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fle\o schwere Wucherpreise nicht zahlen können, zwingt die Klein- Händler, die Steigerungen nicht ganz mitzumachen, obwohl sie natür- lich mitmachen, so weit sie können. Aber gerade da. wo die Steigerungen im Großhandel noch verhältnismäßig gering sind, treiben die Händler die Preise hoch. In Danzig   und Stettin   sind die Kleinbandelspreise für Steinkohlt doppelt so stark gestiegen wie die Großhandelspreise, in Posen und Breslau   dreimal so stark! Die Ordnung der Dinge will es hier wie überhaupt in unserer Wirtschasts-..Ordmjng", daß gerade die wirtschaftlich Schwachen die höchsten Preise zahlen müssen. Der kapitalkräftige Mann kauft im Großen und daher erheblich billiger ein, wenn schon auch ihm ein schwerer Tribut durch den Syndilatswucher nicht erspart bleibt. Soziales. Der Prüfstein der Anständigkeit. Einer recht eigenartigen Methode, seine jugendlichen Weib lichen Angestellten auf Ehrlichkeit und Anständigkeit zu prüfen, bediente sich der Kohlenhändler Edmund Beese, wie sich aus zwei gestern vor der 1. Kammer des Kaufmannsgerichts stattgefundenen Verhandlungen ergab. Beide Klägerinnen, die ISjährige Frieda S. und die erst 14jährige Berta R., waren in dem in der Schwedter Straße 44 befindlichen Kohlengeschäft des Beklagten alsKassiere- rinnen" mit einem wöchentlichen Gehalt von 8 M. angestellt. Die Arbeitszeit begann um 7 Uhr früh und endete oft erst um 9 und VilO Uhr abends. Frieda S. wurde nach dreiwöchiger Tätigkeit so- fort entlassen. Als Begründung gab der Beklagte an, sie sei am Entlassungstage erst fünf Minuten nach 7 Uhr ins Geschäft ge- kommen. Nach erfolgter Rechtsbelehrung seitens des Vorsitzenden zahlte B. vergleichsweise 48 M. Erst die zweite Verhandlung ließ einen Rückschluß auf den wahren Grund der Entlassung der Klägerin S. zu. Die 14jährige R. hatte nämlich die Stellung im Hause des Beklagten freiwillig aufgegeben, weil sie es vor den un- sittlichen Angriffen, die ihr Ehef vom Beginn ihres Antritts an gegen sie im Kontor unternahm, nicht mehr auszuhalten vermochte. Den Eltern von den Vorkommnissen Mitteilung zu machen, hatte sie darum solange gezögert, um sie nicht außer Brot zu bringen, denn beide waren im Betriebe des Beklagten als Arbeiter ange- stellt. Schließlich sagte sie es aber doch der Mutter, denn der Prin- zipal wurde immer zudringlicher. Die Folge davon war, daß die Eltern ihr Kind sofort aus dem Dienst nahmen. Der beklagte Kohlenhändler gab für die ihm vorgehaltenen Handlungen, die er nicht bestritt, eine merkwürdige Begründung. Berta R. habe es darauf abgesehen gehabt, von ihm verführt zu werden. Er wollte sie nur auf Ehrlichkeit und Anständigkeit prüfen, wie überhaupt diese Prüfungsmethode für ihn ein altes bewährtes Mittel sei. Auch die erste Klägerin hätte er so geprüft, und durch ihren sofortigen energischen Widerstand gesehen, daß er es mit einem rechtschaffenen Mädchen zu tun hatte. Mit seiner jetzigen Kassiererin sei er so zufrieden, daß ihr Gehalt in kurzer Zeit von 40 auf 45 M. pro Monat gestiegen sei. Das Kaufmannsgericht verurteilte selbstverständlich den Be- klagten zur Zahlung der geforderten 43 M. Es sei. hieß es in den Gründen, mit der Jugend und Unerfahrenheit der Klägerin zu entschuldigen, wenn sie nicht gleich auf die ersten unsittlichen An- griffe hin die Stellung verließ. Das Strafverfahren gegen den Kohlenhändler, einen Mann in den Fünfzigern, schwebt bereits. wurde, zwischen diesem selbst und der Baubude sich ereignet hat, sondern der auch durch Gefahren des Betriebes verursacht worden ist. Waren nämlich die Bauarbeiter, zu denen der Kläger   gehörte, genötigt, um das zur Arbeit erforderliche Werkzeug zu holen, den Gang vom Neubau zur Bauhütte zu machen, so setzte sich der Kläger   nicht dadurch außer Betrieb, daß er statt einen im oder am Wege liegenden Schutthaufen von etwa einem halben Meter Höhe zu umgehen, darüber hinwegsprang, und dies auch dann nicht, wenn der Schutthaufen nicht unmittelbar am Wege gelegen haben sollte. Solche geringfügigen Abweichungen von dem Verhalten eines stets nach der Norm handelnden Menschen seitens eines Vor- sicherten lösen nicht den Zusammenhang mit dem Betrieb.' Enthebung von Vorstandsmitgliedern der Chemnilzer Krankenkasse. Die an der Kette der wegen gemeiner Erpressung verhafteten Schubert und Rabe liegendenationale" Hetze gegen die Chem- nitzer Ortskrankcnkasse hat einenErfolg" zu verzeichnen. Der Borsitzende der Ortskrankenkasse, Genosse Hauschild, und das Aus- schußmitglied, Genosse Landgraf, sind von der Aussichtsbehörde ihrer Aemter enthoben worden. Der Beschluß des Rats der Stadt Chemnitz   als Aufsichtsbehörde lautet: 1. Der Vorsitzende der Ge- meinsamen Ortskrankenkasse zu Chemnitz  , Herr Robert Hauschild  in Chemnitz  , und 2. das Krankcnkassenvorstandsmitglied, Herr Emil Landgraf in Chemnitz  , werden, da hinsichtlich ihrer Personen Tat- fachen bekannt geworden sind, welche sich als grobe Verletzung der Amtspflichten in bezug auf die Kassenführung darstellen, ihrer Aemter enthoben. Bekanntlich hatte die Staatsanwaltschaft in Zwickau   ein Ein- schreiten auf Grund der SchubertschenEnthüllungen" abgelehnt. Doch wo die Staatsanwaltschaft nichts zu arbeiten fand, entdeckte der Ratgrobe Verletzungen der Amtspflichten in bezug auf die Kassenführung". Die Verfehlungen der beiden Vorstandsmitglieder sollen nach derVolksstimme" in folgendem bestehen: 1. Dem Vor- sitzenden sind einmal von einer Angestellten in Grünhain   eine ge- ringe Quantität Speck   und Wurst, ferner 4 oder ö Eier, im Ge- samtwerte von 2,30 M., heimlich in die Reisetasche gesteckt worden, die er nicht wieder zurückgegeben und deren entsprechenden Geldwert er der Anstalt auch nicht wieder zugeführt habe. 2. Von dem mit enthobenen, Vorstandsmitglied wird berichtet, daß sein elfjähriger Sohn im Jahre 1902 zirka 14 Tage beim Verwalter in Grünhain  aufhältlich gewesen und aus der Küche des Heims verpflegt worden ist. Dem Verwalter seien zwar dafür 20 M. angeboten worden, derselbe habe aber eine Entschädigung abgelehnt bezw. keine er- halten. 3. Im Jahre 1906 sind dem Kassenvorstande auf Ansuchen vom Dezernenten des Versicherungsamtes 120 M. für Reisespesen zur Besichtigung der Lungenheilstätte Hohwald bei Neustadt aus Kassenmitteln bewilligt worden. Diese 120 M. sind auch der Spcsenkasse des Kassenvorstandes zugeführt worden. Die Ver- fügung beschuldigt aber die oben genannten Vorstandsmitglieder, daß sie don auf sie entfallenden Teil zwar erhalten, die Besichtigung der Anstalt aber nicht vorgenommen hätten. Richtig ist nun zwar, daß die beiden Beschuldigten an der Besichtigung wegen Unwohl- seinS nicht teilnehmen konnten, ebenso richtig ist aber auch, daß sie für die nicht mitgemachte Exkursion eine Entschädigung nicht er- halten haben. Wird die Suggestion, welche das Pamphlet der wegen Er- Pressung Verhafteten auf den Rat geübt zu haben scheint, auch das Verwaltungsstreitverfahrcn beherrschen? Selbstgeschaffene Gefahr" oder Betriebsunfall? Ein 20 Jahre alter Maurer wurde mit seinen Kollegen vom Regenwasser überrascht und begab sich mit diesen von dem Neubau in die Baubude. Als der Regen aufhörte, begab sich alles wieder an die unterbrochene Arbeit auf dem gewöhnlichen Wege zurück. Nur der junge Mann trennte sich von seinen Arbeitskollegen und übersprang einen im Wege liegenden Schutthaufen, um ein Stück Werkzeug gleich mitzunehmen. Hierbei kam er Fall, stürzte hin und zog sich eine ziemlich schwere Verletzung zu. Die Baugewerks- Berussgenossenschaft wollte jedoch nicht einsehen, daß ein Betriebs- Unfall vorliege, da der Verletzte sich selbst in Gefahr begeben habe, gar nicht nötig hatte, den gefährlichen Sprung über den Schutt- Haufen zu wagen. Auch das Schiedsgericht erklärte darauf, daß ein Betriebsunfall nicht vorliege, da sich der Verletzte selbstaußer Betrieb" gesetzt habe, indem er einen anderen Weg eingeschlagen und den Schutthaufen ohne jeden Grund übersprungen habe! Anders faßte das Reichsversicherungsamt die Sache auf und verurteilte die Berufsgenossenschaft zur Zahlung einer Rente von 40 Proz., da ein Betriebsunfall im Sinne des Gesetzes wohl vor- liege. In dem Urteile heißt es u. a: Zunächst kann dem Entscheidungsgrunde des Schiedsgerichts, daß kein Betriebsunfall vorliege, nicht beigetreten werden. Es handelt sich vielmehr um einen Unfall, der nicht bloß während der Betriebszeit nämlich nach Wiederaufnahme der durch Regen- weiter unterbrochen gewesenen Arbeit und auf der Betriebs- statte nämlich auf dem Grundstück, auf dem der Neubau errichtet H119 der frauenbewcgimg» Für die Kinder der Armen. In zwei stark besuchten, am Dienstag abgehaltenen Vcrsamm lungen, in denen der Genosse Wurm und die Genossin Wehl referierten, demonstrierten unsere Genossinnen und Genossen für die Kinder der Armen. Das Thema des Abendes lautete in beiden Versammlungen Was tut die reiche Stadt Berlin   für die hungernde» und un- beaufsichtigte» Kinder?" Genossin Klgra Wehl sprach in derUrania  ", Wrangelstraße Sie beleuchtete die Stellung der Proletarierfrau als Mutter und kritisierte scharf die Gründe, welche die freisinnigen Vertreter im roten Hause für die Ablehnung des Antrages unserer Genossen anführten, in dem diese ausreichende Mittel für die Einrichtung von Kindergärten und Krippen forderten. Der jährliche Zuschuß von 2530 000 M., der jetzt geleistet wird, ist im Verhältnis zu andern deutschen   Städten sehr gering. In München  , wo bis 1906 die private Hülfe für Kindergärten und Krippen in Anspruch genommen wurde, ist jetzt die Stadtverwaltung für die armen Kinder tätig und gibt für 36 000 Kinder 75 000 M. aus. Nach langem Zögern wird in Berlin   jetzt für die Säuglingsfürsorge etwas mehr ausgegeben, nämlich 250 000 M. Warum aber soll diese Hülfe nur im ersten Jahre gewährt werden? Die vernachlässigten Kinder füllen später, wenn sie am Leben bleiben, die Kranken- und Siechenhäuser und die Gefängnisse. Für die Speisung armer Kinder hat man bis zum vorigen Jahre den Kindervolksküchen einen Zuschuß von 3000 M. bewilligt. Diese Summe hat man nun erhöht auf 20000 M. Das genügt nicht. Nicht selten werden schulpflichtige Kinder zurückgestellt, weil sie durch Unterernäh- r u n g noch zu schwach sind, am Unterricht teilnehmen zu können. Die Rednerin schilderte das Elend der Kinderarbeit und forderte be- sonders die Frauen auf, die Gemeinde immer energischer an ihre Pflichten gegenüber den armen Kindern zu erinnern. Wenn die Stadt Berlin   für Fürstencmpfänge und Hoffeste Hunderttausende ausgeben kann, so muß sie auch für ihre Armen sorgen können. (Starker Beifall.) Eine kurze Diskussion folgte, die sich im Sinne des Referats bewegte. In der Versammlung im MoabiterGesellschafts- hause sprach Stadtverordneter E m a n u e l Wurm. Er kenn- zeichnete das Verhalten des Stadtfreisinns, die schroffe, mit Ver- leumdungen der Arbeiterklasse und der Arbeiterfrauen gespickte Art, wie die Freisinnigen die Fürsorge für die hungernden und unbeauf- sichtigten Kinder ablehnten. Der Referent zeigte, wie eine derartige Haltung der Mehrheit des Stadiparlaments mit dem schmählichen Dreiklassenwahlrecht zusammenhängt, speziell mit dem preußischen Wahlunrecht, von dem die Landesgesetzgebung abhängig ist, die den, der am meisten arbeitet, aber arm ist und in Not gerät, noch dazu für ehrlos erklärt. Redner be richtet ausführlich über das Schicksal der sozialdcmowatischen Anträge auf Speisung der hungernden Schulkinder und aus Errich tung städtischer Krippen und Kindergärten. Jene 25 000 M.. die die Stadtverordnetenversammlung dem Berein zur Speisung der Schulkinder als Beihülse gewährt, haben sich ja, trotz der strengen Bedingungen und trotz Nachkontrolle der Bedürftigkeit durch die Armenverwaltung längst als unzureichend erwiesen, wie es die sozial demokratischen Stadtverordneten von vornherein voraussagten. Der Redner gab ferner eine Uebersicht über die Entstehungsgeschichte der Kinderbewahranstalten und Kindergärten, erwähnte das aus blinder Furcht vor der Revolution hervorgegangene, lächerliche Ver- bot der Fröbelschen Kindergärten durch den preußischen Minister Raumer, das bis zum Jahre 1863 erhalten blieb, und wies darauf hin, daß derselbe Geist der Reaktion noch jetzt in der preußischen Regierung herrscht und sich erst kürzlich wieder in der Schließung des Charlottenburger   freien Kindergartens geltend machte. Mit den bürgerlicher Wohltätigkeit entsprossenen Kinderbewahranstalten ist es ja, wie der Redner weiter hervorhob, so bestellt, daß die Schulver- waltung verschiedentlich einschreiten mußte, weil die Kinder in ungeeigneten Räumen untergebracht waren, daß sie Einspruch er- heben mußte wegen lleberfütternug der Kleinen mit Bibelsprüchen. Die Frömmelei und die übrigen Mißstände, dann der Umstand, daß teils Bezahlung verlangt wird und daß die Anstalten im allgemeinen viel zu unbedeutend und demgemäß auch wenig bekannt sind, dies sinv die Ursachen, weShalb sie von der Arbeiterklasse nicht in größerem Umfange benutzt werden. Genosse Wurm, der in der Stadtverordneten- sitzung am vmigeii Donnerstag den Antrag aus Errichtung städtischer Krippen und Kindergärten verteidigte, zeigte nun auch hier in der Volks- Versammlung, wie alles, was die Gegner dagegen vorgebracht hatten, nichts als leere? Gerede ist. Er machte auch darauf aufmerksam, daß derLokalauzeiger" einen scheinbar wohlwollenden Bericht über jene Sitznng brachte, der aber tatsächlich die ganzen Verhandlungen in verschleimter und verschleierter Form wiedergab. Der Redner schloß seinen Vortrag mit den Worten, daß nur durch festen Zu- sammenschluß der Arbeiterklasse Besserung auch auf kommunalem Gebiet zu erzielen ist. Starke politische und gewerkschaftliche Organi- sationen können dazu führen, daß endlich in einem freien Gemein­wesen auch das zum Schutze der armen Kinder Notwendige geschieht. Der Vortrag fand lebhaften Beifall. Folgende Resolution wurde in beiden Versammlungen ohne Widerspruch angenommen: Die versammelten Arbeiterinnen und Arbeiter Berlins   weisen mit Entrüstung die in der Stadtverordneten-Versammlung vom 27. Februar durch freisinnige Stadtverordnete ausgesprochene Ver- -miglimpsung zurück, daß Mütter aus Bequemlichkeit und Mangel an Liebe zu ihren Kindern diese ungenügend ernähren, Pflegen und erziehen. Es ist die wirtschaftliche Notlage, welche Zehntausende von Arbeiterfrauen zwingt, sich an die Stadt zu wenden. Bon dieser forden sie soziale Hülfe. Es ist Pflicht der Stadt Berlin  , das zu gewähren, und ihrer unwürdig, die Hungernden aus die Almosen privater Wohltätigkeit zu verweisen. Das Verhalten der freisinnigen Stadtverordneten, welche die von tinserer sozialdemokratischen Fraktion eingebrachten Anträge auf städtische Einführung der Krippen und Kindergärten und Fürsorge für die hungernden Schulkinder ablehnten, zeigt wiederum, daß die arbeitende Bevölkerung vom Freisinn nichts zu erwarten hat und nur durch Anschluß an ihre eigenen Organisationen Macht und da- mit Recht erringen kann._ Forderungen der Hansangestekten an die Gesetzgebung! Am Sonntag tagte imEnglischen Garten  " eine öffentliche Versammlung von Arbeiterfrauen. Dien st boten, Hausangestellten. Aufwärterinnen, Wasch- und Reinemachefrauen Groß-Berlins  , die vom Ver- ein für die Interesse ir der Hausange st eilten einberufen worden war. Die Versammlung war ganz außer- ordentlich zahlreich besucht und nahm Stellung zu der Frage: Der Vcreinsgesetzentwurf und die Forde- rungen der Dien st böte n". Der Referent. Genosse Block, führte etwa folgendes aus: Der jetzige Vereinsgesetzentwurf bringe den Hausangestellten nur äußerst wenige Vorteile. Der Fortschritt sei ein ganz unbedeutender. Die Reichstagskommission habe es nicht einmal der Mühe für wert gehalten, näher auf die Unhaltbarkeit und Unzweckmäßigkeit des§ 16 des Entwurfes ein- zugehen, durch welchen den Dienenden und Landarbeitern nach wie vor die Staatsbürgerrechte vorenthalten blieben. Bei der jetzt bestehenden Blockpolitik sei wenig Besserung der unhaltbaren Zu- stände zu erwarten. Es bleibe den Dienenden nur übrig, öffentlich Protest dagegen zu erheben. In der Diskussion, die sich sehr lebhaft gestaltete, wurden verschiedene krasse Fälle angeführt, in welch entwürdigender Weise den Hausangestellten mitgespielt würde. Es wäre endlich an der Zeit, daß hier Remedur geschaffen werde, Schließlich wurde eine entsprechende Resolution angenommen, Sericbts-TeiNlng. Wegen Beleidigung der Berliner   Kriminalpolizei wurde am Dienstag der Tapezierer Emil Neugebauer vor der 1. Strafkammer des Landgerichts I zur Verantwortung gezogen. Bei dem Angeklagten, der zurzeit in Mannheim   in Haft sitzt, war eine Brieftasche beschlagnahmt worden, die mehrere auf anarchi  - stische Maßnahmen hindeutende Notizen und Zeitungsausschnitte enthielt. Diese Brieftasche wurde von Mannheim   aus an die Ber  - lmer Kriminalpolizei eingeschickt, um davon Kenntnis zu nehmen und falls erforderlich weitere Ermittelungen anzustellen. Die Rückgabe der Brieftasche dauerte dem Angeklagten zu lange und er richtete deshalb an die Kriminalpolizei ein Schretben, aus welchem der beleidigende Vorwurf herauszulesen war, daß die Brieftasche unterschlagen worden sei. Das Gericht verurteilte d-v"am Er- scheinen vor dem hiesigen Gericht entbundenen Angeklagren ga 200 M. Geldstrafe, die durch die Untersuchungshaft als verbüßt er« achtet wurde._ Versammlungen einer Betriebskrankenkasse find nicht anmelde» pflichtig. Vor dem Schöffengericht in Bernau   hatte sich gestern der Ber- treter des Verbandes der Gemeinde- und Staatsarbciter, Genosse Polenske wegen Uebertretung des Vereinsgefetzes zu veranttvorten. Das Vergehen wurde in folgendem gesunden: Am 1. Dezember vorigen Jahres berief der Verband der Gemeinde- und Staats- arbeiter die Mitglieder der BetriebSkrankenkasse der Stadt Berlin  » Abteilung 18, zur Besprechung der bevorstehenden Delegierten- Wahlen nach dem Bahnhofrestaurant Groll in Buch. Die Tages» ordnung lautete: Die bevorstehenden Delegiertenwahlen und Auf- stellung von neuen Delegierten. Kaum hatte die Besprechung be- gönnen, als ein Polizeisergcant erschien und die Versammlung als nicht polizeilich angemeldet auflöste. Polenske erhielt eine An- klage, weil er eine Versammlung einberufen hatte, in welcher öffentliche Angelegenheiten erörtert werden sollten ohne vorherige polizeiliche Anzeige. In der Verhandlung vor dem Schöffengericht zu Wernau   bekundete der Polizeisergcant, daß seiner Ansicht nach alle auf das Krankenkassenwesen bezüglichen Angelegenheiten als soziale öffentliche seien, was der Angeklagte entschieden bestritt. Sein Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Heinemann, legte ein vor kurzem gegen den Betriebsleiter des Metallarbeiterverbandes, den Genossen Schlegel in Breslau  , er» gangenes Urteil vor, in welchem das Kammergericht ausgeführt hat, daß öffentliche Angelegenheiten nur solche sind, welche un- mittelbar das Gemeinwesen und das öffentliche Interesse berühren. Dies sei aber nicht der Fall, wenn es sich um Wahlen der z. B. in Verwaltungsstellen einer Gewerkschaft tätigen Personen handle. sofern etwa nicht hierbei irgendwelche das Gemeinwesen betreffende Fragen zur Sprache kämen. Der Verteidiger führte aus, daß die Wahl der Delegierten im vorliegenden Falle eine rein interne, die Mitglieder der Betriebskrankenkasse angehende Angelegenheit sei. Das Gericht schloß sich diesen Ausführungen an und sprach den An- geklagten frei._ Aufgehobenes Todesurteil. Wom Schwurgerichte Schneidemllhl ist am 11. Januar der Eigentümer und Scherenschleifer Emil Siegert zum Tode ver- urteilt worden, weil er am 2. September v. I. den Bahnarbeiter M. ermordet hat. Nach Schluß der Plaidotiers war noch einmal in die Beweisaufnahme eingetreten worden und man hatte vergessen, dem Angeklagten nochmals das letzte Wort zu geben. Wegen dieses Verstoßes hob am Dienstag das Reichsgericht auf die Revision des Angeklagten das Urteil auf und verwies die Sache an das Schwurgericht zurück._ Wer ist der Schuldige? Vor dem Schwurgericht in Halberstadt   stand am Montag der Weichensteller Wilhelm�Selhig aus Ditfurt  . Selbig hatte auf der Station Ditfurt   auch Stationsdienst mit zu persehen und bei der Gelegenheit in den Jahren 1905 1907 in 25 Fällen von drei Frachtbriefempfängern Beträge von 20 90 Pf. über den Tarif hinaus erhoben und für sich verwandt. Insgesamt hatte er sich auf diese Weise 9,60 M. angeeignet. Ter Angeklagte gestand seine Ver- gehen in vollem Umfange ein. Er habe sich in bedrängter Lage befunden, denn es sei ihm bei seinem unzureichenden Gehalt un- möglich gewesen, Fehlbeträge, die bei der Güter- und Fahrkarten- kasse entstanden, zu decken. Das Mankogeld von jährlich 2,50 M. habe dazu nicht ausgereicht. Die Geschworenen bejahten die Schuld- fragen, billigten dem Angeklagten aber mildernde Umstände zu. da ihm seine Vorgesetzten und Kollegen das beste Zeugnis ausgestellt hatten. Der Staatsanwalt beantragte acht Monate Gefängnis und drei Jahre Ehrverlust. Das Gericht verurteilte den Ange- klagten zu vier Monaten Gefängnis unter Berücksichtigung seines tadellosen Rufes und sah von einer Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte ab. Tie Härten des Sprengstoffgesehes. Das Landgericht Arnsberg   machte am 13. November v. I. den anerkennenswerten Versuch, sie zu mildern. Der Fuhrmann Friedr. Döringhaus, welcher ein Tyuamitfuhrwerk lenkte, hatte dieses für kurze Zeit verlassen und sich zu dem Führer des vor ihm fahrenden Dynamitwagens begeben. T*is� Landgericht verurteilte den Ange- klagten nicht nach dem Sprengstoffgesetz(Mindeststrafe 3 Monate Gefängnis), sondern nur nach§ 367,5 Str.-G.-B. zu 160 M. Geld- strafe. Auf die Revision des Staatsamvalts hob jedoch am Dicns- tag das Reichsgericht das Urteil auf und verwies die Sache an das Landgericht zurück, da leider das Sprengstoffgesetz hier angewendet werden müsse. Der z 0 Absatz 2 des Sprengstoffgesetzes droht Gefängnisstrafe von 3 Monaten bis zu 2 Jahren für die Uebertretung der Polizei- lichen Bestimmungen über den Verkehr mit Sprengstoffen an. Solcher Polizeivorschrift hatte der Angeklagte aber durch Verlassen des Fuhrwerks zuwidergehandelt. Dienstmädchen und Oberlehrer, Vor Jahr und Tag waren die Eheleute Oberlehrer Hermann Schilling   in Rixdorf, wie sich unsere Leser entsinnen werden, wegen Beleidigung des Dienstmädchens Hulda Hertel, der Ehemann zu 50 M., die Ehefrau zu 30 M. verurteilt. In der Berufungsinstanz wurde die Freisprechung der Ehefrau und eine Herabsetzung der Strafe gegen den Ehemann aus 20 M. durchgesetzt. Die hier- gegen eingelegte Revision hatte Erfolg, das Kammergericht verwies die Sache, soweit sie sich auf den Oberlehrer Sch. bezog, zu noch- maliger Verhandlung an die Strafkammer zurück. In dem gestrigen Dermin bekundete das Dienstmädchen, daß der Oberlehrer in einer erregten Szene zu ihr gesagt hat:Sic sind ein gemeines Frauenzimmer und passen nur für die Straße!" Ter Angeklagte und seine jetzt als Zeugin vernommene Ehefrau stellen den Verlauf der Auseinandersetzung wesentlich anders dar. Das Gericht kam zu der Ansicht, daß dem Mädchen, das bei seinen verschiedenen Ver- nehinunge» mit seinen Aussagen mehrfach gelvechselt habe, doch nicht ein zur Verurteilung des Angeklagten ausreichendes Maß von Glaubwürdigkeit beizumessen sei und erkannte auch unter Auf- Hebung des schöffengerichtlichen Urteils auf Freisprechung._ Verantwortlicher Redakteur: Georg Tavidsohn, Berlin  . Für den Inseratenteil verantw.: Th. Glocke, Berlin  . Druck u. Verlag:VorwSrtSBuchdruckerei u. Verlagsanstalt Paul Singer& Co.. Berlin   SW.