Einzelbild herunterladen
 
lokalen Arveitskammern überhaupt gesagt habe. In großen Städten, gumal wenn in ihnen nur eine Industrie vorherrscht, wird man sie sehr leicht bilden können, während ihre Zusammensetzung auf dem flachen Lande große Schwierigkeiten bereiten wird� Alle diese Bedenken haben mich zu der Erwägung gesührt, ob es nicht richtig sei, die Angelegenheit umgekehrt zu machen, und die Organisation auf beruflicher Grundlage aufzubauen. Dann hätten »vir den Vorteil, daß sämtliche Arbeiter des Deutschen Reiches von irgend einer Kannner ergriffen werden müßten, und daß die Kammern eine sachgemäße Vertretung der Berufsinteressen der einzelnen Arbeiter bildeten. Sie würden auch, weil sie in sich konsolidiert und massiert sind, eine viel größere Macht besitzen als die verzettelten Unterabteilungen von Territorialve» bänden. Ich glaube auch, daß wenn wir die Arbeitskammern nach Berufen gegliedert baben, wir damit der praktischen Enuvickelung unseres wirtschaftlichen Lebens gefolgt sind. Die großen Arbeiterorganisationen haben ihren Ursprung durchweg in der fachlichen Berufsgemeinschaft und darauf beruht auch ihre weitere Ausbildung. Sollen wir bei den Arbeitskammern einen anderen Weg gehen, als den, den die praktische Eutivickelnng vorgezeigt hat? Das eine inuß ich allerdings zugeben, daß dabei die örtlichen Interessen aus die, wie in diesen Tagen der Abg. Naumann treffend hervorgehoben hat, sehr großer Wert gelegt werden muß, etwas zu kurz kommen. Diejenige Fühlung des Arbeiterstandes mit dem Unlernehmerstande , und mit den Verwaltungsbehörden, die wünschenswert wäre, um Mißverständnisse zu beseitigen, könnte hierbei allerdings in erster Linie nicht so gepflegt werden, wie es auch mein Wunsch wäre. Aber es ist dabei zu bedenken, daß gerade in den stärksten Judustrieorten stets der Sitz von einer oder von zwei Berufskaimnern wäre, und daß dieseKammern an den einzelnen Orttn, auch wenn sie beruflich beschränkt sind, die Interessen der Arbeiter gegenüber den Kommunalverbänden und Behörden wahren können. Daun   hat aber auch die allgemeine Entwirkelung die einzelnen Industrien distriktsweise massiert. So sind die Eisenindustrie, die Textilindustrie an bestimmten Punkten konglonieriert. In Zukunft kann der Plan ja erwogen werden, der im Entwurf noch nicht angedeutet worden ist. daß auS den beruflichen Arbeits kammern örtliche Ausschüsse gebildet werden können, wo eS irotwendig ist. Dann hätten wir örtliche Ausschüsse in einem durch- löcherten System, Fachkanmiern aber überall, also umgekehrt wie wenn wir Territvrialkammern schüfen und nach Bedürfnis Fachabteilungen einrichteten. Das ivaren die wesentlichen Gründe, die mich bewogen haben, eine Organisation der Arbeits kammern aus fachlicher Grund- läge vorzuschlagen. Ich glaube, wenn eine Verständigung über diesen Punkt erzielt ist, die Verständigung über die weiteren Fragen sehr viel leichter sein wird. Die Kritik hat sich allerdings gerade an diese weiteren Fragen angeklammert, und weil dies oder jenes ihr nicht gefiel, das ganze Projekt verworfen. Der Entwurf schlägt vor, die fachlichen Arbeitskammern im Anschluß an die BerufSgeuossen- schaften zu errichten. Da habe ich nun gelesen, daß. wenn dieser Gedanke durchdränge, man lieber die Finger von den Arbeitskammern lassen solle; denn die Berufsgenossenschaften seien so unpopulär, daß sie dann unter ollen Umständen ein lebensunfähiges Kind sein würden. Auch darin geht man meiner Ueberzeugung nach viel zu weit. Wenn wir eine fachliche Organisation haben wollen, so liegt es doch nahe, die einmal vorhandene Abgrenzung der Gewerbe gegen­einander in den Berufsgenossenschaften zu benutzen. Ich denke mir aber die Anlehnung an die Berufsgenossenschaflen durchaus nicht als eine sklavische Nachahmung, Der Entwurf hat weiter vorgesehen, daß der Bundesrat über die Errichtung der einzelnen Arbeilskamniern be- schließen soll. Auch das ist bemängelt worden. Aber wenn wir eine prak- tische Einrichtung haben wollen, müssen wir sie dochdenvorhandenen tat- sächlichen Bedürfnissen xmpassen. Das aber kann nur geschehen, wenn den Behörden eine gewisse Freiheit gelassen wird, dem wirklichen Bedürfnis nachzukommen. Für das Buchdruckgewerbe würden z. B. nach meiner Auffassung in Deutschland   zwei Arbeitskammern ge- nügen, vielleicht in Leipzig   und Stuttgart  ; vielleicht sind es auch drei oder vier, ich bitte, mich nicht darauf festzunageln. Andere Gewerbe müßten viel mehr Arbeitskammern haben, sind auch territorial viel verschiedener. Unter Ueberschreitung oder Jnnehaltung der Grenzen der einzelnen Bundesstaaten gibt es da eine große Zahl praktischer Möglichkeiten, die der Bundesrat nachher sestsetzen kann. Eine weitere sehr lebhafte Kritik hat angeknüpft an die Vorschriften über daS Wahlverfahren. Im Entwürfe ist vorgeschlagen, die Hälfte der Mit- glieder der Kammer durch die Arbeiterausschüsse, die andere durch die Versicherungsanstalten wählen zu lassen. Bei den Arbeiterausschüssen haben wir zunächst daran gedacht, daß sie sich ständig weiter ent- wickeln, daß sie schon eine Arbeitervertretung darstellen, und daß der Wunsch nach ihrer obligatorischen Einsührung weit verbreitet ist. Die Herren vom Zentrum' hatten wohl schon in der ersten Lesung einen dementsprechenden Antrag. Die Arbeiterauöschüsse müssen sich also in manchen Kreisen der Popularität und des Vertrauens er- freuen, und wenn der Entwurf die Arbeiterausschüsse als Wahl- organe genannt hat, so hat er eben vor allem die weitere Ent- »vickelung dieser Arbeiterausschüsse im Auge gehabt, die allein dadurch eine ganz andere Stellung bekonunen werden. Ob die Beisitzer in den Versicherungsanstalten die richtigen Wahl- männer sind, darüber läßt sich streiten. Aber die Wahlen sind uns ja nicht Selbstzweck, sondern nur Mittel zu dem Zweck, diejenigen Vertreter zu bekommen, welche von dem Vertrauen ihrer Mandatare getragen sind, welche diejenige Energie. Intelligenz und UeberzeugungStreue hineinbringen, um die Geschäfte zu fördem. Man hat mir den Vorwurf gemacht, daß der Gesetzentwurf so konstruiert sei, daß die Arbeitskammern zu allein Ja und Amen sagten. In keiner Weise! Wenn »vir solche Arbeitervertreter bekommen, die von vornherein zu allem Ja und Amen sagen, dann taugt die ganze Geschichte nichts.(Sehr wahr! bei den Sozial- demokraten.) Wir müssen Menschen haben, sowohl Arbeitnehmer »vie Unternehmer, die überzeugungstreu sind, die nicht zu allem Ja sagen, die aber auch nicht in der Absicht hineinkomme», zu allem Nein zu sagen.(Sehr gut I rechts. Abg. Molken- b u h r sSoz.) sagt halblaut zu dem vor ihm sitzenden Geh. Rat Dr. Fischer: Warum sagt er daS eigentlich uns?) Ich sage daS nicht Ihnen, ich habe mich nur zufällig nach links gedreht.(Heiterkeit.) Ich sage eS aller Welt. Wenn Vorschläge kommen, die nicht davon ausgehen denn es gibt auch solche Leute daS Wählen zum Selbstzweck zu machen, sondern die lediglich bezwecken, die Wahl guter Vertreter zu sichern, so sind wir bereu, jeden guten Gedanken anzunehmen. Ein paar Worte noch über die K'ostenfrage. Ich gebe zu, daß dies eine heikle Frage ist. Es hat mir selber nicht gepaßt, daß in einer Organisation, in welcher Arbeitgeber und Arbeitnehmer ver- treten sind, die Kosten nur von den Arbeitgebern aufgebracht »Verden.  (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen.) Eine andere Regelung der Frage wäre mir durchaus er- wünscht. Ich habe deshalb vorgeschlagen in der Meinung, daß es notwendig ist, die ArbeUskammern an die Berufs­genossenschaften anzulehnen, und da ergibt es sich als einfache und gewissermaßen sich von selbst ergebende Lösung, die Kosten auf die Berufsgenossenschaften zu übertragen. Ich bin aber durchaus der Meinung, daß, wenn hier Vorschlage zu einer zweckmäßigeren Lösung gemacht werden, ich dieselben annehme. Einen solchen zweckmäßigen Vorschlag habe ich aber darin nicht finden können, daß man sagte, die Kosten der Arbeitskammern sollen nach- her ausgeschrieben werden. Das gibt viel Schreibereien. Anstellung von neuen Beamten und Gott weiß was. DaS ist ein Weg, der »nir untüchtig scheint. Worauf ich Wert gelegt habe, war, hier kurz die Erivägungen darzulegen, die mich dazu gesührt haben, den Entwurf so zu ge- stalten, wie ich ihn gestaltet habe. Ich habe mich dabei bemüht, die Vorwürfe abzulehnen, welche die schwärzesten Pläne hinter dieser Organisation erblicken. Ich wünsche eine Organisation zu schaffen, »velche lebensfähig ist. Daß der Gesetzgeber der Organisation kein Leben einhauchen kann, ist selbstverständlich. Wir können nur einen äußeren Rahmen hinstellen und mit Leben erfüllt muß er werden von den Beteiligten, von den Arbeitgebern und Arbeitern.(Lebh.' Zust.) DaS gebe ich freilich zu, der Rahmen muß auch so sein, daß er tatsächlich benutzt werden kann. Das ist meine Absicht gewesen. Sie werben ja, sei eS jetzt bei der Etat'beraiung, sei eS später, wenn der Entlvurf vorliegt, Ihre Kritik daran üben. Aber vielleicht werden Sie mir zugeben, daß die Gedanken, die mich geleitet baben, die- jenigen waren, welche mir geeignet erschienen, eine solche Organisation zu schaffen.(Lebhaftes Bravo!) Eliatz- Lothringischer Geheimer Oberregierungsrat Halley: Die harten Worte, welche gestern über die Gewerbeinspcktion in Elsaß- Lothringen   gesagt wurden, wären wohl nicht gesprochen worden, wenn die betreffenden beiden Herren die Elitwickelung der Gewerbeaufsicht in Elsaß-Lothringen   in den letzten Jahren verfolgt hätten. Die Regierung ist bemüht, die Gewerbe- anfsicht so zu entwickeln, daß sie allen Ansprüchen genügt. die vernünftigerweise an sie zu stellen sind, natürlich auch mit Be- acktung der finanziellen Leistungssäbigkeit des Landes. Ferner muß ich den Gewerbeinsvektor in Metz   in Schutz nehmen gegen die Angriffe des Abgeordneten Giesberts. wenn ich auch nicht jedes Wort und jeden Satz dieses Beaniten hier vertreten kann.(Große Heiterkeit.) Abg. Gamp(Rp.): Mit den» neuen Staatssekretär wird die Sozialpolitik hoffeutlich in die Grenzen eintreten, die wir für angemessen halten.(Bravo I rechts.) Das Automobiltempo der Sozialpolitik, welches die 24 eingebrachten Resolutionen wünschen, machen wir nicht mit. Der Abg. Dr. Streesemann war gegen Herrn Bueck sehr ungerecht, die Aeußerimg Buecks vom sozialpoliiiscben Uebereifer war sehr maßvoll, hier herrscht vielmehr ein sozialpolitisches Wettrennen, bei dem aber nicht die besten Pferde ans Ziel kommen, sondern diejenigen, welche agitatorische Maßnahmen befürworten. Man soll doch nicht vergessen, daß unsere Industrie durch die Sozialpolitik ganz außer- ordentlich belastet ist gegenüber der Industrie des Auslandes. Die überhasteten sozialpolitischen Maßnahmen muffen unter den Arbeit- gebcrn Unwillen erregen. Graf PosadowSky hatte offenbar in den letzten Jahre» die Berührung mit dem praktischen Leben verloren.(Sehr richtig! rechts.) Das Zentrum beantragt in einer Resolution ein Kartellamt oder eigentlich ein Antikarlellamt. Ich will aber doch darauf aufmerksam machen, daß die SpirituSzernrale und die so­genannte Liebesgabe es allein ermöglichen, die kleinen Existenzen zu erhalten. Herr Kaempf wies auf die Kohlen- und Arbeiter- frage als schwierige Momente für unsere Industrie hin, für wichtiger aber halte ich die EntWickelung des Geldverkehrs. Der Staatssekretär muß der Frage näher treten, wie der hohe Bankdiskont zu ermäßigen ist, unter welchem das Kleingewerbe leidet. Dem Wunsche des Abg. Kaempf. die antiguirierte Bestiiniming zu beseiligen, daß Krankenhausbehandluug und Armenunterstiitzung Wahlrechtsentzug im Gefolge haben, schließe ich mich an. Der Abg. Scbmidt verlangte eine Fürsorge für Arbeitslose. Aus dem Lande brauchen wir eine solche Fürsorge nicht, weil wir dort keine Arbeitslosen haben.(Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Ich will zu Ihnen nicht sagen: Schicken Sie die Arbeiter aufs Land, denn vor den Arbeitern, die Sie(zu den Sozialdemo- kraten) schicken würden, habe ich Aug st.(Große- Heiterkeit) aber die verständigen Arbeiter sollten aufs Land kommen. Herr Schmidt klagte über die Arbeitgeberorganisationen. Aber diese sind doch erst ins Leben gerufen als ein Akt der Notwehr gegen un- berechtigte Streiks.(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Wir müssen Kautelen gegen den Terrorismiis der Arbeiter gegen Arbeitswillige schaffen.(Zustimmung rechts, Lachen bei den Sozialdemokraten. Die Abgg. Schmidt und Molkenbnhr wiesen auf die hohe Unfall- ziffer bei der Landwirtschaft hin; sie übersehen, daß in der Land- Wirtschaft die Unfälle nicht so abgegrenzt sind wie in der Industrie. Den Staatssekretär möchte ich bitten, auf eine Verminderung des Druckivcrks Bedacht zu nehmen. Z. B. haben wir eine Denkschrift über die Neblausbekämpfung erhalten, in der jeder einzelne Reblausherd mit großer Liebe behandelt ist.(Heiterkeit.) ES würde den Rebläusen zwar nicht besser bekommen, im Gegenteil, wenn die SiZ<30 000 Mark statt für diese Denkschrift auf die Bekämpfung der Rebläuse   verwendet worden wären. Auch die Statistik müßte vereinfacht ivcrden. Weiter möchte ich den Staatssekretär bitten. eine Vorlage wegen Aenderung des KrankenversicherungSgesctzes zu machen; die Unternehmer sind gern bereit, die Hälfte der Kosten der Krankenversicherung zu übernehmen. Für die Landwirt- schaft die Krankenfürsorge obligatorisch einzuführen, ist zwar sehr schwierig, doch halte ich sie für ausführbar. Ferner habe ich de» Wunsch, daß den landwirtschaftlichen BerufSgenoffenschaften die obligatorische Versicherung gegen Haftpflicht zur Pflicht gemacht wird; dabei sollte man eine Maximalgrenze festsetzen. Bismarck  hat einmal gesagt, die Arbeiter würden durch die Sozialpolitik doch nicht zufrieden gestellt. Das rührt daher, daß die Sozialdemokratie die Unzufriedenheit braucht und sie immer wieder erregt.(Sehr richtig! rechts. Lachen bei de» Sozialdemokraten.) Der Rückgang der Sozialdemokratie beweist, daß die Arbeiter sich besinnen. Sorgen wir dafür, daß dieser Gesuiidiingsprozeß sich weiter vollzieht, damit leisten wir dem Vaterlande einen guten Dienst.(Lebhafter Beifall rechts.) Vizepräsident Pansche: Sie haben zu Beginn Ihrer Rede von den Torheiten des Bundesrates bei Erlaß der iverordnung im Gastwirtsgewerbe gesprochen. Ich rufe Sie für diesen Ausdruck zur Ordnung. Abg. v. Gamp(Rp.): Ich bitte mnS Wort zur Geschäfts­ordnung. Vizepräsident Paasch«: Sie erhalten daS Wort zur Geschäfts­ordnung jetzt nicht, am allerwenigsten im Anschluß an einen Ordnungsruf des Präsidenten. Sie können schriftlich dagegen Protest erheben. Abg. v. Gamp(Rp.): Ich wollte ja nur den Vorwurf zurück- nehmen.(Große Heiterkeit.) Abg. Raab(wirtsch. Vg.) betont, daß die Handwerker am all- gemeinen Befähigungsnachweis festhalten; serner tritt er für schärfere Maßnahmen gegen den unlauteren Wettbewerb und für die Schaffung eines ReichshaudwerksamtS ein. Weiter verlangt er größere soziale Fürsorge für die See- leute und' Hafenarbeiter und Sonntagsruhe für Binnenschiffer. Den Kohlcntrimmeni sollte man bei il,rer schweren Arbeit jede»nögliche Erleichterung zuteil werden lassen, unbekümmert darum, ob dadurch mehr Kohlen gebraucht werden. Die Löhne auf den deutschen   Schiffen sind erheblich niedriger als auf englischen und amerikanischen   Schiffen; auf englischen Schiffen beträgt die Heuer 25 Proz. mehr wie bei unseren; ein Vergl eich ergab, daß auf einem amerikanischenDampfer der durchschnittliche Monatslohn 23,7 Dollars b e- trug, auf einen» englischen 23.2 Dollars, auf einem deutschen   nur 15.4 Dollars.  (Hört I hört I bei den Sozialdemokraten.) Auch die Kapitäne sind mit ihrer Stellung wenig zufrieden. Bei einer ganzen Reihe von Schiffszu'ammenstößen ist als Ursache festgestellt, daß bei dichtem Nebel nicht mit ver- minderter Fahrgeschivindigkeit gefahren sei; dieser Fehler ist übrigens international und sollte daher auch auf internationalem Wege bekämpft werden. Andere Unfälle haben sich ereignet, nicht wegen mangelhafter Führung, wie das Seeamt festgestellt hat, sondern wegen hohen Alters, zu schwerer Ladung, ungenügender Bemannung und Ausrüstung, Seeuntücktigkcil der Schiffe. Das schnelle Fahren im Nebel ist auf die internationale Konkurrenz zum Teil zurückzuführen. England ist mit der Tiefladelinie in dankenswerter Weise vorangegangen. Die Kapitäne sollten.sich weigern, im dicken Nebel zu fahren, auch wenn ihnen die Eutlaffung droht. So lange der sinnlose Kampf um das blaue Band auf dem Ozean auSgesochten wird, so lange werden Tausende von Menschenleben und Milliarden von Gütern in Gefahr sein. Herr Ballin freilich soll gesagt haben, in zwanzig Jahren wird man über unsere heutigen Begriffe von Geschwindigkeit lachen. Wenn man sich so leicht über die Gefahren hinwegsetzt, wird man an eine Besserung dieser Zu- stände nicht denken können. Dringend zu wünschen wäre eS, um diesen Gefahren zu steuern, ein ReichsseefahrlSamt zu schaffen. (Bravo  ! bei der Wirtschafilichen Vereinigung.) Abg. D»ve(srs. Vg.): Der Abg. Kaempf hat mit Recht darauf hingewiesen, daß die Initiative der deutsche» Kanfteute durch eine Bureaukratisienmg der AuslmiftSerteilung leiden würde: ich teile seine Bedenken gegen die geplante Außenhandelsflotte durchaus. Auch gegen die' angeregte gewerblich- technische Reichsaustalt habe ich Bedenken; die Entwickelnng der Technik in allen Ehren, aber weder die Dampfmaschine, noch die elektrische Telegraphie, noch das Schießpulver ist von Geheimräten erfunden worden.(Heiterkeit.) Die preußischen Bestimmimgen über die Legitimationspapiere ausländischer Arbeiter geben Anlaß zu schweren Be- denken. Die Landarbeiterzentrale ist ein privates Unternehmen, und es ist sehr bedenklich, ihr daS Lgitimationspapierivesen in die Hand zu geben. Das«scheint mir als Eingriff in die Sphäre des Reiches; und zwar ist das Reichsamt des Innern und das Aus- wärttge Amt dabei beteiligt. Wir müssen daher zu einer reichs- gesetzlichen Regelung der Frage kommen.(Bravo I bei den Frei- sinnigen.) Die weitere Beratung vertagt das HauS. Eingegangen sind vier Interpellationen über daS Schicksal der Beamtenbesoldungsvorlage. Sie sollen an einem der nächsten Tage auf die Tagesordnung gesetzt werden. Nächste Sitzung: Donnerstag 1 Uhr. Fortsetzung der heutigen Beratung. Schluß 6 Uhr._ Mgeoränetenbaus. 44. Sitzung v o in Mittwoch, den 4. März 1öl>8, vormittags 12 Uhr. Am Ministertisch: Frhr. v. Rheinbaben, Breitenbach. Die zweite Etatsberatung wird fortgesetzt beim Etat der Eisenbahnverwaltung. Zu denEinnahmen" liegt ein Antrag v. Gamp(fk.) vor. wonach bei de» Wahlen zum preußischen Abgeorduetenhause den Wahl männern freie Fahrt nach und von dem W a h l o r t e gewährt und ihneir, wo die regelmäßigen Züge keine angemessene Verbindung bieten, Extrazüge gestellt werden sollen. Abg. v. Heqdcbrandt(!.); Ich will vorläufig nur einige all- gemeine Gesichtspunkte vorbringen. DaS Bild, daS der Etat bietet, ist kein erfteuliche's; wir stehen voraussichtlich großen Ausgaben gegenüber, wozu neue Anleihen nötig sein werden. Dazu kommen die bevorstehenden großen Ausgaben für die Beamtenvorlagen und eventuell auch noch für die Bedürfnisse des Reiches. Der Etat selbst bietet nicht die Ueber- sichtlichkeit, die man von einem tadellosen Etat erwarten kann. (Sehr richtig I rechts.) Dadurch daß das Ordinarium eine Reihe von Jahren nicht auskömmlich dotiert worden ist, ist eine Verschleierung deS eigentlichen Status unseres ElseubahnwesenS herbeigeführt. Jetzt, wo wir uns in einer rückläufigen Konjunktur befinden, drängt sich diese Erkenntnis unabweiSlich auf. Sehr bedauerlich ist._ daß der Betriebskoeffizient sich in einer Weise bewegt, lvie wir cS bisher in Preußen nicht gewohnt waren. Wenn wir auch natürlich der Regierung die Hauptschuld an diesen Verhältnissen zuschieben müssen, so müssen wir doch auch an unsere eigene Brust schlagen.(Sehr richtig I) Wir müssen den Etat sparsamer und besser einrichten. Sparsamkeit wird insbesondere zu üben sein auf dem Gebiete der teuren Bauten und der Ausnutzung des Materials in bezug auf die Kohlen und auch den Wagenpark. Doch darf diese Sparsamkeit nie so weit gehen, daß es der Verwaltung unmöglich gemacht wird, ihren Betrieb in wirksamer und billigerweise zu führen. Die Mittel sollten auf- gebracht werden durch Ausgestaltung des Ordinariums und im übrigen durch Anleihen für die werbenden Ausgaben. Neue Steuern könnten höchstens für den Mehrbedarf in Betracht kommen, der durch die Erhöhung der Beamteugehälter nötig wird. Die Betriebsmittel» gemeinichast hat gewiß viel für sich, doch müssen die preußischen Interessen bei diesem Austausch der Wagen in gehörigerwcise ge- wahr» werden, damit es keine societas leonina zuungunsten Preußens wird.(Sehr wahr l rechts.) Den Bestrebungen aber, die preußische Eisenbahnverwaltung allmählich zu einer deuischen über- zuleiten, stehen wir mit größtem Mißtrauen gegenüber.(Sehr richtig! rechts.) Die Fahrkartensteuer ist nicht nur unbeliebt, sondern auch total unpraktisch. Sie schädigt die preußischen Eisenbahn- einnahmen auf das erheblichste, ohne dem Reiche den erwarteten Vorteil zu bieten.(Sehr wahr!) Wir würden mit Freuden diese Steuer aufgeben, wenn uns ein Ersatz dafür ge- boten würde. Die Schwankuugen in den Einnahmen des EiscnbahnetatS bedeuten gewiß eine große Gefahr bei der großen Rolle, die diese Einnahmen in unserem gesamten Finanz- wcsen spielen. Ich glaube aber»ficht, daß meine Freunde dem Gc- danken praktische Folge geben werden, eine feste Grenze für diese Schwankungen aufzustellen. Wir müssen unserem Eisepbahuwesen die Ausgestaltung geben, die eS seiner Natur nach verlangt, dann werden auch bessere Zeiten für dies Ressort konunen. Wir haben daS Vertrauen zu dem Herrn Miuifter, daß er seine Sache vorzüglich versteht; wir erkennen an. daß seine Verwaltung meisterhaft gekettet ist.(Lebhafter Beifall rechts.) Abg. Wallenborn  <Z.) sauf der Tribüne fast unverständlich) be- grüßt die geplante Vermehrung der Betriebsmittel und die Verwand- lung weiterer eingleisige in doppelgleisige Strecken. Abg. Dr. Frir'dberg(natl.): Die Art und Weise, wie der Etat auf- gestellt'ist, bat dazu geführt, daß wir das Bild eines vollkommen schiff- brüchigen Etats erhalten. Die Etatsaufstellung darf nicht zum Hemm- schuh der Entwickclung des Eisenbahnwesens werden. Der Standpunkt des Finanzministers ist derjenige eines Aktionärs, der möglichst viel Dividende haben will. Dieser Standpunkt führt zu einer ungenügenden Ausstattung des Ordinariums und das führt zu Etalsüber- schreitungeu. Mit diesem unklaren Etat übernimmt der Herr Finanz- minister und der Herr Eiscnbahiinfiiiister eine schwere Verantwortung. Wir lehnen die Verantwortung für diese» Eisenbahnetat ab.(Bravo  ! bei den Nationalliberalen.) Finanzminister Frhr. v. Rheinbaben: Ich verstehe«ficht, weshalb Herr Friedberg   seine Kritik nicht schon im vorigen Jahre geübt hat, denn auch damals waren erhebliche Ueber- schreitungeu der Ausgaben zu verzeichnen, die allerdings ge- deckt wurden durch erhebliche Ucberschreitungen der Einnahmen. Das ist in diesem Jahre allerdings infolge der rückläufige» Konjunktur nicht der Fall. Die volle Schärfe dieser rücklSnfige» Bewegung trat aber erst nach Fertigstellung des Etats in die Erscheinung. Die Folge sind falsche Schützungen im einzelnen, wie wir durchaus zugeben, aber von einem falschen System der Etats aufftellung kann keine Rede fein. Wir nehmen durchaus keinen Aktionärstandpunkt ein. aber wir müssen darauf sehen, daß die Ein- nahmen der Eisenbahnverwaltung in angemessenem Maße den anderen Verwaltmigen zuteil werden, wenn wir nicht zu einer Ver- doppelung der Einkommensteuer konunen wollen. Würden wir nicht an dem Prinzip festhalten, daß alle Ausgaben der Eisenbahnen zur Ausgestaltung der bisherigen Anlagen aus ihren eigenen Einnahmen bestritten werden müssen, sondern zur vermehrten Aufnahme von Anleihen kommen, so wäre es nicht zu vermeiden, daß die anderen Verwaltungen die ganzen lleberfchüsie der Eiimahnlen für sich in An- ipnich nehmen und eine weitere Folge wäre eine außerordentliche Belastung der Eisenbahnverwaltung durch ZinS- und Tilgungsraten. Dazu kam, daß der Stand unserer StaatSpapiere gerade durch die alljährliche Inanspruchnahme deS Marktes mit neuen Anleihen itäiidig verschlechtert wird. Daher können wir nicht daran denken, nun noch jährlich 203 Millionen für Pas Extra ordinarium auf An- leihe zu nehmen. Wir sollten an den Grundsätze» festhalten, die das Haus 1892 selbst aufgestellt hat und nur in dringenden Fällen davon abweichen.(Beifall.) Abg. Fihr. v. Zedlitz(fk.): Man hat im vorigen Jahre bei dem EtatSa»>atz für die Einnahmen nicht genügend Rücksicht auf die Aus- gaben genommen. Einnahmen und AÜsgaben müffen im Etat möglichst den wirklichen Verhältnissen entsprechend zum Ausdruck kommen. Sparsamkeit könnte auf manchen Gebteten geübt werden. Die Fahrkartenstener hat uilgünstige Ergebnisse gezeitigt, wie ich dies schon vor ihrer Einführung als wahrscheinlich betont habe. Erfreulich im Interesse der inländischen Produktion ist die Erkläruiig deS Ministers der öffentlichen Arbeiten in der Kommission, daß er mit der Ermäßigung der Gütertarife weiterhin vorgehen lvill. Rücksicht nehmen müssen wir darauf, daß bei der Neichsfinanzreform