesetzt, im gegebenen Augenblick aber auch so getan, als ob wir gar nicht auf dieser Welt wären. Der Er- folg war auf unserer Seite. 1001 haben wir nach außen eine große Niederlage erlitten, wir haben damals von den 14 Man- datcn, die wir hatten, 4 verloren. Da jubelte die ganze� öfter- reichische Bourgeoisie, daß in Oesterreich kein Boden für die Sozial- demokratie sei. Die Antwort darauf war die Eroberung dbs Wahlrechts und die Erringung von 87 Mandaten. Daraus geht hervor, daß Wahterfolge für die Sozialdemokratie immer vön Bedeutung sind, daß aber Wahlniederlagen für die Sozialdcmo- kratie gar nichts bedeuten, höchstens daß sie einen Anreiz geÖen, um so eifriger neue Eroberungen zu machen. Die Moral aus der Geschichte zu ziehen, überlasse ich Jhncr� Ich beschränke mich auf diese wenigen Worte und auf die fröhliche Konstatierung, daß trotz aller unliebsamen Zwischenfälle es auf allen Linien bei uns in Oesterreich und auch hier in Deutschland unentwegt vorwärts geht. (Beifall.) Singer teilt mit, daß eine Reihe Begrüßungsschreiben eingc- gangen sind, darunter ein besonders herzliches von Leßner aus London . Er spricht den Wunsch aus, daß es dem alten Veteranen Leßner noch rechr oft vergönnt sein möge, den Parteitag zu be- grüßen.(Beifall.) Außer den Anträgen auf Wiederaufnahme in die Partei wer- den auf Vorschlag von Singer auch die Beschwerden gegen die Be- schlüsse der Kontrollkommission der MandatSprüfungskommission zur Vorbcratung überwiesen. Ter Parteitag tritt in die Tagesordnung ein und nimmt zu- nächst den Geschäftsbericht des Vorstandes entgegen. Von den hierzu vorliegenden Anträgen soll Antrag 32(Nach- richtenbureau) gesondert behandelt werden; er wird genügend unterstützt. Weiter werden unterstützt die zum allgemeinen Bericht gestellten Anträge 14. IS, IS, 17. 76, 85, Antrag 18, der sich ans die Kasse und Presse bezieht, und die Anträge 40 und 83, die die Parteischule und den BildungSausschuß betreffen. Den allgemeinen Teil deS Berichtes erstattet F. Ebert: Dem Beschluß des Mannheimer Parteitages, der Partcipresse die Matern des GeschäftSberichlS sowie des Berichts deS Bildungs- ausschusscs, der Vertrauensperson der Genossinnen Deutschlands und der ReichStagsfraktion, zu überlassen, ist der Parteivorstand nachgekommen. ES haben 20 Parteiblättcr davon Gebrauch gc- macht, ich kann mich daher auf einige Ergänzungen zum Bericht beschränken. Es ist früher mehrfach Auskunft über den schriftlichen Verkehr des ParteivorstandcS mit den Genossen gewünscht worden. Ich kann mitteilen, daß die schriftlichen Eingänge 6033 betrugen, die Ausgänge 745S. WaS die Stärke unserer Organisationen anlangt, so ist die Erwartung, die Genosse Gerisch auf dem vor- jährigen Parteitag aussprach, daß die Zahl der organisierten Parteigenossen in diesem Jahre eine halbe Million erreichen würde, erfreulicherweise noch übertroffen worden; wir zählen heute 530 46S organisierte Parteigenossen, dazu kommen aus den beiden Mecklenburg , wo türkische Rechtsverhältnisse herrschen, und aus Schaumburg-Lippe 3300 Parteigenossen, die der Verpflichtung auf Grund des K 1 unseres Statuts nachkommen und deshalb als Parteigenossen zu betrachten sind. Die Gesamtzahl der Mitglieder der Partei beträgt also 533 7S0, das sind 16,4 Proz. der für uns abgegebenen Stimmen. Im vergangenen Jahre war dies Vcr- hältniS 12,7 Proz. Bei Betrachtung des OrganisationSverhält- nisscS der einzelnen Agitationsbezirke muß man die weiblichen Mitglieder ausschließen, weil sonst die Bezirke, wo die Frauen politisch rechtlos sind, benachteiligt würden. Im übrigen ergibt sich folgendes Bild: An der Spitze aller Agitationsbezirke steht Leipzig , wo die Zahl der Organisierten 26,4 Proz. der für uns abgegebenen Stimmen betrögt. ES folgt Bremen mit 26,3 Proz., Hamburg mit 26,2 Proz., Lübeck mit 25,6 Proz., Schleöwig-Holstein mir 24,8, Hessen mit 22,3, Jena mit 21,2, Pfalz mit 20,7, Oldenburg mit 26,3, Groß-Berlin mit 13,0(Hört! hört!), Dresden mit 18,6, Hannover mit 18,4, Sachsen-Meiningen mit 16,3, Braunschwcig mit 15,6, Breslau mit 15,5, Baden mit 14.4, Württemberg mit 14,4, Bielefeld mit 14,3, Frankfurt a. M. mit 14,1, Chemnitz mir 13,9, Köln mit 13,7, Halle mit 13,6, Erfurt mit 13,4, Anhalt mit 13,4, Tortmund mit 13,3, Brandenburg mit 13,3, Weimar mit 13. Magdeburg mit 12,5, Süd-Bayern mit 12,2, Obcr-Langcnbielau mit 11,7, Elberfeld mit 11,1, Zwickau mit 10,6, Görlitz mit 10, Kassel und Pommern mit 9.9, Ostpreußen mit 8,8, Mecklenburg mit 6,5, Saargebiet mit 5,7, Westpreußen mit 4,5, Kattowitz mit 3,9, Posen mit 3,8 und Elsaß-Lothringen mit 3,8 Proz. In 7 Wahlkreisen hat das Verhältnis der Mitgliederzahl zur Zahl der abgegebenen Stimmen 30 Proz. überstiegen; es betrug in Pinncbcrg-Segeberg 36,1 Proz., in Lffenbach a. M. 34,9, in Nürnberg 32,8, in Hannovcr-Linden 32, in Bremen 31,9, in Leipzig -Land 31,4, in Friedcberg-Büsingen 30,1 Proz. Was die Mitgliederzahl der Wahlkreise anlangt, die ja sehr verschieden ist. so haben wir 50 KreiSorganisationcn. wo die Mitgliederzahl unter 100 bleibt; 88 Kreis- mit 100500 Mitgliedern, 46 Kreise mit 500 1000 Mitgliedern, 49 Kreise mit 1000 2000 Mitgliedern. 29 Kreise mit 20003000 Mitgliedern, 12 Kreise mit 3000 4000 Mitgliedern, 6 Kreise mit 4000 5000 Mitgliedern, 4 Kreise mit 50006000 Mitgliedern. 6 Kreise mit 60007000 Mitgliedern. 3 Kreise mit 7000 8000 Mitgliedern, 2 Kreise mit 80009000 Mitgliedern, 3 Kreise mit 9000 10 000 Mitgliedern. lieber 10 000 Mitglieder haben 7 Wahlkreise, und zwar steht an der Spitze Berlin VI mit 21500 Mitgliedern. Es folgen Leipzig -Land mit 20 711 Mitgliedern, Teltow-BeeSkow-Charloitenburg mit 20 425 Mitgliedern, Berlin kV mit 18 813 Mitgliedern, Ham. bürg III mit 17 898 Mitgliedern. HannoverLinden mit 11571 Mit gliedern, Nürnberg mit 11 500 Mitgliedern. In der bürgerlichen Presse ist der Einwand erhoben worden, daß die Zahl unserer OrganisationLmitglieder zur Zahl der abgc- aebcnen Stimmen für uns immer noch in einem recht schlechten Verhältnisse stehen. Es wird auch von uns niemand bestreiten, daß eS nach der Richtung hin noch bedeutend besser werden mutz. Andererseits aber glaube ich sagen zu können, daß dieses Verhältnis bei uns den bürgerlichen Parteien gegenüber das weitaus bessere ist.(Sehr richtig!) Die bürgerlichen Parteien sollten doch einmal erklären, wie eS in dieser Hinsicht bei ihnen aussieht.(Sehr richtig.) Dabei kommt in Betracht, daß unsere Parteigenossen durchweg wirtsck>aftlich abhängig und infolgedessen vielfach gar nicht in der Lage sind, Mitglieder unserer Organisation zu werden, wenn sie ihre Existenz nicht aufs Spiel setzen wollen, insbesondere da, wo die Mitgliederlisten unserer Organisation der Behörde eingereicht werden müssen. Ist doch erst kürzlich in einer Braunschwcigcr Zeitung mitgeteilt worden, daß aus der seitens der herzoglichen Staatsbehörde mitgeteilten Liste sich ergeben habe, daß 4 Mit- glicder des Krieger- und Landwehrvereins in Heimburg auch dem sozialdemokratischen Verein angehören.(Hört! hört!) In Stade hat der KriegcrvereinSvorstand kürzlich einem Genossen mitgeteilt, daß er nach der von der Polizei gemachten Anzeige einem sozial- demokratischen Verein angehöre, solche Mitglieder könnten aber nach dem Statut im Kricgervcrein nicht geduldet werden. DieGreizcr Zeitung" hat kürzlich die Mitgliederliste unserer Organisation, die bei der Behörde eingereicht war, einer eingehenden Besprechung unterzogen, sie kann die Information nur von der Behörde er- halten haben. Die Kreiszeitung des Kreises Essen hat kürzlich mit- geteilt, daß in Rotthausen und Borbeck bei ncuaufgenommcncn Mitgliedern unserer Organisation die Polizei erschienen sei, um ihre Personalien aufzunehmen.(Hört! hört!) Diese wenigen Tatsachen, die man vielfach vermehren könnte, genügen, um uns klar zu machen, daß diese beschimpfende vcreinsgesetzliche Be- stimmung, wonach die Mitgliederlisten unserer Organisation ei»- zureichen sind, der behördlichen Willtür Tür und Tor öffnet und eS vielen Parteigenossen erschwert, Mitglieder der Organisation zu werden. Das wird auch dadurch bestätigt, daß an unsere Kreis- organifationen über 11 000 Parteigenossen zwar regelmäßig Gelder für die Partei zahlen, aber nicht Mitglieder der Parteiorganisation