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Ur. 11.

Erscheint täglich außer Montags. Prets pränumerando:, Biertel­jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 m, wöchentlich 28 Pfg. frei in's Haus. Einzelne Nummer 6 Pfg. Sonntags- Nummer mit illustr. Sonntags Betlage Neue Welt" 10 Pfg. Poft- Abonnement: 3,30 Mt.pro Quartal. Unter Kreuz­ band : Deutschland u. Desterreich­Ungarn 2 Mt., für das übrige. Ausland 3 Mt.pr.Monat. Gingetr. in der Post- Zeitungs- Preisliste für 1893 unter Nr. 6708.

Vorwärts

10. Jahrg.

Infertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pfg., für Bereins- und Bersammlungs- Anzeigen 20 fg Juferate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochen­tagen bis 7 Uhr Abends, an Sonn und Festtagen bis 9 Uhr Vor­mittags geöffnet.

Bernsprech- Anschluß Amt I, Nr. 4186.

Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Freitag, den 13. Januar 1893.

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

vielgepriesenen

Zur prenßischen Schulvorlage. nimmt der Stock des junkerlichen Gutsherrn die weitere der vielgep riesenen Sozialreform und schloß dann nach ca.

Erziehung

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braucht man doch gewiß keine Lehrer" be- einstündiger trefflicher Rede mit der Erklärung: Welche In dem Lande der Schulen und Kasernen tritt mit der sonders gut zu bezahlen. Der Geist der Stiehl'schen Regu- Antwort auch die Regierung auf die Interpellation giebt, Entwickelung des Militarismus das Schulwesen immer mehr lative beherrscht auch noch heute die Volksschule. Hiernach in ihr wird das Verdammungsurtheil über die bisherige in den Hintergrund. Die Vertheidiger des Militarismus soll das Streben der höheren Schulen vorwiegend auf der deutsche Wirthschaftspolitik enthalten sein. sehen in den Schulen überhaupt nur eine Art nothwendigen Bildung des Verstandes, das der Volksschule auf der Bil- Zur Beantwortung der Interpellation erhob sich der Uebels, das man nichts weniger als fördern soll. Die dung des Gemüths beruhen. In jener ist der zukünftige Staatssekretär von Bötticher. Nach ihm ist der in düsteren Regierungsvorlage verlangt vom 1. April 1895 an zu Beihilfen Herr, in dieser der Knecht zu erziehen. Er hat Farben geschilderte Nothstand nur ein Phantasiegebilde. an Schulverbände wegen Unvermögens für die Verbesserung in seinem Gemüthe das Christenthum aufzunehmen, das Aus dem Umstande, daß die Kommunen sich noch nicht mit des Diensteinkommens der Lehrer und Lehrerinnen an ihn lehrt, wenn ihm der Herr auf die rechte Seite einen Silfgesuchene an die Regierungen gewendet haben, zieht öffentlichen Volksschulen jährlich drei Millionen Mark. Die Backenstreich giebt, auch gleich die linke Backe hinzuhalten, Bötticher den Schluß, daß es überhaupt keinen Nothstand Lage der Lehrer in Preußen und besonders in den Ost- während der zukünftige Lieutenant, und wäre es auch der giebt. Angeblich beweisen dies auch die sogenannten Ar­provinzen, in denen unter der Herrschaft der agrarischen Sohn des frömmsten Konsistorialraths, die Schneidigkeit er beitslosen- Bersammlungen, welche sich, anstatt mit der Frage Junker Gottesfurcht und fromme Sitte" besonders gepflegt langen muß, die ihn jeder Zeit bereit sein läßt, zur Pistole der Abhilfe des behaupteten Nothstandes, mit Politit be werden, ist eine so erbärmliche, wie in feinem anderen deutschen zu greifen, wenn ihn jemand schief ansieht, es sei denn, es faßten. Der einzige praktische Vorschlag, der in einer Ber Etaate. Von den 71 000 Voltsschullehrern in Preußen be- wäre ein Höherer, dem gegenüber er das verbindlichste liner Arbeitslosen- Versammlung gemacht worden sei, eine ziehen 10 619 ein Gehalt von unter 750 Mart, und man Lächeln zu bewahren hat, selbst wenn ihm dieser auf Deputation an den Minister für öffentliche Arbeiten zu geht nicht fehl, wenn wan den weitaus überwiegenden Theil die Hühneraugen tritt. senden, sei abgelehnt worden." Nun, dem kann abgeholfen dieser Lehrer in den rechtselbischen Landestheilen sucht. Herrn v. Minnigerode können wir keinen Vorwurf werden. Die Arbeiter werden den praktischen Vorschlag" Auf dem Lande haben 20 pCt. der Lehrer unter 750 Mart machen wegen seiner Anschauung, wohl aber dem libebes Herrn von Bötticher vielleicht aufnehmen, und dann Einkommen, und unter ihnen befindet sich die Hälfte schon über ralen" Bürgerthum, das geholfen hat, seine Anschauung werden wir ja sehen, was dabei herauskommt. 10 Jahre im Amt. Dabei sind die einzelnen Schulklassen, etwa zur herrschenden zu machen. Und der Freisinn", wie ver­20 000, überfüllt und zählen 100 bis 140 Schüler. Hier hält er sich zu der einschneidendsten Kulturfrage? Wie er die Lage der einzelnen Industrien fein ungünstiges Bild, Nach Herrn von Bötticher ergeben die Berichte über zieht die Regierung nicht den Vergleich mit anderen Staaten. bei Berathung des Volksschulgesetes die konfessionelle Bolts- Die Lage der einzelnen Industrien fein ungünstiges Bild, In Frankreich kommt auf 46, in Preußen auf 70 Schüler schule anerkannte, so begnügte er sich damit, daß sein Ver- und daß kein Nothstand herrsche, das beweise auch das ein Lehrer. Aber was kommt es darauf an, wenn Frank- treter Herr Knörcke im Abgeordnetenhause damit drohte, daß Streit im Saarrevier ist nach Bötticher das Wert von ge­Wachsen der Sparkasseneinlagen im letzten Jahre. Der reich und andere Kulturstaaten uns im Schulwesen voran die Lehrer sich der Sozialdemokratie zuwenden möchten. Streit im Saarrevier ist nach Bötticher das Wert von ge­gehen, wie in allen anderen Kulturforderungen? Uns ge- Das ist für uns so selbstverständlich wie irgend was, daß wiffenlosen Provokatoren, welche die Arbeiter zum Rechts­nügt, wenn wir nur mehr Soldaten, und vor allem mehr die herrschenden Klaffen mit dem Willen auch die Fähig- bruch und zur Auflehnung gegen die Staatsgefeße" verführt Unteroffiziere und mehr Dffiziere haben. Wenn wir nur feit verloren haben, eine Kulturaufgabe zu erfüllen, und schneidig sind! daß die ganze Hoffnung auf Verwirklichung einer solchen einzig bei der Sozialdemokratie ruht.

Gegen die so bescheidene Forderung des Kultusministers erhob sich denn auch mit aller junkerlichen Schneidigkeit der Freiherr v. Minnigerode- Rossitten. Drei Mal habe man bereits die Lehrergehälter aufgebessert ja, so weit auf­gebeffert, daß viele Lehrer noch mit 1 m. bis 1,20 m. pro

Tag dotirt sind, der Staat solle die Schulen den Ge- Politische Lebersicht.

meinden überlassen und wenn er diese unterstützen wolle, so möge er ihnen wohl Steuern überweisen, aber ihnen die Art der Verwendung selber überlassen.

haben.

Dieses Kapitel von den Hezern" und Streifbrüdern" spann dann Herr von Stumm weiter. Nebenher hielt der Selbstherrscher über Neunkirchen noch eine Vorlesung über die sozialdemokratischen Grundsäße, welche nach ihm nichts weiter als eitel Schwindel sind. Seine sozialpolitische Weisheit für heute hatte Stumim aus dem lehthin erschienenen Buche des Professors Wolf in Zürich entnommen, und aus Dank­barkeit dafür verlangte er eine Professur in Deutschland Berlin , den 12. Januar. für diesen Herru. Daß die Presse und speziell die sozial­Aus dem Reichstag . Die Ankündigung der Noth- demokratische Presse den Fall Baare nicht todtgeschwiegen Man kann Herrn von Minnigerode eigentlich nicht stands- Interpellation hat zwar die Galerien des Reichstags hat, ist nach Stumm ein Verbrechen an der deutschen In­unrecht geben. Er vertritt die Herzensmeinung des preußi- gefüllt, die Abgeordnetenpläge aber mit Ausnahme der dustrie. Daß der Bergarbeiter- Streit das Werk der Sozial­schen Junkers, und diese ist die herrschende in Preußen, ja äußersten Linken blieben die erste Stunde fast leer. Die demokraten und daß der Rechtsschutzverein eine durchaus im Reiche geworden, wo sie nicht vor der verwandten Herr Interpellation selbst begründete Liebknecht in längerer Rede, sozialdemokratische Organisation ist, steht nach Stumm fest. schaft der Industrie- und Finanztönige à la Krupp und wobei er von dem Gesichtspunkt ansging, daß weite Daß diese Organisation bisher geduldet wurde, macht Stumm in den Hintergrund tritt. Schichten der arbeitenden Bevölkerung notorisch unter einem Redner der Regierung zum bitteren Vorwurf. Ueberhaupt Man stellt Lehrer an und bezahlt sie, aber zu welchem schweren Nothstande leiden. Der Redner ging dann auf die gefällt ihm an der Regierung manches nicht. Rücksichtslose Zwecke? Was braucht der Justknecht und Scharwerker zu besonderen und die allgemeinen Ursachen dieses Zustandes Repression gegen jede Arbeiterorganisation und zu diesem wissen? Er braucht etwas Gottesfurcht, Demuth und Ge- ein; er zeigte wie unter dem System des Privateigenthums Behufe Wiedereinführung des Sozialistengesetzes, das bleibt horsam, und wenn er einhundert Sprüche und Kirchenlieder an Arbeitsmitteln und der schrankenlosen Konkurrenz die das A und der Stumm'schen Sozialpolitik. Nach und den Katechismus hersagen und allenfalls ein Gesang- Perioden der wirthschaftlichen Krisen immer fürzer auf- Stumm ver uchte der Handelsminister von Berlepsch in buch buchstabiren kann, dann hat er schon mehr als zu viel einanderfolgen müßten und der wirthschaftliche Nothstand längeren Ausführungen darzuthun, daß die Berg­an dem Ausstande im Saarrevier gelernt. Was darüber, das ist vom Uebel. Und nm die der arbeitenden Massen sich zum Dauerzustande aus- verwaltung Jungen bis zum 14. Jahre unter der Fuchtel zu halten und gestalte. Liebknecht streifte die Vorgänge im Saarrevier, gar feine Schuld treffe und daß es nur der unbegreifliche gleichbedeutend feien mit in Gottesfurcht" zu erziehen nach dem 14. Jahre über- welche dem Schiffbruch Leichtsinn der Bergarbeiter und deren Leichtgläubigkeit

Feuilleton .

Nachdrud verboten.)

Haus Nuzingen.

Soziale Studie von H. de Balzac . Deutsch von Curt Baate.

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Kurse, zu dem er sie selbst aufgelegt, gekauft hatte. Die hat er sich, was feinem von uns geglückt ist( von Dir, reine Wahrheit, meine Herren!

Er deckt sich bei Grandet mit hundertundfünfzigtausend Flaschen Champagner, weil er die Pleite des tugendhaften Baters des jetzigen Grafen d'Aubrion voraussah; ebenso macht er's bei Duberghe mit Bordeauxweinen. Diese drei hunderttausend Flaschen Wein, die er zu dreißig Sous), ja Freunde, zu dreißig Sous das Stück in Zahlung ge­nommen, giebt er den Alliirten im Palais Royal zu sechs Franks das Stück zu trinken, und sie vertilgen sie in den Jahren 1817-1819 gründlich.

So hört!" rief Blondet. Das Gedeihen des Hauses Nuzingen ist eins der außerordentlichsten Phänome unserer Die Wechsel des Hauses Nuzingen und sein Name ge­Beit. Im Jahre 1804 wußte man von Nuzingen noch winnen europäische Berühmtheit. Aus dem Abgrund, der so gut wie nichts. Die Bankiers hätten damals gezittert, Andere verschlungen hätte, steigt der große Baron in die wenn sie Wechsel von ihm im Betrage von hunderttausend Höhe. Thalern auf dem Plaze gewußt hätten.

Unser großer Finanzmann empfand bitter, wie un­bedeutend er war. Wie sollte er sich bekannt machen? Er stellt seine Zahlungen ein.

Schön! Sein Name, den man bisher nur in Straßburg und hier im Faubourg Poissonière kannte, hallt mit einem Schlage auf allen Plätzen wieder.

Couture, rede ich nicht) nur Freunde und keine Feinde ers worben. Seine Vorgeschichte hat er in völliges Dunkel ge= hüllt, mit Noth und Mühe hat man gerade heraus­bekommen, daß er kurz nach dem Jahre 1814 als Kommis in einem Parfumeriewaarengeschäft in der Rue Saint­Honoré hinter dem Ladentisch gestanden."

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,, Papperlapapp!" meinte Biriou. Wie könnt Ihr nur einen kleinen Bauerufänger, wie den Du Tillet, mit Nuzingen vergleichen! Ein Schakal ist er, nicht mehr, der eine feine Nase hat, Leichname wittert und zuerst auf der Stelle ist, um den besten Knochen zu erwischen. Ihr braucht die beiden Männer ja nur anzusehen! Der eine hat ein ausgeprägtes Kayengesicht, er ist mager und geschmeidig. Der andere gleicht einem Klotz; er ist dick, schwerfällig wie Zwei Mal hat er liquidirt, und beide Male heimsen ein Sack und unerschütterlich ruhig wie ein Diplomat; seine seine Gläubiger hohen Gewinn daraus ein. Er wollte sie Hand ist fett, und sein kaltes Luchsauge wird nie um einen hineinpacken, und es schlug anders aus. Er gilt für den Ton wärmer; nichts liegt bei ihm auf der Oberfläche, alles ehrlichsten Mann der Welt. Bei seiner dritten Zahlungs- ist tief; er ist undurchdringlich, nie merkt man seine Ab­einstellung wird man sich in Asien , Mexiko , Australien , fichten. Du Tillet's Scharfsinn aber gleicht, wie Napoleon werden sich die Wildeu um die Wechsel des Hauses Nuzingen einmal, ich weiß nicht von wem, sagt, zu dünnem Baum­reißen. wollenfaden: er reißt."

-WO

Er löst seine Berbindlichkeiten mit todten Werthen Duvrard ist der Einzige, der diesen Elsaffer, den Sohn" In meinen Augen ist Nuzingen seinem Gesellen Du ( werthlosen Attien) ein und nimmt seine Zahlungen wieder irgend eines Juden, der sich aus Ehrgeiz taufen lassen, Tillet nur durch seinen guten Geschmack überlegen: er fühlt auf. Sein Papier läuft jezt durch ganz Frankreich . Er ganz verstanden hat. Wenn Nuzingen sein Gold fort instinktiv, daß ein Finanzmann nur Baron heißen darf. hat unerhörtes Glück; die todten Werthe leben wieder auf, wirft, tönnt Ihr sicher sein, daß er Diamanten aufhebt, Du Tillet aber will sich in Italien einen Grafentitel finden bereitwillig Aufnahme und werfen Dividenden ab. sagte er einmal von ihm." faufen." Nuzingen'sche Aktien sind sehr gesucht.

,, Sein Helfershelfer Du Tillet ist seiner würdig", Das Jahr 1815 tommt. Mein Junge macht alles meinte Finot. Kein Mensch weiß, hinter welchem Zaun Kapital flüssig, kauft Aktien vor der Schlacht von Waterloo, er geboren ist. 1814 besaß der Bursche nicht einen roth en stellt im Augenblick der Krisis seine Zahlungen ein, und Heller, und seht ihn Euch einmal heute an. Und dabei begleicht alle Forderungen mit den berühmten Wortschiner

Bergwerksaktien, die er mit zwanzig Prozent unter dem*) 1,20 Mart

Aber, Blondet! Junge! Was redest Du da," rief Couture. Ein Wort widerlegt Dich! Nuzingen war fühn genug zu erklären, es gäbe nur den Anschein des ehr­lichen Mannes. Man muß mitten im Geschäft stehen, wenn man Nuzingen würdigen will. Das Bankgeschäft ist nur eine kleine Abtheilung seiner Unternehmungen: er hat alle