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Nr. 284. 24. Jahrgang.

65. Giung.

mittags 1 Uhr.

Reichstag  .

1. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Donnerstag, 5. Dezember 1907.

Mittwoch, 4. Dezember, nach Am Bundesratstisch: Frhr.   b. Stengel, v. Bethmann Sollweg, b. Einem, Nieberding.

Die erite Beratung des Etats wird fortgefeht. Kriegsminister v. Einem:

Ich sehe mich veranlaßt, auf die geftrigen Ausführungen des Abg. Baasche zu antworten. Herr Paasche hat mir, hier am Fuße der Präsidententribüne, in einer vertraulichen Unterredung mitgeteilt, daß er mit einigen Punkten meiner Ausführung nicht einverstanden sei. Wenn Herr Paasche nun behauptet, am Schlusse gefagt zu haben, daß er in der nächsten Sigung auf diese Bunkte zurückommen wolle, so glaube ich ihm, erwarte aber auch auf das bestimmteste, daß er mir glaubt, wenn ich sage, ich habe diese Mitteilung nicht gehört.( hört! hört! rechts.) Herr Paasche sagte, er müßte erwarten, daß die Chefs der Reichsämter während der Etatsdebatte hier zugegen wären. Er hat gewiß recht, aber, meine Herren, auch ein Minister hat das Recht, krank zu sein. Ich bin gegen den Willen der Doktoren vor einigen Tagen hierher gekommen und habe gesprochen. Ich bin gestern zuhause geblieben, einmal weil ich glaubte, daß Herr Paasche gerade nach unserer Unter­redung nicht sprechen werde,( hört! hört! rechts) und weil meine Geschäfte mich drängen. Ich hätte wohl annehmen dürfen, daß Herr Paasche gestern einem meiner Herren einen Wink gegeben hätte, mich zu rufen.( Lebhaftes Sehr richtig! rechts.) Er mußte fich sagen, daß bei dem, was er vorbringen wollte, der größte Wert darauf zu legen sei, daß ich zur Stelle war und gleich ant wortete.( Lebhaftes Sehr richtig! rechts.) Wenn jemand die Ab­ficht hat, diese Dinge fräftig mitzubekämpfen, dann darf er unter teinen Umständen auch nur indirekt dahin wirken, daß derjenige, der an verantwortlicher Stelle steht, als ein Drückeberger erscheint. ( Sehr gut! rechts.) Herr Paasche hat bemängelt, daß so und nicht anders mit den Grafen Hohenau und Lynar verfahren sei. Ich habe in meiner ersten Rede gesagt: Die jetzt im Gange befindliche friegsgerichtliche Untersuchung wird zeigen, ob im Falle des Grafen Lynar der§ 187 verlegt ist, und es wird dann eingeschritten werden." Ich habe also indirekt zugegeben, daß ein schler in der Verhandlung dieser Angelegenheit vorliegen fönnte.

über die Verhandlung im Hardenprozeß beweist das Gegenteil. Necht, Bertagung zu beantragen. Andererseits ist es Ihr gutes Major v. Hülsen ist auch heute morgen einigermaßen erregt bei Recht, eine namentliche Abstimmung zu beantragen. Die Unter­mir gewesen und hat mir ausdrücklich gesagt, daß er nie zubor über stügungsfrage hätte allerdings gestellt werden müssen. den Grafen Hohenau und den Grafen Lynar etwas gehört habe. Abg. Bassermann( natl.): Dieser Meinung bin ich auch. Von ( Sört! hört! rechts.) Gerüchte über den Grafen   Moltte feien nur Geheimnisträmerei fann feine Rede sein. Wir und alle Üntrag­einmal vor dem Eingreifen des Kaisers an ihn gekommen, er habe steller erachten den gegenwärtigen Moment und die Erklärung des fie auf das bestimmtefte zurüdgewiefen. Daß die Armee zu einem Striegsministers für so bedeutungsvoll, daß wir zunächst die weiteren großen Teil nichts von diesen Dingen gewußt hat, habe ich neulich Beratungen ausgefezt zu sehen wünschen. Wir wünschen namentlich schon durch Hinweis auf die verschiedensten Persönlichkeiten auch die Erklärung des Herrn Kriegsministers im Wortlaute belegt. zu haben, ehe wir weiter debattieren. Auch Herr Bebel betonte ja vorher diesen Gesichtspunkt.( Lachen bei den Sozialdemokraten und im Zentrum.)

Ich habe hier zwei weitere Mitteilungen, einmal von einem General, der von 1899 bis 1902 die der Villa des Grafen Lynar benachharte Adlervilla hewohnt hat, und von einem anderen Offi­zier, der mir seit meiner Jugend befreundet ist und auch lange in Potsdam   gestanden hat, die ebenfalls beide bestätigen, nie etwas von abnormen Neigungen des Grafen Lynar gehört zu haben. Also von einer allgemeinen Verbreitung fann feine Rede sein. Wenn Herr Paasche von hohen Offizieren Mitteilungen in dieser Richtung bekommen hat, so möge er die Namen dieser Offiziere dem Gericht nennen. Wir wollen doch aus dem Schmuz heraus ( Rebhafter Beifall), wir wollen doch diese Angelegenheit aus der niedrigen Atmosphäce des Klatsches erheben.( Sehr gut! rechts.) Von den zynischen Liedern hatte mir Herr Paasche schon in der Unterredung gesprochen, worauf ich erwiderte, das sei für mich kein Beweis. Nachdem er das öffentlich wiederholt hat, bitte ich ihn dringend, diese Offiziere dem Generalkommando des Garbe­forps zu nennen; denn solche Vorgänge müssen die Disziplin au grunde richten.( Lebhafte Zustimmung rechts.) Niemand kann mehr bedauern als ich, daß ich von all diesen Dingen keine Senntnis gehabt habe. Hätte ich etwas davon gewußt, wären diese Sachen nicht passiert, oder ich stände nicht vor Ihnen.( Stürmischer Beifall rechts.) Wir leben in einer Zeit des Klatsches, der von Mund zu Mund weitergetragen sich um die Ehre des Nächsten nicht viel kümmert. Selbstverständlich meine ich mit dieser Be­merkung niemand aus diesem hohen Hause. Gewiß ist es Gold, was hier im Reichstage gesprochen wird( Heiterkeit), aber die Tat­fachen stehen mir höher, und so richte ich an jedermann die Mah­nung, mitzuhelfen, daß wir aus dieser ekelhaften und schmählichen Affäre herauskommen. Wir müssen dafür sorgen, daß dieser Tratsch ein Ende nimmt, daß mit allen Mitteln Gesundheit ge­schaffen wird, daß, wo ein Kranter sich in dem ganz gesunden Störper befindet, er entfernt wird. Meine Herren, helfen Sie mit! ( Stürmischer start wiederholter Beifall, besonders auf der Rechten.) Es ist ein Bertagungsantrag

Abg. Dr. Mugan( frf. Vp.): Ich mache darauf aufmerksam, daߧ 53 der Geschäftsordnung, Debatten über die Bertagung nach Erledigung der Unterstützungsfrage verbietet.( Sehr richtig! Beim Blod.)

Abg. Gröber( 8.): Ich will nur auf den Widerspruch in den Erklärungen der Vertreter der Blockparteien hinweisen. Abg. Wiemer spricht von höchst wichtigen politischen Vorgängen und Abg. Basser­mann sagt, davon könne gar keine Rede sein.( Lebhafte Zustimmung und stürmisches Gelächter im Zentrum und bei den Sozialdemokraten.)

Abg. Singer( zur Geschäftsordnung):

Der Vorredner hat mit Recht auf den Widerspruch in den Er klärungen der Blodparteien hingewiesen. Nach Herrn Bassermann will der Blod nur den genauen Wortlaut der Rede des Kriegs­minifters abwarten, Herr Wiemer aber spricht von wichtigen Mit­teilungen, die den Antragstellern zugegangen feien. Wie kommt denn die Majorität dazu, zu verlangen, daß große Parteien diefes Hauses von der Kenntnis solcher Ereignisse ausgeschloffen werden?( Stürmischer Beifall bei den Sozialdemokraten und im Zentrum.)

Wozu haben wir denn den Seniorenkonvent? Es ist eine unerhörte Bergewaltigung. ( Wiederholter stürmischer Beifall bei den Sozialdemokraten und im Zentrum. Lärm im Blod.) Das ist

eine parlamentarische Kamarilla. ( Anhaltender tofenber Lärm im Blod. Lebhaftes Bravo im Zentrum und bei den Sozialdemokraten.) Die jetzige Majorität des Der Abg. Paasche hat gestern erklärt, es hätten beim Grafen Hauses scheint hinter dem Rücken der anderen Mitglieder Geschäfte Lhnar die Verfehlungen gegen feine Untergebenen offen flar betreiben zu wollen. Auf die Angabe der Blockherren über die gelegen. Das ist absolut nicht richtig. Klar gelegen hat nur der eine Fall mit feinem Burschen, den ich hier ausdrücklich und voll- ber Abgg. b. Normann( L.), Baffermann( natl.), Dr. Müller- Vertagungsgründe fann man sich nicht verlassen; denn sie wider­ständig erzählt habe. Bezüglich des Grafen Hohenau bemerke ich, Meiningen  ( frf. Vp.), Liebermann v. Sonnenberg  ( wirtsch. Vg.), sprechen einander völlig. Wer hat recht: Herr Baffermann oder bag die preußische Armee von S. M. dem König von Preußen Schrader( frf. Wg.), v. Payer( deutsche Vp.) und v. Gamp( Rp.) ein- Herr Wiemer?( Buruf rechts: Beibe! Stürmische Heiterkeit. Wir tommandiert wird. S. M. der König haben es sich ausbrüdlich gelaufen. fönnten über die Gründe aufgeflärt werden, wenn der Präsident vorbehalten, selbst zu befinden, ob und wann ein ehrengericht- Der Vertagungsantrag wird gegen die Stimmen des Zentrums liches Verfahren gegen einen General   stattfinden soll, vorzüglich und der Sozialdemokraten angenommen.( Unruhe im Zentrum und eine Geschäftsordnungsdebatte zulaffen wollte.( Sehr richtig! im Zentrum und bei den Sozialdemokraten.) Unseren Antrag auf gegen einen General à la suite, der allein S. M. unterſtellt ist. bei den Sozialdemokraten. Rufe: Die Mehrheit in zweifelhaft.) Wenn S. M. in dieser Frage das ehrengerichtliche Verfahren Abg. Tr. Paasche( natl.)( persönlich): Ich habe unter vollster namentliche Abstimmung halten wir aufrecht, weil wir den höchsten gegen den Grafen Hohenau ausgesetzt hat, so habe ich nicht immer Anerkennung der vornehmen Art des Vorgehens des Kriegsministers Wert darauf legen, daß das Land die Namen der Leute erfährt, die Macht, und gestern mein persönliches Bedauern darüber ausgesprochen, daß ihm( Großer Lärm rechts) die den Mut haben eine Bertagung zu bes Tein Mensch in der Welt hat die Macht, dagegen etwas zu tun, bag er erklärt hat: die betreffenden Herren find nicht schuldig. gewordenen Kenntniffen auszuschließen.( Lebhafte Zustimmung bei kein Mensch in der Welt hat die Macht, dagegen etwas zu tun, Dinge, die mir bekannt waren, nicht bekannt gewesen sind und schließen, und damit nahezu die Hälfte des Hauses von den Ihnen und man muß sich damit eben begnügen. ( Widerspruch rechts, Bustimmung links.) Ich habe mir genau auf den Sozialdemokraten und im Zentrum.) Ich wiederhole: n ( Lebhafte Zustimmung rechts. Große Unruhe auf der gesamten geschrieben, was ich gefagt habe. Der Kriegsminister, den auch ich loyaler Weise ist für solche Dinge der Seniorentonbent in Linken.) Nach unserer Heeresorganisation, nach der Stellung, die bisher für meinen Freund gehalten habe, fann aus den Aufzeichnungen S. M. als Oberbefehlshaber an der Spike der Armee einnehmen, lefen, ob meine Erklärung richtig ist oder nicht. Im übrigen bee Anspruch zu nehmen und nicht ist daran nichts zu ändern.( Erneute lebhafte Zustimmung rechts. trachte ich die Tribüne des Reichstages als die einzige Stätte, wo Biberspruch und Unruhe links.) Jch habe gesagt, die ehrengericht berechtigte Klagen vorzubringen find.( Sehr richtig! lints.) liche Untersuchung läuft nicht weg. Ich teile hier dem hohen Hause Präsident Graf Stolberg( unterbrechend): Regteres ist keine mit, daß beide Angeklagte sich gestellt haben.( Lebhaftes Hört! persönliche Bemerkung. hört! rechts.) Der Prozeß wird also feinen geordneten Lauf Abg. Dr. Paasche: Das gebe ich zu.( Seiterkeit.) nehmen( Lebhaftes Bravo! rechts.)

Abg. Singer( Soz.)( zur Geschäftsordnung):

Ich konstatiere hier, daß nach der Geschäftsordnung die soeben befchloffene Vertagung ungültig ist, weil die Unterstützungsfrage nicht gestellt ist.( Sehr richtig: bei den Sozialdemokraten und im 8entrum.) Außerdem hat Präsident eine Meldung von mir zur Geschäftsordnung über Ich habe den begreiflichen Wunsch, von den Herren Antrags:

t. zu erfahren, varum

ein Privatkonvent des Fürften Bülow. ( nhaltender stürmischer Beifall bei den Sozialdemokraten und im Zentrum. Widerspruch beim Blod.) Präfident Graf Stolberg stellt nunmehr die Unterstützungsfrage zum Antrag auf Vertagung. Der Block erhebt sich.

für

Präsident Graf Stolberg stellt weiter die Unterstützungsfrage den Antrag Singer auf namentliche Abstimmung. Sozialdemokraten, Zentrum und Polen   erheben fich.

Die Unterstüßung reicht aus.

ftiminen 169 mit 3a, 134 mit Rein. Einer enthält sich. Die Ber Die Abstimmung ist also namentlich. Bon 304 Abgeordneten tagung ist also beschlossen.

Der Abg. Paasche hat bemängelt, daß ich nur von Buben in 3ivilfleidern" gesprochen habe, während ich den beiden Angeklagten ihre Titel gegeben hätte. Weiter hat er gesagt, ich hätte für die Grafen Hohenau und Lynar nur Worte der Entschuldigung gehabt ( mit erhobener Stimme), ich habe gesprochen von den Buben ganz allgemein, die unsere Soldaten verführen.( Lebhaftes Sehr richtig! rechts.) Ob cs Offiziere sind, ob es Grafen   find, ob es Bringen find, fie mögen dieses Wort auf sich beziehen.( Stürmisches Bravo! rechts.) Jm übrigen habe ich nicht ein einziges Mal gesagt, der Bube" Bollhardt, sondern der Zeuge Bollhardt, und anderer- fie die Bertagung beantragt haben.( Stürmischer Beifall bei den Etatsdebatte.) feits habe ich gesagt, der Angeklagte Graf Lynar   und der An- Sozialdemokraten und im Zentrum.) Die getlagte Graf Hohenau. Jah lehne es ab, daß ich bloß Ente fchuldigungen für die beiden Angeklagten gehabt hätte. Ich habe gesagt, ich hoffe, daß sie sich stellen werden und daß sie büßen, Ivas fie uns Böjes getan und was sie sich selber zuzuschreiben haben. Sind das Entschuldigungen? Ich glaube nicht.

Geheimniskrämerei hinter den Kulissen,

die der Reichstag   faft einhellig bei der Reichsregierung berurteilt hat, haben wir jetzt felbft hier.( Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Ich bitte den Präsidenten, geschäftsorduungsmäßig zu verfahren. Wird Am 29. November, als ich fprach, war mir die kriegsgericht der Vertagungsantrag genügend unterstüßt, so muß uns noch das liche Verhandlung vom 28. November noch nicht bekannt.( Sört! Wort zur Geschäftsordnung gegeben werden; denn wir müssen fiber hört! rechts.) Es wäre ein unberechtigtes Verlangen, daß eine Verhandlung vom 28. mir schon am 29. vorliegen müßte.( Sehr die Gründe der Bertagung diskutieren.( Rebhafte Zustimmung bei richtig! rechts, Lachen links.) Ich habe also nur von Verhand. den Sozialdemokraten und im Zentrum.)

demokraten.)

Nächste.Sizung: Donnerstag 1 Uhr.( Fortsehung der Schluß 2 Uhr,

Parlamentarifches.

Kommission für Reform der Majestätsbeleidigungsprozesse. In der Fortsetzung der Betatung erklärte zunächst Abg. I und, daß er von seiner Ansicht, Aeußerungen, wenn sie nicht als Maje ftätsbeleidigungen berfolgbar sind, dürfen dann auch nicht als gemeine Beleidigungen verfolgbar sein, surüdgekommen fel; er schließe sich jest der Regierungsvorlage an. Roeren ändert nur noch Berleumdung als Majestätsbeleidigung strafbar sein soll. Regierungskommiffar Tischendorf wendet sich namens der Regierung gegen Roerens Antrag, durch den die Fürsten  schlechter gestellt seien als jeder Privatmann.

Jungen gesprochen, die am 23. unb 26. November stattgefunden Abg. Dr. Spahn( 3.): Ich pflichte in allem dem Abg. Singer seinen Antrag dahin ab, daß außer beschimpfenden Aeußerungen haben. Nach dem, was mir vorlag, war ich berechtigt, zu sagen, bei. Die Unterstützungsfrage mußte gestellt werden. Auch ich hatte daß der Belastungszeuge allein der Zeuge Bollhardt war. Die mich zur Geschäftsordnung zum Wort gemeldet, und auch mir wurde anderen Zeugen haben durchaus nichts Positives angegeben, bas Wort nicht erteilt!( hört! Hört! im Zentrum und bei den Sozial­fondern lediglich Gerüchte, und mehrere der Zeugen haben sich auf den Zeugen Bollhardt bezogen. Aber aus dem, was ich hier habe, fann man nicht einmal entnehmen, daß er ihnen diejenigen Mit­teilungen gemacht hat, die er an Harden und die er im Prozez Harden unter Ausschluß der Oeffentlichkeit gemacht hat. Ich war also berechtigt, zu sagen: es ist noch nichts erwiesen, es liegen nur untontrollierbare Gerüchte vor, der Belastungszeuge ist Boll­hardt.( Sehr richtig! rechts.)

Bräf. Graf Stolberg:

Die Kommission erörtert nunmehr die Frage, in welchen Fällen Genehmigung beztv. Antrag zur Erhebung einer Anklage Ich glaubte, daß der Herr Abg. Spahn sich zu einer persönlichen uctwendig ist. Die Regierungsborlage fieht Genehmigung Bemerkung gemeldet habe, und daher ließ ich erst abstimmen. Als nur für nicht öffentliche Beleidigungen vor. Jund will für alle ich den Vertagungsantrag mitteilte, erhob sich fast der ganze Reichs- Brozesse Genehmigung eingeholt wissen, und zwar foll, soweit tag.( Stürmischer Widerspruch bei den Sozialdemokraten und im Kaiserbeleidigung in Frage kommt, der Reichskanaler, in anderen Zentrum.) Von hier aus sah es wenigstens so aus. Wenn Ver- Fällen die Landesjustizverwaltung des Staates, dem der Belei. tagung beantregt wird und fein Widerspruch erfolgt, wird die Unter- digte angehört, für die Genehmigung zuständig fein. Müller. fügungsfrage nicht gestellt. Das gefchieht zum Beispiel am Schluffe Meiningen geht in seinen Anträgen in derselben Richtung, nur jeder Sißung. Ich bin zur Wiederholung der Abstimmung bereit, möchte er die Strafverfolgung statt an Genehmigung an Straf werde aber keine Diskussion darüber zulassen.( Widerspruch bei den antrag gebunden wiffen. Kirsch( 3.) spricht gegen diese Er Sozialdemokraten und im Zentrum.) weiterung und läßt sich dann eingehend über die Frage aus: welche Lehörde zur Erteilung der Genehmigung zuständig sein soll. Ofann( natl.) will wie sein nationalliberaler Kollege Jund die Vorlage wesentlich verschärfen.( Die Herren National liberalen scheinen sich nicht wohl bei dem Gedanken zu fühlen, daß die tendenziösen Majestätsbeleidigungsprozesse eine Ein­schränkung erfahren sollen.)

Auch von dem Kutscher des Grafen Hohenau ist verschiedentlich gejagt, er fönnte etwas von diesen Dingen wissen. Der Mann ist 15 Jahre bei dem Grafen Hohenau gewesen und hat ausgesagt, daß er niemals etwas davon wahrgenommen hätte, daß sein Herr derartige Dinge triebe.( Hört' hört! rechts.) Um zu illuftrieren, wie Gerüchte entstehen, hat er gesagt, eines Tages habe ihm jemand Abg. Bebel( Soz.): Für den Fall, daß die Bertagung бe­auf dem Ererzierplay in Potsdam   gesagt:" Deinen Herrn haben schloffen wird, bitte ich den Präsidenten, dafür zu forgen, daß uns fie gestern ordentlich vorgehabt in Berlin  ." Er erwiderte: die heutige Reichstagsverhandlung bereits morgen früh zugeht.( All­" Meinen Herrn, den habe ich ja gestern abend mit seiner Familie gemeine Bustimmung.) bon seinem Hause zu einer Gesellschaft bei der Prinzessin Alexandrine von Preußen gefahren und nachher wieder von dort abgeholt." Darauf habe der andere gesagt, er fenne ja den Grafen Hohenau nicht, aber der Betreffende habe sich für den Grafen  Sohenau ausgegeben.( Lebhafte Bewegung.)

Der Abgeordnete Paasche hat Briefe vorgezeigt, die Graf Schenau an den Zeugen Bollhardt geschrieben bat. Ich frage nicht, two der Abgeordnete Paasche die Briefe herbekommen hat( Sört! hört! rechts), ich will auch nicht annehmen, daß es etwa diejenigen

Abg. Singer( Soz.):

Leider ist in der Geschäftsordnung die unglückselige Bestimmung, daß es dem Präsidenten freisteht, ob er einem Redner das Wort zur Geschäftsordnung erteilen will oder nicht. Ich möchte aber darauf ginweisen, daß wir schon sehr oft über Bertagungsanträge diskutiert haben.( Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten und im Zentrum.) Außerdem bentrage ich hier

namentliche Abstimmung über die Vertagung. ( Stürmischer Beifall bei den Sozialdemokraten und im Bentrum,

Lärm beim Blod.)

Briefe find, die in der Vernehmung vom 28. v. M. Herr Harden dem Gericht in Abschrift vorgelegt hat. Das Gericht kennt also diese Briefe. Ich habe auch eine Menge von Briefen an Unter gebene geschrieben, indem ich diesen auch Geld geschickt habe. Ich Abg. Dr. Wiemer( frf. p.): Eine Geschäftsordnungsdebatte habe das auch als Minister getan. Auch haben eine ganze Reihe entspricht nicht der Bedeutung des gegenwärtigen Augenblicks.( Lautes meiner Untergebenen Bilder von mir bekommen, in Parade- anhaltendes Gelächter bei den Sozialdemokraten und im Zentrum.) uniform, weil das die Leute so gern haben. Das beweist doch aber Ich bitte die äußerste Linke, davon Abstand zu nehmen. nicht, daß man homosexuell veranlagt ist.( Seiterfeit rechts.) Am Schluß der gestrigen Sitzung find den Mitgliedern, Wenn Herr Baasche andere Briefe hat, möchte ich ihn höflichst und die den Vertagungsantrag unterzeichnet haben, Mit dringend bitten, fie schleunigst dem Gericht der ersten Garde teilungen von wichtigen politischen Vorgängen 3

Division einzureichen.( Sehr gut! rechts.)

gegangen.

Auch der Plahmajor v. Hülsen ist von Herrn Paasche vor­geführt worden. Er soll im Hardenprozeß ausgesagt haben, von( Stürmisches Hört! hört! bei den Sozialdemokraten und im den Berfehlungen des Grafen Hohenau, des Grafen Eynar und Bentrum.) Darüber wird ja auch Ihnen( zu den Sozialdemokraten) auch des Grafen Moltke gewußt au haben. Der Beitungsbericht I noch Kenntnis werden. Jeder Abgeordnete und jede Partei hat das

Staatssekretär Nieberding möchte am liebsten überhaupt keine Genehmigung für solche Prozesse statuieren. Die Landes­juftizbehörde tomme in schlechten Verdacht und sei dann dem Parlament verantwortlich; deshalb solle man lieber die Verfol gungen aller Majestätsbeleidigungen nur den Richtern überlassen, statt die Genehmigung zu berallgemeinern. Jedenfalls könne die Regierung niemals zustimmen, daß alle, auch die öffentlichen De leibigungen, der Genehmigung bedürfen follen.

Wenn der

Abg. Eichhorn erklärt sich, unbeschadet des prinzipiellen Standpunktes der Sozialdemokratie, für den Wegfall des Unter­schiedes zwischen öffentlichen und nicht öffentlichen Beleidigungen. Die Verfolgung aller sogenannter Beleidigungen müsse an die Vorausseßung eines Strafantrags gebunden sein. Staatssekretär das Odium solcher von der Justizverwaltung an­geftrengter Brozesse fürchtet, so faise man die objektiven Merkmale der Majestätsbeleidigung schärfer, damit Tendenzprozesse möglichst vorhanden ist, wäre es doch möglich, daß einmal eine Tuftizber eingeschränkt find. Obwohl in Deutschland   hierzu wenig Aussicht waltung tommt, welche keinen Geschmack an Majestätsbeleidigungs­prozessen findet. Was die Frage anbelangt, welche Behörde für den Strafantrag zuständig sein soll, so wäre es richtiger, tvenn man die Zuständigkeit der Landesfuftisverwaltung demjenigen