richtung, einen Wert von 70l)00<1 M. Der WirtschaftSbelrieb wirdin eigener Regie geführt. In dem vierstöckigen Vordergebäudesind im Parterre die Restaurationsräume und drei Läden; in derersten Etage sind zwei Versammlungsräume sür IM) und 100 Personen. die Redaktion des„Volksblattes", die Bureaus der Gcwerk-schaften und das Parteisekretariat untergebracht. Die zweite Etagebirgt in der einen Hälfte ein weiteres Bersammlungszimmer fürISO Personen, das Restaurations- und Lesezimmer sür dieHerbcrgsgäste und deren Schlafräume, in denen 00 Betten zurAufstellung gelangen sollen. Die andere Hälfte der dritten Etagesowie die vierte und ein Seitenflügel enthalten einige Hotelzimmerund etwa 15 Familienwohnungen. Den linken Seitenflügel bildetder große 1200 Personen fassende Saal, den rechten das Druckerei-gebäude. Zwischen beiden Flügeln liegt die 130 Quadratmetergroße Turnhalle. Der Bau sowohl wie hie Einrichtung sind zwerf-entsprechend.Möge sich die Arbeiterbewegung Kassels im neuen Heim kräftigweiterentwickeln.Pom Fortschritt der Presse. In einer Agitationsauflage vonje 00 000 Exemplaren sind seit dem 26. Oktober die ersten Nummernder„Arbeiterzeitung*, des neuen Tageblatts für den Wahl-kreis Essen, erschienen. Die Nr.. 1 brachte ein kräftiges Geleit-gedicht des Bergarbeiter-Poeten Genossen H. Kämpchen. Vomheutigen Tage an wird das neue Organ in der Auflage erscheinen,die sich durch die Zahl der Abonnements ergibt; möge sie eine rechthohe sein,In Heilbronn haben die� Genossen eine Produktivgenossenschaft, Vereinsdruckerei Heilbronn gegründet. Auf Geschäfts-anteile a 10 M., die in Raten zahlbar sind, wurden in kurzer Zeitüber 15 000 M. gezeichnet. Im Frühjahr 1908 soll bereits das zweitewürttembergische Parteiblatt erscheinen.Bassermmmscher Tratsch. In der„Schwäb. Tagwacht* erschiendieser Tage eine Erklärung dcS Genossen Bebel, die an die Adressedes Herrn Bassermann gerichtet ist. Sie- beginnt:„Von einemAugen- und Ohrenzeugen der Herbstwänderversammlung derDeutschen Partei in Eßlingen wird mir mitgeteilt. Herr Basiermannhabe in jener Versammlung die Aentzerung gemacht:„ES ist unS mitgeteilt worden, daß Angnst Bebel sofort nachden Wahlen gesagt haben soll, sein Lebenszweck sei zerstört, undjetzt ist er voller Optimismus.*Herr Bassermann ist das Opfer eine? TratscheS geworden. Ichhabe nie, weder mündlich noch schriftlich eine solche oder ähnlichauszulegende Acußerung gemacht, aus dem einfachen Grunde nicht,weil sie meinen Uebcrzcugungen lviderspricht."Die„hochverrSterische" Broschüre. Genosse Leopoldt in Zeitz er»hielt folgende Zuschrift:Leipzig, den 22. Oktober 1907.Der OberreichSanwakt.0. 3. 07.D. L. 1902.In der Strafsache gegen den Rechtsanwalt Dr. Karl Lieb»knecht wegen Vorbereitung eines hochverräterischen UnternehmensWerden Sie hierdurch um Mitteilung binnen acht Tagen ersucht,ob Sie auf Rückgabe der dort beschlagnahmten zwei Exemplareder Druckschrift„Militarismus und Antimilitarismus", die vorherim vollen Umfange unbrauchbar zu machon sind, verzichten.Olöhausen.Fast mutet die Zuschrift, so meint da?„Volksblatt fürHalle", wie ein Scherz an. wenn man nicht wüßte, daß derOberreichsanwalt keine Scherze macht. WaS sollen denn dem GenossenLeopoldt noch die zwei Exemplare nütze», wenn sie vorher„im vollenUmfange unbrauchbar", also durch Schwärze unleserlich gemacht sind.Immerhin aber hat Genosse Leopoldt um Zurückgabe des unbrauchbar gemachten einen Exemplars ersucht, um es als Kuriosität auf-zubewahren, zugleich aber auch um Riickgahe des zweiten nichtunbrauchbar gemachte» Exemplars, das er inseiner Wohnung zum eigenen Gebranch hatte.Jedenfalls wird dasselbe verabfolgt, da sich ja die Beschlagnahmelaut Urteil nur auf die Broschüren erstreckt, die zum Verkauf aus-gestellt waren.Beitragserhöhung. Die Kreiskonferenz des Wahlkreises Schlett-sta d t sElsaß-Lothringen) erhöhte den MonatSbcitrag von 20 auf30 Pf.Unsere Toten. In Meißen starb der 73 Jahre alte GenossePantoffelmacher Hermann Kirsten. Seit der Mitte der 70er Jahrehat er treu für die Partei gearbeitet, insbesondere hat er ihr auchunter dem Sozialistengesetz tapfer gedient.Sozialdemokraten als Geschworene. Genosse B ö h l c. Reichstags-abgeordneter für Straßburg, Stadt, ist für die nächste Schwur-gerichissession am Landgericht Siraßburg als Geschworener berufenworden.polizcUidue» Gericbtilchea üb».Sachsen wie Preußen. Das Leipziger Arbeiter»B i l d u» g s i n st i t n t macht folgendes bekannt:„Der Genosse Dr. P a n n e k o e k hat sich zu seinem Bedauernaus polizeilichen Gründen gezwungen gesehen, auf den demLeipziger Arbeiter-BilduNgsiustiUil zugesagten Vortragszyklus überhistorischen Materialismus zu verzichten....*Das war zu erwarten. Sachsen wird sich doch von Preußen inder Reaktion nicht übertreffen laffcn!Strafkonto der Presse. Genosse Metze vom„NorddeutschenVolksblatt* zu Bant verließ dieser Tage das Gefängnis.TagS darauf schon stand er wieder vor Gericht. Der VarelerMagistrat fühlte sich durch einen Schöffengerichtsbericht beleidigt, indem Vareler Verhältnisse kritisiert wurden. Genosse Metze soll des-halb 500 M. Geldstrafe zahlen.Zu drei Wochen Gefängnis wurde Genosse L i n x»Weiler vom Hannoverschen„V o l k s w i l l e n* verurteilt, weil der„Volkswille* aufgefordert halte, nur bei Bäckenneisten, zu kaufen,die ihre Zusage, die Forderungen der Gesellen zu ersiillen, nicht ge-brechen halten. Die Staatsanwaltschaft sah darin einen Verstoßgegen den§ 153 der Gewerbeordnung. Das Schöffengericht sprachunseren Genossen frei, die Strafkammer aber verurteilte ihn.Die Presse vor der RevistonSinstanz. Genosse Robert Albertvon der BreSlauer„Volkswacht* war am 14. Mai wegenangeblicher Beleidigung von Grubeiibcamteii zu drei WochenGefängnis verurteilt worden. Am Mittwoch verwarf dasReichsgericht die Revision, obgleich ein mit beleidigter Bcrgrat als-»Sachverständiger vernommen worden war.Ämtliqe Betätigung ver Blockpolitir.Der Schöneberger Wahlkampf hat ein sehr kntcr-essantes Intermezzo gezeitigt. In diesem Wahlkampf hatnämlich der R e i ch s v e r b a n d zur Bekämpfung der Sozialdemo-kratie eingegriffen und unter dem Namen eines„VereinigtenBürgerlichen Wahlausschusses" eine Koalition zwischen Zentrum.Konservativen, Hausagrariern und Antisemiten hergestellt. Derbekannte Agent des Lügenverbandes, Sommerburg, besorgtin der berüchtigten Weise des RcichsverbandeS die Geschäfte.Außer den Sozialdemokraten richtet sich der Kampf auch gegen dieLiberalen. In einer liberalen Wahlversammlung, die letztenMontag stattfand, richtete nun der liberale StadtverordneteDr. Voßberg folgende Anfrage an diesen Sommerburg:„Ist es wahr, daß der Polizeipräsident, HerrGraf v. Westarp auf Ersuchen des Vereinigtenbürgerlichen Wahlausschusses für diesen zuagitatorischen Zwecken ein Verzeichnis aller katho-lisch en Bürger Schönebergs hat herstellenlassen?"Sommerburg blieb die Antwort schuldig. Die Mitteilung scheintalso wahr zu sein.Der Polizeipräsident scheint danach ein Schüler des FürstenBülow zu sein, der in Wahlkünsten seinen Meister noch übertroffenhat. Wenn diese Mitteilung wirklich wahr ist, so hat der Polizei-Präsident die Kenntnisse, die ihm amtlich geworden sind, einerPartei für agitatorische Zwecke zur Verfügung gestellt.hatdieArbeitSzeit feinerBeamten dazu benützt,um sie auf Grund seines amtlichen Befehls zuWahlhelfern einer Partei zu machen. Das wäreein offenkundiger Fall von Mißbrauchs derAmtsgewalt. Wir sind jedenfalls auf die dringend notwendigeamtliche Aufklärung sehr neugierig.Ter Fall ist auch ein lehrreicher Beitrag zur Blockpolitik. Diemandatslüsterncn Leiter der freisinnigen Volkspartei sind ja auchdeshalb so begeisterte Anhänger des Blocks, weil sie auf die amtlicheNeutralität bei den nächsten preußischen Landtagswahlen hoffen.Aber wenn schon ein Polizeipräsident in der nächsten Nähe derHauptstadt sich für die Gegner der Liberalen bei Kommunalwahleneinsetzt, wie werden es dann erst die konservativen Land-räte der Provinz treiben?_Ein Edelster der Nation.Ein Leutnant Elstermann von Elster genannt von Streit stand,aus der Untersuchungshaft vorgeführt, am Donnerstag vor demOberkrieasgericht des ersten Armeekorps. Dem Angeschuldigten wirdzur Last gelegt„Mißbrauch der Dtenstgewalt zuPrivatzwecken" und vorschriftswidrige Behandlung Unter-geben« in drei Fällen, femer Urkundenfälschung und unerlaubteEntfernung von der Truppe. Die Verhandlung fand wie immer.wenn vornehme Verbrecher zur Aburteilung stehen, unter Ausschlußder Oeffentlichkeit statt und endete mit der Verurteilung des An-geklagten zu sieben Monaten Gefängnis und Ausstoßung aus demHeere. Der„Mißbrauch zu Privatzwecken* läßt ver-muten, daß auch dieser hochadlige Leutnant zu denen gehört, mitdenen man sich ln Moabit beschäftigtet—Lohn für nationale Gesinnung.Einen Fall, der trefflich den Nutzen der Polenpolitik für die—oft preußischen Junker illustriert und die„nationale* Be-geistcrimg dieser Herren sehr lohnend erscheinen läßt, teilt das„Berk. Tagebl.* mit. Es schreibt:Vor zehn Jahren hat ein Deutscher daS Vorwerk Hanry beiGlowno für 24 000 M. gekauft. Innerhalb zehn Jahren hat diesesVorwerk siebenmal den Besitzer gewechselt und istschließlich vor einem Jahre in den Besitz der Bank Parelacyjnhin Posen für 92000 M. übergegangen, die es in diesen Tagen anden Wirt Wlochd in Kriewen für 130000 M. verkauft hat.So treibt die Polenpolitik den Preis der Güter m die Höhe.Die Junker lassen ihre nationale Gesinnung die Steuerzahleretwas kosten. Es ist auch höchste Zeit, daß der Ansiedelungsfondswieder gefüllt ist. Denn dieser und die Wncherzölle bringen Goldin die Taschen der„Notleidenden*.—Ungarn.Die Opfer des religiöse» Fanatismus.Budapest, 31. Oktober. Gestern nachmittag erfolgte die Be-erdigung von vorläufig acht Opfern des Blutbades m Csernova.auf Verlangen der betreffenden Familien ohne kirchliche Einsegnung.Biöber sind 12 Verhaftungen wegen Aufreizung erfolgt. Wegen deranhaltend erregten Stimmung der Bevölleriuig sind noch 50 Gendarmenin Ciernova eingetroffen....Wien, 31. Oktober. Der tschcchisch-katholische Nationalklub hatgestern an den Papst ein in lateinischer Spmche abgefaßtesMemorandum geschickt, in dem mit Rücksicht aus die Katastrophe inCiernova die Bitte ausgesprochen wird, es möge den berechtigtenForderungen der katholischen Slowaken in Ungarn in religiöserHinsicht entsprochen werden, da Vorfälle dieser Art geeignet seien,zum Abfall von der katholischen Kirche zu verleiten.—fStanvegen.MichelseuS Demission.Kristiania, 29. Oktober. sEig. Ver.)StaatSminister Chr. Michelsen hat also seine Demission ein-gereicht und der Abschied ist ihm bewilligt worden. Allerdingsnmßten erst zwei ärztliche Zeugnisse bekunden, daß der Ministernicht politisch krank sei.Mit Michelsen scheidet unzweifelhaft einer der verwegenstenPolitiker Norwegen? aus der Arena. Die politische SelbständigkeitNorwegens ist nur seinem unbeugsamen Willen zu verdanken. Seinepolitische Großtat vom Jahre 1905 hat ihm denn auch einendauernden Namen unter den Staatsmännern verschafft. In derDebatte war er hervorragend, er war witzig, war freundlich.satirisch, doch seine Hauptstärke war es, d e s p o t i s ch zu sein. Fürdas Arbeiterwohl hatte er immer gute Worte, aber keine Taten.MichelsenS Abgang hätte zur Not als unpolitisch angesehenwerden können, wenn nicht gleichzeitig zwei andere Minister, derJustiz- und der Kirchenminister, verabschiedet worden wären. Eskann nun aber nicht bestritten werden, daß die Wahlen von 1906eine Niederlage für das Ministerium Michelsen bedeuteten, eineschmähliche Niederlage für seine Blockpolitik. Charakteristisch istübrigens, daß die Nekonstriiktion der Regierung in einerZeit zustande gekommen ist, da das Stonhing nicht ver-sammelt war. DaS entspricht nicht den norwegischen parla-mentarischen Traditionen. Allerdings besteht die neue Regie-rung ausschließlich aus Mitgliedern der Senstrepartei, es istaber doch zweifelhaft, ob daS Storthing, das am 10. Januar1903 zusammentritt, die getroffene Personenwahl anerkennt. DaSnorwegische Volk wird auf alle Fälle mit allen gesetzlichen Mittelnkämpfen, um sich die jetzt schon schier unerschwinglichen Steuernnicht noch durch Militär- und Flotteuvermehruiig vergrößern zulaffcn.finnland.Ei» Angriff auf die Selbstverwaltung Finnlands.Einen vom finnischen Senat ausgearbeiteten Gesetzentwurf überdie Erwerbung deö StaatSbiirgerrechts durch russische Untertanen inFinnland hat der russische Mmisterpräsident in Uebereiiistiinmungmit dem ganzen Ministerrat für einen Entwurf von allgemeinemReichsinteresse erklärt, der keineswegs als eine innereAngelegenheit Finnlands anzusehen sei und demgemäß in denallgemeinen gesetzgebenden Körperschaften deS Reiches, also imrussischen Reichsrat und in der Reichsduma, behandelt werdenmüsse.— Wegen der im russischen Volke herrschenden Gärung hieltStolqpin es nicht für angebracht, gegenwärtig die Frage derstaatsrechllichen Stellung der Russen in Finnland zu erörtern; des-halb überließ es der Ministerrat ihm selbst, zu bestimmen, wannder Gesetzentwurf eingebracht werden solle.— DaS bürgerliche Blatt„Husvndstadsbladct" in HelsingforS bemerkt hierzu:„Dies ist eine Verleugnung unseres Rechts, in einer finnischenAngelegenheit svon der man erklärt, daß sie„Reichsinteresse* habe),Gesetze in der Ordnung zu geben, wie sie unsere Grundgesetze vor-schreiben.— Die Sache, die es hier gilt, soll also als einerein russischeGcsetzcSfrage behandelt, von den gesetzgebenden Körperschaflen desKaiserreichs ciitschieden werden, ohne daß die finnischen Behördenauch nur scheinbar dabei mitwirken, und sie soll danach natürlicheinfach unserem Lande aufbefohlen werden. Ein solches Ver-fahren steht offenbar im Widerspruch zu dem Rechte der Selbst-Verwaltung, das Finnland zugesichert worden ist.*—Sie russische Revolution.Volksvertreter und„Volksvertreter".Bis jetzt sind erst die Namen von vier in die neue Duma ge-wählten sozialdemokratischen Abgeordneten bekannt: N. S. Tschheidseaus Tiflis, ein bekannter Literat der grusinischen sozialdemokratischenPresse, Rechtsanwalt Teg e tsch ko ri- Kutais, M. W. Sacha-r o f f, im Moskauer Gouvernement gewählt, und W. K o s o r o t o ff-Ufa, von Beruf Tischler.Wer und ans welchem Gouvernement der Sozialrevolutionärist, den der Telegraph als gewählt bezeichnet, hat sich bisher nochnicht feststellen lassen.An der Spitze der„Echtrussen* marschiert, wie wir schon mit-teilten, der famose Purischkelvitsch. den Kischinew ins neue Parlamentsendet. In PurischkewitschS Gefolge befinden sich wieder dieKelepowöki. Ssiradino, Graf Bobrinski. Die neue echtnissische„Acquisition* des K. Schmid aus Minsk charakterisiert die dritteDuma. Dieser„Volksvertreter" Schniid ist vor einigen Jahren wegenLandesverrats mitZuchthaus bestraft worden: er hatte Festungspläne aneine ausländische Macht verkauft! Er hat sich in letzterZeit durch schneidigeFührung der HuliganS des Gouvernements Minsk„rehabilitiert".Bei seiner Wahl verlas Krupenski im Namen von 37 Wahlmännernin der Wahlversammlung eine Erklärung, daß sie zum Zeichen de»Protestes gegen die Wahl eines Subjekts wie Schmidt, die Wahl-Versammlung verlassen!— Zu Protestkundgebungen der Oppositionin den Wahlversammlungen kam es übrigens auch in verschiedenenanderen Gouvernements, so z. B. in WitebSk, wo 30 Wahlmännerdas Wahllokal verließen.Unter den gewählten Abgeordneten der Rechten befinden sichviele Beamte, ehemalige Gouverneure, ein General der GendarmeriesMesenzew aus Minsk), Geistliche, Prokuratoren und ähnliche„Volks-Vertreter' mehr.Stolypi» als BaterlaudSretter.Petersburg, 31. Oktober. Es ist in letzter Stunde demMinisterpräsidenten Stolypin gelungen, den bereits zumzweiten Male angebahnten Block zwischen der Oktoberparteiund den Kadetten zu sprengen. Nach einer dreistiindiaen, zumTeil sehr kräftigen(!) Unterredung mit dem Vorsitzendender Oktoberpartei Gutschkoff hat dieser die Unterhandlungenmit den Kadetten jetzt abgebrochen. Es ist nun wahrscheinlich. daß es in der Oktoberpartei zu einer Spaltung kommenwird.Vom Wahlterror der„wahrhaft russischen Leute".Nach und nach werden jetzt Einzelheiten darüber bekannt, wiesich der„Verband wahrhaft russischer Leute", diese Stütze derrussischen Regierung, geradezu unerhörte Uebergrifse bei denWahlen, sobald es sich um oppositionelle Parteien handelte, hatzuschulden kominen lassen. So spielte sich u. a. nachfolgender Vor-fall ab: Als die vollssozialistische Partei eine Wahlkonferenz ab-hielt, drangen plötzlich als Studenten und Gymnasiasten verkleideteBanden, mit dem Abzeichen des„Verbandes wahrhast russischerLeute"„geschmückt", in die Räunie und richteten mit den Worten:„Nicht vom Platz!" scharf geladene Browning-Pistolen auf dieKonferenzteilnehmer; sodann schnitten sie die Telcphondrähte abund begannen, die bereits kuvcrticrtcn Wählerverzeichnisse, Aufrufeund sonstige Papiere zu vernichten. Der leiseste Protest seitensder Ueberfallencii wurde in der härtesten Weise beantwortet. Als-dann ging die Bande an ihr eigentliches Werk: mit beispielloserBarbarei wurde alles demoliert, zerschnitten und zerbrochen. Ob-wohl es nun einem Angestellten gelang, die Polizei von dem Ueber-fall in Komwis zu setzen, rührte diese sich doch zunächst absolutnicht, da sie hörte, daß es sich um..wahrhaft russische Leute"handelte, und als sie schließlich an dem Orte der Verwüstung er-schien, waren die Vandalen bereits verschwunden. Wie diesegehaust haben, läßt sich daraus ermessen, daß sogar die spätererschienene G e r i ch t s k o m m i s s i o n, die ein Protokoll auf-nahm, hervorhob, daß ein derartiger Ueberfall auf eine Parteiwohl geeignet sei, die Wahlen«im gewissen Sinne zu behindern".Em der Partei.Im eigenen Heim.Die Kasseler Parteigenossen haben am verflossenen Sonn-abend und Sonntag ihr neuerbautcs prächtiges GeWerk schafts-Haus durch würdige festliche Veranstaltungen geweiht. DasEreignis wird ein Markstein in der Geschichte der Kasseler Ar-bciterbewegung bilden. Wohl kaum in einem anderen Orte, be-sonders einer Großstadt, haben Partei und Gelverischaftcn soanhaltend unter dem Lokalmangel leiden müssen, wie es in Kasselder Fall war. Durch zwei Jahrzehnte hat die organisierteArbeiterschaft nur ein unzulängliches Vcrsammlungs- und Fest-lokal gehabt, den„Bunten Bock", dessen„großer" Saal aller-höchstens 350 Personen faßte. Als vor drei Jahren die gewcrk-schaftlich organisierten Arbeiter die Zahl 10 000 überschrittenhatten, wurde die Schaffung entsprechender Versammlungsräumeeine gebieterische Notwendigkeit. Und die überaus schwierige Auf-gäbe wurde überraschend schnell gelöst. Heute steht das Gewerk-schaftshaus. Am 1. Juli bereits konnten die in dem Hause ent-haltcnen Wohnungen bezogen werden, im August erfolgte dieInbetriebnahme der Restaurations- und kleineren Vcrsammlungs.räume, mit dem 1. Oktober bezogen die Gewerkschaften, der Verlagdes„VolksblatteS für Hessen" und die Parteidruckerei ihre Räum-lichkeiten. Vor einigen Tagen wurden der große Saal und dieTurnhalle ihrer Bestimmung übergeben, und mit der demnächsterfolgenden Eröffnung der HcrbergSräume wird das gesamteUnternehmen im Betrieb sein.Das Gewerkschaftshaus liegt in einer der verkehrsreichstenStraßen der Stadt, der Wolfhagerstraßc. Da» Vordergcbaudestellt eine gediegene architektonische Leistung dar. Besonderen Ein-druck macht auf den Besucher das mächtige, in grau-weißem Sand-stein ausgeführte Hauptportal.Das Heim der Arbeiterschaft, für das binnen Jahresfrist vonden Arbeitern mehr als 60 000 M. aufgebracht worden sind,repräsentiert, einschließlich des Grund und Bodens und der Ein-Em Induftm und Bande!.Patriotismus— lohnt!Natürlich nur ans edlen Erwägungen verkaufen tsutsche Patriotendem Staate ihre Gütrr, damit diese nicht in anlideiitsche, polnischeHände fallen. Das heißt, der Staat muß besser bezahlen alspolnische Reflektanten. So hat kürzlich auch ein Herr Klawiter dasRittergut Kuttlau an den DomänenfiSkuS verkauft. Diese patriotischeTat wird beleuchtet durch Mitteilungen des.Nied. Anz." Danachhat Herr Klawiter das Gut seinerzeit für 950000 M. gekauft undjetzt von dem FiSkuS 1300 000 M dafür erhalten, so daß er beiGeschäft 350 000 M. verdient hat! Herr Klawiter hat das Gut auf18 Jahre, also bis 1925. pachtweise zu 3 Pro-, der»aufsummeübernommen.— Wenn die Regiorimg, so bemerkt das Blatt hierzu.solche Preise zahlt, dann ist es ganz selbstverständlich, daß die Be-sitzer verkaufen. Ein besseres Geschäft können sie gar nicht machen.Hoffentlich bekommt Herr K. auch noch einen Orden für seine Ver»dieiiste für— seinen Geldbeutel, auf Kosten der Steuerzahler.