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Nr. 258.

24. Jahrgang.

2. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt.

Gerichts- Zeitung.

Schutz gegen Schußlente!

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Sonntag, 3. November 1907.

behandelt worden. Die behandelnden Aerzte gaben die Möglich und ihn gefragt haben, wo er wohne. Die Antwort:" In Weißensee" teit zu, daß der leidende Zustand des K. auf die in der Zelle hielt Kuhnert für eine Verhöhnung. Er herrschte den Zeugen erlittene starte Grfältung zurückgeführt werden könnte. Medizinalrat an, mit zur Wache zu kommen und legte ihm auch Hoffmann befundete, daß der Zeuge Kerlin heute noch eine fofort eine Rette an, die er so fest anzog, daß der Sistierte heftige Schmerzen erlitt.

Drei ehemalige Vertreter der Obrigkeit von Weißensee, der chronische Bruſtfellentzündung aufweise, ein Siechtum sei aber nicht

frühere Gemeindewächter Joseph Kuhnert, der Gemeindediener Ernst Lange und der Gemeindewächter Roman Walczinsfi standen anfangs September vor der Ferienstraftammer des Land­gerichts III. Sie waren beschuldigt, bei Vornahme von Sistierungen bie sistierten Personen mishandelt zu haben. Die damalige Ver­handlung endete mit der Berurteilung des Walczinski zu 4 Monaten Gefängnis. Die Verhandlung gegen die beiden ersten Angeklagten mußte damals abgezweigt werden, weil die Vorfrage entschieden werden sollte, ob eine von Kuhnert mißhandelte Person infolge der Mißhandlung in Siechtum verfallen ist. Kuhnert und Lange hatten sich nun gestern vor der 1. Straf tammer des Landgerichts III   zu verantworten. In der Nacht zum 18. Dezember stand turz nach 10 Uhr abends der in Weißensee wohnende 42jährige verheiratete Schreiber Kerlin mit einer Geige in der Hand vor seinem Wohnhause und ließ einen Dreiflang er­tönen. Er hatte auf Bitten eines ihm gegenüber wohnenden Gaft wirts in dessen Lokal einige Stücke auf der Geige gespielt, wollte dann nach Hause geben, fand aber die Haustür schon verfchloffen und wollte, feiner Angabe nach, durch den Dreiklang seiner Frau zu erkennen geben, daß er Eingang haben möchte. Nach seiner Behauptung hat er darauf von dem plötzlich vor ihm stehenden Kuhnert einen so heftigen

Stoß vor bie Brust

festzustellen.

Auf der Wache soll dann Kuhnert den Zeugen Der Angeklagte Kuhnert bestreitet jebe Mißhandlung des K. gebust, und behauptet, der Zeuge habe mit seiner Geige ruhestörenden Lärm verübt und als ihm das untersagt wurde, sich widerspenstig und und als sich dieser solche Anrede verbat, ihm ein herausfordernd benommen. Er sei betrunken gewefen und deshalb Paar Ohrfeigen zu seiner eigenen Sicherheit in die Belle dirigiert worden. In dem zweiten Anflagefalle

ist ein Boftunterbeamter Garske, der jeßt beim Militär steht, in der Silvesternacht morgens mit einem Bekannten in ein Restaurations­lokal in Weißenfee gekommen, wo sich auch die beiden Angeklagten befanden. Als der Bekannte ihm unterbreitete, den Wächtern ein Glas Bier zu spendieren, erklärte Garste: Ach, was gehen mich die Wächter an, die können sich auf die Straße scheeren, dort gehören fie hin!" Darauf soll Kuhnert auf ihn zugetreten sein und ihm zugerufen haben: Das ist eine Frechheit, so über die Nachtwächter herzuziehen!" Dann habe ihn Kuhnert beim Kragen gepackt und ihn hinauszuschleifen versucht, ein Gast habe ihm von hinten einen Stoß verseht, so daß er hinausgeflogen

sei. Draußen habe er sofort von den beiden Angeklagten Schläge ins Gesicht

bekommen, so daß er gegen den Baun flog. Wächter Kuhnert habe werden, sei er immer weiter geschlagen worden. bekommen und troß seines wiederholten Verlangens, losgelassen zu Er habe dann ihn dann, unter schroffem. Befehl, ihm zu folgen, gedroht, um Hülfe zu schreien, wenn man ihn noch einmal schlagen würde, als Antwort aber wieder

mit zur Wache genommen, obwohl er wiederholt seinen Namen nannte und ihm sagte, daß er im Hause wohne. Auf der Wache soll Kuhnert die Gelegenheit, als ein dort gleichfalls beschäftigter Beamter in Zivil sich entfernt hatte; benutzt haben, um ihm

ein Baar Chrfeigen

gu geben. Kuhnert habe dann in sehr barscher und bedrohlicher Weise ein Protokoll mit ihm aufgenommen und ihm mit einem Lineal zu Leibe gehen wollen, so daß er sich mit einem Stuhl habe schützen müssen. Dann habe sich eine Art

Rundjagd um einen Tisch

entwidelt, wobei Kuhnert ihm immer zu Beibe wollte, während er immer um den Tisch herum ihm auswich. Nachdem Kuhnert wieder holt gerufen: , Steh Du Hund!"

Faustschläge

erhalten. Verschiedene Personen haben ihn dann auch auf dem Wege zur Wache um Hülfe schreien hören, andere haben gesehen. daß er geschlagen wurde. Er ist dann auf der Straße

besinnungslos

zur Erde gesunken und als er wieder zur Besinnung gekommen, habe er sich, wie er bekundete, im Amtszimmer befunden und sei über und über mit Blut besudelt gewesen. Der Zeuge legte gestern dem Gerichtshofe sein von Blut völlig rot gefärbtes Taschentuch und sein blutiges Vorhemd, das er seit jener Mißhandlung aufbewahrt hat, bor  . Auf der Polizeiwache habe er dann um seine Entlassung gebeten, da er um 7 Uhr seinen Dienst antreten wollte. Da jagte Kuhnert: Na, dann werden wir es Ihnen noch einmal schenken!", der Amtsdiener mußte Wasser bringen, er mußte sich das Blut ab­

habe er angeordnet, daß er in die Belle abgeführt werde. Auf waschen und wurde mit der dem Wege dahin habe Kuhnert ihm noch einen

tacht

Stoß in den Rüden

entlaffen,

Mahnung

von dem Vorgefallenen nichts zu sagen.- gegeben, so daß er beinahe hingefallen sei. Er habe alsdann in feiner gänzlich unzureichenden Bekleidung in der in falter Winter- tellung des Garste, dessen Auftreten in dem Lokal von Auch hier bestritten beide Angeklagte die Dar­mehreren Zeugen als höchst peinlich und lärmend bezeichnet wurde. Andere Zeugen befundeten, daß Garste sich seiner Sistierung durch Stemmen gegen die Erde widerfest habe. In einem

ungeheizten Zelle

auf einem Strohfad unbededt zubringen müssen. Am nächsten

Morgen ist er erst entlassen worden. Er begann gleich nach jener Iffäre zu fränkeln, spie Blut, verbarg jedoch seinen leidenden Zu. tand, um nicht seine Stellung zu verlieren, bis nach mehreren Mo. taten sein Bureauvorsteher ihn verpflichtete, sich ärztlich unter uchen zu lassen. Herr Dr. Pfleger stellte eine Bruftfell­ntzündung fest und überwies ihn ins Krankenhaus, wo er 35 Tage erbleiben mußte. Er ist dann noch in der Poliklinik des Dr. Klein

britten Falle

hat sich am 8. Januar um 3 Uhr morgens der Arbeiter Diene. mann, der mit einem anderen Arbeiter die Königchauffee entlang tam, sich von diesem verabschiedet und ihm nicht allzu laut" Gute Nacht" gewünscht. Da soll sofort Kuhnert auf ihn losgetreten sein

gegeben haben. Dabei soll der Amtsdiener 8öllmann zugegen ge wesen sein, den der Zeuge auf die Mißhandlung aufmerksam gemacht und um Schuß gebeten haben will. 8öllmann, der die Dienste eines Gefängniswärters in Weißensee seit vielen Jahren versieht, erklärte, sich eines solchen Vorfalls nicht zu ent­sinnen. Auf Antrag des Staatsanwalts wurde seine Aussage protokolliert. Er erklärte dann unter anderem zu Protokoll, daß es hier und da wohl einmal vorgekommen sein mag, daß Kuhnert frechen Arrestanten, die ihm viel zu schaffen machten, eine Obrfeige gehauen habe; auch sei es vorgekommen, daß er, Zeuge wohl einmal in solchem Falle um Schuß angerufen worden sei, doch könne er sich auf einen Spezialfall nicht befinnen.

Staatsanwalt

Brünning erklärte unter anderem, daß die Beweisaufnahme Mißstände ergeben habe, die hoffentlich nun abgestellt würden, wie 3. B. das Unterbringen von Arrestanten in ungeheizten Zellen während einer falten Winternacht. Die Beweisaufnahme habe aber ferner ergeben, daß die Angeklagten nicht genügenden Respekt haben vor der persönlichen Freiheit des Staatsbürgers, denn zu den vorgenommenen Siftierungen habe tein ausreichender Grund vorgelegen. Nur die Möglichkeit, daß Kuhnert in den unter An­flage gestellten Fällen die betreffenden Personen für betrunken ge­Anflage wegen Freiheitsberaubung abzusehen. Wenn Beamte, die halten haben mag, habe die Staatsanwaltschaft bewogen, von einer für Ordnung und Sicherheit auf der Straße forgen sollen, das Vertrauen ihrer vorgesetzten Behörde so arg täuschen und ihre Amtsgewalt so mißbrauchen, wie es die Angeflagten getan, so ber­lange dies eine nachdrückliche Strafe. Der Staatsanwalt beantragte gegen Kuhnert 1 Jahr 3 Monate Gefängnis und fofortige Verhaftung, gegen 2ange 4 Monate Gefängnis. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Knopf, hielt bei den wider­sprechenden Aussagen der Belastungszeugen und Entlastungszeugen den Schuldbeweis nicht für geführt. Urteil: Das Gericht hielt die Schuld für erwiesen und verurteilte Kuhnert zu neun Monaten, Lange zu vier Moneten Gefängnis. Eine auffallend milde Strafe gegenüber der Feigheit und Roheit der Beamten

Vermischtes.

Die Cholera in Rußland  . Infolge der Ausbreitung der Cholera Wien   die österreichische Regierung die gesundheitliche Untersuchung in den südrussischen Gouvernements hat nach einer Meldung aus aller Reisenden an der russischen   Grenze angeordnet. Mehrere Rebenzollamter wurden für den Personen- und Warenverkehr gänz lich gesperrt.

Ein Raubmord. Gestern früh wurde, wie aus Mannheim   bes richtet wird, in der Vorstadt Neckarau die Leiche des Loseverkäufers Siegmund Neudörfer mit durchschnittenem Halse und ausgeraubt aufgefunden. Als Täter wurde der 19 Jahre alte Tagelöhner Karl Schneider aus Mannheim  , der auf der Polizeiwache selbst die Auffindung der Leiche angezeigt hat, verhaftet.

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